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12. September 2012

Gee, Darien: Je süßer das Leben

Filed under: Belletristik,Roman — Ati @ 16:14

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Originaltitel: Friendship Bread aus dem Amerikanischen übersetzt von Andrea Stumpf
Blanvalet Taschenbuch Verlag
ISBN: 978-3442377992
ISBN: 3442377994
Belletristik
Deutsche Erstausgabe 03/2012
Umschlaggestaltung bürosüd° München
Taschenbuch, 496 Seiten
[D] Preis 8,99 €

Verlagsseite

Die auf Hawaii lebende Autorin Darian Gee arbeitet bereits an der Fortsetzung der Geschichte, die gerade vor mir liegt. Es handelt sich dabei um den Roman Je süßer das Leben, der im März diesen Jahres von blanvalet herausgegeben wurde.   

Das Cover zeigt vor einem bläulichen Hintergrund grüne Blättchen, bläuliche Blüten, einen Teller mit glacierten Muffins, einen offenen, leeren Picknickkorb,  Picknickbesteck und ein paar Frauenfüße in roten Schuhen. Je süßer das Leben …. Klingt mit Blick auf das Cover wie ein Satzanfang und könnte enden mit  „desto schlimmer die Spätfolgen (Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes)“. Doch der Blick in die Inhaltsangabe auf der Rückseite des Buches zeigt, dass man mit dieser Vermutung daneben liegt. 

Kinder, einen Partner , ein aktives Leben und beruflichen Erfolg zu haben – damit steht man auf der Sonnenseite, auf der süßen Seite des Lebens. Bitter wird es für diejenigen, die plötzlich in einem persönlichen Albtraum erwachen. Wie etwa Julia, die mit dem Tod ihres Sohnes nicht nur das bisher gute Verhältnis zu ihrer Schwester, sondern auch alle Freude am Leben verloren hat. Mark, ihr Ehemann, der nicht nur seinen Sohn verloren hat, sondern dem auch seine Frau immer mehr entgleitet.  Oder Livvy, besagte Schwester, deren Mann plötzlich vor dem beruflichen Nichts steht und die Angst davor hat ein Kind zu bekommen. Edie, die ungewollt schwanger wird und sich mit einem ungeplanten Karriereknick abfinden muss und Richard ihr Mann, der die Hoffnung nicht aufgibt, dass Edie damit klar kommt. Hannah, die nicht nur vor dem Ende ihrer musikalischen Karriere sondern auch vor dem Beziehungsaus mit Philippe steht. Oder Rosa, die sich sehnlichst ein Kind wünscht, weitab von ihrem Vater lebt, den sie nach dem Tod der Mutter aber mitversorgen möchte. Leon, Rosas Vater, der auf ein langes Leben zurückblickt und sich nach seiner toten Frau sehnt. Und da ist noch Madeleine, die nach dem Tod ihres Mannes einen Neuanfang wagt, der sich anfangs jedoch nicht so recht entwickelt. Und Connie, die eigentlich von Anfang an gar keine richtige Zukunft hat, obwohl die Anlagen dafür durchaus gegeben sind. All diese Figuren spielen zusammen mit anderen größere oder kleinere Rollen, und alle haben sie anfangs eigentlich nichts oder wie in Julias und Livvys Fall nichts mehr miteinander zu tun.

Eine weitere Rolle kommt einem essbaren Kettenbrief zu, dem Freundschaftsbrot der Amish. Ein Teigbeutel davon liegt eines Tages zusammen mit ein paar fertiggebackenen Scheiben des Brotes selbst auf den Stufen vor Julias und Marks Haus. Zusammen mit der Anleitung wie es weiterverarbeitet, gebacken und geteilt werden soll.  

Mit diesem einen Beutel beginnt eine liebevolle, stille Geschichte, die in der amerikanischen Kleinstadt Avalon spielt und das Leben aller oben erwähnten Figuren ändert. Die von Verzweiflung und Reue aber auch von Werten wie Freundschaft, Zusammengehörigkeit, Hilfsbereitschaft, Dankbarkeit, Treue und Liebe erzählt. Die Figuren müssen alle einen Neuanfang wagen, mögen die Ursachen dafür auch noch so unterschiedlich oder die Wege dazu noch so weit sein. Es gelingt ihnen, weil ihnen etwas widerfährt, was wir uns alle immer wieder ins Gedächtnis rufen sollten. Dass man mit eigentlich wenigen Mitteln viel erreichen kann. Mit kleinen Geschenken und Gesten den Blickwinkel anderer ändern kann. Dass das, was vielleicht schon nervt nicht einfach so passiert, sondern durchaus auch einen Sinn haben kann. Die Idee mit dem Kettenbrief fand ich in diesem Zusammenhang gelungen. Das Rezept mit der Anleitung für die Teigbehandlung  des Freundschaftsbrotes ist übrigens hinten im Buch abgedruckt. Es erinnerte mich prompt an das „Hermännchen“, der vor etlichen Jahren durch diverse Kühlschränke und Backöfen geisterte und den einen auf den Wecker ging, während andere hellauf begeistert davon waren. Und, um wieder zum Roman zurückzukommen, die Botschaft am Ende des Buches von der Person, die alles ins Rollen brachte, fand ich tröstlich, weil sie die Person, die sie brauchte, genau zum richtigen Zeitpunkt erreichte. 

Es gab zugegebenermaßen Passagen die etwas langatmig waren, allerdings hat mich keine dazu gebracht, das Buch beiseite zu legen. Auch eine latente Vorhersehbarkeit kommt darin vor. Doch durch die Art und Weise wie Gee ihre Charaktere gestaltet hat, gewinnt das Buch eindeutig. Ihre  Figuren sind lebensnah gezeichnet. Die Verzweiflung, die Hoffnungen und Wünsche, all das könnte jeder von uns empfinden. Was ihnen geschehen ist, könnte jedem von uns passieren.  Obwohl der Fokus ständig zwischen den Hauptfiguren und nebenbei zu etlichen weiteren Figuren schwenkt,  verläuft keiner der einzelnen Handlungsfäden im Nichts. Das mag für den einen oder anderen den Lesefluss etwas ins Stocken bringen. Doch die Autorin verknüpft geschickt alle und alles miteinander und webt eine so dichte Atmosphäre, so dass man trotz der eben erwähnten Längen in den Roman eintauchen kann.

Fazit:

Wer Wert auf wachsende Spannungsbögen legt, der sollte die Hände von Je süßer das Leben lassen. Wer jedoch Bücher mag, die durch ihre stille Unaufgeregtheit, ihre Charaktere und Warmherzigkeit berühren, ohne dabei kitschig zu werden, dem kann ich diesen Roman empfehlen, für den ich vier von fünf Punkten vergeben möchte.

Copyright © 2012, Antje Jürgens (AJ)

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