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2. Mai 2011

St. Crow, Lili: Strange Angels 01 – Verflucht

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Lili St. Crow

Strange Angels 01: Verflucht


Originaltitel Strange Angels
aus dem Englischen übersetzt von Sabine Schilasky
PAN
ISBN 9783426283455
ISBN 342628345X
Fantasy, Jungenbuch 12 – 15 Jahre
Deutsche Erstausgabe 2011
Umschlaggestaltung ZERO Werbeagentur, München
Gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag, 384 Seiten
[D] Preis 16,99 €

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Lili St. Crow – unter diesem Pseudonym veröffentlicht die 1976 in New Mexico geborene und z. T. im Vereinigten Königreich auf einer Militärbasis aufgewachsene Autorin Lilith Saintcrow Geschichten und Bücher für Jugendliche, während sie sich unter ihrem richtigen Namen an ein erwachsenes Publikum wendet. Ein weiteres Pseudonym ist Anna Beguine. Die heute mit einigen Katzen und ihrer Familie in Vancouver lebende Autorin bevorzugt dabei die Genres Paranormale Romance oder Urban Fantasy.

 

Die Liste ihrer Veröffentlichungen deutet darauf hin, dass sie nicht nur seit ihrem 10. Lebensjahr gerne schreibt, sondern geradezu süchtig danach zu sein scheint. Neben der frei zugänglichen Onlineserie „Selene“, erschienen seit 2004 auch mehrere Novellen und Buchreihen der Autorin unter einem der drei oben genannten Namen.

 

2004 – 2008: Watcher-Serie, 5 Bände

2005:              Society-Serie, 2 Bände

2005 – 2008: Dante-Valentine-Serie, 5 Bände

2007:              Smoke, Mirror, Steelflower

2009:              The Demon’s Librarian

2008 – 2011: Jill-Kismet-Serie, 6 Bände

 

Wer „Selene“ verfolgt oder verfolgt hat, wird vielleicht die eine oder andere Figur aus der Dante-Valentine-Reihe wiedererkennen. Dante Valentine? Jill Kismet? Richtig, diese beiden Reihen kennen Fans des Genres aus den von LYX für den deutschen Buchmarkt übersetzten Bänden. Und dank PAN wird auch die anvisierte jugendliche Zielgruppe hierzulande etwas mit dem Namen St. Crow anfangen können. Der Verlag brachte im April 2011 den gleichnamigen Auftaktroman der bislang fünfteiligen Serie Strange Angels unter dem Titel „Verflucht“ in die Buchläden.

 

Wie bei den übrigen Büchern des Verlags kann man auch bei „Verflucht“ zunächst bereits zur Covergestaltung gratulieren. Der dunkle, matt gehaltene Umschlag zeigt ein schlafendes Mädchen, wirkt durch die Drucktechnik fast samtig, fasst sich griffig an. Die weiße Schrift des Titels leuchtet förmlich ins Auge, obwohl sie gleichzeitig etwas verschwommen und dadurch unwirklich wirkt. Und damit einen Bezug zum Buchinhalt bekommt.

 

Im Buch selbst geht es um die 16jährige Dru, die – vorübergehend – in den Dakotas lebt. Die Geschichte spielt über einen Zeitraum von einigen Tagen im Winter. Der eben erwähnte Bezug zum Buchcover zeigt sich darin, dass Dru visionsartige Träume erlebt.

 

Neben Dru geht es aber auch um Zombies und Dämonen, Vampire und Gestaltwandler. Die kennt der Teenager nicht nur aus Büchern und Filmen, sondern weiß schon von klein auf, dass sie zur Realität gehören, auch wenn die meisten Menschen nichts davon mitbekommen. Ihre Mutter ist vor Jahren gestorben. Ihre Großmutter, die sie daraufhin großgezogen hat, lebt auch nicht mehr. Einzig ihr Vater ist ihr geblieben, der Dinge jagt, die für gewöhnlich ohne nachzudenken ins Reich der Mythen und Gruselgeschichten sortiert werden. Jedenfalls, bis er eines Tages auf jemanden trifft, der ihn tötet und seiner Tochter als Zombie auf den Hals hetzt. Und er ist nicht der Einzige, der auf Dru angesetzt wird, denn in ihr schlummert ein Geheimnis. Sie selbst hat keine Ahnung, worum es dabei geht, ihr Widersacher jedoch offenbar schon, weshalb ihr gar nichts anderes übrig bleibt, als sich zu wehren.

 

Sollten hier Buffy und Konsorten in leicht variierter Form à la Supernatural wiederauferstehen?

 

Steckt in der Geschichte nur ein weiterer Teenager, der unwahrscheinlich zäh, widerspenstig und nicht totzukriegen ist? Der seinen Daseinszweck allein im Killen von Monstern und nebenbei im Anschmachten eines übernatürlichen Wesens sieht? Der schlaflose Nächte en masse erlebt, horrormäßige Gestalten einfach so im Kickboxstil vernichtet und das Erlebte auch noch problemlos wegsteckt? Ein Teenie, der cool damit umgeht, dass er den zum Zombie mutierten eigenen Vater töten muss, um zu überleben?

 

Glücklicherweise wird man in „Verflucht“ davon verschont. Dru ist trotz ihres Wissens um die Anderen ein völlig normales Mädchen, das – zumindest im Auftaktroman – keine übermäßig übernatürlichen Kräfte in sich bündelt. Sie kann sich wehren, sie kann mit Waffen umgehen, doch sie ist keine Heldin, die über allem steht und nebenbei stets noch perfekt gestylt ist. Sie ist ein junges Mädchen, das neben den ganz normalen Problemen wie Schule und Erwachsenwerden auch damit kämpfen muss, mit den ständigen Ortswechseln zu leben, die das Leben mit ihrem Vater und seinen Aufträgen so mit sich bringt. Keine gute Voraussetzung um Freundschaften zu schließen. Dru ist trotzig und in gewisser Weise zornig. Wenn man alle auf Abstand hält, fällt das Abschiednehmen gar nicht erst schwer. Einsam – so stellt sich Dru dar. Dru muss schreien und weinen, ist verzweifelt und ängstlich. Eben eher eine Gejagte als eine Jägerin.

 

Trotzdem schreckt sie einen Jungen nicht ab: Graves, ebenfalls ein Außenseiter, der sich nach und nach als ein Junge herausstellt, der ohne festen Wohnsitz auch niemanden hat, der sich um ihn kümmert, spricht sie an. Und als kurz darauf Dru’s kleine Welt durch den doppelten Tod ihres Vaters zusammenbricht, ist er es, der ihr hilft. Er bietet ihr neben einem Unterschlupf eine Schulter zum Anlehnen, obwohl er nicht einmal andeutungsweise ahnt, worauf er sich da einlässt. Er fragt nicht viel, sondern handelt. Er schreckt nicht vor dem zurück, was ihn da überrollt, sondern stellt sich dem Ganzen – ebenfalls nicht cool und abgeklärt, sondern eher wie jemand, der nach dem Prinzip mitgehangen-mitgefangen lebt. Was hier ins Auge fällt, ist, dass Graves, ganz unauffällig eine erwachsene und erzieherische Rolle einnimmt, indem er Dru auf „wichtige“ Dinge im „normalen“ Leben verweist und sie animieren möchte, sich daran zu halten. Was in vergleichbaren Romanen oftmals von Erwachsenen ausgeht und dadurch bisweilen eher ermüdend-belehrend als motivierend wirkt, stellt sich im Hinblick auf seine Person durchaus überlegt und schlüssig dar.

 

Wer zwischen Graves und Dru eine Liebesgeschichte vermutet, wird enttäuscht. Dafür gibt es zunächst eine Geschichte über eine sich anbahnende Freundschaft und Vertrauen, über Werte, Perspektiven und Ziele. Alles andere wäre fehl am Platz, zu heftig ist das, was die beiden erleben. Bereits anfangs der von Dru erzählten und von ihren Gedanken durchsetzten Geschichte wird klar, dass die Autorin nicht sehr zartfühlend mit ihnen umgeht. Die Leser werden nicht von gut aussehenden Blutsaugern und scheinbar unwiderstehlichen Werwölfen an-, sondern von zerfallenden Zombies und beißwütigen Gestaltwandlern ins Geschehen gezogen. Dru und Graves machen gezwungenermaßen das, was zum Überleben notwendig ist, sind dabei aber verletzlich und auch durchaus wehrlos. Beide Charaktere wirken mit ihren Schwächen und in ihrer Hilflosigkeit bei allem was sie tun lebensecht. Flüssig verwebt die Autorin die fantastischen Elemente mit dem realen Hintergrund zu einer Atmosphäre, die den Leser schnell einhüllt, auch Erwachsene hin und wieder schlucken lässt, jedoch nicht nur platt auf blutrünstigen Horror abzielt. Gegen Ende von „Verflucht“ bekommen die beiden Hilfe durch den nach Apfelkuchen duftenden Blutsauger Christope, der eine nicht gleich einfach und klar zu definierende Rolle spielt.

 

Ein kleines Manko ist, das Dru’s Gedanken, die als kursiver Text dargestellt werden, sich häufen. Was einerseits gut zu ihrer inneren Zerrissenheit passt, stört andererseits in seiner Häufigkeit. Durch Wiederholungen bestimmter Dinge entwickeln sich zusätzlich Längen. Zumindest Letztere werden jedoch meist schnell von spannungsreichen Momenten abgelöst und gehen in dem grundsätzlich flüssigen Schreibstil fast unter.

 

Ein weiteres Manko stellt die von der Autorin gewählte Erzählform dar. Man sieht alles aus Dru’s Sicht, kann so nur ihrem Fokus folgen und verschiedenen Zusammenhänge nicht ohne Weiteres erkennen. Obwohl letztendlich alles verwoben wird, sucht man manchmal den roten Faden. Ein Perspektivwechsel hätte hier gut getan, obwohl der Leser an sich in diesem Buch mit einer Fülle an Informationen versorgt wird. Sie ergeben sich aus Rückblicken auf Dru’s bisheriges Leben, aus Träumen, Andeutungen, Ahnungen; was alles in allem für einen trotz allem gelungenen Auftakt der Strange-Angels-Reihe sorgt. Das nachvollziehbare Verhalten der lebensecht wirkenden Hauptfiguren tut ein Übriges.

 

Letztlich wird bereits mit diesem ersten Band klar, dass die Bücher der Reihe vermutlich nicht in sich abgeschlossen und separat lesbar sind. Das Ende von „Verflucht“ ist völlig offen. So wird weder das Geheimnis um Dru gelüftet, noch die Rolle des eben erwähnten Blutsaugers ganz klar. So ist ungeklärt, was aus Graves wird oder wer wirklich hinter dem Mord an Dru‘s Vater steckt. Dieses Ende kann jedoch bei allen Fragen schwer als Cliffhanger bezeichnet werden.

 

Fazit

 

Die fehlenden Antworten macht Lust auf die im Herbst erscheinende Fortsetzung „Verraten“, zumal bereits jetzt erkennbar scheint, dass die Geschichte sich steigert. Die kleinen Schwächen sorgen dennoch für einen Punkteabzug, weshalb ich nur vier Punkte von fünf Punkten vergeben möchte. Zudem habe ich bei der Altersfreigabe ab 12 Jahre Bedenken, da die Zombiepassagen doch sehr anschaulich beschrieben sind.

 

Copyright © 2011 by Antje Jürgens (AJ)

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