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3. März 2011

Kaffke, Silvia: Das dunkle Netz der Lügen

Filed under: Belletristik,Historisch,Krimi/Thriller,Roman — Ati @ 16:55

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Silvia Kaffke

Das dunkle Netz der Lügen

 

Wunderlich Verlag

ISBN 978-3805208895

ISBN 3805208898

Historischer Kriminalroman

1. Auflage 2010

Umschlaggestaltung Hafen Werbeagentur

Gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag, 496 Seiten

[D] 19,95 €

 

Verlagsseite

Autorenblog

 

Zur Autorin

 

Silvia Kaffke ist auf dem deutschen Buchmarkt längst keine Unbekannte mehr. Die 1962 in Duisburg/NRW geborene und ihrer Heimatstadt treu gebliebene studierte Publizistin, Germanistin und heute im PR-Management tätige Autorin bedient sowohl das aktuelle wie auch das historische Krimigenre. Handlungsort ist dabei Deutschland. Von 2000 bis 2006 erschienen insgesamt vier Romane um die BKA-Profilerin Barbara Pross; 2001 wurde der Erste davon mit Ann-Kathrin Kramer in der Hauptrolle von SAT1 verfilmt. 2008 wurde dann Kaffkes erster historischer Roman verlegt. Er beginnt eine Romanreihe um Lina Borghoff, die in dem Stadtteil spielt, in dem die Autorin lebt. Ihre berufliche Laufbahn brachte Kaffke neben einer Tätigkeit als Texterin, Lektorin und Sekretärin unter anderem zum Duisburger filmforum. Von der Stadt Düsseldorf wurde sie im gleichen Jahr, in dem auch ihr erster Roman „Messerscharf“ erschien, mit dem Kulturförderpreis ausgezeichnet.

 

Zum Buch

 

Der Hochglanz-Schutzumschlag zeigt rauchende Fabrikschlote, einen brennenden Himmel, eine schwach-leuchtende Gaslaterne, altmodisch gekleidete Menschen und eine düstere Straßenszene – kein Wunder, laut Umschlagtext soll mich die Geschichte ja nach Ruhrort ins Jahr 1861 bringen. Das Cover passt sehr gut zum Inhalt des Romans. Gefallen haben mir in diesem Zusammenhang auch die beiden Stadtpläne ganz vorne und ganz hinten im Buch. Was das Lesen etwas erleichtert hätte, fehlt leider – eine Auflistung der Personen, die in der Geschichte vorkommen. Doch das ist nur ein kleines Manko. Nach dem Prolog kann man sich nach Herzenslust in den folgenden 15 Kapiteln austoben, bevor der Roman mit einem kleinen Epilog und einer Danksagung der Autorin endet.

 

Doch zurück zum Roman:

 

Zitat Umschlagtext

 

Ruhrort, 1861: Dunkle Zeiten im Land von Stahl und Kohle

 

Lina hat es geschafft: Ihr kleiner Modesalon ist in aller Munde. Wie viele Bewohner des Städtchens hat sie die Aufbruchstimmung der letzten Jahre genutzt und sich nach ihrer Hochzeit mit Kommissar Robert Berghoff selbstständig gemacht. Ihre Welt wird erschüttert, als Anna Jansen erstochen wird. Wer hatte einen Grund, ihrer besten Näherin nach dem Leben zu trachten?

 

Doch das ist erst der Anfang. Ein weiterer Mord geschieht. Und während ganz Ruhrort den traditionellen Maiball begeht, werden die Villen reicher Bürger geplündert. Nicht nur der Polizei fällt auf: Die Taten waren gut geplant, zeugen von genauer Kenntnis der Örtlichkeiten und Besitztümer. Und: Sie betreffen ausschließlich Linas Kunden. Misstrauen schlägt ihr entgegen. Gestern noch eine angesehene Bürgerin Ruhrorts, muss Lina nun ihre Ehre verteidigen. Dabei steht nicht nur ihr Ruf auf dem Spiel.

 

Meine Meinung

 

2008 erschien ja, wie bereits erwähnt, Kaffkes erster historischer Roman „Das rote Licht des Mondes“ der sich ebenfalls um Lina, die Protagonistin von „Das dunkle Netz der Lügen“ drehte. Ich muss gestehen ich habe das Buch nicht gelesen und auch erst hinterher bemerkt, dass es da einen Vorgängerband gibt. Man kann also diesen zweiten Roman ohne Probleme lesen, wenn man das Vorgängerbuch nicht kennt.

 

Eheliche Gewalt, Ehebruch, Sorgerechtsstreitigkeiten, Erpressung, Raub und Mord, die Wirtschaftskrise. Eine Plage der Gegenwart? Mitnichten. All dies begegnet uns auch in Kaffkes zweitem historischen Kriminalroman. Doch das ist es nicht allein. Hier wird auch klar, wie undenkbar den Menschen von damals unser heutiges Leben vorkommen müsste, könnten sie denn einen Blick darauf werfen. Unser relativ leichter Zugang zu Grundnahrungsmitteln und Wasser, medizinischer Versorgung oder auch eine Verbrecherjagd mit allen verfügbaren technischen Mitteln.

 

Kaffke führt ihre Leserschaft nicht nur in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts in einen damals noch als Vorort existierenden Stadtteil Düsseldorfs um sie dort an einem Kriminalfall teilhaben zu lassen. Sie unterhält darüber hinaus detailreich und verknüpft in spielerischer Leichtigkeit verschiedene Handlungsstränge. Historische Kulissen, wie etwa ein Stahlwerk oder die seit den 1960er-Jahren nicht mehr vorhandene Altstadt, sind genauso geschickt eingeflochten. Die dargestellten Charaktere – ob nun Haupt- oder Nebenfiguren, Sympathieträger oder eher verhasste Gestalten – sind klar und lebendig gezeichnet. Und das, obwohl man gleich von Anfang an mit vielen zurechtkommen muss. Sie sind nicht extrem selbstlos, besonders schön oder allzu heroisch. Viel eher sind es Menschen, die einem im täglichen Leben begegnen könnten. Harmonisch scheint es einzig im Haus der Protagonistin zwischen ihr und ihrem Ehemann zuzugehen. Ansonsten sind alle Stärken und Schwächen, alle Tiefen und Höhen der menschlichen Psyche vorhanden. Die Figuren gehören allen sozialen Schichten an. Teilweise wurden sie mitleiderregend, Verständnis heischend oder auch abstoßend gezeichnet – doch immer detailliert und lebendig. Kein Charakter wirkt aufgesetzt oder unglaubwürdig. Es gibt Personen, die vielleicht auf den ersten Blick überflüssig wirken mögen, auf den zweiten jedoch sehr gut hineinpassen. Alle sind sie sorgfältig konstruiert – genau wie die Handlung. Alles und jeder trägt einen kleinen Part zum großen Ganzen bei.

 

Mit klarer Sprache schildert die Autorin die damaligen Lebensumstände. Sie bedient sich dabei – wie bereits erwähnt – mehrerer Handlungsstränge. Erzählt werden sie alle aus der Sicht eines unbeteiligten Dritten. Kaffke schafft eine etwas düstere Grundatmosphäre, die die harten Lebensumstände umso glaubwürdiger wirken lässt. Obwohl dieser Roman eindeutig in das Genre des Kriminalromans passt, ist das Verbrechen darin nicht im Vordergrund. Diebstahl, Mord, Körperverletzung, Erpressung – all das kommt vor. Doch obwohl die Nebenschauplätze, wie etwa die Arbeit in der kräftezehrenden Stahlhütte, der halbwegs sichere, nicht weniger harte Alltag der Näherinnen, die Plackerei von Mägden und Knechten, fast genauso viel Raum einnehmen, wirken sie nicht störend oder überdeckend. Vielmehr vereint sich alles zu einem sehr real wirkenden Bild des Lebens zu dieser Zeit, an diesem Ort.

 

Die Wortwahl der Autorin sorgt einerseits dafür, dass sich die Geschichte sehr locker und flüssig lesen lässt. Der stetige Wechsel von gut zu böse, von fatalistisch zu tatkräftig, von reich zu arm, von Handlungsstrang zu Handlungsstrang, erfordert jedoch etwas Konzentration. Zwar verknüpft die Autorin die Einzelstränge sehr verschickt und sauber und lässt keinen davon im Nichts verlaufen. Gleichzeitig liegt hier jedoch auch eine kleine Schwäche. Durch diesen stetigen Wechsel weiß der Leser zwangsläufig mehr als die Figuren. Das lässt ihn einerseits mitfiebern oder mitleiden, andererseits raubt es stellenweise etwas von der Spannung einer Geschichte, die weniger auf besonders schwierig zu lösenden Fällen, als vielmehr auf Abgründen der menschlichen Spezies und ihrer psychologischen Beweggründe fußt.

 

Fazit

 

Einige verknüpfte Kriminalfälle vor einem authentisch wirkenden historischen Hintergrund. Trotz kleinerer Schwächen habe ich mich gut unterhalten gefühlt und möchte vier von fünf Punkten vergeben.

 

Copyright © 2011 by Antje Jürgens (AJ)

 

 


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