Die Leselustige Ati's Rezi-Seite – Buchbesprechungen, Ankündigungen, etc.

28. Februar 2013

VOSSELER, NICOLE C.: IN DIESER GANZ BESONDEREN NACHT

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ISBN-13: 9783570155349
ISBN-10: 357015534X
Fantasy, Jugendbuch (ab 12 Jahren)
Ausgabe 02/2013
Gebundene Ausgabe, 576 Seiten
[D] 18,99 €

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Laut Süddeutscher Zeitung verlieren wir uns dank den literarischen Talenten von Vosseler in Raum und Zeit. Vosseler, die 1972 in Villingen-Schwenningen geboren wurde, studierte Literaturwissenschaften und Psychologie, widmet sich heute jedoch ganz dem Schreiben. Aus ihrer Feder stammen erfolgreiche Romane wie Sterne über Sansibar oder Der Himmel über Darjeeling. Ich selbst habe beispielsweise ihr Buch Südwinde im Regal. Und seit Kurzem auch ihren Fantasy-Jugendroman In dieser ganz besonderen Nacht.

Der handelt von der 16jährigen Amber, deren Mutter den Kampf gegen einen unheilbaren Gehirntumor verloren hat. Durch eine zuvor getroffene Sorgerechtsvereinbarung soll sie künftig bei ihrem Vater leben, zu dem jedoch zuvor kein allzu enger Kontakt bestand. Ted lebt zudem nicht in Deutschland, sondern in San Francisco. Gefangen in ihrem Schmerz erkennt Amber anfangs nicht, wie sehr sich ihr Vater um sie bemüht. An der neuen Schule fühlt sie sich ebenfalls nicht wirklich wohl, obwohl sie durchaus freundlich aufgenommen wird. Einzig mit Nathaniel freundet sie sich an. Ein Obdachloser, wie sie vermutet, etwas älter als sie, der in einem leer stehenden Haus lebt. Schon bald fühlt sie sich zu ihm hingezogen und auch Nathaniel ist ihr nicht ganz abgeneigt. Dennoch bleibt er auf Distanz. Als Amber erfährt, warum das so ist, droht sie völlig zusammenzubrechen. Hat der Tod ihrer Mutter Amber um den Verstand gebracht, oder ist Nathaniel wirklich ein Geist? Noch dazu einer, in den sie sich so einfach verlieben kann?

Dass er tatsächlich nicht lebendig aber auch nicht wirklich tot ist, stellt sich bald heraus, doch wie sollen die beiden jetzt zusammenkommen? Vor allem, was für Konsequenzen können sich daraus ergeben? Diese Fragen treiben nicht nur Amber um, sondern auch ihre kleine Clique, in der jeder eine ungewöhnliche Fähigkeit besitzt. Ebenso stellt sich natürlich die Frage, warum Nathaniel überhaupt zum Geist geworden sein könnte. Die Situation spitzt sich zu, als Amber und Nathaniel eine gemeinsame Nacht verbringen, in der alles anders ist als sonst.

Die Grundidee (Beziehung zwischen Mensch und übernatürlichem Wesen) ist grundsätzlich nicht ganz neu. Doch Vosseler hat sie gut und interessant umgesetzt. Und das sowohl für das jugendliche Zielpublikum als auch für ältere LeserInnen wie mich.

Die Geschichte besteht aus drei gleichwertig zu betrachtenden Handlungssträngen. Zum einen ist da natürlich die sich anbahnende, problematische Beziehung zwischen Nathaniel und Amber. Der Zweite dreht sich um den Tod von Ambers Mutter und Ambers daraus resultierende Verzweiflung und Trauer. Im Dritten geht es um Ambers Clique, die quasi den relativ normalen Alltag beschreibt, auch wenn die einzelnen Mitglieder gar nicht so alltäglich sind. Ebenso kommt deren nicht immer einfache Vergangenheit zur Sprache. Größtenteils wird die Geschichte von Amber selbst erzählt, einige Kapitel jedoch auch von Nathaniel. Diese unterscheiden sich nicht nur die kursive Schrift gut vom Rest.

Eine Erzählung aus dieser Perspektive bietet immer den Fallstrick, dass Emotionalität recht einseitig daherkommt, da man eben nur die Seite des Erzählers wirklich betrachten kann. Hinzu kommt, dass die Autorin sehr detailverliebte Beschreibungen in die Geschichte eingearbeitet hat, die nicht wirklich zu ihrer Entwicklung beitragen. Dies trägt zu einer dichten und authentischen Hintergrundatmosphäre bei. Ungeduldige kann es jedoch stören, weil dadurch das Erzähltempo gedrosselt wird. Wer also eine schnelle Handlungsentwicklung liebt, sollte eventuell die Finger von dem Roman lassen.

Der letzte Absatz hört sich jetzt schlimmer an, als es in Wirklichkeit ist. Richtige Längen gab es nicht für mich. Vosseler hat einen Roman geschaffen, in den ich tatsächlich recht schnell eintauchen und – wie schon der Verfasser des Zitats der Süddeutschen Zeitung formuliert hat – mich in Raum und Zeit verlieren konnte. Jedenfalls größtenteils, obwohl ich weit über der anvisierten Altersgrenze liege. Das war zum Teil gerade der detailverliebten Wortmalerei geschuldet. Obgleich ich noch nie in San Francisco war, konnte ich mir beispielsweise die Straßenzüge gut vorstellen, egal ob sie nun nebelverhangen oder glasklar beschrieben wurden. Allerdings hätte die eine oder andere Kleinigkeit einmal beschrieben gereicht. Vosselers Schreibstil liest sich darüber hinaus leicht, was über besagte Wiederholungen gut hinweghilft. Ihren Schreibstil mag ich auch deshalb, weil er nicht (wie in manch anderem Jugendbuch) gewollt jugendlich-cool ist und die Dialoge lebendig wirken.

Was mir ebenfalls gut gefällt, ist der Umstand, dass das spukige Fantasyelement nicht Ambers traurige und traumatisierende Vorgeschichte erschlägt und umgekehrt. Und dass Ambers Clique trotz ihrer Andersartigkeit eher bodenständig skizziert wird. In der Clique wird zwar das Geisterthema bzw. die Auswirkungen einer Beziehung zwischen Amber und Nathaniel diskutiert, jedoch größtenteils normal und nicht wie in anderen Romanen auf eine Art und Weise, die mich schon diverse Male dazu gebracht hat, die Augen zu verdrehen. Das geschieht nämlich immer dann, wenn niemand eine Ahnung von irgendwas hat, aber sofort mit einer superschlauen, pseudowissenschaftlich wirkenden Antwort auf Fragen aufwarten kann, die gerade erst aufgekommen sind. Vosselers Charaktere sind ein sympathischer, kunterbunter Mix. Letzteres sprichwörtlich, denn einer wechselt schneller seine Haarfarbe als mache Leute ihre Socken. Ihre Wünsche und Bedürfnisse wirken echt und nachvollziehbar, ebenso die Handlungen und Reaktionen.

Das Buch hat eine melancholisch-ernsthafte Grundstimmung, die nicht nur auf Krankheit, Verlust und Trauer fußt, sondern auch auf der eigentlichen Aussichtslosigkeit der Beziehung zwischen Amber und Nathaniel. Doch gerade diese Beziehung gibt Amber auch wieder Lebensmut und Freude zurück. Oder den Mut etwas zu wagen. Lässt sie Wünsche entwickeln, die allerdings wiederum für Probleme und die Sehnsucht nach mehr sorgen. Deshalb wagt sie In dieser ganz besonderen Nacht einen Schritt, der unerwartete Konsequenzen nach sich zieht.

Besagte Konsequenzen wiederum sorgen für einen kleinen Zwiespalt bei mir. Zum einen wirken einige Passagen letztendlich zu rosarot weich gespült. Das fiel mir vielleicht deshalb besonders auf, weil Nathaniels Vergangenheit und die Schuld, die er auf sich geladen hat, vollkommen gegensätzlich beschrieben werden. Zum anderen wirken sie jedoch auch durchaus tröstlich, gerade im Bezug auf die Verluste, die Vosselers Figuren durchleben müssen.

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In dieser ganz besonderen Nacht hat mich nicht durch nervenzerreißende Spannung gefesselt, denn im Grunde kam die Geschichte mir trotz des traumatischen Einstiegs für Amber und des dramatischen Teils kurz vor dem Ende völlig unaufgeregt vor. Der Reiz kam für mich aus der emotionalen Grundnote und der dichten Atmosphäre. Und wurde geschürt durch den Tiefgang, den dieser Roman durchaus hat. Mit der Wendung ganz am Schluss hat mich die Autorin vollkommen überrascht, da meine eigenen Gedanken bereits in eine ganz andere Richtung gingen. Fantasievoll berührend – dafür möchte ich vier von fünf Punkten vergeben.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

27. Februar 2013

NEUMANN, JULIANA & MEDWEDEFF, ALEXANDRA: GRÜNER KOCHEN

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Jan Thorbecke Verlag der Schwabenverlag AG
ISBN-13: 9783799502283
ISBN-10: 3799502289
Sachbuch Kochen
1. Auflage 02/2013
Hardcover, 160 Seiten
[D] 24,99 €

Verlagsseite

Autorenblog Neumann  & Autorenblog Medwedeff

 

Während Julia Neumann gerne in ihrem Obst- und Gemüsegarten arbeitet, wandert und auf Reisen nach alt bewährten Rezepten und neuen Geschmackserlebnissen sucht, arbeitet Alexandra Medwedeff im Management und erholt sich bei der Ausübung ihrer Hobbys (kochen, Rezepte kreieren und fotografieren). Die beiden Freundinnen, die ihre Familien ebenso gerne wie Nachbarn, Kollegen und Bekannte als Testesser einspannen, haben bereits ein Kochbuch verfasst (Jahreszeitenküche frisch vom Markt, Thorbecke 03/2011), das 2012 mit dem Gourmand Cook Book Award ausgezeichnet wurde.

Nichts davon hat mich dazu bewogen, einen näheren Blick in das gerade aktuell vor mir liegende Grüner Kochen mit dem Untertitel Weniger Fleisch – mehr Genuss zu werfen. Das lag eher daran, dass ich zwar gerne koche, ohne Rezepte jedoch vollkommen aufgeschmissen bin. Darum bin ich immer mal wieder auf der Suche nach neuen Ideen. Einen Teil finde ich auf einschlägigen Seiten im Internet, einen weitaus größeren jedoch in Büchern, wie etwa dem zweiten Kochbuch von Neumann und Medwedeff.

Das enthält auf den Seiten 156 und 157, vor Register und Danksagung bzw. Informationen über die Autorinnen auch vier jahreszeitliche Wochenmenüs. Die verweisen auf einen Teil der davor beschriebenen leckeren und nachahmenswerten Rezepte, die sich mit ganzseitigen, appetitanregenden Farbfotos abwechseln und zudem mit kleineren Detailfotos oder Strichzeichnungen von Küchenutensilien bebildert sind. Während ich mich in vielen meiner Kochbücher des Eindrucks von gekünstelten Hochglanzaufnahmen nicht erwehren kann, wirken die Abbildungen in Grüner Kochen wohltuend normal und echt.

Nach kleinen Köstlichkeiten widmet sich das Autorenduo Hauptgerichten mit Gemüse bzw. ihren Varianten. Danach wenden sie sich Rezepten für Fischgerichte und Beilagen für den Freitag zu, bevor sie sich mit solchen für Sonntagsbraten und deren Beilagen befassen. Auch süße Genüsse und ihre Variationen finden in dem Buch Platz.

Die Idee hinter den Rezepten ist es, unter der Woche auf Fleisch zu verzichten, sich am Wochenende bzw. Sonntag jedoch durchaus ohne schlechtes Gewissen solches zu gönnen. In Zeiten von Massentierhaltung und Lebensmittelskandalen sicherlich nicht die schlechteste Idee. Wer nicht ganz vegan leben möchte, kommt mit diesem Buch auf seine Kosten.

Obwohl die Gerichte teilweise durchaus nicht durchweg ganz alltäglich für die Meisten sein dürften, benötigt man dafür keine exotischen Zutaten. Sie eignen sich sowohl für größere wie auch für kleinere Geldbeutel. Die Fischgerichte werden mit Süßwasserfischen zubereitet, die Fleischgerichte mit Lamm, Geflügel, Rind, Schwein und Wild. Obst, Beeren und Gemüse sind ebenfalls leicht und überall erhältlich, sei es saisonal frisch oder notfalls gefroren. Lediglich bei der gesüßten Kondensmilch, die ich demnächst für die Schokoladen-Karamell-Tarte mit Walnüssen benötige, kam ich kurz ins Stolpern, doch glücklicherweise kann man die auch selbst herstellen (das Rezept habe ich im Internet gefunden).

Bereits das Durchblättern sorgte für Appetit bei mir und der Speiseplan für die anstehende Woche war mit dem Buch schnell erstellt. Bisher ausprobiert habe ich das Kartoffel-Blumenkohl-Curry, die Zucchiniquiche, den marokkanischen Karottensalat, die Blinis mit Zwiebelconfit und den Auberginen-Dip (den ich als Brotaufstrich verwendet habe) sowie das Tomatenkompott mit Basilikumhäubchen und den Rindsbraten mit Schokoladensoße. Das alles fand ebenso Anklang wie die Vanillecreme mit Rosmarinheidelbeeren. Und zwar nicht nur bei mir, sondern auch bei zwei ansonsten recht überzeugten Fleischessern.

Der Aufbau der abwechslungsreichen Speisen ist leicht nachvollziehbar. Einfach nachzukochen sind sie auch, wobei Zeitangaben eine genauere Planung erleichtern. Es gibt schnelle Rezepte und solche, die einfach ihre Zeit brauchen. Was mir sehr gut gefällt, ist der Umstand, dass zwar durchaus bei einigen Rezepten Alkohol verwendet wird (etwa Portwein bei dem bereits getesteten Rindsbraten), jedoch nicht zwangsläufig in allen Verwendung findet, wie das heute immer öfter üblich zu werden scheint.

Da wir zwei bis jetzt recht erfolgreiche Angler in der Familie haben, freue mich schon auf die Zeit, in der Rote Beete im Garten heranreifen, damit ich deren Blätter hoffentlich zu Flussbarsch zubereiten kann. Oder, wenn Rhabarber mit Ingwer zum Kompott verarbeitet zu Zanderfilets gereicht werden kann.

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100 wunderbare Rezepte für bewusste Genießer – das verspricht die Buchrückseite. Ob tatsächlich alle meinen Geschmack treffen, mag dahingestellt sein. Doch das, was ich bisher probiert habe, hat mich überzeugt. Deshalb werde ich Grüner Kochen sicher regelmäßig zur Hand nehmen. Die Gestaltung und der Aufbau des Kochbuches, bereits erfahrener Genuss durch nachgekochte Rezepte und die Vorfreude auf das Kommende – all das führt dazu, dass ich dem Buch fünf von fünf Punkten geben möchte. Nachkochen lohnt sich!

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

LEVY, MARC: SIEBEN TAGE FÜR DIE EWIGKEIT

Filed under: Belletristik,Roman — Schlagwörter: , , , , , — Ati @ 10:40

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Originaltitel: Sept jours pour une éternité
übersetzt von
: Bettina Runge & Eliane Hagedorn
Blanvalet
ISBN-13: 9783442380619
ISBN-10: 3442380618
Belletristik
Ausgabe
01/2013
Taschenbuch, 288
Seiten
[D]
8,99 €

Verlagsseite http://www.randomhouse.de/blanvalet/index.jsp

 

Der 1961 in Boulogne-Billancourt geborene Marc Levy lebt heute als freier Schriftsteller in New York. Er zählt zu den meistgelesenen französischen Autoren. Nicht nur sein im Jahr 2000 erschienenes Debüt wurde in mehrere Sprachen übersetzt und verfilmt. Aus seiner Feder stammen neben Et si c’était vrai  (Solange du da bist) Titel wie Les enfants de la liberté (Kinder der Hoffnung) oder La prochaine fois (Bis ich dich wiedersehe) und eben auch Sept jours pour une éternité (Sieben Tage für die Ewigkeit). Außer seinen Romanen verfasst Levy auch Novellen und Liedtexte und hat sich auch schon an einem Kurzfilm für Amnesty International (La lettre de Nabila, 2004 ausgestrahlt) versucht. Kritiker mögen Levy nicht unbedingt, und auch bei den Lesern herrscht trotz internationaler Bestseller geteilte Meinung.

Nach dem Debüterfolg von Solange du da bist geht es Levy trotz weiterer Erfolge genau wie anderen Autoren. Alles, was er nachlegt, wird an genau diesem Debüt gemessen.  Auch ich habe Sieben Tage für die Ewigkeit mit anderen Büchern Levys verglichen und war erst einmal enttäuscht. Zum ersten Mal fiel mir der typisch französische Schreibstil so extrem auf, dass ich das Buch drei Mal begann und genauso oft wieder weglegte, bevor ich es dann letztlich fertig las.

In Levys Roman wollen Gott und der Teufel den ewigen Streit um die Macht auf Erden beenden. Dafür schließen sie eine Wette ab und lassen ihre beiden besten Agenten gegeneinander antreten, wobei nicht eingeplant ist, dass die sich persönlich begegnen. Doch genau das geschieht und dann noch etwas, womit weder Gott noch der Teufel gerechnet haben: Die beiden Agenten verlieben sich ineinander.

Unter anderem kann man Levy durchaus in das gleiche Genre wie Sparks einordnen. Auch er schreibt berührende Geschichten, die sich bisweilen Melodramatik oder auch einer gewissen Schnulzenhaftigkeit nicht entziehen können, dafür aber mit einer gehörigen Portion Romantik aufwarten. Wer erwartet, dass Sieben Tage für die Ewigkeit Levys Debüt ansatzweise ähnelt, sollte die Finger vom frisch von Blanvalet aufgelegten Roman lassen, der nebenbei erwähnt 2005 bereits bei Knaur erschien. Die Entwicklung  von Gut und Böse, von Liebe und Hass, Leid und Tod aber auch Freude, Freundschaft und Hoffnung ist anders als in sämtlichen von mir gelesenen Levy-Romanen.

Seine Umsetzung der guten, wenn auch nicht ganz neuen Grundidee hat mir Durchhaltevermögen abverlangt. Das lag nicht nur an den verschiedenen Perspektiven, aus denen erzählt wird. Auch nicht grundsätzlich an der Sprache, die sich im Grunde recht leicht lesen lässt. Doch bestimmte Passagen wirken durch eine sehr ausgeprägte Detailverliebtheit zu oberflächlich. Fast scheint alles wichtiger als die eigentliche Handlung. Das ist das, was ich zuvor als typisch französischen Schreibstil beschrieben habe (ist es mir doch beispielsweise jüngst unter anderem auch in Fische mögen keinen Ehebruch von Carl Aderholt aufgefallen). Das bedeutet jedoch nicht, dass Levys Roman Tiefgründigkeit fehlt. Sympathisch, ironisch, teilweise schrullig wirken seine Charaktere, zu denen neben Gott und Luzifer (laut Inhaltsangabe) in der Hauptsache eben ihre beiden Abgesandten zählen. Die Liebesgeschichte zwischen den beiden ist vorhanden, allerdings drängt sie sich nicht in den Vordergrund. So kommen Nebencharaktere ebenfalls sehr gut zum Tragen. Manches Mal hinterließen sie mehr Eindruck bei mir als die eigentlichen Hauptfiguren.

Sobald ich mich jedoch an Levys Stil in diesem Roman gewöhnt hatte, konnte ich die Dialoge genießen, die teils erst auf den zweiten Blick spritzig-witzig wirken. Erst dann konnte ich mich an der fantasievollen Handlung, den Wendungen und Aktionen erfreuen. Erst dann baute sich die Spannung richtig auf und ich flog durch die Seiten zu einem Ende, das viel zu schnell abgehandelt erscheint und doch im Grunde genommen passt.

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Obwohl mir Levys Roman Durchhaltevermögen abverlangte, hat er mich letztlich doch überraschend gut unterhalten. Nicht ganz alltäglich, nicht ganz real und etwas abgedreht präsentiert Levy eine stellenweise nachdenklich machende Geschichte, der ich starke drei von fünf Punkten geben möchte. Für vier reicht es nicht ganz, weil mir die Liebe etwas zu kurz kommt und das Ende zu schnell abgehandelt erscheint.  

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

26. Februar 2013

ROHRINGER, REGLINDIS: GARTEN-TIPPS & MEIN GARTEN-EINTRAGBUCH & SAMENTÜTCHEN

Filed under: Fach- & Sachbuch,Ratgeber — Ati @ 15:57

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Jan Thorbecke Verlag der Schwabenverlag AG
ISBN-13: 9783799507585 + 9783799502320
ISBN-10: 3799507582 + 3799502327
Ratgeber
Hardcover, 64 Seiten + 88 Seiten
[D] 8,99 € + 14,99 €

Samentütchen Kräuter ASIN: B00ADQDY18 – € 3,99
Samentütchen Blumen ASIN: B00ADQDXV4 – € 3,99
Samentütchen Gemüse ASIN: B00ADQDYU4 – € 3,99


Verlagsseite

 

Der Frühling steht an. Wer gerne im Garten arbeitet, dem juckt es jetzt vermutlich genauso stark in den Fingern wie mir. Schließlich kommt mit dem Frühling Farbe in unser Leben. Da ich unabhängig davon aber auch immer auf der Suche nach Mitbringseln bin, bin ich kürzlich über verschiedene Titel aus dem Hause Thorbecke gestolpert, die sich mit diesem Hobby befassen.

Das eine ist ein kleines Büchlein mit dem Titel Garten-Tipps. Auf 64 Seiten erhält man – wie der Titel schon verrät – allerlei Tipps und Informationen rund ums Gärtnern. Sie handeln vom richtigen Gießen ebenso wie von Schädlingen und Fressfeinden (so bezeichne ich Schnecken, weil die sich immer auf mein schönstes Gemüse stürzen). Aber auch Düngung, Fruchtfolge oder Pflanzen, die sich mehr oder weniger mögen, kommen nicht zu kurz. Wer wissen will, wie Kopfsalat als Giftanzeiger funktioniert, erfährt dies etwa auf Seite 52. Und das ist noch lange nicht alles. Je eine bis maximal zwei Seiten befassen sich mit einem Tipp. Einiges war mir davon bekannt, anderes nicht. Das Büchlein geht nicht allzu sehr in die Tiefe, doch das habe ich anhand der Seitenzahl auch gar nicht wirklich erwartet. Ein praktisches Nachschlagewerk ist es jedoch allemal, in dem Garten-Tipps teils mit einer handschriftlichen, teils einer maschinellen Schriftart dargestellt sind. Die verschiedenfarbigen Überschriften heben sich dezent von den übrigen zumeist grün dargestellten Texten ab. Sehr gut gefallen haben mir auch die Aufzählungszeichen in Form von Früchten, Insekten oder Blumen anstelle von sonst eher üblichen Punkten, Strichen oder auch Zahlen.

Wer die darin enthaltenen Ideen umsetzen und eventuelle Erfolge oder Misserfolge festhalten möchte, kann dies im 88 Seiten umfassenden Mein Garten-Eintragbuch tun. Es finden sich auch vereinzelte kleinere Gedichte, Sprichwörter oder Bauernweisheiten darin. Die größtenteils leeren cremefarbenen, griffigen Seiten des Buches laden jedoch dazu ein, sich Notizen zu machen. Diese sind nicht durchnummeriert, allerdings gibt es eine jahreszeitliche Unterteilung. So sind alle Frühlingsseiten grün umrandet, während sich die Umrandung im Sommer auf Rot, im Herbst auf Rot-Braun und im Winter auf Blau ändert. Auch die Illustrationen richten sich nach den Jahreszeiten. Findet man im Frühling beispielsweise unter anderem Gänseblümchen und im Sommer reife Früchte, so werden im Herbst buntes Laub oder etwa Pilze und im Winter Schneeflocken bzw. -kristalle dargestellt. Jede der Seiten ist ein wenig anders, während insgesamt alles miteinander harmoniert. Diesbezüglich meinte einer meiner Brüder, dass ein ganz einfacher Collegeblock es doch sicher genauso tut. Stimmt natürlich, doch muss ich gestehen, dass mir anhand der Gestaltung Einträge in Mein Garten-Eintragbuch mehr Spaß machen und unabhängig davon die stabile Buchbindung für mich ein glasklarer Vorteil gegenüber einer Collegeblock-Alternative ist. Abgesehen davon macht das Buch beim Verschenken natürlich mehr her.

Wenn dann die Umsetzung der in Garten-Tipps enthaltenen Anregungen und das eigene gärtnerische Bemühen Erfolg zeigen, kann man mithilfe des Thorbecke Verlags die Samen ordentlich eintüten, damit man auch im kommenden Jahr etwas davon hat. Je 5 gleiche Samentütchen aus gelacktem Papier zum Beschriften und Selbstbefüllen mit Blumen-, Kräuter– oder Gemüsesamen sind in einem Päckchen enthalten, die man für 3,99 € erwerben kann (ASIN: B00ADQDXV4, B00ADQDY18, B00ADQDYU4).

Egal ob Garten-Tipps, Mein Garten-Eintragbuch oder Samentütchen – alles wurde von Reglindis Rohringer auf verspielte Art illustriert. Alles ist liebevoll aufgemacht und passt sehr gut zueinander, wobei man alles für sich einzeln erwerben muss – ein richtiges Set gibt es nicht. Und obwohl etwa mein Vater gleich nach den Samentütchen griff und ein Päckchen für sich beanspruchte, werden sich insgesamt vermutlich eher Frauen als Männer von allem angesprochen fühlen.

Rohringer lebt heute, nach Grafikschule und Kunstakademie in Italien, wieder in Deutschland. Der Stall eines ehemaligen Bauernhauses wurde zu ihrem Wohnhaus umgebaut und ist von einem großen Garten umgeben.

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Die ersten Seiten von meinem eigenen Mein Garten-Eintragbuch sind bereits mit Notizen versehen, während 3 Päckchen mit Samentütchen friedlich in einer Schublade verstaut auf ihre Befüllung hoffen. Ihre Chancen stehen gut, da ich einige Anregungen umzusetzen gedenke, die ich in Garten-Tipps gefunden habe. Und als Mitbringsel kam auch alles gut an. Einen die Bekannte, die ebenfalls gerne gärtnert, hat sich über verspielt-liebevolle Gestaltung der beiden Bücher sehr gefreut.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

 

ATKINSON, KATE: DAS VERGESSENE KIND

Filed under: Belletristik,Krimi/Thriller,Roman — Ati @ 15:19

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Originaltitel: Started early, took my dog
übersetzt von Anette Grube
Knaur Taschenbuch Verlag
ISBN-13: 9783426509524
ISBN-10: 3426509520
Krimi
Ausgabe 10/2012
Taschenbuch, 464 Seiten
[D] 10,99 €

Verlagsseite
Autorenseite (englisch)

 

Die 1951 in York geborene britische Autorin Kate Atkinson ist Trägerin des britischen Verdienstordens MBE (Order of the Britisch Empire), der sowohl zivilen wie auch militärischen Personen sowie Bürgern nicht britischer Staaten verliehen wird. Atkinson, die Englische Literatur und Amerikanistik studierte, kam Mitte der 1980er zum Schreiben. Nach Erzählungen versuchte sie sich an Romanen, in denen die Figuren häufig mit Problemen kämpfen, die sie an die Grenzen ihrer Möglichkeiten bringen. Mit dem Roman Case Histories (Die vierte Schwester), erschuf die Autorin die Figur des Privatdetektivs Jackson Brodie und wandte sich dem Krimi-Genre zu, ohne direkt Krimis zu verfassen (Quelle Wikipedia). Dem 2004 erschienen Auftaktroman um den behäbigen Privatermittler folgten bis 2010 drei weitere Bücher. Die BBC verfilmte bislang die ersten drei Romane der Reihe. Der vierte Band Started early, took my dog erschien 2010. Die deutsche Übersetzung Das vergessene Kind wurde 2011 von Droemer als Hardcover und 2012 von Knaur als Taschenbuch herausgegeben. Der Roman erreichte unter anderem jeweils den dritten Platz beim Deutschen Krimi Preis International und auf der KrimiZEIT-Bestenliste. Außerhalb der Brodie-Reihe wurden von der Autorin seit 1995 vier weitere Romane, Kurzgeschichten, Erzählungen und ein Theaterstück veröffentlicht, die teilweise ebenfalls mit Preisen bedacht wurden.

Doch zum Roman, in dem eine ehemalige Polizistin sich damit überrascht, dass sie kurzerhand ein Kind kauft. Eigentlich nur, um dieses vor der vermeintlichen Mutter zu retten, die nicht nur drogensüchtig ist, sondern der bereits mehrere Kinder weggenommen wurden. Gleichzeitig beginnt Jackson Brodie in einem dreißig Jahre alten Fall zu recherchieren, an dem Tracy während ihrer Polizistenlaufbahn beteiligt war. Dieser unglückliche Zufall jagt Tracy zusammen mit ihrem schlechten Gewissen bezüglich ihres Spontankaufs in die Flucht.

Diese kurze Inhaltsangabe klingt genau, wie die auf der Buchrückseite, sehr strukturiert. Doch obwohl ich Atkinson nicht unterstellen möchte, ihren Roman unstrukturiert abgefasst zu haben, liest er sich längst nicht so glatt, wie ich das für gewöhnlich bevorzuge. Deshalb musste ich das Buch auch zwei Mal von vorne beginnen. Das lässt sich übrigens lesen, ohne dass man die Vorgängerbände kennt. Ich persönlich habe lange Zeit gar nicht registriert, dass ich einen Roman aus einer Buchreihe in Händen halte.

Die Autorin ist bereits dafür bekannt, dass sie mehrere parallele Handlungsfäden in ihren Geschichten verarbeitet, die sich lose durch ihre Plots ziehen und spät zusammengesponnen zu teils überraschenden Lösungen führen. Das wusste ich jedoch eingangs noch nicht. Hinzu kommt, dass sie überaus detailverliebt Worte aneinanderreiht, die erst einmal nichts zum eigentlichen Handlungsgeschehen beitragen, die Atmosphäre aber auch nicht zwingend verdichten. Kurze Kapitel, die sich von Anfang an immer wieder um eine andere Figur drehen, wirken wild zusammengewürfelt und ohne eigentlichen Zusammenhang. Dass Jackson Brodie die eigentliche Hauptfigur des Romans ist, fällt nicht auf, denn im Grunde kommen alle Figuren gleichermaßen ausführlich in ihrer Gedankenwelt beschrieben doch etwas blass daher. Vieles uferte anfangs so sehr für mich aus, als dass mich die eigentlich spannende Grundidee fesseln konnte. Das lag auch daran, dass lebendige Dialoge fehlen. LeserInnen erleben die Gedanken der Figuren als Monologe in deren eigenen Kopf mit. Das wirkt manchmal hölzern, enthält jedoch durchaus eine Art unterkühlter Komik. Und dann wiederum berührt es auf überraschende Weise, wenn man schon gar nicht mehr damit rechnet.

Die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen und wird aus zahlreichen Perspektiven erzählt. Sie beginnt im England der 1970er-Jahre, als Tracy gerade ihre Polizistenlaufbahn begonnen hat. Bei der Entdeckung einer ermordeten Prostituierten wird ein kleines Kind gefunden, das danach in der Versenkung verschwindet. Die zweite Zeitebene handelt 30 Jahre später. Tracy ist längst aus dem Polizeidienst ausgeschieden, arbeitet als Warenhausdetektivin, lebt alleine – bis eben zu jenem Tag, an dem sie das kleine Mädchen kauft. Dazu gesellen sich die Handlungsstränge um eine demente Schauspielerin, um eine Sozialarbeiterin, um diverse Polizisten. Und um Jackson Brodie selbst, der herauszufinden versucht, woher seine australische Auftraggeberin kommt, die offenbar in den 1970ern in England geboren wurde, gleichzeitig offiziell aber gar nicht zu existieren scheint.

Es dauerte geraume Zeit, bis ich mich auf Atkinsons Schreibstil einstellte und plötzlich dabei ertappte, wie ich neugierig die Seiten umblätterte. Erzählfragmente begannen sich unspektakulär, aber unaufhaltsam, vor meinen Augen zusammenzufügen. Die auf den ersten Blick wild zusammengewürfelten Figuren sind alle miteinander durch mehr als ein Drama, mehr als ein Geheimnis, mehr als einen Mord, mehr als eine unglückliche Familie und trostlose Lebenswege sowie unerfüllte Träume oder Lebenslügen verbunden. Atkinsons Charaktere gehören samt und sonders nicht zu den Gewinnern. Sie lässt sie einiges durchmachen und geht nicht sonderlich zartfühlend mit ihnen um. Dafür stimmt sie sie sukzessive aufeinander ab. Unversehens ertappte ich mich dabei, wie ich mit ihnen gefühlt, gelitten und gehofft habe.

Der Roman ist zugegebenermaßen nicht ganz ohne Längen, die man vor der Kulisse menschlicher Tragödien und Abgründe nicht erwartet. Dennoch kam das Ende letztlich viel zu schnell. Obwohl dabei längst nicht alle Handlungsfäden schlüssig abgeschlossen werden (vielleicht weil der Roman eben doch Teil einer Reihe ist?), wirkt der Roman nicht unbefriedigend unvollendet.

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Eine nicht ganz einfache, gesellschaftskritische Geschichte, bei der sich Durchhalten lohnt. Wer schnelle und vor allem einfach strukturierte Handlungsentwicklungen bevorzugt, dem rate ich, die Finger vom Buch zu lassen. Wer auf reißerisch-blutige Passagen hofft, wird sie in diesem Krimi auch nicht finden. Dafür regt Atkinsons Roman leise und unaufgeregt zum Nachdenken an und wird sicherlich nicht der Letzte sein, den ich von dieser Autorin lese. Für Das vergessene Kind möchte ich vier von fünf Punkten vergeben.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

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