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5. April 2013

MARSCHALL, ANJA: FORTUNAS SCHATTEN

328_marschall_fortunasschatten.jpgDryas Verlag
ISBN-13: 9783940855329
ISBN-10: 3940855324
historischer Krimi
Ausgabe 02/2012
Taschenbuch, 300 Seiten
Neupreis [D]: 12,95 €
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AnjaMarschall © privat

AnjaMarschall
© privat

Seit mehreren Jahren lebt die gebürtige Hamburgerin Anja Marschall mittlerweile in Schleswig-Holstein. Während die Journalistin in ihrem zweiten Kriminalroman Cornwall als Handlungsort auswählte, schuf sie nach eigenen Angaben für ihr Romandebüt eine literarische Liebeserklärung an die Stadt Glücksstadt und vereinte darin ihr persönliches Faible für das 19. Jahrhundert und das Krimigenre.

Heraus kam der Roman Fortunas Schatten, der bereits im letzten Jahr von DYRAS verlegt wurde. Der Verlag widmet sich mit Die grüne Fee einer Buchreihe, die das 19. Jahrhundert als Handlungszeitraum umfasst. Dazu gehört unter anderem der kürzlich von mir besprochene Roman Winterkind. Der hat mir sehr gut gefallen, weshalb ich mich auch an den historischen Kriminalroman Fortunas Schatten wagte. Und der wiederum – obwohl alle Romane inhaltlich nichts miteinander zu tun haben und von verschiedenen Autorinnen verfasst wurden – hat mich neugierig auf den dritten Band dieser Buchreihe mit dem Titel Bruderliebe gemacht.

Mit dem Inhalt nicht wirklich etwas zu tun hat das, was mir an der jeweiligen Covergestaltung der Reihe so gefällt. Aber ich liebe solche Details, weshalb ich sie hier nicht unerwähnt lassen möchte. Allen drei Covern gemeinsam ist ein mittig in Hochglanz abgebildetes rundes Bilddetail. Bei Winterkind ist es der Blick aus einem runden Fenster in den verschneiten Park zu sein, bei Fortunas Schatten ein Blick auf einen Kompass und bei Bruderliebe, der Blick in einen Spiegel. Die Covermotive sind schlicht gehalten und passen gut zur Thematik der Bücher.

Doch zum Inhalt des gerade vor mir liegenden Romans. In Fortunas Schatten geht es um den Kapitän Hauke Sötje, der als Einziger das Unglück überlebte, dem seine Mannschaft samt seines Schiffes zum Opfer fiel. Obwohl er von jeglicher Schuld freigesprochen wurde, belastet ihn das Erlebnis moralisch. Bevor er seinem Leben ein Ende setzen kann, beginnen ihn Ereignisse zu überrollen. Er gerät in eine Intrige und wird in einen Mordfall verwickelt. Bald schon ist seine einzige Verbündete die Bürgerstochter Sophie Struwe, die jedoch zeitgleich mit eigenen Problemen kämpfen muss. Bei Versuch diejenigen zu entlarven, die offenbar sowohl Haukes als auch Sophies Probleme ausgelöst haben, kommen sich die beiden näher.

Anfangs machte mir der Schreibstil der Autorin zu schaffen, erschien mir etwas zu trocken, fast abgehackt. Doch nachdem ich mich daran gewöhnt hatte, gestaltete sich für mich die Beschreibung der Glückstädter Szenerie überraschenderweise alsbald so bildhaft, dass ich förmlich mit den einzelnen Figuren dort die Straßen durchschritt. Ebenfalls sehr gelungen empfand ich die Darstellung damaliger Sitten und Gebräuche. Die Haupt- und Nebenfiguren haben teils Eigenarten, die man nicht zwingend mögen muss, sind nicht glatt geschliffen. Detailbeschreibungen lassen jedoch durchweg alle lebensnah authentisch wirken.

Die Autorin rebelliert nach eigenem Bekunden selbst sehr gerne und das tut auch die sympathisch wirkende Sophie in Fortunas Schatten. Statt sich näher mit der ihr zugedachten Rolle als Ehefrau und Mutter zu befassen, versucht sie den Namen ihres Vaters reinzuwaschen. Dass sie sich dabei nicht so konform verhält, wie es sich gehört, kann man sich denken und bald schon hilft sie mutig und selbstbewusst auch Hauke, von dessen Unschuld sie überzeugt ist. Hauke selbst zeigt sich intelligent, eher introvertiert und mit seinen Schuldgefühlen genauso sympathisch-interessant, wie Sophie oder alle anderen. Fast gebrochen und irgendwie hilflos, dann wieder geistreich, gerissen, smart und raffiniert. Das machte es mir leicht, mit ihnen zu fühlen. Dabei geht es gar nicht um so überschwängliche Gefühle, manches wirkt norddeutsch kühl, ohne kalt zu sein.

Die kurz gehaltenen Kapitel beginnen mit Artikelzitaten der Glückstädter Fortuna. Die darin erzählte Geschichte ist eigentlich recht schlicht. Doch es kommt ja bekanntlich darauf an, wie etwas erzählt wird.

Marschall verwebt historische Begebenheiten und die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbrüche jener Zeit, mit ein wenig Spionage und Intrigen und einer sich dezent anbahnenden Beziehung zwischen Sophie und Hauke. Ein Teil der Figuren hat tatsächlich gelebt, wie man dem Buch ganz hinten entnehmen kann. Das alles geschieht auf atmosphärisch dichte, unterhaltsam-spannende Art und Weise. Durch geschickt platzierte Andeutungen setzt sie das Gedankenkarussell ihrer LeserInnen in Gang, ohne zu viel zu verraten.

Fazit: 04aperlenpunkte.jpg

Nach anfänglichen Schwierigkeiten las ich zunehmend neugierig auf das Ende weiter und war enttäuscht, als ich auf der letzten Seite ankam – weil ich schon fertig war. Lesestoff für ein paar gemütliche Lesestunden, der nach einer Fortsetzung ruft, die (wenn ich das richtig mitbekommen habe) aber auch durchaus schon geplant ist.

 

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

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