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1. November 2010

Zehm, Carsten: Die Chroniken der Reisenden – Staubkristall

Filed under: Abenteuer,Fantasy, Horror, SciFi,Jugendbuch — Ati @ 11:55

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Carsten Zehm
Die Chroniken der Reisenden – Staubkristall

ACABUS Verlag Hamburg
ISBN 978-3941404045
Fantasyroman
Originalausgabe 2010
Umschlaggestaltung grafikdesign-silvia.de
Taschenbuch 232 Seiten
€ 14,90 [D]

Verlagsseite www.abacus-verlag.de

Autorenseite www.carsten-zehm.de und www.chroniken-der-reisenden.de

 

Zum Autor

 

Der 1962 in Erfurt geborene Berufsschullehrer und Autor stellt mit „Die Chroniken der Reisenden – Staubkristall“ seinen ersten Roman vor. Die Idee zu der in diesem Buch erwähnten „Schwelle“ kam ihm bereits in seiner Jugend. Doch obwohl er sich schon immer gerne dem Fantasygenre (mit Ausflügen zu Märchen, Krimis und Horror) widmete, schrieb er lange Zeit nur Kurzgeschichten. Viele davon wurden ab 2004 in diversen Anthologien oder der Tagespresse veröffentlicht. 2009 erschien sein erstes Kinderbuch.

 

Zum Buch/Meine Meinung

 

Was, wenn unsere Erde nur eine Erscheinungsform von vielen ist, nur eine Ebene von scheinbar unendlich vielen Parallelwelten? Was, wenn diese Welten durch ein System miteinander verbunden sind?

Es ist die ‚Schwelle’, welche Reisende auswählt und diese auf andere Ebenen der Erde schickt, weil sie dort eine Aufgabe zu erfüllen haben.
Ihre Abenteuer sind festgehalten in den ‚Chroniken der Reisenden‘.

Nach diesen vielversprechend klingenden Worten habe ich mich neugierig an den 232 Seiten starken Roman gemacht – und ihn in einem Rutsch durchgelesen. Und ich bin sicher, dass es vielen Lesern ebenso gehen wird.

 

Warum? Eigentlich ist die Idee nichts grundsätzlich Neues. Es geht um die bekannte Erzählung von Zerstörung und Vertreibung aus dem Paradies, und dem Versuch es wieder zurückzugewinnen. Es gibt eine uralte Prophezeiung, die Möglichkeit zwischen Welten zu wandeln, die zur nah und doch unerreichbar scheinenden Lösung des Problems führt. Menschen gelangen in eine andere Welt und müssen eine nahezu unlösbare Aufgabe erfüllen, um diese Welt zu retten, bevor sie wieder in ihre eigene zurückdürfen. Etwas Altbekanntes also, das aber so wie von Zehm beschrieben zu einem kurzweiligen und packenden Lesegenuss wird.

 

Wer in diese Fantasywelt – wie auf der Buchrückseite beschrieben, eine parallele Ebene der Erde, in der die Uhren etwas anders gehen und fremdartige Pflanzen und Wesen existieren, aber durch die gleich aussehenden Gestirne eben doch ein Bezug zu unserer Welt da ist – eintaucht, bekommt sehr klar gezeichnete Figuren zu sehen. Der Leser der Chroniken wird in ein wunderschön gewobenes Geflecht aus Abenteuer, Liebe, Hoffnung und Verzweiflung geführt. Läuft durch die herrlichen Beschreibungen von Figuren und Landschaften quasi neben dem Protagonistenpärchen her und lacht oder leidet mit ihnen.

 

Auf ihrer Hochzeitsreise, zu der sich Karen nur widerstrebend überreden lässt, weil es sich nicht um einen von ihr favorisierten Pauschalurlaub, sondern um eine Trekkingtour in Deutschland handelt, geraten die beiden in unvorhergesehene Schwierigkeiten. Einer inneren Stimme folgend, macht sich Mihai auf, einen alten Stollen zu erkunden und als Karen ihm zunächst besorgt, dann eher leicht wütend folgt, muss sie mit Entsetzen feststellen, dass ihr Mann gerade durch einen Felsen vor ihren Augen verschwindet. Ohne groß nachzudenken, greift auch sie in diesen Stein, wagt einen Schritt nach vorne, dann noch einen und landet plötzlich, genau wie Mihai vor ihr, in der anderen Ebene. Ein Zurück gibt es nicht.

 

Das junge Paar – ganz Mensch – denkt sich zuerst irgendwo sicher Hilfe finden zu können. Wer geht schon bei genauerem Nachdenken einfach so durch Felswände, nachdem eine Stimme ihn gerufen hat? Es darf einfach nicht sein, was nicht sein kann. Sie marschieren los, in der Hoffnung eine Straße, Ansiedlung, Menschen zu finden. Doch bei einer Rast beginnt Mihai, genauer hinzusehen. Ihm fallen Merkwürdigkeiten an den Insekten auf. Es gibt keine größeren Tiere. Der Wald ist eigentümlich rötlich gefärbt, worauf der Verdacht in ihm erwacht, dass sie durch einen dummen Zufall auf einem atomaren Testgelände gelandet sind. Als sie kurz darauf Geräusche hören, die auf Funkgeräte schließen lassen und Gestalten sehen, die den Wald durchstreifen, versuchen sie so unsichtbar wie möglich zu bleiben, denn die Gestalten scheinen bewaffnet. Und bevor sie noch richtig begreifen, dass sie riesige aufrecht gehende Echsen vor sich haben, werden sie schon von diesen gefangen genommen und nicht sehr sanft, aber überaus neugierig betrachtet. Die Geräusche kamen nicht aus Funkgeräten, sondern direkt von den sich unterhaltenden Echsen. Es scheint keine Möglichkeit der Verständigung zu geben. Bis sie nach einigen Problemen in die Siedlung der Echsen kommen und durch einen sogenannten Hüter und dessen Nachfolgerin, die ihre Sprache sprechen, die eine oder andere Unklarheit ausgeräumt werden kann bzw. erst neu entsteht. Denn obwohl die Echsen schon mit Reisenden der Ebenen in Kontakt gekommen sind, ist ihnen noch nie jemand begegnet, der völlig unvorbereitet, zu zweit und vor allem ohne ihr Wissen in der Echsenebene gelandet ist. Die Echsen bemerkten, dass jemand eintraf, haben aber genau wie die Menschen keinen Plan, was diese genau machen sollen.

 

Doch sehr schnell kristallisiert sich heraus, dass sie den Staubkristall – eine uralte Waffe – zurückholen müssen, der kurz zuvor aus dem Dorf gestohlen wurde. Eine ebenso alte Prophezeiung sagt voraus, dass nach der Zerstörung der Echsenebene auch andere Ebenen der Erde vom Schattenherrn (dem Dieb des Kristalls) und dem von ihm geschaffenen Wesen erobert werden. Bereits jetzt scheint die Sonne nur noch durch einen grauen Schleier hindurch, raubt den Echsen zunehmend Kraft und zerstört sukzessive die Ebene der Echsen samt ihren Bewohnern.

 

Die beiden machen sich also auf, ihre Mission zu erfüllen. Begleitet von Echsen, die ihnen alle nicht feindlich, sondern freundschaftlich gesonnen sind. Echsen, die geistig hoch entwickelt sind, obwohl sie andererseits wie in der Steinzeit leben. Die, obwohl man es nicht einfach so sieht, tief empfinden und Moralvorstellungen haben. Echsen, die ihr eigenes Leben opfern, um das ihre zu retten. Denn Karen zieht wieder und wieder Kreaturen an, die ansonsten nie auf den Gedanken kämen, die Echsen anzugreifen. Auch die Pflanzen scheinen sich letztlich gegen sie verschworen zu haben.

 

Die Reise und Aufgabe der Menschen und ihrer Echsenfreunde ist lang und beschwerlich und wird immer schwieriger, weil die Kraft der Echsen mit dem immer weniger werdenden Sonnenlicht zusehends schwindet. Weil Verletzte und Tote zu beklagen sind. Zuletzt müssen Karen und Mihai alleine weiterziehen und gegen den Schattenherrn kämpfen. Ein Kampf, der einen hohen Preis fordert. Ein Kampf, der von vornherein eher für Karen als für den „gerufenen“ Mihai gedacht war? Zumal der Schattenherr ein besonderes Interesse an Mihai hat.

 

Besonders gefallen hat mir, dass Zehm seine „Menschen“ menschlich kämpfen ließ. Genau wie die Echsen. Diese Geschichte kommt ohne Zaubersprüche aus. Es werden keine Feuerbälle wie so oft geschleudert. Es gibt keine wirbelnden Lichtschwerter. Mit Pfeil und Bogen, Messern und vor allem Köpfchen müssen sich Karen und Mihai und ihre Freunde verteidigen und angreifen. Ihre tierischen oder pflanzlichen Widersacher, die unter dem Einfluss des Schattenherrn stehen, werden nicht einfach als böse klassifiziert. Die Unterhaltungen zwischen Hüter und Menschen weisen die Eigenheiten auf, die eben auftauchen, wenn unterschiedliche Menschen bzw. Sprachen aufeinandertreffen und nur einer davon beide Sprachen kann. Es gibt kleinere Probleme, obwohl man im Großen und Ganzen miteinander reden kann. Karen und Mihai werden nicht zu übernatürlichen Helden stilisiert. Zehm lockert ihre Unterhaltungen mit kleinen Wortgefechten und Spitzfindigkeiten auf, die ich in kaum einem anderen Roman jemals auch nur angedeutet so gelesen habe und die die beiden einfach nur menschlich machen. Zu jemandem, der direkt neben uns leben könnte. Lässt sie lebendige Unterhaltungen führen, die teilweise vielleicht sogar an eigene Gespräche erinnern. Sie Erzieherin, er Lehrer. Sie Tochter einer Alkoholikerin, er ehemals selbst am Abgrund des Drogensumpfs. Genau das ist es übrigens, was die beiden zusammenschweißt und Kraft für das zu absolvierende Abenteuer gibt.

 

Fazit

 

Der Schreibstil Zehms, seine spannende Umsetzung einer an sich nicht unbekannten Idee: Für diese Geschichte würde ich auf einer Skala von 1 – 5 Punkten die volle Punktzahl vergeben. Es herrscht eine gesunde Ausgewogenheit zwischen Kampfszenen, dem Herantasten der unterschiedlichen Figuren untereinander, der Beziehung zwischen Mihai und Karen. Nichts wird irgendwo kopflastig oder zäh. Eine lebendige Geschichte, die sowohl für Jugendliche wie auch Erwachsene lesenswert ist.

 

Der letzte Satz im Buch macht Hoffnung auf eine Fortsetzung dieser, in meinen Augen empfehlenswerten, Fantasiegeschichte.

 

Copyright © 2010 by Antje Jürgens

 

23. Oktober 2010

Dickerhoff/Lox: Märchen für die Seele – Märchen zum Erzählen und Vorlesen

Filed under: Jugendbuch,Märchen — Ati @ 12:45

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Königsfurt-Urania Verlag GmbH
ISBN 978-3-86826-017-5
Märchen
Sonderausgabe 2010
Umschlaggestaltung Jessica Quistorff
Hardcover, 480 Seiten
€ 12,90 [D]

www.koenigsfurt-urania.com

Die 1963 geborene Harlinda Lox ist Vizepräsidentin der Europäischen Märchengesellschaft, Erzählforscherin, Germanistin, und wissenschaftliche Autorin. In Zusammenarbeit mit dem 10 Jahre älteren Heinrich Dickerhoff, dem Präsidenten der Europäischen Märchengesellschaft, der als Dozent an einer katholischen Akademie und Heimatvolkshochschule tätig ist, entstand der Sonderband „Märchen für die Seele“.

Märchen aus Sibirien, Brasilien, Ungarn, Irland, Deutschland, China – eigentlich aus aller Welt. Es scheint unendlich viele zu geben. Und von den vielen wieder unendlich viele Variationen.

Im vorliegenden Buch findet sich eine Zusammenfassung von insgesamt drei bereits veröffentlichten Märchenbüchern (Traumhaus und Wolkenschloss – 2003 Königsfurt-Urania Verlag; Märchen, an denen mein Herz hängt – 2006 Königsfurt-Urania Verlag; Diebe, Dummlinge, Faulpelze & Co – 2009 Selbstverlag der Europäischen Märchengesellschaft).

Im Vorwort meldet sich nicht nur der Herausgeber zu Wort, sondern auch der Neurobiologe Gerald Hüther, der auf die Bedeutung von Märchen in der Entwicklung von Kindern aufmerksam macht. Hinter jedem Märchen steht ein Kommentar. Im knapp 20 Seiten starken Nachwort wiederum kann man Ausführungen zu den Themen Märchen und Seele nachlesen, bevor das Buch im Quellennachweis ausklingt.

Es ist immer wieder verblüffend, wie ähnlich sich doch viele Geschichten sind. Und wie einnehmend jede wiederum für sich sein kann. So ist mir beispielsweise die in diesem Buch enthaltene Aschenputtelvariante wesentlich lieber als die allseits bekannte; immerhin muss das arme Mädchen in dieser Geschichte nicht erst herausgeputzt auf dem Ball erscheinen, damit der Königssohn sich in sie verliebt.

Gerade in unserer schnelllebigen, oft viel zu oberflächlichen Zeit ist es sinnvoll, unseren Kindern Märchen zu erzählen, um ihnen früh zu vermitteln, innere Werte zu schätzen und einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Oder dass es sinnvoll ist, ältere Menschen und ihr Wissen zu achten. Das Demut und Dankbarkeit nichts schlechtes sind. Wie wichtig Träume sind. Die leicht verständlichen Märchen in diesem Buch helfen mit Sicherheit dabei.

Besonders gefallen hat mir auch die Verknüpfung des Vorworts/Nachworts mit den Kommentaren und den Märchen. Mit „Märchen für die Seele“ hat man deshalb kein reines Vorlesebuch in Händen.

Fazit: Ich bin bekennender Märchenfan und trotzdem von vielen Büchern mit Volksmärchen enttäuscht. Das liegt nicht daran, dass sich viele Märchen ähneln, sondern in den meisten Fällen vielmehr an der Art der Zusammenstellung. Die ist in „Märchen für die Seele“ gelungen, weshalb ich das Buch mit 5 von 5 Punkten bewerten möchte. Immer wieder schön zum Vor- aber auch Nachlesen.

Copyright © 2010 by Antje Jürgens

Stroud, Jonathan: Bartimäus – Der Ring des Salomo

Filed under: Abenteuer,Fantasy, Horror, SciFi,Jugendbuch,Roman — Ati @ 09:49

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Bartimäus – Der Ring des Salomo

von Jonathan Stroud

 

Titel der englischen Originalausgabe: Bartimaeus – The Ring of Solomo

cbj, München

ISBN 978-3-570-13967-7

Fantasy, Jugendbuch

1. Auflage 2010

aus dem Englischen von Katharina Orgaß und Gerald Jung

Umschlaggestaltung Klaus Renner

Hardcover, 480 Seiten

€ 18,99 [D]

www.cbj-verlag.de

www.jonathanstroud.com

 

Zum Autor

 

Der in Bedford/England geborene und bei London lebende Jonathan Stroud schreibt bereits seit 33 Jahren Geschichten, hat also seine Vorliebe dafür bereits mit sieben Jahren entdeckt. Nachdem er Jahre später zunächst als Lektor für Kindersachbücher tätig war, beschloss er nicht nur seine eigenen Kinderbücher zu veröffentlichen. Er wollte sich auch fortan ganz dem Schreiben widmen. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

 

Zum Buch

 

„Bartimäus – Der Ring des Salomo“ ist eigentlich die Entstehungsgeschichte zu den bereits veröffentlichten Bänden der Bartimäus-Trilogie. Ein in sich abgeschlossenes Buch, in dem es um einen gewitzten, stets zu Streichen aufgelegten Dschinn geht, der immer wieder wider Willen von Magiern heraufbeschworen wird. Man kann es völlig unabhängig von der Trilogie lesen.

 

Gleich zu Beginn folgt eine Liste der Hauptpersonen, eine Karte mit den Ländern Israel, Saba und deren Umgebung zum Handlungszeitpunkt. Nach dem eigentlichen Schluss der Geschichte kommen noch Anmerkungen zu Zauberei und Geistern. Und nach Erwähnung der Trilogie ein kleines Kapitel, von dem ich ausgehe, dass es sich um ein Kapitel des ersten Bandes der Trilogie handelt – die ich leider noch nicht gelesen habe.

 

Doch zum Inhalt. Bartimäus ist ein Dschinn. Ein Wesen, das seinem Meister alle Wünsche erfüllen muss. Sein Herr ist Magier am Hofe König Salomos 959 v. Chr. in Jerusalem. Salomo wiederum, Hüter eines Ringes, der ihm unendliche Macht und Reichtum verleiht, scheint sich alle umliegenden Königreiche untertan machen zu wollen. Er schreckt nicht davor zurück, den Geist des Ringes heraufzubeschwören, um seine Macht zu erhalten und sein Gefolge gefügig zu halten.

 

Als Salomo das Königreich Saba bedroht, schickt die Königin eine ihrer Wächterinnen nach Jerusalem. Diese soll den König töten und den Ring nach Saba bringen. Asmira, die Wächterin macht sich sofort auf den Weg und trifft dabei auf Bartimäus und seinen Herrn. Mit ihrer Hilfe gelangt sie schneller als erwartet in den Palast Salomos.

 

Doch dort stellt sich heraus, dass nicht alles so ist, wie es scheint. Ihr blinder Gehorsam gegenüber ihrer eigenen Königin ist plötzlich infrage gestellt, als sie mit Bartimäus Hilfe in den Besitz des Ringes zu kommen versucht. Ist Salomo ein tyrannischer Machthaber oder gehen hinter seinem Rücken Dinge vor, die er nicht weiß? Herrscht er oder wird er beherrscht? Sie und der Dschinn müssen einige Schwierigkeiten meistern und um ihr Leben kämpfen.

 

Meine Meinung

 

Ich würde das Buch in die Kategorie All-Age (zumindest ab 14 aufwärts) einsortieren und wurde von der ersten bis zur letzten Seite gut unterhalten. Stroud hat mich in eine fantastische Welt aus Zauberern, Kobolden, Dämonen und Menschen eintauchen lassen. Der Schauplatz ist größtenteils im antiken Jerusalem, wobei Zeit und Ort vermutlich auch hätten beliebig ausgetauscht werden können, denn es ist gewissermaßen eine ganz eigene Welt, in die man sich beim Lesen begibt. Am Ende kommt wie gesagt vermutlich der Auftakt der Trilogie. Jedenfalls landet der Dschinn in der modernen Zeit bei einem Jungen in London.

 

Doch soweit ist es anfangs noch nicht. Bösartige und gewalttätige Dschinns werden beschrieben, die immer bereit sind auf ihren Herrn zu stürzen und diesen zu töten, sobald dieser die kleinste Schwäche zeigt. Und ihre Sehnsucht nach Freiheit, die genau genommen nie erfüllt wird, denn jeder der ihren Namen kennt, kann sie heraufbeschwören und sie müssen ihm bedingungslos gehorchen oder werden bestraft. Bartimäus ist ein bereits uralter Dschinn, sarkastisch und humorvoll und trotz seiner Hinweise auf seinen Appetit kommt er liebenswert herüber. Er glaubt an das Gute im Menschen, als er auf Asmira trifft, und wird gewissermaßen belohnt. Sie schafft es nicht nur, den Bann, der ihn an seinen bisherigen Herrn bindet, zu brechen (an der Stelle habe ich mich köstlich amüsiert, wer die Gelegenheit hat einen Blick auf die Seiten 276-280 zu werfen, weiß vielleicht warum). Sie verspricht ihm auch die Freiheit, sobald er ihr geholfen hat, den Ring zu bekommen. Asmira wiederum würde alles für ihre Königin tun, sogar ihr eigenes Leben opfern. Blind gehorcht sie jedem Befehl, bis sie zu begreifen beginnt, dass Gehorsam vielleicht nicht alles ist und es zwischen Schwarz und Weiß viele Grautöne gibt.

 

Stroud lässt zum einen Bartimäus selbst zu Wort kommen, zum anderen wird die Geschichte von einem Beobachter erzählt. Was mich anfangs etwas störte, waren die Fußnoten, die keiner eigentlichen Erklärung dienen, sondern genau genommen teilweise recht biestig-eloquente Gedanken des Dschinns sind. Doch das war wie gesagt nur anfangs, was vielleicht wiederum am äußerst lebendigen Stil und modernen Sprachgebrauch des Autors liegen könnte. Damit führt er einen leicht verständlich in die Handlung ein, wobei er gleichzeitig von Anfang an Spannung aufbaut. Seine Ideen sind durchdacht, nichts wirkt langatmig. Die Beschreibung seiner Figuren, wie auch ihrer Erlebnisse ist detailliert.

 

Fazit

 

Das Buch hat eindeutig nicht nur für Jugendliche Unterhaltungswert. Mich hat es auf die bereits 2006/2007/2008 erschienene Trilogie mehr als neugierig gemacht. Auf einer Skala von 1 – 5 bekommt „Bartimäus – Der Ring des Salomo“ die volle Punktzahl, weil einfach alles stimmt.

 

Copyright © 2010 Antje Jürgens

21. Oktober 2010

Weitzel & Sailer – Gute Frage, nächste Frage

Filed under: Fach- & Sachbuch,Jugendbuch,Wissen — Ati @ 10:34

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Gute Frage, nächste Frage – Willi gibt schlaue Antworten auf clevere Fragen

Von und mit Willi Weitzel und Florian Sailer

 

Ullstein Taschenbuch

ISBN: 978-3-548-37351-5

Genre: Sachbuch, Kinder, Wissen

Umschlaggestaltung HildenDesign, München

Originalausgabe 2010

Paperback, 267 Seiten

€ 7,95 [D]

 

www.ullstein-taschenbuch.de

 

Zum Autorenteam

 

Das Duo Weitzel/Sailer hat bereits bei dem Film „Willi und die Wunder dieser Welt“ zusammengearbeitet. Wer den Film kennt, kann nachvollziehen, warum auch das gleich im Anschluss besprochene Buch lesens- und empfehlenswert ist.

 

Willi Weitzel wurde 1972 in Stadtallendorf geboren und begann nach seinem Studium für den Bayrischen Rundfunk als Kinderreporter tätig zu werden. Die Sendung „Willi wills wissen“, ausgestrahlt in der ARD, wurde bereits mehrfach ausgezeichnet und für seinen Film „Willi und die Welt der Wunder“, der 2009 in die Kinos kam, erhielt er den Adolf-Grimme-Preis (siehe auch www.williweitzel.com).

 

Der Autor und Journalist Florian Sailer lebt in München. Er ist Mitarbeiter der Redaktion „Willi wills wissen“ und arbeitete auch, wie bereits erwähnt, an dem mit dem Grimme-Preis ausgezeichneten Kinofilm mit.

 

Zum Buch/Meine Meinung

 

Wer mit Kindern zu tun hat, weiß, dass die allermeisten ein schier unerschöpfliches Fragenpotenzial haben. Ihr Wissensdurst, gepaart mit einer noch gesunden Neugier, geht viel weiter als der von Erwachsenen und hat mich schon manches Mal hart schlucken lassen und das Bedürfnis geweckt, schnell noch mal die Schulbank zu drücken. Denn mit einer schnellen Antwort ist es meistens nicht getan. Kinder denken unkompliziert und stellen unkomplizierte, aber sehr gute und kluge Fragen. Jedenfalls so lange, bis sie es sich abgewöhnen, weil sie eventuell öfter die Antwort „das ist aber eine dumme Frage“ bekommen, als dass ihr Wissensdurst gestillt wird. Und das dann nicht, weil es eine dumme Frage ist (die gibt es ja bekanntlich nicht), sondern weil viele einfach die Antwort nicht kennen.

 

Viele Fragen kann man selbst gut beantworten, aber wie gesagt nicht alle. Wie gut, dass es Willi gibt. Den Mann, der denkt, das echte Reporter nie ganz erwachsen werden dürfen und auch niemals aufhören dürfen, wissensdurstig zu bleiben. Was sich übrigens meiner Meinung nach für jeden Menschen gehört.

 

Im Buch „Gute Frage, nächste Frage“ kommen Kinder und ihr schier unerschöpflicher Wissensdurst zu Wort. Fragen über ganz Alltägliches, über Tiere, über Menschen. Wissen Sie, warum Giftschlangen sich nicht selbst vergiften? Oder wieso unsere Finger alle unterschiedlich lang sind? Oder haben Sie sich schon mal gefragt, zu welchem Land ein Kind gehört, das in einem fliegenden Flugzeug zur Welt kommt? Warum es in Flugzeugen Schwimmwesten aber keine Fallschirme gibt? Fragen über Fragen und auf alle findet Willi in Zusammenarbeit mit etlichen Experten und seinem Team passende, detaillierte Antworten. Und übersetzt sie so, dass sowohl Erwachsenen als auch Kinder sie verstehen, ohne irritiert nachfragen zu müssen. Auf die typische Art und Weise, wie Willi alles erklärt.

 

Fazit:

 

Gute Frage, nächste Frage ist eins der Bücher, dass ich sehr gerne weiterempfehle. Es eignet sich zum Vorlesen ebenso wie für Kinder, die selbst lesen. Auf einer Werteskala von 1 – 5 möchte ich diesem Buch eine 5+ geben und werde garantiert auch in Zukunft öfter einen Blick hineinwerfen. Vielleicht habe ich ja dann öfter passende Antworten auf kluge Fragen eines Kindes, über die ein Erwachsener gar nicht mehr nachdenkt.

 

Copyright © 2010 Antje Jürgens (AJ)

 

Meyer, Stephenie: Seelen

Filed under: Fantasy, Horror, SciFi,Jugendbuch — Ati @ 10:33

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Seelen

Von Stephenie Meyer

 

Titel der amerikanischen Originalausgabe „The Host“

Carlsen Verlag GmbH

ISBN: 978-3-551-58190-7

Science Fiction/Fantasy, Jugendbücher

Deutsche Erstausgabe 2008

Aus dem amerikanischen von Katharina Diestelmeier

Gebundene Ausgabe, 864 Seiten

€ 24,90 [D]

 

Zur Autorin

 

Die 1973 in Connecticut geborene Jugendbuchautorin wuchs in Arizona auf und lebt auch heute noch dort. Meyer ist verheiratet und hat drei Söhne. Bereits ihr erster Roman wurde zum internationalen Bestseller. Die Geschichte um Bella und Edward war wohl auch in den Biss-Folgebänden einer der Faktoren für den weltweiten Hype auf Vampirgeschichten. Sie erhielt mehrere Auszeichnungen dafür. Meyer wird als Thronfolgerin von J.K.Rowlings gehandelt. Zu Recht oder nicht mag dahingestellt sein. Aber: Meyer hat knapp sieben Millionen Bücher verkauft und mit vier Titeln vier Mal die amerikanischen Bestsellerlisten erobert. (Autorenhomepage www.stepheniemeyer.com)

 

Zum Buch

 

Zitat der Inhaltsangabe:

 

Planet Erde, irgendwann in der Zukunft. Fast die gesamte Menschheit ist von sogenannten Seelen besetzt. Diese nisten sich in die menschlichen Körper ein und übernehmen sie vollständig – nur wenige Menschen leisten noch Widerstand und überleben in den Bergen, Wüsten und Wäldern. Eine von ihnen ist Melanie. Als sie schließlich doch gefasst wird, wehrt sie sich mit aller Kraft dagegen, aus ihrem Körper verdrängt zu werden und teilt ihn fortan notgedrungen mit der Seele Wanda. Verzweifelt kämpft sie darum, ihren Geliebten Jared wiederzufinden, der sich mit anderen Rebellen in der Wüste versteckt hält – und im Bann von Melanies leidenschaftlichen Gefühlen und Erinnerungen sehnt sich auch Wanda mehr und mehr nach Jared, den sie nie getroffen hat. Bis sie sich in Ian verliebt … Der ungewöhnliche Kampf zweier Frauen, die sich einen Körper teilen müssen, eine hinreißende Liebesgeschichte und die wohl erste Dreiecksgeschichte mit nur zwei Körpern.

 

Meine Meinung

Diese Inhaltsangabe gibt schon mal sehr gut das wieder, was in 864 Seiten ausführlicher verpackt ist. Das Cover mit dem kleinen Hologramm ist schlicht, wirkt aber gut.

Den ersten Romanen der Autorin bin ich lange aus dem Weg gegangen. Nachdem ich einige Leseproben des ersten Biss-Bandes gelesen hatte, war ich etwas erstaunt über den Hype, den die Bücher auslösten. Aber da Geschmäcker verschieden sind, fand ich das nicht weiter tragisch. Als meine Nichten sich jedoch für die Biss-Reihe zu interessieren begannen, habe ich dann alle vier Bände gelesen und war – beim vierten Band definitiv – der Meinung, dass das nichts für 12 oder 13jährige Mädchen ist. Als besagte Nichten jetzt Interesse an „Seelen“ bekundeten, machte ich mich deshalb sofort ans Lesen des Buches. Immerhin erinnerte mich die kurze Inhaltsangabe doch sehr stark an einen Film und mir kam augenblicklich Donald Sutherlands Lockenkopf mit aufgerissenem Mund und das schweineartige Gequieke daraus in den Sinn.

Gleich vorab. „Seelen“ und die „Biss“-Reihe sind (glücklicherweise) unterschiedlich. Man erkennt Meyer hinter beiden Geschichten, aber in „Seelen“ hat mich so gut wie alles von und um Wanderer bzw. Melanie mehr angesprochen, als irgendetwas der im seltenen Sonnenlicht glitzernden Vampire aus Forks.

Die Grundidee zu Seelen ist ja wie gesagt nicht neu, etwas daran erinnerte mich an den Film „Die Körperfresser kommen“. Allerdings setzte Meyer sie wesentlich jugendfreundlicher um. Obwohl ich stellenweise Passagen fand, die mir überflüssig vorkamen und die m. E. durchaus gestrichen hätten werden können, hätte ich andererseits am Ende der Geschichte gerne mehr Seiten gehabt. Meyers „Seelen“ lesen sich trotz der eben erwähnten etwas schwächeren Passagen und ein, zwei kleineren Ungereimtheiten sehr flüssig. Ihr Schreibstil hat mich recht schnell in diesen Roman eintauchen lassen. Besonders gefallen hat mir der Anfang, als Wanderer in Melanies wieder zusammengeflickten Körper transplantiert wird und sie sich gezwungenermaßen, mit mehr oder weniger Schwierigkeiten, aneinander gewöhnen, weil Melanie sich nicht so einfach aus ihrem Körper verdrängen lassen möchte.

Gefühlvolle Passagen – die eine ganze Bandbreite an Emotionen beinhalten – lassen den Leser an Wanderers eigentlich unerträglichen Zustand teilhaben. Obwohl sie im Grunde unmöglich sympathisch sein kann, weil sie Melanies Körper wider deren Willen besetzt (ebenso wie Millionen anderer Seelen das tun), kommt man nicht umhin, Mitgefühl mit ihr zu empfinden. Genau wie mit Melanie, die sich mehr und mehr ihren Körper zurückerobert. Und dann mit beiden. Weil die eine immer bei der anderen ist. Weil neue Gefühle und gefühlte Erinnerungen ebenso geteilt werden wie Berührungen. Was der einen gefällt, stört die andere und doch weiß jede von ihnen, dass alles ohne die andere nicht machbar wäre. Vielleicht klingt es etwas seltsam, aber beim Lesen hatte ich immer wieder das Bild von siamesischen Zwillingen vor Augen. Untrennbar verbunden und doch eigenständig, mit eigenen Ängsten, Wünschen und Hoffnungen.

Während der Aufenthalt Wanderer, die sich nach einiger Zeit Wanda nennt, vor Augen führt, wie falsch das Verhalten der Seelen ist, lernen die „unbeseelten“ Menschen von ihr, wie brutal sie selbst sich gegenüber „beseelten“ Menschen und den darin enthaltenen Seelen verhalten. Ein Lernprozess setzt ein, der dazu führt, dass Wanderer sich bei aller Zugehörigkeit immer einsamer fühlt.

In einige Kritiken habe ich gelesen, dass Wanderer bzw. Melanie und die beiden Männer um sie herum ein sehr konservatives Männer-Frauen-Bild zeichnen. Dann, dass wenig Spannung und keine Romantik im Buch sind. Es gibt tatsächlich keine großen Crash-Boom-Bang-Effekte. Fehlen sie? Ich denke nicht, schon gar nicht in einem Jugendbuch. Und was die Romantik betrifft – nun ja, die hätte ich persönlich etwas unpassend empfunden, angesichts der Lebensumstände der noch nicht „beseelten“ freien Menschen, bei denen Wanderer bzw. Melanie Unterschlupf gefunden haben. Außerdem wird ja schon in der Inhaltsangabe auf eine Liebesgeschichte verwiesen. Und dass eine an sich friedliebende, wenn auch Körper okupierende Seele nicht ständig Amok läuft, wenn sie in einem fremden Körper steckt, war für mich auch von vornherein relativ klar. Dass Wanderer Menschen retten will, als sie erkennt, wie falsch das Verhalten der Seelen ist, ist eine logisch nachvollziehbare Schlussfolgerung. Umso mehr hat mir das bereits erwähnte, größtenteils emphatisch und gefühlvoll beschriebene Gefühlsdilemma gefallen in dem Wanderer/Wanda und Melanie sich befinden. Was mir etwas weniger gefallen hat, war der Schluss. Der passte zwar genau genommen auch zur Geschichte und zum Jugendbuch. Dennoch erschien er mir persönlich etwas zu schöngefärbt.

Fazit

Ich werde das Buch noch mal lesen – falls es tatsächlich eine Fortsetzung gibt, werde ich auch die weiterverfolgen. Und ich kann „Seelen“ getrost meinen Nichten überlassen – zumindest denen die älter als 14 sind …

Copyright © 2010 Antje Jürgens (AJ)

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