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15. Oktober 2012

Spencer, Kristy & Tabita Lee: Dark Angels’Fall – Die Versuchung

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Verlag: Arena
ISBN: 9783401067858
ISBN: 3401067850
Fantasy, Jugendbuch (empfohlenes Alter 14 – 17 Jahre)
1. Auflage 08/2012
Gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag, 483 Seiten
[D] 18,99 €

 

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Roman-Reihe 

 

Spätestens seit dem Erfolg des Auftaktromans der Dawna-und-Indie-Tetralogie (Dark Angels‘ Summer – Das Versprechen) und der damit verbundenen Veröffentlichung des Folgebandes ist bekannt, wer sich hinter den Pseudonymen Kristy und Tabita Lee Spencer verbirgt. Das Schwesternpaar Beate Teresa und Susanne Hanika ist auf dem deutschen Buchmarkt nicht ganz unbekannt. Während die 1976 geborene Beate Teresa mit mehreren Preisen für ein Jugendbuch prämiert wurde, schaffte es die acht Jahre ältere Susanne, eine erfolgreiche Kriminalromanreihe um ihre Ermittlerin Lisa Wild zu platzieren. Anlässlich der aktuell laufenden Buchreihe, die ihr erstes gemeinsames Projekt ist, dachten sie sich jedenfalls neue Namen aus, die passend zum Handlungsort und den Figuren der Dark-Angels-Reihe amerikanisch angehaucht anmuten. Auch die Informationen, dass ein Traum zu dieser Reihe inspirierte, dass sie gemeinsam auf einem einsamen Anwesen leben und gerne gemeinsam am frühen Morgen ausreiten, passen dazu. Das Anwesen liegt jedoch in Europa, genauer gesagt bei Regensburg.  

Für die Buchreihe ist es im Grunde genommen auch nebensächlich. Viel wichtiger ist es, dass man vor Dark Angels‘ Fall – Die Versuchung bereits den Auftaktroman gelesen hat. Ansonsten fehlt einfach etwas.

In diesem ersten Band entdecken die beiden Mädchen Indie und Dawna, dass sie nicht ganz so normal sind, wie sie bisher dachten. Und dass die Welt nicht so sicher ist, wie es scheint. Azrael, der Engel des Todes, soll erweckt werden und es ist an ihnen, diese Erweckung zu verhindern und quasi die Welt zu retten. Eine Grundidee also, die variierend immer wieder mal auf dem Buchmarkt auftaucht, dieses Mal mit Dunklen Engeln. Zwar ist es den beiden Teenagern gelungen, ihre Aufgabe bisher zu erfüllen, doch die Gefahr ist nicht gebannt.  

Nach der Schließung eines Engelstores sind einige dunkle Engel übrig geblieben, die ihr Unwesen in der Nähe der Mädchen und rund um Whistling Wing, der Farm die bisher ein sicherer Zufluchtsort war, treiben. Nach wie vor warten sie darauf, dass die Mädchen einen Fehler machen, der dafür sorgt, dass Azrael zurückkehren kann. Die dunklen Engel, die sich noch im ersten Teil eher als Vögel Schaden anrichten konnten, können nun zunehmend menschliche Gestalt annehmen. Ungefährlicher werden sie dadurch jedoch nicht. 

Während die beiden Schwestern noch im ersten Teil in den 33 Tagen, an denen sie gleich alt waren, über besondere Kräfte verfügten, fehlen ihnen diese Kräfte jetzt. Ausgerechnet jetzt, während die Dunklen Engel sich Whistling Wing immer mehr nähern. Ausgerechnet jetzt, wo Dawna über Mileys Verschwinden verzweifelt ist, der ebenfalls mehr ist, als er anfangs schien. Nebenbei kommt sie Dusk näher, der – es lebe das Fantasy-Genre – natürlich auch mehr als ein Hund beziehungsweise Wolf ist, während Indie gleichzeitig mehr oder weniger erfolgreich versucht, den Dunklen Engel Gabe auf Abstand zu halten, der dank den Gefühlen zu ihr menschliche Züge wie Mitgefühl und Liebe empfindet.  

Genau wie im Cover des Auftaktromans sieht man zwei junge Mädchen Rücken an Rücken stehen. Während dort passend zum Titel Sommerblumen zu sehen waren, sieht man auf dem Umschlag des zweiten Bandes herabfallendes Laub und Wind wirbelt die Haare der Mädchen auf. Dieses Motiv passt sehr gut, denn es deutet an, dass die Mädchen mehr oder weniger auf sich gestellt und aufeinander angewiesen sind.  

Auch in Dark Angels‘ Fall – Die Versuchung wird abgesehen vom Prolog jeweils ein Kapitel von Indie und dann eines von Dawna erzählt. Da diese Kapitel in der Ich-Form geschrieben sind, erfährt man trotz ständiger Perspektivwechsel nur die Sicht der Schwestern, ihre Vermutungen, Wünsche, Ängste. Um das Erkennen wer was erzählt zu erleichtern, hat der Arena-Verlag Indies Kapitel jeweils am Anfang bzw. unten auf den Seiten mit einer pinkfarbenen und Dawnas Kapitel mit einer schwarzen Feder verziert und man findet darüber hinaus auch den entsprechenden Namen über dem jeweiligen Kapitel. Zusätzlich kann man am mal eher wütend und frustrierten und dann wieder hilflos und ängstlichen Tonfall erkennen, wer gerade zu Wort kommt.  

Im zweiten Teil kommen weitere Geheimnisse und Figuren hinzu und die Mädchen merken mehr und mehr, dass es kaum jemanden gibt, dem sie trauen können. Die, die ihnen vertrauenswürdig vorkommen, fallen nicht nur im ersten Band den dunklen Engeln zum Opfer. Die, die ihr Vertrauen nicht verdienen, scheinen zumindest zeitweise auf ihrer Seite zu stehen.  

Das klingt spannend. Doch bedauerlicherweise liegt genau in dem Versuch, dadurch weitere Spannung aufzubauen, ein Manko. Denn es werden so weder die noch offenen Fragen des ersten Bandes geklärt, noch werden neu aufkommende Fragen erschöpfend beantwortet. Was im Auftaktroman noch damit erklärt werden kann, dass die Leser an die Thematik herangeführt werden sollen, sorgt nun auch im zweiten Band für unnötige Längen. Die offenen Fragen aus dem ersten Band stören in Kombination mit weiteren Fragen, Andeutungen und Geheimnissen im zweiten Band den Lesefluss bzw. lassen diesen erst gar nicht so richtig aufkommen. Und so lässt auch die im ersten Band aufgebaute geheimnisumwitterte Atmosphäre im zweiten Band bedauerlicherweise deutlich nach. Die Wiederholung bestimmter Aussagen im Hinblick auf die Gefahr sorgt für keine Steigerung, sondern generiert die bereits angesprochenen Längen. Auf den 483 Seiten von Dark Angels‘ Fall – Die Versuchung steht zwar vieles, aber im Grunde erfährt man nichts bahnbrechend Neues und die Geschichte entwickelt sich nicht wirklich weiter.  

Die beiden Figuren tun das dennoch mehr oder weniger. Dawna, die noch im ersten Band eher ruhig und eine Ja-Sagerin war, ist mittlerweile eigenwillig, fast trotzig-bockig, macht sich ständig Gedanken um die drohende Gefahr und die Abwendung derselben. Sie ist nicht mehr ganz so introvertiert wie im ersten Teil. Im Gegenzug dazu zeigt sich Indie mit ihrem lockeren Mundwerk in Dark Angels‘ Fall – Die Versuchung zeitweise verletzlich und hilflos, nachdenklicher als im Vorgängerband. Bedauerlicherweise macht das die Sache für LeserInnen nicht zwingend spannender.  

Angesichts der Brisanz, die das Wissen um einen drohenden Untergang der bisherigen Welt mit sich bringen dürfte, denken sowohl Indie als auch Dawna sonderlich weit im Hinblick auf ihre Bestimmung. Das erklärt sich auch nicht dadurch, dass die beiden Mädchen quasi von niemandem wirklich eingeweiht mit dem Geschehen konfrontiert werden. Dawnas Gedanken drehen sich im zweiten Band der Reihe vorwiegend um den verschwundenen Miley. Doch ist ihre Suche nach ihm mutig gestaltet? Glaubwürdig? Wohl kaum, denn in diesem Zusammenhang übersieht sie nicht nur mehrfach drohende Gefahren, scheint sie fast zu negieren und benimmt sich eher wie ein typischer Teenager, der in mehr als blindem Aktionismus handelt. Zwar kann man jetzt einwenden, dass sie ja genau das ist, doch sollte man angesichts der ständig angedeuteten Gefahr, in der sie sich, Indie und überhaupt die Welt wähnt, doch irgendwie annehmen, dass sie besonnener reagiert. Dass sie Indie dadurch in unnötige Gefahrensituationen mit hineinzieht, scheint ihr übrigens vollkommen egal zu sein. Gleichzeitig wirkt es wenig einleuchtend und unpassend oberflächlich, wenn sie die ach so drängende Suche nach Miley und mehr noch die mehr oder weniger permanente Flucht vor den Dunklen Engeln unterbricht bzw. vergisst, weil mal eben ein paar Gäste für die Engelsseminare ihre Mutter vom Bahnhof abgeholt werden müssen. Auch Indie denkt beständig an die Gefahr an sich. Jedoch: Immer nur zu insistieren, wie gefährlich etwas ist, macht die Sache für LeserInnen nicht spannender oder manche der Gedankensprünge der Mädchen keineswegs nachvollziehbarer.  

Wenig überzeugend wirkt auch der Erzählstrang um ihre Mutter und deren Verdacht, schwanger zu sein. Überhaupt, das Engelsseminar oder allgemein das alltägliche Leben um die grundsätzlich doch eher wahnsinnig machenden und zumindest Besorgnis erregenden Vorkommnisse, scheint ganz normal weiterzulaufen. Es gibt zwar vieles, was uns selbst im Alltag entgeht und was durchaus gefährlich oder besorgniserregend ist, doch irgendwie fehlt spätestens in Dark Angels‘ Fall – Die Versuchung ein glaubwürdig konstruiertes Umfeld. Und die Idee, die im Auftaktroman noch eher als Vögel dargestellten Dunklen Engel, im Folgeband zunehmend in Leder gehüllt auf Motorrädern zu präsentieren, rettet die Geschichte auch nicht unbedingt.  

Wie bereits im ersten Band ist auch Dark Angels‘ Fall – Die Versuchung in einem einfachen Schreibstil abgefasst, der dieses Mal jedoch mit weitaus zahlreicheren Kraftausdrücken und Flüchen gespickt ist. Was im ersten Buch noch amüsant, ja spritzig wirkte, verliert in dieser Fülle eindeutig an Reiz. Auch scheint es überaus cool zu sein, mal eben ein Pumpgun geschenkt zu bekommen. Indie oder Dawna erhalten dieses Geschenk zwar nicht, aber die Art und Weise, wie sie über die Nutzung desselben denken, ist auch nicht besser. Mag sein, dass dies dem jugendlichen Zielpublikum geschuldet ist. Wirklich passend fand ich beides nicht, denn man kann ein spannendes Jugendbuch durchaus anders gestalten. Hinzu kommt, dass Indie und Dawna zwar in gewisser Weise durch ihre Sprunghaftigkeit und ihr Hin- und Herschwanken zwischen den Gefühlen für Miley und Dusk, Gabe oder eben nicht Gabe, durchaus authentisch als Teenager präsentiert werden, im gesamten Erzählkonstrukt dennoch nicht völlig überzeugen.  

Fazit:  02perlenpunkte.jpg

Vielleicht liegt es an meinem Alter, vielleicht daran, dass ich den Fehler gemacht habe, mit dem zweiten Band der Reihe zu beginnen und den ersten dann quasi erst nachzuholen. Doch weder dieser erste Band (Dark Angels’Summer – Das Versprechen) noch seine Fortsetzung Dark Angels‘ Fall – Die Versuchung konnten mich überzeugen. Die Handlungsstränge wirken teils zu mühsam konstruiert. Sie laufen nicht schlüssig zusammen, was sie angesichts des erst zweiten Bandes ja auch nicht zwingend müssen; andeutungsweise logisch nebeneinander her zu laufen, hätte der Geschichte jedoch keinen Abbruch getan. Diese strotzt zudem vor Klischees und Andeutungen, die die an sich gute Grundidee zu sehr in die Länge ziehen. Die eigentliche Aufgabe der Mädchen hätte schon ausreichend Stoff für eine gute Geschichte geboten. Dieser Teil verliert durch den ebenfalls beschriebenen Alltag eindeutig an Glaubwürdigkeit. In zwei Bänden sind unzählige Fragen aufgeworfen worden, deren Beantwortung größtenteils offenbleibt. Da ich ungern negative Bewertungen abgebe, weil ich weiß, wie viel Herzblut für gewöhnlich in einem Roman steckt, habe ich beide Bücher vor dieser Buchbesprechung zwei Mädchen gegeben, die alterstechnisch in die empfohlene Zielgruppe passen. Beide haben unabhängig voneinander meine Meinung bestätigt, weshalb ich Dark Angels‘ Fall – Die Versuchung (und im Grunde auch Dark Angels’Summer – Das Versprechen) nur zwei von fünf Punkten geben möchte.

Copyright © 2012, Antje Jürgens (AJ)

13. Oktober 2012

Yates, Richard: Eine gute Schule

Filed under: Belletristik,Buch- & Sammelreihe,Roman — Ati @ 13:38

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Verlag: Deutsche Verlags Anstalt
Originaltitel: A good school
Aus dem Englischen übersetzt von Eike Schönfeld
ISBN: 9783421043948
ISBN: 3421043949
Belletristik
gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag, 240 Seiten
[D] 19,99 €
1. Auflage 09/2012

Verlagsseite

Nachdem seine Bücher weder im Original noch in Übersetzungen jahrelang nur schwer bis gar nicht erhältlich waren, veröffentlicht die DVA nach dem Tod (1992) des 1926 in Yonkers (New  York) geborenen Autors sukzessive sein Gesamtwerk – darunter auch die Übersetzung des 1978 im englischen Original veröffentlichten Romans Eine gute Schule.  

Yates, gilt als einer der größten Existenzialisten und Fatalisten der Moderne – nicht nur in den Augen des Zeit-Redakteurs, der das einmal über ihn schrieb. Dennoch fand er zu Lebzeiten weniger durch seine Romane Beachtung, sondern machte vielmehr mit Alkoholproblemen oder Abstürzen in die Psychiatrie auf sich aufmerksam. Dessen ungeachtet zählt er zu den wichtigsten Autoren der Amerikanischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Was ihn tatsächlich in seine Exzesse trieb, bleibt sein Geheimnis. Eine durch eine Scheidung der Eltern verkorkste Kindheit? Die eigene Scheidung und der damit verbundene Sorgerechtsstreit um seine Töchter? Eine schwerwiegende Erkrankung? Seine Erlebnisse als Soldat im zweiten Weltkrieg? Oder die harten Zeiten der Wirtschaftskrise? Wer weiß?  

Neben seiner Tätigkeit als Schriftsteller, der wir sieben Romane und zwei Erzählbände verdanken, verfasste Yates in den späten 1960ern für eine kurze Zeit Reden des US-Senators Robert Kennedy und war als Journalist und Werbetexter tätig. Sein erster Roman wurde bereits 1961 veröffentlicht. Obwohl er zunächst wohlwollend aufgenommen wurde, geriet er bald in Vergessenheit. Eben dieser Roman kam vor ein paar Jahren mit Leonardo Di Caprio und Kate Winslet unter Regisseur Sam Mendes verfilmt unter seinem deutschen Titel Zeiten des Aufruhrs ins Kino. Meine erste Berührung mit Yates. 

Bereits aus der Titulierung „großer Existenzialist und Fatalist“ kann man schließen: Kein sehr fröhlicher Film nach keiner sehr fröhlichen Romanvorlage. Überhaupt gibt es in all seinen Romanen keine fröhliche oder hoffnungsmachende Grundnote. So hoffnungsvoll vielleicht seine Figuren auch von ihrer Form von Glück träumen mögen, alle enden ohne Happy End. Ja noch nicht einmal mit etwas, das auch nur entfernt an ein Happy End erinnern könnte.  

Trostlos und trist, so ist auch Eine gute Schule aufgebaut. Das persönliche Drama und Unglück auch darin keine hoffentlich schnell vorübergehende Begleiterscheinung des Lebensalltags sondern bitterer Kern. Auch dieser Roman erzählt von der Hoffnungslosigkeit des amerikanischen Mittelstandes. Einer Klasse also, deren Leben ansonsten eher schön gemalt oder gar nicht beachtet wird. Mit einfachen, klaren Worten, ohne Schnörkel und Beschönigungen, erzählt Yates in Eine gute Schule die Geschichte des jungen William Grove, der Anfang der 1940er auf kleines, privates Internat in Neuengland kommt. Es wird gesagt, dass Eine gute Schule der persönlichste Roman Yates‘ ist. Tatsächlich spielt er in dem Zeitraum, in dem er selbst zur Schule ging. Wie viel davon autobiografisch und was schriftstellerisch erdacht ist – diese Frage kann er uns heute nicht mehr beantworten.  

Seine Hauptfigur Grove ist jedenfalls 15 und ein Außenseiter. Doch ist er das wirklich? Im Grunde sind alle Charaktere in dem Roman – und davon lernt man mit Yates einige kennen – Außenseiter. Obwohl der eine oder andere von ihnen eher auf der Gewinnerseite zu stehen scheint, gewinnt keiner von ihnen wirklich. Alle scheitern früher oder später an einer stumpfen Realität und doch überleben die meisten irgendwie. Grove kann nur dank eines Stipendiums auf diese Schule, denn sein Vater bringt das Schulgeld kaum auf. Seine Mitschüler lassen ihn das spüren, wie sie überhaupt jede Schwäche anderer gnadenlos ausnutzen. Er erlebt Erniedrigungen und Zurückweisungen, nur weil seine Mutter darauf hofft, dass ihm durch den Besuch dieser Schule die Möglichkeit gegeben wird, in höhere Kreise aufzusteigen. Etwas was ihr selbst verwehrt war. Einzig die Mitarbeit an der Schülerzeitung scheint dem Jungen einigermaßen Freude zu bereiten.  

Im Grunde zeigt sich Grove jedoch genauso berechnend wie die anderen, nutzt Vorteile wenn sie sich ergeben und lässt andere zurück, wenn er sich etwas davon verspricht. Das teils grausam anmutende, bisweilen melodramatisch und seltsam erwachsen wirkende Zusammenleben pubertierender Jungen prägt seinen Alltag.  

Doch Yates lenkt unseren Blick nicht nur auf Grove und seine Mitschüler allein. Da ist die Schule an sich, die eigentlich nur dank einer schrulligen Gönnerin überleben kann, die den Traum von einer guten Schule hat. Einer Schule, die etwas bewegt und in der Jungen sich entwickeln können. Einfach, weil sie selbst als Frau diese Möglichkeit in dieser Form nie hatte. Der Autor lässt uns auch gleichermaßen unverstellte wie flüchtige Blicke auf die Lehrerschaft und ihre Familien werfen. Denn auch diese haben ihre Probleme und Sorgen. Seitensprünge, Krankheiten, Süchte und Zukunftsängste. Nicht nur weil die Schließung der Schule droht, sondern weil es da auch noch diesen drohenden Krieg gibt. Ein Krieg der dafür sorgt, dass manche der Schülern sich freiwillig melden. Die zurückgebliebenen Schüler erhalten erste Todesnachrichten der Freiwilligen und wissen, dass sie spätestens nach Abschluss der Schule eingezogen werden, es ist nur eine Frage der Zeit.  

Über den gesamten Roman baut sich angesichts der Erlebnisse keine große Spannung auf. Tatsächlich plätschert er in seiner Tristesse gleichsam vor sich hin, ohne je wirklich langweilig zu sein. Der stellenweise flüchtige wie gleichermaßen eindringliche Erzählstil des Autors lässt den Lesefluss nicht wirklich versiegen, entwickelt sich aber auch nicht in einen reißenden Strom. 

Jahre nach Kriegsende lässt Yates Grove einen Blick zurückwerfen und auch dabei wird klar, dass es zwar irgendwie weitergegangen ist, aber natürlich auch deutlich schlechter hätte kommen können. Hoffnung? Nein, die sieht anders aus. Also typisch Yates eben. Nicht schönmalerisch. Dafür aber klar und irgendwie am realen Leben.  

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Mit Eine gute Schule hält man ein bedrückendes Buch in Händen. Keines dass man einfach so nebenbei lesen sollte und kann. Wer ein Happy End liebt sollte auf alle Fälle die Finger davon lassen. Aber mal ehrlich: Wer erwartet das schon bei jemanden, der für seinen existenziellen und fatalistischen Erzählstil gerühmt wird? Ich möchte für Eine gute Schule vier von fünf Punkten vergeben.

Copyright © 2012 Antje Jürgens (AJ)

12. Oktober 2012

Klingel, Brigitta: Exemplarisch vegetarisch

Filed under: Fach- & Sachbuch,Gesundheit/Behandlung,Kochbuch — Ati @ 18:13

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Königsfurt-Urania
ISBN: 978-3868261158
ISBN: 386826115X
Sachbuch, Kochbuch
3. Ausgabe 09/2011
Hardcover Großformat, 17 x 24,5 cm, 368 Seiten
[D] Preis 17,99 €

Verlagsseite

Ich weiß nicht wie es anderen geht, aber wenn ich auf Kochbüchern in Wasser fallende knackig rote Tomaten (Vorderseite) und grüne Erbsen (Buchrückseite) sehe, dann muss ich automatisch an Gesundheit denken. Satt rot sind übrigens auch die Buchdeckelinnenseiten sowie die Schmutzblätter vorne und hinten oder auch das Lesebändchen. Der in Goldschrift gedruckte Titel Exemplarisch vegetarisch lässt dann auch gar keine Zweifel mehr zu.  

Dass vegetarische Küche gesund ist, versprechen im Grunde schon die Zutaten. Lecker ist sie zudem – jedenfalls  wenn ich daheim oder bei Freunden gegessen habe. Auf Speisekarten angewiesen sieht die Sache mancherorts bedauerlicherweise anders aus. Zusammen mit meiner Nichte musste ich mehrmals die frustrierende Erfahrung machen, dass der Einfallsreichtum mancher Köche sich diesbezüglich traurigerweise auf mit Käse überbackenes Gemüse oder Nudeln beschränkt. Dabei gibt es doch so viel mehr.  

Jedes einzelne Kochbuch, das den Horizont erweitert, tut also not.  Und gleich vor ab: Exemplarisch vegetarisch zeigt auch prompt, dass die vegetarische Vollwertküche nicht nur lecker sondern auch süß und herzhaft sein kann und nicht nur aus Selleriestangen mit einem Dip besteht oder dem, was ich speisekartentechnisch erlebt habe. Die Autorin Brigitte Klingel, die bereits ein Rezept für geräucherten Tofu kreierte, als es diesen noch nicht als praktisches Fertigprodukt in entsprechenden Geschäften gab, hat mich zudem noch neugieriger gemacht. 

Ich kann nicht behaupten, dass ich meine Ernährung absolut vegetarisch oder gar vegan ist. Doch erstens bin ich jetzt auch nicht der absolute Fleischesser und zweitens gibt es immer mehr Leute in meinem Familien-, Freundes- und/oder Bekanntenkreis die Überempfindlichkeiten und Allergien auf bestimmte Dinge entwickeln. Insoweit … ja, mein Interesse war sofort geweckt, als ich dieses Buch im Programm von Königsfurt-Urania entdeckte, die die dritte, völlig überarbeitete Ausgabe im September 2011 auf den Markt brachte. Zuvor wurde Exemplarisch vegetarisch über die SK-Publikationen Verlags GmbH vertrieben.  

Normalerweise animiert mich größtenteils der Fototeil bereits zum Kauf eines Kochbuches, obwohl ich immer daran verzweifle, dass meine Gerichte anders aussehen, als die auf den Fotos im Kochbuch. Anders als in den meisten Kochbücher in meinen Regalen – und da stapeln sich einige – sind in diesem zu den 480 darin aufgeführten Rezepten der vegetarischen Vollwertküche jedoch sehr wenige Fotos fertiger Gerichte. Fotos sind jedoch trotzdem auf jeder Seite zu finden und zwar nicht nur im Rahmen der thematischen Unterteilung auf den Seiten oben links beziehungsweise rechts. Die Gewichtung liegt jedoch eindeutig auf den Rezepten.  

Die einzelnen Themenbereiche sind nach einem Vorwort der Autorin, zwei Seiten Wissenswertem und vier Seiten für Selbstgemachtes (etwa Gluten, Kokosmilch, milchsaures Gemüse, oder ähnliches)  Hauptgerichte / Indische Küche / Vegetarische Schmankerl / Suppen, Soßen, Süßes, Drinks / Backwaren & Süßigkeiten / Anhang. Zur besseren Übersicht ist am Seitenanfang ein kleines Foto sowie ein farbiger Trennbalken zu den Rezepten abgebildet, die von Kapitel zu Kapitel wechseln. An jedem Kapitelanfang kommt ein kleines Inhaltsverzeichnis und man findet dort auch weitere wissenswerte Informationen oder grundlegende Hinweise.  

Was ich als sehr gut empfunden habe, waren zum Beispiel die Hinweise, wodurch eventuell nicht vorhandene oder vielleicht auch nicht gemochte Zutaten ersetzt werden können. Ebenso die  Tipps wie etwa die für eifreie Kuchen und Torten. Und dann noch die Grundrezepte. Etwa für Seitan. Oder dass zu einem Rezept auch verschiedene Varianten abgedruckt wurden. Die Rezeptüberschriften zeigen zudem kleine Piktogramme, die darauf hinweisen, ob etwas glutenfrei oder eine Variante ist bzw. ob ein Rezept vielleicht ganz vegan ist (bei einigen Rezepten findet sich dieser Begriff zudem in der Überschrift wieder).  

Kalorienzählen ist lästig und bringt bei den meisten nichts. Dennoch vermisse ich diese Angabe oder auch Nährwertangaben im Allgemeinen bei den Rezepten. Andererseits, wer sich vollwertig und gesund ernährt, braucht sich um solche Angaben eigentlich auch keine Gedanken zu machen.  

Ebenso fehlt manches Mal eine wenigstens grobe Zeitangabe. Bei routinierten Köchen fällt dies vermutlich weniger ins Gewicht, Neulinge oder weniger erfahrene Köche wäre damit aber sicherlich geholfen. 

Doch nun zu den eigentlichen Rezepten. Etliche von ihnen kann man nachmachen oder nachkochen, ohne erst groß im Reformhaus einkaufen zu gehen. Doch es gibt natürlich auch welche, in denen Zutaten wie flüssiges Lecithin oder Carob oder Hiziki-Algen vorkommen. Glücklicherweise gibt es aber heute genügend Geschäfte, wo man diese Dinge bekommt. Die Rezepte sind sehr übersichtlich dargestellt. Links die Zutaten, rechts die Zubereitung (wie in Kochbüchern meist üblich). In der Regel finden sich zwei Rezepte pro Seite. Die einzelnen Arbeitsschritte sind leicht nachvollziehbar.  

Ob nun einfache aber schmackhafte Alltagsküche, Pastagerichte oder exotisch-indisches Essen, leckere Suppen und Soßen oder süße Verführungen – außer für absolute und unabweichliche Fleischfreaks dürfte in diesem Kochbuch für jeden etwas dabei sein. Single-Rezepte, schnelle Rezepte oder etwas längerer Kochspaß, es wird wie gesagt jeder bedient.  

Den Mozzarella habe ich schon nachgemacht und war verblüfft, wie einfach das ging. Ebenso das Auberginen-Curry, bei dem ich endlich meine ersten eigenen, gerade noch rechtzeitig ausgereiften Garten-Auberginen zum Einsatz bringen konnte. Die Müsli-Makronen habe ich in Müslistangen umgewandelt. Sie wurden mir genau wie die veganen Bananen- und die veganen, zuckerfreien Hirsemuffins förmlich aus der Hand gerissen, so dass mir nur ein paar Krümel blieben (was für meine Hüften vermutlich ohnehin besser ist). Über meinen pikanten Tofusalat mache ich mich in ein paar Minuten her, der erste Probehappen war schon mal nicht schlecht und macht eindeutig Lust auf mehr.  

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Leicht nachvollziehbar bekommt man mehr oder weniger schnell eindeutig leckere Ergebnisse. Empfehlenswert. Dafür gibt es von mir vier von fünf Punkten.

Copyright © 2012, Antje Jürgens (AJ)

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