Die Leselustige Ati's Rezi-Seite – Buchbesprechungen, Ankündigungen, etc.

10. Februar 2013

STEFFENS, LARS: SUPERMANFRED

Filed under: Belletristik,Humor/Satire,Roman — Ati @ 12:11

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Rowohlt Taschenbuch Verlag
ISBN-13:
9783499259555
ISBN-10:
3499259559
Belletristik
Originalausgabe 02/2013
Taschenbuch, 256 Seiten
[D] 8,99 €

http://www.rororo.de

 

Auf der Verlagsseite erfährt man Folgendes über den Autor:

 

Lars Steffens schreibt eigentlich Drehbücher und unterrichtet an Filmhochschulen. Als Redakteur hat er zuvor bei RTL diverse Fernsehserien betreut. Bislang kann er noch nicht mit so interessanten Autorenjobs wie Robbenjäger, Goldschürfer oder Rechtspsychologe aufwarten. Er hofft allerdings auf eine Karriere als Frauenfußballhooligan oder Bohrinsel-Monteur. Bis dahin vertreibt er sich die Zeit mit seiner Frau und den beiden gemeinsamen Kindern in Köln. Mit seinem Sohn spielt er manchmal «Papa Darth Vader und Mama Darth Vader» – ohne eigentlich zu wissen, was er dabei tun soll.

 

Zugegeben: nicht sehr aufschlussreich. Hinter diesem kleinen Profil könnte so gut wie jeder stecken.

 

Genau wie hinter den Figuren in Steffens Roman Supermanfred. Ob er etwas mit Supermanfred von Dennis und Jesko (Die Sketchköppe, NDR) zu tun hat, ist mir nicht bekannt. Das im Comicstil gehaltene Cover deutet jedenfalls darauf hin, dass es um jemanden mit Superkräften geht. Die Inhaltsangabe tut ein Übriges. Supermanfred wird unter anderem flankiert von ebenfalls nicht ganz alltäglichen Gestalten namens Badmann und Robin.

 

Wer allerdings auf mehr Parallelen zu der Figur im engen blauen Anzug mit rotem Mäntelchen oder der mit den Fledermausflügeln bzw. dem schmächtigen Kerlchen an dessen Seite hofft, wird vielleicht enttäuscht. Diese erleben zwar seit einigen Jahren einen zweiten Karriereschub auf der Kinoleinwand, haben aber abgesehen von der Namensähnlichkeit wenig mit Supermanfred und Co. gemein.

 

Hamburg dient als Handlungsort. Supermanfred ist im richtigen Leben Feuerwehrmann, dank eines sagen wir mal magischen Trainingsanzugs jedoch mit Superkräften ausgestattet, weshalb er immer mal wieder zur Rettung der Metropole beiträgt. Das alles geschieht heimlich, nicht einmal seine Freundin ahnt etwas von seinen heldenhaften Taten und wundersamen Fähigkeiten.

 

Besagte Freundin, Claudia, spielt übrigens die Hauptrolle in Steffens Roman. Aus ihrer Sicht wird die Geschichte erzählt. Claudia ist unzufrieden mit ihrem Leben, ihrem Beruf wie ihrer Beziehung oder ihrem Freundeskreis. Von ihrem Chef wird sie ausgenutzt, ihre beste Freundin ist Vollzeitegoistin und ihren Freund findet sie zwar unheimlich lieb aber auch langweilig, mutiert er doch nach Dienstschluss zu einem Couch-Potato.

 

Doch von heute auf morgen wird Claudias Leben auf den Kopf gestellt. Als sie versehentlich Manfreds hässlich-grünen Synthetik-Trainingsanzug in die Waschmaschine steckt, ist es mit Manfreds Superkräften schlagartig fast vorbei. Logisch, dass der von ihrer Waschaktion nicht gerade begeistert ist. Während er verzweifelt versucht, seine Aufgabe auch ohne Anzug zu erfüllen, kommt Badmann ins Spiel. Claudia fühlt sich vernachlässigt und kann Manfreds Reaktionen nicht ganz nachvollziehen. Als ihr neuer Nachbar, der Superschurke Badmann, mit ihr zu flirten beginnt und scheinbar eindeutiges Interesse andeutet, kommt Manfred ihr noch langweiliger vor. Dabei handelt Badmann aus ganz und gar eigennützigen Motiven, was Claudia erst viel zu spät klar wird. Ebenso wie der Umstand, dass Hamburg offenbar geradezu vor Superhelden und -schurken wimmelt. Sogar Außerirdische sind dabei. Sie alle haben größere und kleinere, nützliche oder eher nutzlose Fähigkeiten. Praktischerweise hat sich Steffens für seine Figur Claudia eine Lösung ausgedacht, die nicht nur Supermanfred überrascht.

 

Gleich eingangs kann man auf leichte Art in das definitiv nicht ernst zu nehmende Geschehen eintauchen. In dem Roman passiert zwar das eine oder andere. Doch es fliegt nichts mit kawoum und crash-boom-bang in die Luft. Die Welt wird weder durch ferngesteuerte Meteoriten bedroht noch kommen hypertechnische Spielereien und Fahrzeuge zum Einsatz. Was zum Teil sicher auch daran liegt, dass bestimmte Heldenfähigkeiten eher unauffällig sind (einer kann nur der Kommunikation von Schnecken lauschen). Steffens Figuren sind also trotz ihrer Superkräfte relativ normal, wollen auf wohltuend einfache Weise zum Teil lediglich unerkannt leben und ihren Spaß haben. Dabei haben sie mit ganz alltäglichen Problemchen und Sorgen zu kämpfen. Sie könnten also quasi direkt neben uns leben. Deshalb Augen auf -womöglich gibt es ja in der Nachbarschaft jemanden, der eine Vorliebe für hässlich-grüne Synthetik-Trainingsanzüge hat…

 

Fazit: 04aperlenpunkte.jpg

 

Ein unterhaltsam-seichter Lesequickie. Wer keinen Tiefgang erwartet, wird mit  entspannenden Lesestunden, hochgezogenen Mundwinkel und genau dem belohnt, was Autorenprofil und Inhaltsangabe des Buches versprechen. Dafür gibt es leichte vier von fünf Punkten.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

26. November 2012

Schumacher, Lutz: Eigentlich wollte ich doch nur einen Toaster

Filed under: Humor/Satire — Schlagwörter: , , — Ati @ 17:34

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Goldmann Verlag
ISBN-13: 9783442312993
ISBN-10: 344231299X
Satire
Auflage 08/2012
Gebundene Ausgabe, 224 Seiten
[D] 16,99 €

Verlagsseite
Autorenseite

Meine Schwägerin sagt immer: Haben bedeutet Macht – nicht haben macht auch nichts. Darüber habe ich anfangs gelächelt, weil ich dachte, dass das eine bequeme Ausrede dafür ist, bestimmte Dinge nicht ausprobieren zu müssen. Mittlerweile habe ich aus verschiedenen Gründen dazugelernt und denke ich ähnlich wie sie.

Haben wollte ich jedoch das Buch Eigentlich wollte ich doch nur einen Toaster – Bin ich zu blöd, oder liegt’s an der Technik, denn laut Verlagsseite geht es darin um Folgendes:

 

Zitat:

Senk ju vor se Betriebsanleitung!

Es gab Zeiten, in denen war ein Toaster nichts weiter als ein Toaster. Ein Telefon war zum Telefonieren da, und Kaffee kam aus einer einfachen Filtermaschine – und zwar immer wenn man wollte. Heute ist dank allumfassender Digitalisierung und Technisierung unseres Lebens angeblich alles besser, einfacher und bequemer. Doch sieht man genau hin, muss man feststellen: Nichts funktioniert! Jedenfalls nicht so, wie es der gesunde Menschenverstand erwarten lässt. Denn moderne Technik löst im Grunde nur die Probleme, die sie zuvor selbst verursacht hat. Und so stapeln sich nutzlose Ladekabel und Adapter in unseren Kellern, und im Alltag terrorisieren uns Smartphones, soziale Netzwerke und eigenwillige multifunktionale Küchengeräte. Am Ende bleibt die Frage: War es damals in der Höhle eigentlich wirklich so schlimm?

Schumacher ist Journalist, Autor und Geschäftsführer der Nordkurier Tageszeitungsgruppe in Mecklenburg Vorpommern. Er ist Bestsellerautor. Und er ist unterhaltsam, wie ich aus den Büchern Wenn möglich, bitte wenden und Senk ju for träwelling weiß. Wie der Titel seines aktuellen Buches aus dem Hause Goldmann bereits verrät, geht es um Technik, Technikverliebtheit oder eher um den immer weiter zunehmenden Technikwahn. Und ganz nebenbei um das seltsame Mitteilungsbedürfnis, das die in der Techniklandschaft gnadenlos vereinsamende Bevölkerung so entwickelt.

Dabei spricht der Autor diese Themen auf eine Art und Weise an, die trotz des an sich eher ernsthaften Inhalts zum Lachen animieren. Das Lesen des Buches gestaltet sich damit wesentlich einfacher als das so mancher Bedienungsanleitung. Zwar bergen diese dank Übersetzungscomputern durchaus Lachpotenzial, doch stellen sie zusammen mit der Bedienung der darin beschriebenen Geräte Benutzer quer durch alle Bevölkerungsschichten des Öfteren vor mehr oder weniger überwindliche Probleme, da sowohl die Nutzung als auch der Nutzen nicht immer zwangsläufig durchdacht ist. Letzteres wurde mir wieder einmal klar, als ich es mir gerade mit dem Buch gemütlich machen wollte. Da hörte ich nämlich meinen Vater laut fluchen (wir wohnen im selben Haus). Er ärgerte sich wieder mit der Fernsehfernbedienung herum, die fatalerweise beim Drücken egal welchen Knopfes gleichzeitig eine Stehlampe ein- oder ausschaltet. Da meine Eltern für gewöhnlich nicht in die Programmzeitung sehen, um gezielt umzuschalten, sondern wie die Weltmeister zappen, wurde es dort unten gerade wieder einmal abwechselnd hell und dunkel. Dank des offenen Treppenhauses hatte ich so mehr oder weniger den perfekten Hintergrund für den Einstieg in Schumachers Buch.

Mehr als einmal fragte ich mich während der Lektüre, wo die versteckte Kamera wohl sein könnte, mit der der Autor uns beobachtet hat. Da das selbst in meinen Ohren zu paranoid klingt, tröstete ich mich damit, dass wir wohl nicht die Einzigen und andere demnach auch nicht besser dran sind als wir selbst.

Einiges im Buch ist natürlich überspitzt dargestellt. Etwa die bestellende Kühlschrank-Vision (auf die der Autor immer mal wieder Bezug nimmt) oder der Servicetechniker des multifunktionalen Druckers. Beides sind imaginäre Albträume, wenngleich sie mich zum Lachen brachten. Der beschriebene Servicetechniker für die Spülmaschine in der heutzutage vorhandenen Servicewüste (warum reparieren, kaufen geht doch schneller) erinnerte mich jedoch prompt an die Aussage eines Kfz-Meisters („Früher haben wir Kaputtes repariert, heute lesen wir Fehlerspeicher aus. Und müssen Dinge ersetzen, die gar nicht kaputt sind, weil das kaputte Teil für 2,20 € nur noch in Kombination mit was Teurerem erhältlich ist und verbaut werden kann.“).

In Eigentlich wollte ich doch nur einen Toaster – Bin ich zu blöd, oder liegt’s an der Technik stellt Schumacher Vergleiche mit der Steinzeit an, bringt aber vorwiegend die Moderne humorvoll und durchaus selbstironisch aber ebenso scharfzüngig-satirisch, manchmal beißend eloquent auf den Punkt. Legt den Finger auf etwas, das wir in seiner Offensichtlichkeit gerne übersehen. Zwar ist nicht alles grundsätzlich schlecht, doch bedauerlicherweise gibt es zahlreiche technische Errungenschaften, die uns das Leben nicht so erleichtern, wie von der Werbung vollmundig versprochen. Ich habe beispielsweise bis heute nicht kapiert, wozu ich eine App brauche, die mir verrät ob ich einen Schirm nutzen soll oder nicht, wenn ein einfacher Blick aus dem Fenster oder in die Zeitung den gleichen Zweck erfüllt.

Doch Schumacher geht nicht nur auf Orangenpressen und Brotbackautomaten ein, die nicht überzeugen, oder auf die Gefahren von Duschen mit selbsterklärendem Touch-Screen-Bedienpaneel. Er nimmt auch die inflationär zunehmende Informationswut aufs Korn, ruft quasi auf innezuhalten, nachzudenken, nicht alles blind mitzumachen. Egal ob es der blinde (Irr-)Glaube an den aus dem WWW gefischten (teils ungesicherten) Informationswust oder der offenbar aus Zugzwang entstehende Mitteilungswahn mancher Nutzer sozialer Netzwerke ist.

Fazit: Schumacher zeigt in seinem Buch, dass Kritik durchaus humorvoll abgefasst sein kann. Sein kleiner Rundumschlag in Sachen Technik sollte indessen nicht bloß als unterhaltsam abgetan werden. Nachdenken lohnt sich in diesem Fall durchaus. Lesen auch, weshalb ich für Eigentlich wollte ich doch nur einen Toaster – Bin ich zu blöd, oder liegt’s an der Technik vier von fünf Punkten vergeben möchte.

Copyright © 2012, Antje Jürgens (AJ)

 

25. Oktober 2012

Rautenberg, Juli: Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil

Filed under: Belletristik,Humor/Satire — Ati @ 16:48

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Blanvalet Taschenbuch Verlag
ISBN-13: 978-3442380220
ISBN-10: 3442380227
Belletristik
1. Auflage 10/2012
Taschenbuch, 416 Seiten
[D] 8,99 € 

 

Verlagsseite
Autorenblog 
 

 

Brächte ich so etwas über mich? Etwas wie die Suche nach dem Partner oder das Leben mit Selbigem in Form eines Blogs und/oder Buches zu veröffentlichen? Vermutlich eher nicht. Die Autorin Juli Rautenberg, die nach ihrem Studium als freie Lektorin arbeitet, hat es jedenfalls getan. Sie gerät nach eigenen Angaben schon mal bei warmem Schokoladenpudding in Versuchung und ist vom inzwischen leider verstorbenen Loriot fasziniert. Persönlich steht sie eher auf Krimis und Thriller. 

Darum handelt es sich bei Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil allerdings nicht. Um einen Direktangriff auf diverse Lachmuskeln allerdings schon. Es ist die Fortsetzung von Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (2011 erschienen über Eichborn Verlag). Der Titel verrät es schon, darin beschäftigt sie sich mit der Suche nach dem Traummann. Bereits damit hatte die Autorin die Lacher auf ihrer Seite. Aber all das war vollkommen nebensächlich und es ist mir, während die diverse Lachsalven mein Zwerchfell erschütterten, nicht einmal andeutungsweise aufgefallen. 

Möglich, dass Rautenberg nicht alle Leser querbeet zum Lachen animieren kann. Aber wer kann das schon von sich behaupten. Bei den Leuten, mit denen ich zwischenzeitlich über Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil gesprochen habe, ist ihr das jedoch durchweg und spielend gelungen.  

Das Buch liest sich sehr leicht. Man kann es in einem Rutsch durchlesen oder es in Häppchen genießen, da es in handliche Kapitel die wiederum zu einem von zwölf Monaten zusammengefasst sind, geschrieben ist. Jedes der Kapitel ist auch mit überaus passenden Überschriften versehen.  

Man merkt schnell, das Juli, die sich manchmal wie der berühmte Elefant im Prozellanladen verhält, absolut nicht perfekt und selbstsicher ist, dafür aber sehr authentisch. Spritzig und freimütig, mit einer mehr als guten Prise Selbstironie, berichtet die Autorin von allem, was in einer neuen Beziehung so alles passieren kann. Was Verdauung und Verliebtsein über das V am Wortanfang hinaus miteinander zu tun haben, etwa. Von Eifersüchteleien und Minderwertigkeitsgefühlen. Von Fettnäpfchen und ersten Gewitterwölkchen. Bösen Schwiegermonstern und peinlichen Eltern. Von im ungünstigsten Moment auftauchenden Expartnern, von falschen Verdächtigungen und infantil-anmutenden Folgeaktionen bis hin zur Angst vor der vermeintlichen Endgültigkeit. Von inneren Schweinehunden und der eigenen anderen bösen, teils missgünstigen Seite. Von Verletzen und Verletztsein. Von allen Gefühlen, die es so zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt eben so gibt.  

Nicht immer hat es Konrad, ihre bessere Hälfte, einfach mit ihr und man kann ihm getrost Sinn für Humor und vor allem Durchhaltevermögen attestieren, weil er mit so ziemlich allem fertig wird. Nicht immer erfüllt er alle Erwartungen, die Juli an ihn stellt und doch begreift sie sukzessive, dass es manchmal besser ist, etwas zurückzustecken, um nicht alles kaputtzumachen. Und nicht alles, was Rautenberg so mitzuteilen hat, ist bei all der spielerischen Leichtigkeit, mit der sie davon berichtet, auch wirklich nur humorig, sie macht sich durchaus auch ernsthafte Gedanken darüber, dass sie sich selbst am meisten im Weg steht. 

Fazit: Genauso leicht und locker zu lesen, wie es geschrieben ist. Für alle die mal wieder lachen wollen und auch über sich selbst lachen können. Denn so sehr man sich manchmal an den Kopf fassen möchte, das Buch wirkt stellenweise wie ein Spiegel. Herrlich lebendig und mitten aus dem Leben bekommt es fünf von fünf Punkten von mir. 

Copyright © 2012, Antje Jürgens (AJ)

5. August 2012

Jaud, Tommy: Hummeldumm

Filed under: Humor/Satire — Ati @ 12:27

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Verlag: Fischer Taschenbuch Verlag

ISBN: 9783596174768

ISBN: 3596174767

Belletristik

[D] 8,99 €

Taschenbuch: 303 Seiten

Erscheinungsdatum März 2012

 

Die anstehende Zugfahrt von Köln nach Hamburg brachte mich dazu, quasi in letzter Minute noch etwas zum Lesen zu erstehen. Das vorsichtshalber dafür mitgeführte Buch war einfach zu langweilig und die Fahrt zu lang, als dass ich sie ohne Alternative überstanden hätte. Nachdem meine Bücherregale in den letzten Jahren unzählige Vampire, ähnlich übernatürliche Wesen und Serientätern in sich aufgenommen haben, war wieder einmal Zeit für etwas unverfänglich Lustiges. Und nachdem mich das schreiend orangene Cover mit dem putzig-dämlich starrenden Erdmännchen förmlich anbettelte, es mitzunehmen, landete Jauds Hummeldumm in meinem Reisegepäck. Niedlich fand ich auch die Idee, auf den Seiten unten rechts ein Daumenkino einzubauen. Es zeigt das Erdmännchen mit einem Adapter jonglierend oder die Nase rümpfend.

Der 1970 in Schweinfurt geborene, studierte Germanistiker und vorwiegend in Köln lebende Jaud, bringt mit Hummeldumm seinen vierten Roman auf den Markt. Kritiker monieren, dass er damit nicht an vorherige Veröffentlichungen heranreicht. Andere, dass die Geschichte platt und seine Komik nicht wirklich komisch ist. Ein paar kurze Blicke vorab haben mir dann auch schon gezeigt, dass es keine hochgeistige Literatur ist, die der Mitgestalter von Wochenshow und Ladykracher damit offeriert. … Also genau richtig für eine längere Fahrt, bei der man eventuell beim Lesen immer mal wieder gestört wird.  

Die Buchrückseite verrät, dass es um 9 Trottel mit albernen Sonnenhüten,  271 gar nicht mal so wilde Tiere,  3877 Kilometer Schotterpiste im Minibus, und weit und breit kein Handynetz geht. In Namibia erlebt Matthias Klein (genannt Matze), der die Geschichte erzählt, an der Seite seiner Freundin Sina nicht die erhoffte Entspannung. Die vergessene Anzahlung für das traute Eigenheim, in dem er und Sina bald nach ihrer Rückkehr ziehen wollen, in einem Land, in dem Online-Überweisungen einen schon mal vor Probleme stellen können, sollte man kein Ladekabel dabei haben, ist nur eins der Probleme, die sich dort für ihn ergeben. Schließlich will er nicht, dass Sina etwas von seinem dummen Fehler erfährt. Schon allein, weil er ihr dann nicht mehr vorwerfen kann, dass er grundsätzlich und schon gar nicht mit der von ihr gebuchten Reisegruppe durch Namibia reisen will.

Und so wird nicht nur seine Geduld, sondern vor allem die seiner Freundin (samt ihrer Beziehung zueinander), seiner Mitreisenden und seines Reiseführers auf die Probe gestellt. Und stellenweise auch die seiner Leserschaft, denn wie bereits im Inhaltsverzeichnis verraten wird, dreht sich tatsächlich im Großteil des Buches alles um die verzweifelte Suche nach der Möglichkeit zu telefonieren oder wenigstens per Internet Kontakt aufzunehmen. Der Handlungsort wechselt dabei (es handelt sich ja um eine Rundreise), aber es bleibt eben größtenteils die (vergebliche) Suche.

Dass das Buch dennoch für verwunderte Blicke (meiner Mitreisenden auf mich) gesorgt hat, lag an der Art und Weise, wie Jaud seinen Protagonisten und dessen Reisegefährten beschreibt. Nach dem dritten Lacher meinerseits las mein Nebenmann fleißig mit und irgendwann ernteten wir gemeinsam seltsame Blicke. Teils klischeehaft, teils bitterböse offenbart Jaud auf erfrischende und liebevolle Art seine Figuren und lässt sie von einer klamaukartigen Szene in die nächste taumeln bzw. fahren und situationskomische Höhepunkte erleben. Ihre Eigenheiten, wie etwa Dialekt, Vorlieben, oder Wesenszüge, fordern der Geduld des Reiseführers Bahee einiges ab. Etwas überzeichnet hat Jaud sie, dennoch kann man sich jeden einzelnen von ihnen gut vorstellen und mit ihnen fühlen. Ihre kleinen und größeren Schwächen, ihre Eitelkeiten und die Fähigkeit zum Selbstbetrug machen sie lebendig. Jeder, der schon einmal eine Rundreise mit lauter unbekannten Mitreisenden gemacht hat, wird teilweise sehr gut nachfühlen können, was die Truppe so durchmacht, kann man sich doch seine Mitreisenden dabei selten aussuchen. Und obwohl Matze sich stellenweise als teils cholerischer, teils eifersüchtiger Unsympath herauskristallisiert, kann man ihm das meiste lächelnd nachsehen und möchte ihn tröstend in die Arme nehmen. Für den Markierungs-Aktion hätte ich persönlich ihm allerdings neben einer kräftigen Abreibung auch für den Rest der Fahrt einen Knebel und einen Platz im Kofferraum verpasst.

Fazit:

Wie bereits erwähnt, ist Hummeldumm keine hochgeistige Literatur – aber die habe ich bei Jaud weder erwartet noch brauche ich sie, um mich gut unterhalten zu fühlen. Man taucht nicht nur durch den Schreibstil sondern auch wegen der Erzählweise schnell in die Geschichte ein. Das Buch lässt sich auch mit kleineren Störungen leicht und flüssig weiterlesen. Sein Roman ist ein amüsanter Lesequickie, den ich mit vier von fünf Punkten jedem ans Herz legen kann, der mal wieder lachen will.

Copyright © 2012 Antje Jürgens (AJ)

5. Juni 2012

Blinda, Antje & Orth, Stephan: Sorry, Ihr Hotel ist abgebrannt

Filed under: Humor/Satire — Ati @ 16:26

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Ullstein Taschenbuch
ISBN13: 978-3548374109
ISBN10: 3548374107
Humor
1. Auflage April 2011
Taschenbuch: 224 Seiten
[D] 8,99 €

Verlagsseite

Sowohl die 1967 geborene Antje Blinda als auch der 1979 geborene Stephan Ort sind für Spiegel-online im Ressort Reise tätig. Aus ihrer Feder stammt Sorry, wir haben die Landebahn verfehlt, mit dem sie es in die Taschenbuch-Bestseller-Liste schafften. Dieses Buch wurde mir wärmstens empfohlen, allerdings habe ich es bis heute nicht geschafft, es mir zu holen.  

Das vor mir liegende Buch Sorry, Ihr Hotel ist abgebrannt, passt von der Aufmachung her zu seinem Vorgänger. Es kam bereits im April letzten Jahres auf den Markt und bald darauf auf meinen SuB. Aus verschiedenen Gründen konnte ich es allerdings erst jetzt lesen. Mittlerweile gibt es schon einen Nachfolger mit dem Titel Sorry, wir haben uns verfahren, der optisch gut in die Reihe passt.

Zitat Verlagsseite

Hotelzimmer aus der Hölle, verwechselte Zielorte, unglaubliche Abzockertricks: Die schönste Zeit des Jahres kann im Handumdrehen zum Fiasko geraten. Mit diesem Reiseführer der lustigsten Pannen sind Sie gegen die Tücken des Urlaubsalltags gewappnet – hier erfahren Sie, was Sie niemals im Katalog lesen werden, und können aus den amüsanten Erlebnissen von SPIEGEL-ONLINE-Lesern lernen. Denn wer nackt zum Begrüßungsdinner geht, sollte sicher sein, auch tatsächlich ein FKK-Resort gebucht zu haben.  

Die Brigitte-Redaktion urteilte im Mai 2011 „Zum Lachen, Wundern und Dazulernen“. Damit hat sie eindeutig nicht ganz unrecht. Allerdings würde ich jetzt, nachdem ich das Buch gelesen habe, diese Aussage eher sarkastisch als begeisternd werten. Ich fand darin tatsächlich den einen oder anderen Anstoß, die Mundwinkel zu heben. Vielleicht auch mal lachend zu schnauben. Ansonsten kann ich mich jedoch tatsächlich nur wundern. Was ich dazugelernt habe, war jedenfalls, dass ich mich auf die Empfehlung meiner Bekannten (den Vorgänger zu lesen) hätte verlassen sollen. Auch andere Bekannte sprachen später die gleiche Empfehlung aus.  

Während es sich im Vorgängerbuch um eine Anekdotensammlung rund ums Flugzeugcockpit handelte, geht es in Sorry, Ihr Hotel ist abgebrannt um Urlaub bzw. Reisen im Allgemeinen. Erlebnisse in Flugzeugen oder aus dem Alltag von Flugbegleitern zählen auch darin wieder dazu, doch es geht auch um Touristen-Abzocke oder Anekdoten von (teilweise prominenten) Touristikprofis (egal ob Reisende oder Veranstalter). Um weltweites Bahnfahren und skurrile Reise-Neuigkeiten, kuriose Kreuzfahrten, um ein Penisrestaurant oder das Abenteuer Mitfahrzentrale, um Internet-Hotelbewertungen und Navigationspannen und letztlich ein Interview über Reisepannen. Bereits nach einem kurzen Blick war klar, dass wie bei so vielen Büchern auch bei diesem der Titel nicht wirklich zum Inhalt passt. Er bezieht sich auf eine Geschichte darin, aber damit hat sich auch schon. Auch die als Auftakt der einzelnen Kapitel verwendeten Comic-Zeichnungen passen teilweise nur bedingt zum dahinter abgedruckten Inhalt, peppen das Buch jedoch auf. 

Nachdem ich mich schon innerlich auf einen Angriff auf meine Lachmuskeln gefasst machte, konnten diese recht schnell Entwarnung geben. Sorry, Ihr Hotel ist abgebrannt liest sich sehr schnell. Womöglich sind mir deshalb die humorvollen Passagen entgangen? Wer weiß.  

Sorry, Ihr Hotel ist abgebrannt ist flüssig geschrieben, enthält durchaus gute Infos und sorgte tatsächlich das eine oder andere Mal für ein Lächeln. Allerdings führten Wiederholungen leicht abgewandelter Passagen dazu, dass sich meine Lachmuskeln nicht zu sehr anstrengen mussten. Das eine oder andere kam mir zusätzlich bekannt vor, wenn auch in einem anderen Zusammenhang – sprich nicht aus diesem Buch. Doch es waren bei Weitem nicht nur die Wiederholungen allein. Ich habe auch festgestellt, dass es sehr wenig zuträglich war, die Leseprobe zu diesem Buch zu lesen. In Kapitel zwei erfuhr ich deshalb nichts Neues oder sonderlich Amüsantes mehr. Das Beste war dadurch einfach schon vorweggenommen. Ein weiteres Manko: Es gibt ja bekanntlich nichts, was es nicht gibt. Dennoch erschien mir dann die eine oder andere vorgebrachte Frage oder Beschwerde von Touristen, die zudem das Mindestmaß an Manieren zu vergessen haben scheinen, nicht nur zu bizarr, sondern vielmehr wenig glaubwürdig. Ekelerregende Details blieben darüber hinaus nicht außen vor und die eingestreuten Erlebnisse der Promis wirkten eher platzfüllend wichtigtuerisch als amüsant.  

Wer das Buch also noch lesen möchte, sollte im Vorfeld keine zu hohen Ansprüche daran stellen. Es liest sich wie gesagt sehr schnell. Will man für sein Geld etwas haben, sollte man im Vorfeld dafür sorgen, hin und wieder gestört zu werden, da die letzte Seite ansonsten recht schnell kommt. Viel eher läuft man aber Gefahr, das Buch entnervt wegzulegen. Es kommt einfach alles zu schnell aufeinander, wirkt bisweilen willkürlich zusammengewürfelt, nicht immer authentisch und, wie bereits erwähnt, partiell wiederholt. Die durchaus sinnvollen, aber teilweise doch recht allgemeingültig bekannten Tipps reißen es dann auch nicht mehr heraus. Auch die von den Autoren selbst erlebten und beigesteuerten Begebenheiten boten mir persönlich keinen Mehrwert.

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Wer keine allzugroßen Ansprüche an das Buch stellt, gedanklich das zuvor erschienene Sorry, wir haben die Landebahn verfehlt ausblendet (das meinte zumindest meine Bekannte), sich gerne ekelt und Spaß an Schadenfreude hat, wird mit Sorry, ihr Hotel ist abgebrannt durchaus seine Freude haben. Es liest sich sehr schnell, kurzweilig habe ich es dennoch nicht wirklich empfunden. Ein Lesequickie ohne Tiefgang. Praktischerweise erlauben die kurzen, nicht zusammenhängenden Kapitel das Buch nahezu überall zwischendurch zu lesen. Man kann es quasi willkürlich aufschlagen und loslegen. Mehr als zwei von fünf Punkten möchte ich dem Buch jedoch nicht geben.

Copyright © 2012, Antje Jürgens (AJ)

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