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25. Oktober 2012

Rautenberg, Juli: Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil

Filed under: Belletristik,Humor/Satire — Ati @ 16:48

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Blanvalet Taschenbuch Verlag
ISBN-13: 978-3442380220
ISBN-10: 3442380227
Belletristik
1. Auflage 10/2012
Taschenbuch, 416 Seiten
[D] 8,99 € 

 

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Autorenblog 
 

 

Brächte ich so etwas über mich? Etwas wie die Suche nach dem Partner oder das Leben mit Selbigem in Form eines Blogs und/oder Buches zu veröffentlichen? Vermutlich eher nicht. Die Autorin Juli Rautenberg, die nach ihrem Studium als freie Lektorin arbeitet, hat es jedenfalls getan. Sie gerät nach eigenen Angaben schon mal bei warmem Schokoladenpudding in Versuchung und ist vom inzwischen leider verstorbenen Loriot fasziniert. Persönlich steht sie eher auf Krimis und Thriller. 

Darum handelt es sich bei Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil allerdings nicht. Um einen Direktangriff auf diverse Lachmuskeln allerdings schon. Es ist die Fortsetzung von Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (2011 erschienen über Eichborn Verlag). Der Titel verrät es schon, darin beschäftigt sie sich mit der Suche nach dem Traummann. Bereits damit hatte die Autorin die Lacher auf ihrer Seite. Aber all das war vollkommen nebensächlich und es ist mir, während die diverse Lachsalven mein Zwerchfell erschütterten, nicht einmal andeutungsweise aufgefallen. 

Möglich, dass Rautenberg nicht alle Leser querbeet zum Lachen animieren kann. Aber wer kann das schon von sich behaupten. Bei den Leuten, mit denen ich zwischenzeitlich über Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil gesprochen habe, ist ihr das jedoch durchweg und spielend gelungen.  

Das Buch liest sich sehr leicht. Man kann es in einem Rutsch durchlesen oder es in Häppchen genießen, da es in handliche Kapitel die wiederum zu einem von zwölf Monaten zusammengefasst sind, geschrieben ist. Jedes der Kapitel ist auch mit überaus passenden Überschriften versehen.  

Man merkt schnell, das Juli, die sich manchmal wie der berühmte Elefant im Prozellanladen verhält, absolut nicht perfekt und selbstsicher ist, dafür aber sehr authentisch. Spritzig und freimütig, mit einer mehr als guten Prise Selbstironie, berichtet die Autorin von allem, was in einer neuen Beziehung so alles passieren kann. Was Verdauung und Verliebtsein über das V am Wortanfang hinaus miteinander zu tun haben, etwa. Von Eifersüchteleien und Minderwertigkeitsgefühlen. Von Fettnäpfchen und ersten Gewitterwölkchen. Bösen Schwiegermonstern und peinlichen Eltern. Von im ungünstigsten Moment auftauchenden Expartnern, von falschen Verdächtigungen und infantil-anmutenden Folgeaktionen bis hin zur Angst vor der vermeintlichen Endgültigkeit. Von inneren Schweinehunden und der eigenen anderen bösen, teils missgünstigen Seite. Von Verletzen und Verletztsein. Von allen Gefühlen, die es so zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt eben so gibt.  

Nicht immer hat es Konrad, ihre bessere Hälfte, einfach mit ihr und man kann ihm getrost Sinn für Humor und vor allem Durchhaltevermögen attestieren, weil er mit so ziemlich allem fertig wird. Nicht immer erfüllt er alle Erwartungen, die Juli an ihn stellt und doch begreift sie sukzessive, dass es manchmal besser ist, etwas zurückzustecken, um nicht alles kaputtzumachen. Und nicht alles, was Rautenberg so mitzuteilen hat, ist bei all der spielerischen Leichtigkeit, mit der sie davon berichtet, auch wirklich nur humorig, sie macht sich durchaus auch ernsthafte Gedanken darüber, dass sie sich selbst am meisten im Weg steht. 

Fazit: Genauso leicht und locker zu lesen, wie es geschrieben ist. Für alle die mal wieder lachen wollen und auch über sich selbst lachen können. Denn so sehr man sich manchmal an den Kopf fassen möchte, das Buch wirkt stellenweise wie ein Spiegel. Herrlich lebendig und mitten aus dem Leben bekommt es fünf von fünf Punkten von mir. 

Copyright © 2012, Antje Jürgens (AJ)

Hirschi, Gertrud: MUDRAS für Körper, Geist und Seele – Yoga mit dem kleinen Finger

Filed under: Fach- & Sachbuch,Gesundheit/Behandlung — Ati @ 13:17

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Königsfurt-Urania
ISBN: 9783868261080
ISBN: 3868261087
Sachbuch, Gesundheit, Lifestyle
Ausgabe 01/2011
Karton-Box mit 68 Übungskarten und Anleitung, Booklet 46 Seiten
[D] Preis 19,90 € 

 

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Seit mir vor etwa dreieinhalb Jahrzehnten ein vereiterter Milchzahn gezogen werden musste, plagt mich die Angst vor Zahnarztbesuchen. Dafür kann allerdings besagter Backenzahn, so schmerzhaft er auch war, nichts. Vielmehr wurzelt diese Angst in der lebhaften Erinnerung an die überaus resolute Zahnärztin. Noch heute höre ich die barsche, in feldwebelhaftem Ton geraunzte Anweisung, mich nicht so anzustellen. Noch immer habe ich auch – das fasse ich bis heute nicht – die direkt neben dem Behandlungsstuhl platzierten beiden Doggen nicht vergessen. Ob diese Hunde wirklich so groß waren, wie mir meine Erinnerung suggeriert, mag dahingestellt sein. Fakt ist, dass ich heute noch ihr Hecheln und das überaus interessierte Schnüffeln im Ohr habe, nicht nur während der Prozedur an sich, sondern auch als sie mich aus dem Behandlungszimmer geleitet haben. Mein Bruder, der mich damals begleitete, muss bei meiner Gesichtsfarbe, meines Gesichtsausdrucks und angesichts des Umstandes, dass ich auf dem langen Weg zum Bahnhof alle zwei Schritte Blut ausspucken musste, so einen Schrecken bekommen haben, dass er zuließ, dass ich mein angstfeuchtes Patschehändchen in seine deutlich größere und griffigere Hand geschoben habe (was sonst eher nicht so sein Ding war). Sobald ich fortan auch nur das Wort Zahnarzt las, litt ich an Kurzatmigkeit und Herzrasen, Schweißausbrüchen und Magenschmerzen, was samt und sonders stärker wurde, je näher ich einem Behandlungsstuhl kam. Daran konnten weder nette und überaus verständnisvolle Zahnärzte (ohne Hunde) noch Beruhigungsmittel etwas ausrichten. Obwohl ich glücklicherweise mit an sich gesunden Zähnen ausgestattet bin, wurde jeder Kontrolltermin zur Tortour. Der Umstand, dass ich auch zum Kieferchirurgen musste, oder sobald sich die Weisheitszähne bemerkbar machten, fatalerweise bei jedem Eisprung Entzündungen an selbigen bekam, verbesserte die Situation keineswegs. Heute gibt es ja sogenannte „Angst“-Zahnärzte, was eine gute und schöne Sache ist, sofern sich die Zähne daran halten, zu praxiskonformen Zeiten und regulären Terminen Probleme zu bereiten.  

Warum ich das erzähle? Weil mich das vor mir liegende Buch-Karten-Set MUDRAS für Körper, Geist und Seele – Yoga mit dem kleinen Finger daran erinnert hat. Ganz niedergerungen ist meine Angst bis heute nicht. Aber ich halte sie im Fall der Fälle auf einem erträglichen Level. Mit Mudras gehe ich nicht nur dagegen, sondern auch gegen andere Wehwehchen vor, die das Leben so mit sich bringt. Zugegeben, mit dem kleinen Finger allein kommt man beim Praktizieren von Mudras nicht weit. Allerdings muss man sich dabei auch nicht so verrenken wie bei mancher Yogaübung und Mudras strengen eindeutig weniger an. Effektiv sind sie jedoch allesamt, wie ich nach einem Seminar und aus eigener Erfahrung weiß. Ich liebe Mudras. Einfach weil man sie immer und überall praktizieren kann. Ohne Hilfsmittel, ohne lange Vorbereitung. Ob jung oder alt, gesund oder angeschlagen, egal ob im Gehen oder Stehen, im Sitzen oder im Liegen – wer Hände hat, kann sein Glück mit ihnen versuchen. 

Allerdings – ich bin bequem – wende ich die Allermeisten nur im Ernstfall an. Und auf den Gedanken, sie als Orakel zu benutzen (wie auf der Booklet-Rückseite beschrieben), bin ich noch gar nie gekommen. Allerdings hatte ich bisher ja auch noch kein Karten-Set. Mein Wissen um diese nützlichen kleinen Alltagshelfer kann also durchaus noch ausgebaut werden. Wem das zu abgehoben sein sollte, kann diesen Aspekt natürlich auch einfach weglassen. 

Das Booklet enthält eine kurze Beschreibung zur Anwendung der Karten, leicht auch für absolute Laien verständlich. Wer Angaben zur Zeit sucht, die man investieren muss oder soll, der wird sie lediglich bei den Einsteigertipps im Booklet, nicht jedoch auf den farblich sortierten Karten finden. Das liegt nicht daran, dass sie vergessen wurden, sondern – darauf weist Gertrud Hirschi hin – daran, dass die benötigte Zeit bei jedem individuell ist.  

Die Karten selbst sind, wie bereits erwähnt, farblich sortiert. Alle Übungen auf roten und orangenen Karten dienen dazu, Kraft zu tanken. Übungen für geistige Frische findet man auf den gelben, grüne beinhalten Übungen für inneres Gleichgewicht und Harmonie, blaue solche für Ruhe und Entspannung.  

Klingt unwahrscheinlich? Ist es aber nicht. Wie man (nicht nur) aus der Traditionellen Chinesischen Medizin weiß, haben wir an unserem Körper (Rücken, Hände, Füße, Ohren) Punkte, die über Meridiane direkt mit unseren Organen verbunden sind. Wer nachsehen will, welcher Handbereich zu welchem Organ gehört, kann dies anhand des Booklet-Schaubildes (S. 25) tun. Diese Punkte werden mit den Mudras stimuliert. In Verbindung mit der Konzentration auf das Innere, auf die Atmung, einer eventuellen Visualisierungsübung und zusammen mit einer kurzen Vorabmassage, kann man so gezielt Selbstheilungskräfte aktivieren, die innere Balance wiederfinden, sich fokussieren. Das ist natürlich eine stark vereinfachte Betrachtungsweise, aber es lohnt sich auf alle Fälle, Mudras einmal auszuprobieren. Einfach weil sie eine Möglichkeit darstellen, etwas ohne fremde Hilfe für sich zu tun. Wer sich mit Spiritualität, Transformation und Wandel beschäftigt, kommt ebenfalls nicht zu kurz, denn Übungen dazu findet man auf den violetten Karten.  

Auf der Kartenvorderseite findet sich jeweils eine Mudra-Zeichung vor einem auf jeder Karte anders gestalteten, gemalten Hintergrund. Dieser Hintergrund bezieht sich auf Wirkung oder den Namen des Mudras. Hinzu kommt ein(e) Affirmation/Mantra. Auf der Rückseite findet sich die Bezeichnung des Mudras, eventuell wem es ursprünglich geweiht wurde, seine Wirkung, ein Visualisierungsvorschlag und ein(e) weitere(s) Affirmation/ Mantra.  

Was positiv anzumerken ist, ist das Register im Booklet ab Seite 33. Darin führt die Autorin eine Reihe von Beschwerden und die dazu passenden Karten bzw. Mudras auf. Wirklich schade ist jedoch, dass eine explizite Beschreibung zur Haltung und Lage der Finger bzw. der Hand selbst meist auf den Karten fehlt. Nicht immer ist alles selbstredend bereits durch die Zeichnung erklärt. Dies kann Laien die Sache etwas erschweren.  

Abschrecken lassen müssen sie sich davon jedoch auch nicht, denn egal ob im seelisch-geistigen Bereich oder doch eher bei körperlichen, akuten oder chronischen Beschwerden. Unabhängig von seinem Problem oder Anliegen, wird jeder etwas für sich in den 68 Karten finden. Darauf finden neben ältere, bereits von der Autorin in ihren anderen Büchern eingesetzte Mudras, wie auch einige neuere. Es sind natürlich nicht ihre eigenen, denn Mudras sind Handhaltungen, die in fernöstlichen Kulturen seit Jahrhunderten bekannt sind.  

Fazit: MUDRAS für Körper, Geist und Seele – Yoga mit dem kleinen Finger bietet empfehlenswerte Alltagshelfer. Das liebevoll gestaltete Set ist allerdings noch etwas ausbaufähig, was die genauere Beschreibung einzelner Mudras betrifft. Dafür gibt es einen kleinen Punktabzug.  

Copyright © 2012, Antje Jürgens (AJ)

Hirschi, Gertrud: YOGA ganz einfach

Filed under: Fach- & Sachbuch,Gesundheit/Behandlung — Ati @ 11:31

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Gertrud Hirschi: YOGA ganz einfach
Königsfurt-Urania
ISBN: 9783868261165
ISBN:
3868261168
Sachbuch, Gesundheit, Lifestyle
Erweiterte Neuausgabe 09/2011
Karton-Box mit 84 Übungskarten und Begleitbuch, Softcover, 112 Seiten
[D] Preis 22,99 €

Verlagsseite

Autorenseite

Gertrud Hirschi dürfte nicht nur Yoga-Schülern und/oder auch –Lehrern in der Schweiz nicht ganz unbekannt sein. Sie leitet seit beinahe drei Jahrzehnten eine Yogaschule in Zürich; bietet in der Ulmer Gesundheits-Akademie interessierten Yogalehrern Weiterbildungen an und macht ihr Wissen im Bereich Yoga, Mudras oder Meditation nebenbei in Vorträgen und Kurzseminaren im In- und Ausland sowie Büchern oder dem mir hier vorliegenden Buch-Karten-Set einem breiteren Publikum zugänglich.

 

Egal ob jung oder alt, gesund oder gesundheitlich eingeschränkt, beweglich oder weniger beweglich: Mit Yoga kann jeder etwas für seine Gesundheit tun und – bei richtiger Anwendung – sehr schnell persönliche Fortschritte erkennen. Bevor ich mich intensiver damit befasst habe, war mir gar nicht bewusst gewesen, wie eingeschränkt ich beispielsweise in meiner Beweglichkeit bereits war. Bedauerlicherweise ließ ich mich anfangs viel zu leicht abschrecken. Das lag jedoch nicht daran, dass Yoga grundsätzlich nichts für mich war, sondern dass ich mir die falschen Kurse, Kursleiter und/oder DVDs für meine ersten Versuche aussuchte. Mittlerweile weiß ich es besser.

 

Der Vorteil: Man kann Yoga genau genommen fast überall machen. Mehr als eine bequeme Unterlage und entsprechende Kleidung benötigt man neben der anfänglichen Notwendigkeit den inneren Schweinehund zu überwinden, der eventuell zähnefletschend vor dem überaus bequemen Sofa sitzt und einen am Aufstehen hindert, eigentlich nicht. Okay, ein Spiegel ist in meinen Augen auch noch ganz sinnvoll für alle Übenden. Für Interessierte gibt es glücklicherweise eine Fülle an mehr oder weniger guten Angeboten. Seien es Kurse, Videos oder auch Bücher. Oder das praktischerweise gerade vor mir liegende Buch-Karten-Set Yoga ganz einfach.

 

Die darin enthaltenen Karten wurden schon vor knapp zwanzig Jahren vom Bauer-Verlag herausgegeben und bis zur fünften Auflage immer mal wieder überarbeitet. Auch die Idee, die Karten gemeinsam mit einem Buch herauszubringen, ist nicht ganz neu. Ursprünglich war das Begleitbuch allerdings noch eher ein Booklet. Das jetzt im Set enthaltene 112seitige Begleitbuch überraschte mich bereits beim ersten Durchblättern mit der Fülle der darin enthaltenen Informationen. Atmung, Tipps für die tägliche Praxis, ein Ausflug in die Welt der Chakras, Yantras und Mantras – all das kommt neben der eigentlichen Yoga-Thematik nicht zu kurz und wird in einen schlüssigen Zusammenhang gebracht. Man merkt deutlich die Erfahrung der Autorin, die im Übrigen auch auf Meditationen und Mudras (Fingeryoga) und eine Vital-Klopf-Technik eingeht. Wer das Buch aufmerksam liest, wird feststellen, dass Gertrud Hirschi Lebensfreude und Spaß an der Sache damit vermitteln will, was ihr für mein Empfinden auch gut gelungen ist.

 

Die 84 Übungskarten bieten neben den eigentlichen Grundübungen auch noch entsprechend beschriebene Varianten. Ich habe noch nicht alle Karten durchprobiert und nachgezählt. Deshalb kann ich ehrlich gesagt nicht sagen, wie viele Varianten es tatsächlich sind (laut Kartonrückseite 180, laut Einleitung S. 8 etwa 170 und laut Beschreibung der Karten an sich auf Seite 29 des Buches sogar 270 – so genau scheint das also irgendwie niemand zu wissen J). Doch das ist ehrlich gesagt zunächst einmal nebensächlich.

 

Die nach Farben gegliederten Karten (14 x gelb = Drehungen, 13 x blau = Vorbeugen, 12 x grün = Rückenbeugen, je 11 x rot = allgemeine Aufwärm- und Kraftübungen, orange = Seitenbeugen, violett = Umkehrhaltungen, 10 x weiß = Gleichgewichtsstellungen, je 1 x grau = Ruhelage, braun = Meditationshaltung) zeigen auf der Vorderseite eine Schattenrissdarstellung. Diese hebt sich schwarz (statische Grundübung) und gegebenenfalls grau (dynamische Übungsfolge/ Variation) vor dem farbigen Hintergrund ab. Darunter steht ein(e) passende(s) Affirmation/Mantra als Einstimmung auf die Übung beziehungsweise um eventuell darüber zu meditieren. Ferner findet man darauf ein sogenanntes Yantra (eigenes Symbol) für die jeweilige Farb-/Übungsgruppe. Die ebenfalls auf der Vorderseite angebrachten Zahlen von eins bis vier verdeutlichen, welche Übungen man im Stehen, im Kniestand oder der Bauchlage, im Sitzen oder in der Rückenlage absolvieren sollte.

 

Praktischerweise kann man sich anhand der Farbsortierungen und Nummerierungen immer wieder neue Übungsfolgen zusammenstellen, mit denen Lockerungen und Dehnungen des ganzen Körpers, die Durchlässigkeit der Meridiane, eine Stärkung des Rückens und bessere Gelenkbeweglichkeit ebenso wie Tiefenentspannung trainiert werden können.

 

Auf den Rückseiten der Karten findet man ebenfalls eine Fülle an Informationen. Hier wird die Übung an sich erklärt, die Atemfolge ebenso wie passende Ausgangspositionen/ Vorübungen und nachfolgende Ausgleichsübungen und letztlich auch die Wirkung (egal ob körperlich, geistig oder seelisch).

 

Kurzum gibt es also sowohl einfache Anfängerübungen als auch schwierigere für Fortgeschrittene.

 

Also Buch lesen, Karten aussuchen und einfach loslegen?

 

Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Denn, wer viele Informationen auf einer 7 x 5 cm großen Karte unterbringen möchte (und man findet auf den Kartenrückseiten wie bereits angedeutet einiges an Informationen), muss eine entsprechend kleine Schrift wählen. Die ist zusätzlich das eine oder andere Mal von einem grau gestalteten Variantenschattenriss unterlegt. Beides erschwert, das einfach so nach den Karten greifen und loslegen etwas. Etwas Zeit muss man also schon aufbringen.

 

Und auch sonst gilt: eindeutig JEIN!

 

Ja für jene, die Yoga nicht gerade erst neu für sich entdeckt haben und es schon geraume Zeit praktizieren. Wer nicht immer nach dem einmal gelernten Schema-F üben möchte, hat mit dem Set ein probates Mittel zur Hand.

 

Auch autodidaktisch veranlagte Personen, die eine gesunde Selbsteinschätzung haben, werden mit dem Set alleine bereits gut zurechtkommen, sofern sie sich eingehend mit den Übungskarten und dem Buch beschäftigen. Das allerdings erklärt sich von selbst, denn wenn man sich nicht damit beschäftigen möchte, braucht man sich das Set ja eigentlich gar nicht erst kaufen.

 

Obwohl alle Übungen samt Varianten mit Sicherheit zu Gesundheit, einer guten Haltung und der Stärkung und Genesung eines vielleicht nicht mehr so ganz perfekten Körpers führen, möchte ich andererseits jedoch ein klares Nein für all jene aussprechen, die absolute Neulinge sind, Yoga einfach mal spaßeshalber ausprobieren möchten oder sich eventuell auch gerne selbst überschätzen. Wer nicht mit der nötigen Einstellung an die Sache herangeht, ärgert sich hinterher möglichenfalls nicht nur über den Preis, sondern muss sich gegebenenfalls auch mit Schmerzen plagen.

 

Obwohl die Autorin in ihrer Einleitung darauf verweist, dass Yogaübungen ihre Rückenprobleme wie Butter in der Sonne dahinschmelzen ließen, verweist sie auf Seite 106 darauf, dass die Übungen auf den Karten für gesunde Menschen erstellt wurden, und führt auch sonst noch ein paar Kontraindikationen an. Dies muss man jetzt nicht hundertprozentig als Widerspruch in sich sehen, denn mit etwas Selbsteinschätzung kann man durchaus üben, üben, üben. Doch wer überprüft was und ob man überhaupt eine Übung richtig und damit laut Autorin absolut rücken- und nackengerecht durchführt?

 

Genau wie bei allen anderen Büchern oder DVDs niemand, das muss jeder für sich tun. Insoweit tut zumindest ein Grundkurs für Neulinge in meinen Augen not, bei dem ein Yogalehrer den interessierten aber bis dahin eben völlig unbeleckten Yogaschüler entsprechend einführt und – noch wichtiger – korrigiert.

 

Auch wer sich selbst im Verdacht hat, was auch immer zu verbissen zu üben, sollte die Hände von dem Set lassen. Zwar gibt es grundsätzlich Yogaübungen für jeden, doch die eine oder andere kann bei falscher Ausführung durchaus schaden oder je nach körperlichem Befinden eben kontraproduktiv wirken.

 

Fazit:

 

Schmälert das alles den guten Eindruck, den bei mir hinterlassen hat? Eindeutig NEIN! Erstens betrifft das meiste davon nicht das Buch-Karten-Set alleine, sondern wohnt allen Do-it-yourself-Anleitungen inne. Unabhängig davon ist Yoga nichts, was man mal einfach so nebenbei erledigen sollte. Wer sich also ausführlicher sowohl mit dem Thema an sich als auch mit dem Buch-Karten-Set beschäftigt, wird meines Erachtens seine Freude an diesem liebevoll gestalteten Set haben. Nicht nur weil angebotene Kurse vielleicht manchmal einfach nicht in die Tagesplanung passen oder der DVD-Player im entscheidenden Moment mal wieder anderweitig belegt ist. Yoga ganz einfach erleichtert zwar eindeutig die Zusammenstellung neuer Übungsfolgen. Doch die Autorin lief darüber hinaus auch mit ihrer Vital-Klopf-Technik sowie den Ausführungen zum Atmen oder ihren Meditationsvorschlägen offene Türen bei mir ein. Deshalb kann ich Yoga ganz einfach jedem empfehlen, der etwas für sich tun möchte.

 

Copyright © 2012, Antje Jürgens (AJ)

15. Oktober 2012

Spencer, Kristy & Tabita Lee: Dark Angels’Fall – Die Versuchung

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Verlag: Arena
ISBN: 9783401067858
ISBN: 3401067850
Fantasy, Jugendbuch (empfohlenes Alter 14 – 17 Jahre)
1. Auflage 08/2012
Gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag, 483 Seiten
[D] 18,99 €

 

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Roman-Reihe 

 

Spätestens seit dem Erfolg des Auftaktromans der Dawna-und-Indie-Tetralogie (Dark Angels‘ Summer – Das Versprechen) und der damit verbundenen Veröffentlichung des Folgebandes ist bekannt, wer sich hinter den Pseudonymen Kristy und Tabita Lee Spencer verbirgt. Das Schwesternpaar Beate Teresa und Susanne Hanika ist auf dem deutschen Buchmarkt nicht ganz unbekannt. Während die 1976 geborene Beate Teresa mit mehreren Preisen für ein Jugendbuch prämiert wurde, schaffte es die acht Jahre ältere Susanne, eine erfolgreiche Kriminalromanreihe um ihre Ermittlerin Lisa Wild zu platzieren. Anlässlich der aktuell laufenden Buchreihe, die ihr erstes gemeinsames Projekt ist, dachten sie sich jedenfalls neue Namen aus, die passend zum Handlungsort und den Figuren der Dark-Angels-Reihe amerikanisch angehaucht anmuten. Auch die Informationen, dass ein Traum zu dieser Reihe inspirierte, dass sie gemeinsam auf einem einsamen Anwesen leben und gerne gemeinsam am frühen Morgen ausreiten, passen dazu. Das Anwesen liegt jedoch in Europa, genauer gesagt bei Regensburg.  

Für die Buchreihe ist es im Grunde genommen auch nebensächlich. Viel wichtiger ist es, dass man vor Dark Angels‘ Fall – Die Versuchung bereits den Auftaktroman gelesen hat. Ansonsten fehlt einfach etwas.

In diesem ersten Band entdecken die beiden Mädchen Indie und Dawna, dass sie nicht ganz so normal sind, wie sie bisher dachten. Und dass die Welt nicht so sicher ist, wie es scheint. Azrael, der Engel des Todes, soll erweckt werden und es ist an ihnen, diese Erweckung zu verhindern und quasi die Welt zu retten. Eine Grundidee also, die variierend immer wieder mal auf dem Buchmarkt auftaucht, dieses Mal mit Dunklen Engeln. Zwar ist es den beiden Teenagern gelungen, ihre Aufgabe bisher zu erfüllen, doch die Gefahr ist nicht gebannt.  

Nach der Schließung eines Engelstores sind einige dunkle Engel übrig geblieben, die ihr Unwesen in der Nähe der Mädchen und rund um Whistling Wing, der Farm die bisher ein sicherer Zufluchtsort war, treiben. Nach wie vor warten sie darauf, dass die Mädchen einen Fehler machen, der dafür sorgt, dass Azrael zurückkehren kann. Die dunklen Engel, die sich noch im ersten Teil eher als Vögel Schaden anrichten konnten, können nun zunehmend menschliche Gestalt annehmen. Ungefährlicher werden sie dadurch jedoch nicht. 

Während die beiden Schwestern noch im ersten Teil in den 33 Tagen, an denen sie gleich alt waren, über besondere Kräfte verfügten, fehlen ihnen diese Kräfte jetzt. Ausgerechnet jetzt, während die Dunklen Engel sich Whistling Wing immer mehr nähern. Ausgerechnet jetzt, wo Dawna über Mileys Verschwinden verzweifelt ist, der ebenfalls mehr ist, als er anfangs schien. Nebenbei kommt sie Dusk näher, der – es lebe das Fantasy-Genre – natürlich auch mehr als ein Hund beziehungsweise Wolf ist, während Indie gleichzeitig mehr oder weniger erfolgreich versucht, den Dunklen Engel Gabe auf Abstand zu halten, der dank den Gefühlen zu ihr menschliche Züge wie Mitgefühl und Liebe empfindet.  

Genau wie im Cover des Auftaktromans sieht man zwei junge Mädchen Rücken an Rücken stehen. Während dort passend zum Titel Sommerblumen zu sehen waren, sieht man auf dem Umschlag des zweiten Bandes herabfallendes Laub und Wind wirbelt die Haare der Mädchen auf. Dieses Motiv passt sehr gut, denn es deutet an, dass die Mädchen mehr oder weniger auf sich gestellt und aufeinander angewiesen sind.  

Auch in Dark Angels‘ Fall – Die Versuchung wird abgesehen vom Prolog jeweils ein Kapitel von Indie und dann eines von Dawna erzählt. Da diese Kapitel in der Ich-Form geschrieben sind, erfährt man trotz ständiger Perspektivwechsel nur die Sicht der Schwestern, ihre Vermutungen, Wünsche, Ängste. Um das Erkennen wer was erzählt zu erleichtern, hat der Arena-Verlag Indies Kapitel jeweils am Anfang bzw. unten auf den Seiten mit einer pinkfarbenen und Dawnas Kapitel mit einer schwarzen Feder verziert und man findet darüber hinaus auch den entsprechenden Namen über dem jeweiligen Kapitel. Zusätzlich kann man am mal eher wütend und frustrierten und dann wieder hilflos und ängstlichen Tonfall erkennen, wer gerade zu Wort kommt.  

Im zweiten Teil kommen weitere Geheimnisse und Figuren hinzu und die Mädchen merken mehr und mehr, dass es kaum jemanden gibt, dem sie trauen können. Die, die ihnen vertrauenswürdig vorkommen, fallen nicht nur im ersten Band den dunklen Engeln zum Opfer. Die, die ihr Vertrauen nicht verdienen, scheinen zumindest zeitweise auf ihrer Seite zu stehen.  

Das klingt spannend. Doch bedauerlicherweise liegt genau in dem Versuch, dadurch weitere Spannung aufzubauen, ein Manko. Denn es werden so weder die noch offenen Fragen des ersten Bandes geklärt, noch werden neu aufkommende Fragen erschöpfend beantwortet. Was im Auftaktroman noch damit erklärt werden kann, dass die Leser an die Thematik herangeführt werden sollen, sorgt nun auch im zweiten Band für unnötige Längen. Die offenen Fragen aus dem ersten Band stören in Kombination mit weiteren Fragen, Andeutungen und Geheimnissen im zweiten Band den Lesefluss bzw. lassen diesen erst gar nicht so richtig aufkommen. Und so lässt auch die im ersten Band aufgebaute geheimnisumwitterte Atmosphäre im zweiten Band bedauerlicherweise deutlich nach. Die Wiederholung bestimmter Aussagen im Hinblick auf die Gefahr sorgt für keine Steigerung, sondern generiert die bereits angesprochenen Längen. Auf den 483 Seiten von Dark Angels‘ Fall – Die Versuchung steht zwar vieles, aber im Grunde erfährt man nichts bahnbrechend Neues und die Geschichte entwickelt sich nicht wirklich weiter.  

Die beiden Figuren tun das dennoch mehr oder weniger. Dawna, die noch im ersten Band eher ruhig und eine Ja-Sagerin war, ist mittlerweile eigenwillig, fast trotzig-bockig, macht sich ständig Gedanken um die drohende Gefahr und die Abwendung derselben. Sie ist nicht mehr ganz so introvertiert wie im ersten Teil. Im Gegenzug dazu zeigt sich Indie mit ihrem lockeren Mundwerk in Dark Angels‘ Fall – Die Versuchung zeitweise verletzlich und hilflos, nachdenklicher als im Vorgängerband. Bedauerlicherweise macht das die Sache für LeserInnen nicht zwingend spannender.  

Angesichts der Brisanz, die das Wissen um einen drohenden Untergang der bisherigen Welt mit sich bringen dürfte, denken sowohl Indie als auch Dawna sonderlich weit im Hinblick auf ihre Bestimmung. Das erklärt sich auch nicht dadurch, dass die beiden Mädchen quasi von niemandem wirklich eingeweiht mit dem Geschehen konfrontiert werden. Dawnas Gedanken drehen sich im zweiten Band der Reihe vorwiegend um den verschwundenen Miley. Doch ist ihre Suche nach ihm mutig gestaltet? Glaubwürdig? Wohl kaum, denn in diesem Zusammenhang übersieht sie nicht nur mehrfach drohende Gefahren, scheint sie fast zu negieren und benimmt sich eher wie ein typischer Teenager, der in mehr als blindem Aktionismus handelt. Zwar kann man jetzt einwenden, dass sie ja genau das ist, doch sollte man angesichts der ständig angedeuteten Gefahr, in der sie sich, Indie und überhaupt die Welt wähnt, doch irgendwie annehmen, dass sie besonnener reagiert. Dass sie Indie dadurch in unnötige Gefahrensituationen mit hineinzieht, scheint ihr übrigens vollkommen egal zu sein. Gleichzeitig wirkt es wenig einleuchtend und unpassend oberflächlich, wenn sie die ach so drängende Suche nach Miley und mehr noch die mehr oder weniger permanente Flucht vor den Dunklen Engeln unterbricht bzw. vergisst, weil mal eben ein paar Gäste für die Engelsseminare ihre Mutter vom Bahnhof abgeholt werden müssen. Auch Indie denkt beständig an die Gefahr an sich. Jedoch: Immer nur zu insistieren, wie gefährlich etwas ist, macht die Sache für LeserInnen nicht spannender oder manche der Gedankensprünge der Mädchen keineswegs nachvollziehbarer.  

Wenig überzeugend wirkt auch der Erzählstrang um ihre Mutter und deren Verdacht, schwanger zu sein. Überhaupt, das Engelsseminar oder allgemein das alltägliche Leben um die grundsätzlich doch eher wahnsinnig machenden und zumindest Besorgnis erregenden Vorkommnisse, scheint ganz normal weiterzulaufen. Es gibt zwar vieles, was uns selbst im Alltag entgeht und was durchaus gefährlich oder besorgniserregend ist, doch irgendwie fehlt spätestens in Dark Angels‘ Fall – Die Versuchung ein glaubwürdig konstruiertes Umfeld. Und die Idee, die im Auftaktroman noch eher als Vögel dargestellten Dunklen Engel, im Folgeband zunehmend in Leder gehüllt auf Motorrädern zu präsentieren, rettet die Geschichte auch nicht unbedingt.  

Wie bereits im ersten Band ist auch Dark Angels‘ Fall – Die Versuchung in einem einfachen Schreibstil abgefasst, der dieses Mal jedoch mit weitaus zahlreicheren Kraftausdrücken und Flüchen gespickt ist. Was im ersten Buch noch amüsant, ja spritzig wirkte, verliert in dieser Fülle eindeutig an Reiz. Auch scheint es überaus cool zu sein, mal eben ein Pumpgun geschenkt zu bekommen. Indie oder Dawna erhalten dieses Geschenk zwar nicht, aber die Art und Weise, wie sie über die Nutzung desselben denken, ist auch nicht besser. Mag sein, dass dies dem jugendlichen Zielpublikum geschuldet ist. Wirklich passend fand ich beides nicht, denn man kann ein spannendes Jugendbuch durchaus anders gestalten. Hinzu kommt, dass Indie und Dawna zwar in gewisser Weise durch ihre Sprunghaftigkeit und ihr Hin- und Herschwanken zwischen den Gefühlen für Miley und Dusk, Gabe oder eben nicht Gabe, durchaus authentisch als Teenager präsentiert werden, im gesamten Erzählkonstrukt dennoch nicht völlig überzeugen.  

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Vielleicht liegt es an meinem Alter, vielleicht daran, dass ich den Fehler gemacht habe, mit dem zweiten Band der Reihe zu beginnen und den ersten dann quasi erst nachzuholen. Doch weder dieser erste Band (Dark Angels’Summer – Das Versprechen) noch seine Fortsetzung Dark Angels‘ Fall – Die Versuchung konnten mich überzeugen. Die Handlungsstränge wirken teils zu mühsam konstruiert. Sie laufen nicht schlüssig zusammen, was sie angesichts des erst zweiten Bandes ja auch nicht zwingend müssen; andeutungsweise logisch nebeneinander her zu laufen, hätte der Geschichte jedoch keinen Abbruch getan. Diese strotzt zudem vor Klischees und Andeutungen, die die an sich gute Grundidee zu sehr in die Länge ziehen. Die eigentliche Aufgabe der Mädchen hätte schon ausreichend Stoff für eine gute Geschichte geboten. Dieser Teil verliert durch den ebenfalls beschriebenen Alltag eindeutig an Glaubwürdigkeit. In zwei Bänden sind unzählige Fragen aufgeworfen worden, deren Beantwortung größtenteils offenbleibt. Da ich ungern negative Bewertungen abgebe, weil ich weiß, wie viel Herzblut für gewöhnlich in einem Roman steckt, habe ich beide Bücher vor dieser Buchbesprechung zwei Mädchen gegeben, die alterstechnisch in die empfohlene Zielgruppe passen. Beide haben unabhängig voneinander meine Meinung bestätigt, weshalb ich Dark Angels‘ Fall – Die Versuchung (und im Grunde auch Dark Angels’Summer – Das Versprechen) nur zwei von fünf Punkten geben möchte.

Copyright © 2012, Antje Jürgens (AJ)

13. Oktober 2012

Yates, Richard: Eine gute Schule

Filed under: Belletristik,Buch- & Sammelreihe,Roman — Ati @ 13:38

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Verlag: Deutsche Verlags Anstalt
Originaltitel: A good school
Aus dem Englischen übersetzt von Eike Schönfeld
ISBN: 9783421043948
ISBN: 3421043949
Belletristik
gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag, 240 Seiten
[D] 19,99 €
1. Auflage 09/2012

Verlagsseite

Nachdem seine Bücher weder im Original noch in Übersetzungen jahrelang nur schwer bis gar nicht erhältlich waren, veröffentlicht die DVA nach dem Tod (1992) des 1926 in Yonkers (New  York) geborenen Autors sukzessive sein Gesamtwerk – darunter auch die Übersetzung des 1978 im englischen Original veröffentlichten Romans Eine gute Schule.  

Yates, gilt als einer der größten Existenzialisten und Fatalisten der Moderne – nicht nur in den Augen des Zeit-Redakteurs, der das einmal über ihn schrieb. Dennoch fand er zu Lebzeiten weniger durch seine Romane Beachtung, sondern machte vielmehr mit Alkoholproblemen oder Abstürzen in die Psychiatrie auf sich aufmerksam. Dessen ungeachtet zählt er zu den wichtigsten Autoren der Amerikanischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Was ihn tatsächlich in seine Exzesse trieb, bleibt sein Geheimnis. Eine durch eine Scheidung der Eltern verkorkste Kindheit? Die eigene Scheidung und der damit verbundene Sorgerechtsstreit um seine Töchter? Eine schwerwiegende Erkrankung? Seine Erlebnisse als Soldat im zweiten Weltkrieg? Oder die harten Zeiten der Wirtschaftskrise? Wer weiß?  

Neben seiner Tätigkeit als Schriftsteller, der wir sieben Romane und zwei Erzählbände verdanken, verfasste Yates in den späten 1960ern für eine kurze Zeit Reden des US-Senators Robert Kennedy und war als Journalist und Werbetexter tätig. Sein erster Roman wurde bereits 1961 veröffentlicht. Obwohl er zunächst wohlwollend aufgenommen wurde, geriet er bald in Vergessenheit. Eben dieser Roman kam vor ein paar Jahren mit Leonardo Di Caprio und Kate Winslet unter Regisseur Sam Mendes verfilmt unter seinem deutschen Titel Zeiten des Aufruhrs ins Kino. Meine erste Berührung mit Yates. 

Bereits aus der Titulierung „großer Existenzialist und Fatalist“ kann man schließen: Kein sehr fröhlicher Film nach keiner sehr fröhlichen Romanvorlage. Überhaupt gibt es in all seinen Romanen keine fröhliche oder hoffnungsmachende Grundnote. So hoffnungsvoll vielleicht seine Figuren auch von ihrer Form von Glück träumen mögen, alle enden ohne Happy End. Ja noch nicht einmal mit etwas, das auch nur entfernt an ein Happy End erinnern könnte.  

Trostlos und trist, so ist auch Eine gute Schule aufgebaut. Das persönliche Drama und Unglück auch darin keine hoffentlich schnell vorübergehende Begleiterscheinung des Lebensalltags sondern bitterer Kern. Auch dieser Roman erzählt von der Hoffnungslosigkeit des amerikanischen Mittelstandes. Einer Klasse also, deren Leben ansonsten eher schön gemalt oder gar nicht beachtet wird. Mit einfachen, klaren Worten, ohne Schnörkel und Beschönigungen, erzählt Yates in Eine gute Schule die Geschichte des jungen William Grove, der Anfang der 1940er auf kleines, privates Internat in Neuengland kommt. Es wird gesagt, dass Eine gute Schule der persönlichste Roman Yates‘ ist. Tatsächlich spielt er in dem Zeitraum, in dem er selbst zur Schule ging. Wie viel davon autobiografisch und was schriftstellerisch erdacht ist – diese Frage kann er uns heute nicht mehr beantworten.  

Seine Hauptfigur Grove ist jedenfalls 15 und ein Außenseiter. Doch ist er das wirklich? Im Grunde sind alle Charaktere in dem Roman – und davon lernt man mit Yates einige kennen – Außenseiter. Obwohl der eine oder andere von ihnen eher auf der Gewinnerseite zu stehen scheint, gewinnt keiner von ihnen wirklich. Alle scheitern früher oder später an einer stumpfen Realität und doch überleben die meisten irgendwie. Grove kann nur dank eines Stipendiums auf diese Schule, denn sein Vater bringt das Schulgeld kaum auf. Seine Mitschüler lassen ihn das spüren, wie sie überhaupt jede Schwäche anderer gnadenlos ausnutzen. Er erlebt Erniedrigungen und Zurückweisungen, nur weil seine Mutter darauf hofft, dass ihm durch den Besuch dieser Schule die Möglichkeit gegeben wird, in höhere Kreise aufzusteigen. Etwas was ihr selbst verwehrt war. Einzig die Mitarbeit an der Schülerzeitung scheint dem Jungen einigermaßen Freude zu bereiten.  

Im Grunde zeigt sich Grove jedoch genauso berechnend wie die anderen, nutzt Vorteile wenn sie sich ergeben und lässt andere zurück, wenn er sich etwas davon verspricht. Das teils grausam anmutende, bisweilen melodramatisch und seltsam erwachsen wirkende Zusammenleben pubertierender Jungen prägt seinen Alltag.  

Doch Yates lenkt unseren Blick nicht nur auf Grove und seine Mitschüler allein. Da ist die Schule an sich, die eigentlich nur dank einer schrulligen Gönnerin überleben kann, die den Traum von einer guten Schule hat. Einer Schule, die etwas bewegt und in der Jungen sich entwickeln können. Einfach, weil sie selbst als Frau diese Möglichkeit in dieser Form nie hatte. Der Autor lässt uns auch gleichermaßen unverstellte wie flüchtige Blicke auf die Lehrerschaft und ihre Familien werfen. Denn auch diese haben ihre Probleme und Sorgen. Seitensprünge, Krankheiten, Süchte und Zukunftsängste. Nicht nur weil die Schließung der Schule droht, sondern weil es da auch noch diesen drohenden Krieg gibt. Ein Krieg der dafür sorgt, dass manche der Schülern sich freiwillig melden. Die zurückgebliebenen Schüler erhalten erste Todesnachrichten der Freiwilligen und wissen, dass sie spätestens nach Abschluss der Schule eingezogen werden, es ist nur eine Frage der Zeit.  

Über den gesamten Roman baut sich angesichts der Erlebnisse keine große Spannung auf. Tatsächlich plätschert er in seiner Tristesse gleichsam vor sich hin, ohne je wirklich langweilig zu sein. Der stellenweise flüchtige wie gleichermaßen eindringliche Erzählstil des Autors lässt den Lesefluss nicht wirklich versiegen, entwickelt sich aber auch nicht in einen reißenden Strom. 

Jahre nach Kriegsende lässt Yates Grove einen Blick zurückwerfen und auch dabei wird klar, dass es zwar irgendwie weitergegangen ist, aber natürlich auch deutlich schlechter hätte kommen können. Hoffnung? Nein, die sieht anders aus. Also typisch Yates eben. Nicht schönmalerisch. Dafür aber klar und irgendwie am realen Leben.  

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Mit Eine gute Schule hält man ein bedrückendes Buch in Händen. Keines dass man einfach so nebenbei lesen sollte und kann. Wer ein Happy End liebt sollte auf alle Fälle die Finger davon lassen. Aber mal ehrlich: Wer erwartet das schon bei jemanden, der für seinen existenziellen und fatalistischen Erzählstil gerühmt wird? Ich möchte für Eine gute Schule vier von fünf Punkten vergeben.

Copyright © 2012 Antje Jürgens (AJ)

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