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12. April 2011

Ruppert, Astrid: Wenn nicht jetzt, wann dann?

Filed under: Belletristik,Roman — Ati @ 14:37

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Astrid Ruppert
Wenn nicht jetzt, wann dann?

Marion von Schröder Verlag
ISBN 9783547711721
ISBN
354771172X
Belletristik
1. Ausgabe 2011
Umschlaggestaltung ZERO
Gebundene Softflexausgabe mit Schutzumschlag, 400 Seiten
[D] 14,90 €

 

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Die 1964 im Saarland geborene, in Fulda aufgewachsene und mit Mann und Tochter in Wiesbaden lebende Autorin studierte Anglistik und war vor ihrer schriftstellerischen Karriere als Dramaturgin und Redakteurin bei verschiedenen Fernsehprojekten tätig. Dazu zählen nicht nur Lily-Schönauer-Verfilmungen oder Folgen des Traumhotels. In den vergangenen zehn Jahren wirkte sie an über 40 TV-Serien und -Filmen mit, bei dem Kurzfilm „Nebenan leben“ führte Ruppert selbst Regie. 2009 kam ihr erstes Buch „Obendrüber, da schneit es“ bei List heraus, welches 2010 vom ZDF verfilmt wurde.

 

Der sommerlich gehaltene Buchumschlag in zartem grün mit glänzenden Blütenranken, rotem Klatschmohn, Herzen, die wie Blütenblätter aufgewirbelt werden, und einer Frau, die die Arme ausbreitet und die Hände Richtung Himmel erhebt, als wolle sie die Blätter fangen; innen orangefarbene Vorsatzseiten, auf denen sich die Blütenranken und Herzen  Ton in Ton wiederholen – all das deutet auf das hin, was Astrid Ruppert mit Wenn nicht jetzt, wann dann? geschrieben hat: eine leichte, romantische Geschichte.

 

Die handelt laut Text auf dem Umschlag von drei Frauen, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Annemie ist trotz gegenteiliger Erfahrungen und einem Ordnungs- und Regeltick der romantische Typ, was sich in ihren Kuchenkreationen zeigt. Die Witwe glaubt an die Liebe und ist als Älteste eher mütterlich-großmütterlich. Ihr Tagesablauf ist eingefahren, ihre Welt klein und Höhepunkte erlebt sie allenfalls beim Backen oder Lesen von Liebesromanen. Die leicht chaotische und quirlige und an Vorzeichen glaubende Liz ist nach einer einschneidenden Erfahrung kurz vor ihrer eigenen Hochzeit von Männern und besten Freundinnen geheilt. Sie versinkt jedoch nicht in Selbstmitleid. Stattdessen versteigert sie ihre eigene Hochzeitsfeier samt Brautkleid und gründet eine Hochzeitsplaneragentur – in der bald schon die Kuchen von Annemie reißenden Absatz finden. Die Agentur läuft so gut, dass die Juwelierstochter Nina darauf aufmerksam wird und ihre eigene Hochzeit von Liz organisiert haben möchte. Nina – die Jüngste der drei Frauen – weiß, was sie möchte, wusste es immer schon und die Hochzeit ist eigentlich nur ein kleiner Meilenstein in ihrer lange fest stehenden Lebensplanung.

 

Die Idee passt ganz gut in die Projekte, an denen Ruppert bereits während ihrer Tätigkeit beim Fernsehen beteiligt war. Und ganz wie in diversen Filmen und Folgen läuft natürlich bei den drei Frauen nicht alles glatt. Ein Fahrradunfall von Liz, der sie mit gebrochenen Knochen für nahezu den Rest des Buches ins Krankenhaus befördert, stellt die eingefahrenen Weichen im Leben der Frauen um. In ihrer Not wendet Liz sich an ihre Nachbarin Annemie, damit die sich um die Agentur kümmert und ihre Kunden wenigstens rudimentär betreut oder sie vertröstet. In diesem Zusammenhang lernen sich auch Annemie und Nina kennen. Dabei wächst Annemie förmlich über sich hinaus.

 

Allen drei Frauen ist gemeinsam, dass sie Schutzmauern um sich errichtet haben, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Die haben dazu geführt, dass jede von ihnen auf ihre Art einsam ist. Sie stellen fest, dass der Schritt aus ihrem kleinen, scheinbar sicheren, selbst errichteten Gefängnis zwar nicht unbedingt leicht, aber überraschend klein ist und das Leben durchaus noch mehr beinhalten kann, als sie bisher annahmen. Abgesehen davon muss jede für sich weitere Lektionen lernen. Dass es wichtig ist, Freunde zu haben. Dass Gefühle zwar unterdrückt und verleugnet, aber nicht einfach abgestellt werden können. Sie müssen lernen, dass es von Bedeutung ist, im richtigen Moment „nein“ sagen zu können. Und dass Veränderung wehtun kann, jedoch nicht zwingend negativ sein muss.

 

Je weiter man liest, desto mehr kristallisiert sich heraus, dass Annemie, die Unscheinbarste, den Hauptpart in der Geschichte einnimmt. Um sie dreht und wendet sich alles, auch wenn Liz im Krankenhaus einen Arzt kennenlernt, der Interesse an ihr zeigt oder Nina plötzlich feststellt, wie sehr sie eine mütterliche Bezugsperson vermisst und sich fragt, ob ihr Verlobter tatsächlich der richtige für sie ist. Annemie entwickelt sich am meisten in diesem Buch, ihr Schritt zurück ins Leben ist der größte. Sie kann nicht nur auf die Erfahrungen aus sechs Jahrzehnten zurückblicken, sie kann trotz allem nach vorne sehen. Das können Liz und Nina natürlich auch, doch sie wirken, obwohl sie quasi omnipräsent sind, eher wie Nebencharaktere.

 

Ruppert hat für Wenn nicht jetzt, wann dann? einen ruhigen Ton gewählt. Unaufdringlich verzichtet sie für ihre Liebesgeschichte auf erotisch angehauchte Sequenzen und lenkt damit den Fokus auf die turbulenten Gefühle, die die Frauen – allen voran Annemie – unverhofft durchleben. Durch geschickt verwobene Erinnerungen an Vergangenes hat die Autorin wunderbar lebendige und glaubwürdige Figuren geschaffen, die direkt neben uns leben könnten. Sie schlägt dabei jeweils einen Bogen aus der Kindheit ihrer Charaktere in die Gegenwart, ohne zu sehr in die eine oder andere Richtung zu driften. Nebenbei lässt Ruppert ihre Leser gleichsam emphatisch an der Gefühls- und Gedankenwelt der männlichen Nebencharaktere teilnehmen. Lässt Freundschaften wachsen, alte Zwistigkeiten aufarbeiten, Hoffnung und Lebensmut sprießen und bisher standhaft verteidigte Verhaltensmuster verblassen.

 

Tatsächlich ist die eine oder andere Passage vorhersehbar und schrammt an Sentimentalitätsgrenzen vorbei. Dies wird jedoch durch den lockeren, flüssigen, stellenweise humorigen Stil der Autorin wettgemacht, zumal die von ihr beschriebenen Charaktere, trotz ihrer Eigenheiten und Schwächen, durchweg sympathisch sind. Bei aller Leichtigkeit bewegt die Geschichte, man leidet vor allem mit Annemie – sei es als Kind, als junge Frau oder als unvorhergesehene Hochzeitsplanerin.

 

Fazit

 

Liebe ist für jedes Alter etwas, genau wie Hoffnung und das Verlassen eingefahrener Wege. Genau das bringt Ruppert in ihrem zweiten Roman zum Ausdruck. Wenn nicht jetzt, wann dann? ist ein unterhaltsamer, romantischer, aufheiternder Roman, der Lust auf mehr macht. Dafür gibt es vier Punkte von fünf Punkten.

 

Copyright © 2011 by Antje Jürgens (AJ)

11. April 2011

Berry, Steve: Antarctica

Filed under: Buch- & Sammelreihe,Krimi/Thriller — Ati @ 15:01

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Steve Berry
Antarctica

Originaltitel: The Charlemagne Pursuit
aus dem Amerikanischen übersetzt von Barbara Ostrop
Blanvalet
ISBN 9783442373352
ISBN 3442373352
Thriller
1. Auflage 2011
Umschlaggestaltung Hilden Design, München
Taschenbuch, 608 Seiten
[D] 13,00 €

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Mit 35 Jahren begann der 1955 geborene und heute in St. Augustine, Florida, lebende Anwalt Steve Berry mit Schreiben. Sein bevorzugtes Genre sind Thriller. Zehn bzw. elf Jahre danach wurde er Sieger des „Georgia State bar Fiction Writing Contest“, wiederum zwei Jahre darauf wurde sein erster Roman „The Amber Room“ veröffentlicht. Neben seiner anwaltlichen und schriftstellerischen Tätigkeit engagiert sich der verheiratete Autor und Vater einer Tochter auch auf lokalpolitischer Ebene. Er mag das Meer und Golf und reist sehr gerne, immer auf der Suche nach neuen Ideen für seine Geschichten. Zusammen mit seiner Frau hat er die Stiftung „History Matters“ gegründet.

 

Sieben Bücher später ist der in den Staaten als Bestsellerautor bekannte Berry natürlich auch in Deutschland längst kein Unbekannter mehr. Publishers Weekly bezeichnete ihn als „den wahren Meister unter den Thrillerautoren“. Und sieht man sich seine Verkaufszahlen an, darf man getrost davon ausgehen, dass durchaus etwas an dieser Lobeshymne dran ist. Seine Bücher (über 12 Millionen gedruckte Exemplare) werden, in 40 Sprachen übersetzt, in 51 Ländern vertrieben. Berrys Schreibstil wurde und wird öfter mit dem von Dan Brown verglichen, was allerdings nicht immer durchweg positive Reaktionen hervorruft.

 

Nach „Alpha et Omega“, „Patria“ und „Der Pandora-Pakt“ schickt Berry mit Antarctica erneut den ehemaligen Agenten Cotton Malone ins Rennen, wobei die Bücher unabhängig voneinander gelesen werden können, da sie in sich abgeschlossen sind. Und wie schon zuvor, hat auch der Fall, mit dem er es im aktuell vorliegenden Roman zu tun bekommt, etwas mit seiner Familie zu tun. Im vierten Buch der Malone-Reihe wird ein Bezug zu seinem verstorbenem Vater hergestellt, der bei einem U-Boot-Unglück ums Leben kam. Erst Jahrzehnte später, als Malone längst seinen Dienst bei der Regierung der Vereinigten Staaten beendet hat, bekommt er Einsicht in die Akte seines Vaters. Die wirft allerdings mehr Fragen auf, als sie Antworten bietet, und rückt ihn ins Visier skrupelloser Mörder.

 

Wie in seinen anderen Malone-Romanen lenkt Berry auch in Antarctica den Fokus eher auf die Handlungsebene als auf seine Charaktere, womit sie allesamt eher eindimensional bleiben. Und wie zuvor zieht er auch in diesem Roman die Handlungsorte weit auseinander; lässt Malone vom Südpol bis nach Aachen und zurück in die Antarktis nach der Wahrheit und mit ihm etliche andere Charaktere nach einem großen Geheimnis suchen. Auch in Antarctica kommt Geschichte nicht zu kurz, versteht Berry es doch, einen Bogen von Karl dem Großen im achten Jahrhundert nach Christus über das Dritte Reich bis in die Gegenwart zu schlagen. Aktuelles wird mit Historischem vermischt, geschichtlich reales Wissen mit fiktiven Einschlüssen. Seine Interpretationen geschichtlicher Begebenheiten sind durchaus nachvollziehbar und er lenkt seine Figuren geschickt und abwechslungsreich durch das spannende Geschehen. Hinzu kommt ein Hauch Mystery, denn das U-Boot mit Malones Vater ist an einem Ort gesunken, der mysteriöse Zeichen birgt und auf eine untergegangene, geheimnisvolle Kultur verweist. Alles gemeinsam führt letztlich zu einem großen Showdown in der Antarktis.

 

Obwohl die Hauptcharaktere, wie bereits erwähnt und aus früheren Büchern bekannt, nicht im Vordergrund stehen, tut das der Spannung keinen wirklichen Abbruch. Dies gilt auch für die Detailverliebtheit, die Berry hin und wieder an den Tag legt. Er wird damit nicht bei allen Lesern Jubel hervorrufen, dennoch kann beides nicht überdecken, dass er eine flüssige und interessante Geschichte geschrieben hat. Und das, obwohl er sowohl zeitlich aus auch örtlich einige Sprünge absolviert, die eher das Gegenteil vermuten lassen. Doch Berry schafft es, den roten Faden der Geschichte konsequent zu Ende zu spinnen und ermöglicht es dem Leser, in eine dicht gewobene Atmosphäre einzutauchen.

 

Fazit

 

Spannend, flüssig, unterhaltsam und nebenbei kann man noch geschichtliches Wissen auffrischen oder lernen. Dafür gibt es vier Punkte von insgesamt fünf Punkten.

 

Copyright © 2011 by Antje Jürgens (AJ)

2. April 2011

Schreckenberg, Michael: Der Finder

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Michael Schreckenberg
Der Finder

Juhr/gardez!
ISBN 9783897962217
ISBN 3897962217
Endzeitroman
1. Auflage 2010
Titelbild Anna Czajkowska
Taschenbuch, 321 Seiten
[D] 9,90 €

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Seit Herbst 2010 erscheinen in Zusammenarbeit der Verlage Juhr und gardez! Geschichten aus dem Bergischen Land und dem Rheinland. Eine davon ist der Endzeitroman Der Finder von Michael Schreckenberg. Der in Leverkusen lebende PR-Berater, freie Journalist und Autor schreibt Genre übergreifende fantastische Geschichten zwischen Horror, Science-Fiction, Thriller und Urbanfantasy. Was bereits 1999 entstand und damals eher noch kurz gehalten war, erschien um einiges ausgebaut im November 2010 als Debütroman im Rahmen des eben erwähnten Gemeinschaftsprojekts der oben genannten Verlage.

 

Passend zum Thema ist das Cover des Buches schlicht in schwarz-weiß gehalten. Die Zeichnung zeigt einen altertümlich wirkenden Reiter vor einem kahlen Baum, einigen Felsen und Turmspitzen im Hintergrund. Der Finder hat übrigens nichts mit dem zentralen Bestandteil der grafischen Benutzeroberfläche eines Mac OS-Betriebssystems zu tun. Im Fall von Schreckenbergs Roman handelt es sich dabei um einen Menschen. Der Handlungsort ergibt sich aus dem Verlagsprojekt – es ist das Bergische Land, jedenfalls hauptsächlich. Der Roman spielt über einen Zeitraum von mehreren Monaten in der Gegenwart. Die Figuren sind Otto-Normal-Verbraucher: Keine Helden, keine Überflieger, nur einige Menschen Ende 20, mit normalen Ängsten und Nöten, jedenfalls bis zu einem bestimmten Tag.

 

Kennen Sie das? Lärm macht verrückt, man sehnt sich nach Stille. Der Fotograf Daniel braucht das manchmal. Wenn auch anders, als er es letztlich mehr oder weniger bekommt. Er ist Der Finder, damit die Hauptfigur des Romans und der Erzähler. Daniel fotografiert gerne Friedhöfe und genießt die Stille dort. Zehn Jahre nach seinem Abitur nimmt er an einer Feier teil und verliebt sich Hals über Kopf in Esther, die seine Gefühle prompt erwidert. Sie sucht ihn schneller auf, als er nüchtern werden kann und nicht nur Daniel schwebt im siebten Himmel. Allerdings einem sehr stillen und einsamen Himmel, wie sie bald darauf feststellen. Während sie sich näher gekommen sind, während weniger Stunden nur, sind fast alle Menschen verschwunden. Einfach weg. Nur ein paar ehemalige Schulkameraden, die auf der Abifeier waren, finden sich wieder. Geschockt, entsetzt, verzweifelt, gequält von der Frage nach dem Warum.

 

Man landet schon im Prolog quasi ohne Vorwarnung mitten im Geschehen. Die Lektüre des Romanabschnitts, der sich gleich darauf mit dem Entstehen der Situation und den Überlegungen der Überlebenden hinsichtlich ihrer Zukunft beschäftigt, gestaltet sich nicht schwierig, hat aber eine Schwäche: das Tempo. Er wirkt dadurch etwas konstruiert und die getroffenen Entscheidungen nicht unbedingt nachvollziehbar. Genauso schnell wie die Liebe zwischen Esther und Daniel aufflammt, genauso schnell geht es nach der Katastrophe weiter. Keiner rechnet damit, dass von außerhalb Rettungskräfte kommen. So trennt sich die kleine Gruppe. Die einen machen sich auf die Suche nach weiteren Überlebenden, die anderen entscheiden sich, die Stadt zu verlassen, sich ein Domizil auf dem Land zu suchen und einen Neustart zu wagen. Es erscheint wenig nachvollziehbar, dass angesichts des erlittenen Schocks speziell die letzte Entscheidung so schnell getroffen wird. Auch dann nicht, wenn sie von einem ehemaligen Afghanistansoldaten angeregt wird. Andererseits – wer weiß schon, wie man sich in so einer Situation tatsächlich verhalten würde …. Daniel und Esther gehören zu den „Siedlern“. Was überraschend gefasst geplant wird, wird ebenso ruhig und sicher umgesetzt. Die Gruppe findet einen Hof und beginnt sich einzurichten. Sie verharren nicht, handeln überlegt und nehmen im Handumdrehen alles in Angriff. Aus Notgemeinschaften werden bald Beziehungen. Wie bereits erwähnt, wirkt dieser Teil der Geschichte zwar in seinem fatalistisch anmutenden Pragmatismus etwas schwer nachvollziehbar; langweilig oder gar völlig aberwitzig ist er aber nicht.

 

Und der Neuanfang hat durchaus seine Tücken. Berufliches Wissen nützt bei den wenigsten etwas. Hobbys sind nur bedingt von Nutzen. Vorräte sind nur begrenzt haltbar. Was tun ohne Strom, ohne all das, was man als Selbstverständlichkeit voraussetzt, weil es bisher immer da war? Wie produziert man Lebensmittel? Jeder der Überlebenden hat eine oder mehrere Aufgaben zu erfüllen. Es braucht Jäger und Sammler, Köche, Handwerker und Ähnliches. Fotografen wie Daniel braucht niemand mehr. Auf diese Weise wird Daniel Der Finder. Er sucht Dinge, die die Gruppe zum Überleben braucht oder einfach möchte. Und nebenbei (ohne große Hoffnung, aber nie ganz ohne) auch noch Menschen.

 

Schreckenberg hat sich abgesehen von einer nuklearen Katastrophe mit so ziemlich allem beschäftigt, was beim und nach dem Verschwinden fast aller Menschen so passieren könnte. Das wird dem Leser mit Daniel beim Durchstreifen seiner klein gewordenen Welt klar. Spätestens hier gewinnt die Geschichte zunehmend. Kleine Blicke auf das Leben nach der Katastrophe machen immer wieder deutlich, wie sehr der Mensch auf Gewohntes angewiesen ist. Kleine Rückblicke auf die Katastrophe selbst wiederum fokussieren darauf, wie sehr der Mensch seine Umwelt beeinflusst. Wer und was alles von ihm in der von ihm geschaffenen Welt abhängig ist oder was durch den technischen Fortschritt in einer solchen Situation alles geschehen kann. Dabei setzt der Autor nicht auf Schockeffekte wie etwa ein führerloses, abstürzendes Flugzeug, sondern auf den nachträglichen Blick auf eine bereits abgestürzte Maschine. Die Lautlosigkeit, mit der die Menschheit verschwindet, die Leere die sie hinterlässt, wirkt umso mehr durch das Weglassen falscher Dramatikeffekte. Das fantastische Horrorelement ist trotz der omnipräsenten Bedrohung für die Romanfiguren recht dezent im Hintergrund, hier wirkt eher der Horror der abrupten Veränderung der Lebensumstände. Gleichzeitig lässt der Autor Platz für eigene Interpretationen und lenkt teilweise in die Irre, bevor er den Leser wieder auf die Spur führt, auf die er ihn haben will. Bereits dadurch hat er eine düstere und dichte Atmosphäre geschaffen, in die der Leser nach wenigen Kapiteln ganz eintauchen kann; in der er mit den Charakteren mitleidet, hofft und bangt. Er zeigt nicht nur durch Daniels Beobachtungen das unheimliche Glück, das die Siedler hatten. Er zeigt auch, dass Extremsituationen Menschen nicht zwingend positiv ändern; dass sie latente Verhaltensweisen, Gewaltbereitschaft und Machtgehabe herauskitzeln können. Das wird spätestens dann klar, als Daniel tatsächlich andere Überlebende findet.

 

Doch es ist nicht der hart gewordene Alltag, der die schwach keimenden Hoffnungen auf eine Zukunft mehr und mehr zunichtemacht und den anfänglichen trotz aller Widrigkeiten energiegeladenen Pragmatismus in einen kräftezehrenden Determinismus verwandelt. Daran ist auch nicht Erkenntnis schuld, dass nicht jede Gruppe Überlebender ein demokratisches Verhalten wie die Siedler pflegt. Es ist das Wissen, dass die überlebenden Menschen nicht allein sind. Es gibt unheimliche, nicht greifbare Wesen, die sie jagen – bald Nacht für Nacht. Und die Wesen lernen schnell dazu. Hier kommt die Vorliebe des Autors für Romane von Stephen King zum Vorschein und er ist seiner – wenn auch auf andere Art – durchaus würdig. Sukzessive steigert Schreckenberg die Horrorvision, ohne sie wirklich in den Vordergrund zu stellen, und lässt die Möglichkeiten der Menschen mehr und mehr schwinden.

 

Die Erklärung für die Wesen, ebenso wie für das Verschwinden der Menschheit, klärt schlussendlich nicht wirklich das Überleben einzelner, kleiner Gruppen. Das muss es überraschenderweise auch gar nicht und es kann schlicht mit schriftstellerischer Freiheit begründet werden. Doch wie der Anfang des Romans ist auch die Erklärung und mit ihr der Schluss etwas kurz abgehandelt. Dennoch: Der rote Faden wird weder anfangs noch gegen Ende abgerissen, sondern von Schreckenberg zwar schnell, doch überaus konsequent zu Ende gesponnen.

 

Fazit

 

Anfang und Ende werden etwas zu kurz abgehandelt und stehen in keinem wirklich ausgewogenen Verhältnis zur Mitte. Doch das stört nur bedingt, denn gerade der Mittelteil macht einiges wett. Die Tatsache, dass die Geschichte in Deutschland spielt, die Figuren so „normal“ sind und Schreckenberg auf falsche Dramatik und große horrormäßige Schockeffekte verzichtet hat, ohne das Kribbeln im Nacken zu vergessen, lässt seinen Debütroman zu etwas werden, was sich relativ leicht liest. Doch der Roman regt dem ungeachtet auch zum Nachdenken an – über das Menschsein, über die Menschheit. Und abgesehen davon, dass er die Hoffnung darauf weckt, dass etwas Vergleichbares nie eintritt, macht Der Finder eindeutig Lust auf mehr und bekommt vier von fünf Punkten.

 

Copyright © 2011 by Antje Jürgens (AJ)

 

27. März 2011

Mühlehner, u. a.: Lit.Limbus – Geschichten aus der literarischen Vorhölle

Filed under: Buch- & Sammelreihe,Fantasy, Horror, SciFi — Ati @ 17:52

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Mühlehner u. a.
Lit. Limbus – Geschichten aus der literarischen Vorhölle

Wunderwaldverlag
ISSN 21909776
Heftromane, Fantasy
Heft 1, 2 und 3
Kurzgeschichten mit 38, 40 und 44 Seiten

Verlagsseite
Autorenseite

Zusammen mit anderen haben die drei nachstehenden Autoren teils verwobene, teils abgeschlossene Kurzgeschichten verfasst, die vom Wunderwaldverlag als erster Zyklus der Lit.Limbus-Reihe vorgestellt werden. Die Geschichten werden in Heftform verlegt, die für 3,50 € erhältlich sind. Alternativ gibt es jeweils ein E-Book für 2,50 €. Ein weiterer Zyklus ist bereits in Vorbereitung, dieser befasst sich dann mit historischen Geschichten.

 

In der Lit.Limbus-Reihe – Geschichten aus der literarischen Vorhölle sind bislang erschienen:

 

Heft Nr. 01 – Meeting mit Hugo Bain, EVT Erstausgabe zur Frankfurter Buchmesse 2010. Dieses wurde von Michael Mühlehner verfasst. Der 1965 geborene Autor ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Bayern. Neben den Kurzgeschichten, die er Genre übergreifend schreibt, wurde 2009 sein erster Roman „Masken des Todes“ veröffentlicht.

 

Heft Nr. 02 – Dauerglühen/Die Weihnachtsgeister des Herrn Lau, EVT 08.10.2010, Sonderpublikation). Dieses stammt von Jürgen Heimlich. Er wurde 1971 in Wien geboren, absolvierte eine kaufmännische Ausbildung bei einem Verlag, ist Rezensent und Redakteur, ließ sich zum Gesundheitstrainer ausbilden und fühlt sich neben Fernsehkrimis (er ist Administrator des Derrick-Fanklub-Forums) auch von Friedhöfen und Fußball sowie von Theologie angezogen. Seit 1989 betätigt er sich Genre übergreifend als Autor und veröffentlichte neben Beiträgen zu Anthologien auch mehrere Titel bei verschiedenen Verlagen.

 

Heft Nr. 03 – Leipolds Vertrag, EVT 11.11.2010. Dieses stammt von Frederic Brake, der laut eigenen Aussagen schon lange Zeit Geschichten im Kopf hatte. Doch erst 2008 begann er mit schreiben. Er wurde 1970 geboren, ist verheiratet, hat einen Sohn und lebt in Westfalen.

 

Diese drei Bände liegen mir schon länger vor. Leider bin ich jetzt erst zum Lesen gekommen. Was schade ist, denn sie machen eindeutig Lust auf mehr und bedauerlicherweise ist Heft Nr. 4 bereits ausverkauft …

 

Heft Nr. 04    Paul deLuxe, EVT 13.11.2010 von Theresa Gerks.

Heft Nr. 05    Joe Browns Begräbnis, EVT 17.01.2011, von Bettina Unghulescu

Heft Nr. 06    Zeitkabinett , EVT 17.01.2011, von Max Pechmann

Heft Nr. 07    Auf Messe(r)s Schneide / Einschnitte, EVT 17.01.2011. Sonderausgabe zur Leipziger Buchmesse 2011 von Thomas Bosl und Bettina Unghulescu

Heft Nr. 10    Mr. Blue von Harald Landgraf, EVT 17.01.2011, Sonderausgabe zur Leipziger Buchmesse 2011

 

Insgesamt sollen elf Hefte in diesem Zyklus erscheinen, man darf also noch auf die Geschichten von Mara Lang, Anja Rosak und Barbara Schmidt gespannt sein. Die Idee für diese Reihe wurde aus der Tatsache geboren, dass Verleger und Autoren nicht immer die gleichen Ziele verfolgen. Die elf genannten Autoren, die vermutlich eigene Erfahrungen aus dem bisweilen surreal anmutenden Verlagsalltag en masse gesammelt haben dürften, verfassten Geschichten, die imaginär und real, scherzhaft und erschreckend, überspannt, etwas nervenkrank und spannend wirken. Immer alles ausgedacht? Wer weiß … Hinzu kommt eine gesunde Prise Mystik und Magie.

 

Heftromane genießen nicht bei allen Lesern den besten Ruf. Zu oft bedienen sie sich zu gängiger Klischees, platter Dialoge und von Handlung fängt man am besten bei den meisten gar nicht erst an. Doch das war nicht immer so und muss künftig auch nicht zwangsläufig so sein. Auch in den Heften der Lit.Limbus-Reihe Geschichten aus der literarischen Vorhölle gibt es Klischees, Anrüchiges, Trashiges. Dass sie dennoch gut, spannend und unterhaltsam sein können, beweisen die Ausgaben, die gerade vor mir liegen.

 

Zitat Verlagsseite

Die Wege der Autoren kreuzen sich rein zufällig, doch der Himmel der Literatur steht nur den Besten offen. Der Einsatz ist hoch: 500 Euro für den, der bis zur nächsten Leipziger Buchmesse einen lukrativen Buchvertrag ergattert. Doch hinter den Kulissen geht es um mehr. Gott pokert mit dem Teufel. Mephisto, Fürst der Hölle, lädt Johann, den Dichterfürsten, zum letzten Würfelspiel vor dem jüngsten Gericht. Der Club der Toten Dichter wirft die Macht des Thanatos in die Waagschalen des Schicksals. Zehn Autoren buhlen um die Gunst des Literaturhimmels, doch nicht alle können siegen. Das Schicksal fordert alles, manchmal sogar das Leben …

 

Damit sind natürlich nicht die Verfasser der Kurzgeschichten, sondern die Figuren der Heftreihe gemeint. Heft 2 – eine Sonderausgabe – hebt sich allerdings davon ab. Es beschäftigt sich mit einem Geschäftsmann, der eine moderne und folgerichtige Abwandlung der altbekannten Weihnachtsgeschichte um Ebeneezer Scrooge aus „A Christmas Carol“ von Charles Dickens erlebt. Der Geschäftsmann scheint auf den ersten Blick korrekt, doch er hat mehrere Eisen im Feuer und dank der Aufmerksamkeit einer Mitarbeiterin merkt man bald, dass alles nur eine Fassade ist. Selbstverliebt und nicht reflexionsfähig sucht er die Fehler immer bei anderen und nie bei sich, läuft blind und ignorant umher und davon. Bis … ja bis sich sein Leben drastisch zu ändern beginnt und er kurz darauf von den Geistern der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft besucht wird. Besitzt er so viel Willen sich zu ändern wie der alte Ebeneezer?

 

In dem einen Monat seines Lebens, in dem der Leser Lau begleitet, scheint dieser  verrückt, aber nicht wirklich erdacht zu sein. Er verkörpert einfach alles, was schlecht ist und stellt trotzdem sehr glaubwürdig eine Zusammenfassung all dessen dar, was gesellschaftlich verpönt ist, aber viel zu oft toleriert wird. Er wirkt mehr als unsympathisch, denn unaufhörlich wird ein weiterer mieser Charakterzug an ihm deutlich. Letztlich zahlt er für alles. Die Rechnung wird nicht zu brutal und voller Hass aufgemacht – aber effektiv.

 

Meeting Hugo Bain handelt von einem Autor von Heftromanen. Sein Synonym Frank Trash ist quasi Programm – in der Vergangenheit sogar ein ziemlich erfolgreiches. Als er zum zweiten Mal vom Blitz getroffen wird, weiß er nichts mehr von sich. Sein Agent verschafft ihm einen Auftrag für eine Biografie über Nicolas Flanell. Der Alchemist, der vor 500 Jahren lebte, soll sich mit dem Stein des Weisen beschäftigt haben. Die Zeit für die Biografie ist kurz bemessen, bereits auf der nächsten Buchmesse soll sie veröffentlicht werden, weil der Verlag schon kräftig die Werbetrommel rührt. Praktischerweise wird Trash seit dem Vorfall mit dem Blitz von einem Dybbuck bewohnt. Was das ist? Im jüdischen Volksglauben wird damit der Geist eines Toten bezeichnet, der in einen lebendigen Körper eintritt und die Kontrolle übernimmt. Der Dybbuck kannte Flanell persönlich. Die Arbeit an der Biografie wird jedoch durch seltsame Dinge beeinträchtigt. Nicht nur dass Trash Vorgänger in dieser Sache ermordet wurde, er begegnet plötzlich seiner Romanfigur Bain. Dass der nicht nur ein nicht zu fassender Serienkiller, sondern ebenfalls auf der Suche nach dem Stein des Weisen, der ihm zu ewigem Leben verhelfen soll, ist, macht ihn doppelt gefährlich. Und dann ist da noch die Sache mit der Wette der Autoren auf der Leipziger Buchmesse. Trash stolpert zwar nur zufällig hinein, doch die Devise hier heißt mitgehangen, mitgefangen….

 

Bevor die eigentliche Geschichte beginnt, erhascht der Leser einen Blick auf einen der Räume, die als Limbus bezeichnet werden. Als Vorhof der Hölle also, der von Seelen bevölkert ist, die ohne eigenes Verschulden nicht in den Himmel gelangen können. Dort trifft gerade ein Autor ein und wird von einem zweiten in Empfang genommen. Die Atmosphäre ist idyllisch, heiter, hat Urlaubsflair – vom Höllenfeuer weit und breit keine Spur. Doch wie merkt der dort ausharrende John Updike sich auf seinen Roman Landleben beziehend an? „Der Tod verliert nie seine Eigenschaft des Unerwarteten. Das Leben erwartet den Tod nicht, der lebendige Verstand kann ihn sich nicht vorstellen.“ Wer also kann schon sagen, wie so ein Limbus sich darstellt … 

 

Die Geschichte, die einmal von Trash selbst, dann wiederum aus Bains Perspektive, aber nicht von diesem erzählt wird, und zwischendurch mit Einflechtungen aus traumartiger Vergangenheit und mystischer Parallelwelt aufwartet, handelt von einer Figur, die zufällig in etwas hineingezogen wird, weshalb der Ankommende durchaus die Hauptfigur des Heftes sein könnte.  Mühlehner stellt seinen Charakter als Opfer dar, das mit allerlei Gefahrensituationen, Spuk und Spektakel fertig werden muss. Ausklingend im Heft wird ein kleiner Blick auf die Folgefigur Jason Manz gelenkt und ein Stolperstein auf dem Weg zum Wettgewinn für Trash eingebaut.

 

Während im ersten Heft eingangs Ferienstimmung und Klubatmosphäre herrschen, ändert sich die Umgebung zu Beginn des dritten Teils der Reihe. Heiter ist sie allerdings immer noch. Frank Trash und der Geschäftsmann Lau, der sich aller sieben Todsünden schuldig gemacht hat, ohne Schuld dafür zu empfinden, sind längst abgehakt bzw. Trash harrt auf Gewinn oder Niederlage bei der Wette um seine Seele. Bei Leipolds Vertrag wird niemand im Empfang genommen. Statt dessen kann der Leser ein Gespräch zwischen Mephisto und seiner Stellvertreterin, der Dämonin Ashura, verfolgen. Die beiden sprechen über die Neuordnung der Hölle und den Wegfall von Wollust und Völlerei bei den Todsünden. Ansonsten droht die Gefahr, dass die Hölle wegen Überfüllung geschlossen werden muss. Stattdessen widmen sie sich lieber unredlichen Bankern und Umweltzerstörern und sinnen darüber, wer den Höllenführer neu verfassen könnte. Das Ganze geschieht augenzwinkernd, man kann sich Mephisto gut in seinem scharlachroten Spandexanzug vorstellen.

 

Auch der Hauptcharakter dieses Teils der Reihe zwinkert hin und wieder, wenngleich auch aus anderen Motiven. Jason Manz ist ein bereits verbrannter Autor. Vorbei sind die Zeiten der Verlagsverträge, vorbei die Zeiten mit einem Literaturagenten. Geschieden und dem Alkohol zu zugeneigt, fristet er ein ziemlich trostloses Dasein. Auch er ist auf der Leipziger Buchmesse und kurz danach kommt er in den Besitz einer Telefonnummer, ohne zu wissen, wie genau. Ein Anruf bringt ihn in Kontakt mit Fritz Leipold, einem Ghostwriter, der eigentlich schon längst tot sein müsste. Dass er das nicht ist, dass er Energie und Lebenskraft aus Autoren wie Manz zieht, erfährt der erst viel zu spät. Da hat er bereits Teile seiner Seele verloren und kommt nicht mehr aus der Sache heraus.

 

Trotz des fantastischen Elements spricht Brake in seiner Geschichte mehr den knallharten Autorenalltag an. Den möglichen Erfolg – auch wenn der nur rückblickend klar wird – der immer die Möglichkeit eines tiefen Falls birgt. Verweist auf den Umstand, dass ein kleiner Schritt aus dem Rampenlicht mit fatalen Stürzen verbunden ist, die ein Aufstehen oder Wiederauferstehen erschweren. Gleichwohl kommt das Fantastische in seiner Andeutung nicht zu kurz. Geschickt zeichnet Brake die durch Leipold entstandene Bedrohungssituation für Manz, der, wenn auch etwas abstrahiert, stellvertretend für andere von Ghostwritern unterstützte Autoren an seinem Geheimnis zugrunde zu gehen droht. Am Ende erhascht der Leser wiederum einen kurzen Blick auf die Folgefigur – in diesem Fall Paul DeLuxe. Und darauf, dass die Geschichte für Jason Manz und seine Umwelt noch nicht zu Ende ist.

 

Der rote Faden in Form der Wette auf der Leipziger Buchmesse ist, über den ersten und unabhängig davon zu lesenden abgeschlossenen zweiten Teil hinaus, zu erkennen. Alle drei Hefte sind flüssig zu lesen. Nichts Schöngeistiges – aber das erwartet man ja in einem Heftroman auch nicht, oder? Die Autoren haben sich in ihren Geschichten schlüssig auf 38 – 44 Seiten ausgetobt. Amüsant und erschreckend, wie bereits erwähnt, eine Spur gruselig und etwas neben der Norm, sind alle drei Geschichten. Die Mischung aus Übernatürlichem beziehungsweise Mystisch-Magischem und trauriger Realität ist genau abgewogen.

 

Fazit

 

Die ersten drei Hefte machen eindeutig Lust auf mehr. Dummheit und Gier, selbst wenn diese aus der Verzweiflung heraus geboren wird, werden bestraft. Ein an und für sich typisches Klischee also, das man in Heftromanen erwartet. Doch es ist immer eine Frage der Umsetzung, die Klischee hin oder her schräge Handlungen von Schund unterscheidet. Und die Umsetzung ist – den Autoren sei Dank – in diesen Teilen der Lit.Limbus-Reihe Geschichten aus der literarischen Vorhölle bestens gelungen und lässt auf einen spannenden Fortgang und Schluss der Reihe hoffen.

 

Copyright © 2011 by Antje Jürgens (AJ)

26. März 2011

Klapschus, Marcel René: Der rote Ozean

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periplaneta
ISBN 9783940767639
ISBN 3940767638
Fantasy
1. Auflage 2011
Taschenbuch, 222 Seiten
[D] 13,00 € 

 

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Der 1986 im damaligen West-Berlin geborene Autor veröffentlichte sein erstes Buch „Yuma 23“ 2007 als kostenloses E-Book, 2008 erschien bei BOD „Die Rückkehr der Phoenix“. Im Jahr 2009 begann der in Schleswig-Holstein lebende Informatiker mit der Arbeit an Der rote Ozean. Zwölf Monate später stand die Rohfassung des 2011 von periplaneta veröffentlichten Romans. Da Klapschus der westlichen Wertegesellschaft nach eigenen Aussagen kritisch gegenübersteht, handelt Der rote Ozean von einem Glaubenskrieg der zu einem Endzeitszenario führt. Der Autor hat seine Geschichte ins Jahr 2027 verlegt und bietet ihr einen Zeitrahmen bis Anfang 2030, bevor er im letzten Kapitel einige Jahre weiterspringt. Die Handlungsorte sind der Nahe Osten, mit Israel und dem Libanon, sowie die Ostküste der Vereinigten Staaten. Die Orte könnten teilweise beliebig getauscht werden, die Geschichte selbst jedoch ohne Weiteres auch im hier und jetzt spielen, da er keine technischen Fortschritte oder Neuerungen beschreibt.  

Die Dystopie mit fantastischen Elementen handelt von Brian. Einem jungen Amerikaner mit libanesischen Wurzeln, der mit seinen Eltern aus den Staaten in den Nahen Osten gezogen ist. In der Familie gibt es Muslime wie Christen und Klapschus streift kurz das, was die Menschen in dieser Region tatsächlich teilweise leben – religionsübergreifende Beziehungen trotz aller politischen und religiösen Schwierigkeiten. Doch all das endet, als ein seltsames Wesen einen gewaltsamen Tod findet, das von beiden Seiten als göttlich anerkannt und für sich beansprucht wird. Schuldzuweisungen führen zu einem unerbittlichen Krieg. Was in der Realität bereits seit Jahrhunderten immer wieder im Kleineren aufflammt, wird hier bis zur bitteren Neige ausgetragen und bekommt noch eine neue Dimension. Denn zeitgleich beginnt sich der Ozean blutrot zu verfärben. Der Regen, der vom Himmel fällt, ist genauso gefärbt. Wasser schmeckt nicht mehr wie Wasser und ganze Kontinente versinken unaufhörlich in der nicht aufzuhaltenden roten Flut. Die Covergestaltung passt in ihrer eher minimalistischen Art sehr gut. Es zeigt auf einem Felsen in einem blutroten Meer einen zusammengekauerten Engel, dessen erhobene Flügel (genau wie die Schrift) von einem blutigen Regen durchnässt werden.  

Obwohl Klapschus einen relativ einfachen Schreibstil erkennen lässt und seinen Roman in kurze Kapitel teilt, was dazu führt, dass man die Geschichte in einem Rutsch durchlesen kann, macht er es dem Leser gleichzeitig nicht ganz einfach, an Der rote Ozean dran zu bleiben. Er bedient sich einiger Klischees und bleibt in seinen Beschreibungen nicht wirklich durchgehend logisch oder konsequent. Passend zu den dystopischen Elementen sind seine Figuren blass. Einzig sein christlich getaufter Hauptcharakter Brian, mit dem er wenig zartfühlend umgeht und aus dessen Sicht (wenn auch nicht von ihm) Der rote Ozean erzählt wird, wird etwas klarer herausgearbeitet. Doch wirkt er wenig sympathisch, oft mürrisch, feige und stellenweise geradezu fatalistisch stupide.  Er ist neben der jungen Muslima Khayra anscheinend der Einzige, der einen nuklearen Angriff auf Beirut unverletzt überstanden hat und gilt als eine Art Erlöser der Menschheit, ist aber definitiv kein Held.  

Ich kann nicht behaupten, dass das Buch ganz schlecht ist, dafür ist allein die Grundidee viel zu gut. Auch der Engel der Brian ab dem Angriff auf Beirut immer wieder besucht, hat mir gefallen. Dasselbe gilt für das Ende, das sich im Kapitel 62 auf etwas mehr als einer Seite findet. Ich würde zu viel verraten, wenn ich jetzt explizit darauf eingehe, was dort vorkommt. Es scheint mir jedoch der einzig logische und vor allem richtige Schluss für viele Probleme, die die Erde derzeit hat. Ebenfalls passend fand ich, dass der Autor trotz des Religionskrieges keine missionarisch wirkende Partei für Muslime oder Christen ergreift, sondern den Fokus hier eindeutig auf den zerstörerischen Fanatismus richtet. 

Doch es gibt zu viele Tatsachen, mit denen man einfach ohne weitere Erklärung konfrontiert wird, die jedoch dringend einer solchen bedurft hätten. Es gibt zu viele Wenn und Aber in der Geschichte. Zu viele glückliche Zufälle, die Brian betreffen. Vieles mag in der künstlerischen Freiheit begründet liegen, alles lässt sich damit jedoch nicht begründen. Obwohl Klapschus es geschafft hat, die geringe Lernfähigkeit der Menschheit beziehungsweise deren religionsübergreifende Verbohrtheit zu vermitteln, gibt es zu viel Störendes, als dass mich Der rote Ozean wirklich begeistert hätte. Nicht alles muss in einem Roman der beiden Genres (Dystopie/Fantasy) zwingend logisch sein. Möglicherweise wäre es sinnvoll gewesen, aus dem jetzt vorliegenden Roman eine allenfalls 100seitige Novelle zu machen oder ihn um mindestens 400 Seiten auszubauen. Dann hätte vermutlich die Chance bestanden, ihn so packend zu formulieren, wie die Idee es verdient. Wer die Geschichte unvoreingenommen lesen möchte, sollte den Rest meiner Buchbesprechung auf keinen Fall lesen, denn darin möchte ich ein paar Beispiele aufführen.  

Beginnen möchte ich mit dem Wesen, das gleich zu Anfang des Romans auftaucht und umkommt. Völlig unabhängig davon, dass Brian den Vorfall, bei dem er zugegen ist, unsinnigerweise eher als Anschlag auf sein Leben bezeichnet, wundert sich niemand wirklich über das Wesen an sich. So etwas gab es anscheinend vorher noch nicht. Obwohl Menschen vor Ort waren, gibt es keine wirklichen Zeugen. Es gibt mageres Bildmaterial, aber genau genommen weiß niemand, was dort wirklich passiert ist. Das hindert Muslime wie Christen jedoch nicht daran, das unbekannte, sich wieder ins Nichts auflösende Wesen aufgrund eines einzigen, gesprochenen Satzes sofort als göttlich zu erkennen, für sich zu beanspruchen und den mehr als vage beschriebenen Mord auf grausamste Weise zu rächen.  

Kurz darauf findet ein Attentat statt. Für dieses soll laut Regierung der christlichen Welt – die sich Christliche Föderation nennt – Khayras Vater verantwortlich sein. Der soll eine Hochzeitsgesellschaft samt Gebäude in die Luft gesprengt haben und damit für Brian, der mit seiner Familie eben neben Khayra und ihrer Familie dort anwesend war, der Mann sein, der den Tod seiner Familie verschuldet hat. Beirut wird im gleichen Augenblick mit Nuklearwaffen verwüstet und atomar verseucht. Oder war es doch Khayras Vater, der eine Atombombe gezündet hat? Wenn ja, scheint es fraglich, dass er das überlebt hat. Genauso wie es fraglich scheint, dass ausgerechnet er den eventuell doch eher kriegerisch erfolgten Gegenschlag zu dem angeblich auf das Wesen verübte Attentat überlebt hat. Das soll er aber laut Aussage der Christlichen Föderation, denn Brian wird nach seiner Ausbildung auf ihn angesetzt und soll ihn töten und will es auch tun, damit seine Familie gerächt ist. Ein Selbstmordattentat wäre tatsächlich nachvollziehbar gewesen, denn so etwas ist genau wie Fanatiker im Allgemeinen leider viel zu oft traurige Realität. Doch auf den Gedanken, dass Brians Familie auch durch den nuklearen Angriff ums Leben gekommen wäre und Brian auch gar nicht unterscheiden konnte, was denn nun zuerst erfolgte, kommt der Junge nach seiner Ausbildung nicht. Da erscheint es fast nebensächlich, dass Brian sofort erkennt, dass eine Atombombe gezündet wurde und er sich deshalb logischerweise vor Strahlung fürchtet. Aus dem Grund verzichtet er darauf, aus seinem praktischerweise wiedergefundenen Zuhause Nahrungsmittel mitzunehmen. Die gleichermaßen verstrahlten Decken oder Kleidung scheinen ihm jedoch absolut kein Kopfzerbrechen zu bereiten.  

Es könnte natürlich daran liegen, dass der Autor, die Geschichte ins Jahr 2027 verpflanzt hat und er gedanklich davon ausgeht, dass in dieser Zukunft sogar in absoluten Katastrophenszenarien alles bis ins Kleinste weltweit überwacht wird. Die Herscharen von Mitarbeiten, die ein solches Überwachungssystem tragen, könnten durchaus im schriftstellerisch möglichen Bereich liegen. Ob diese Vermutung stimmt, ist jedoch offen. Denn leider bringt Klapschus das dem Leser zuvor nicht nahe und so scheint es wenig nachvollziehbar oder gar glaubwürdig, dass die Armee der Vereinigten Staaten Brian in dem radioaktiv verstrahlten, völlig verwüsteten Stück Land nur kurz nach dem Angriff findet, in die Staaten bringt und ihn als Soldat für den Glaubenskrieg ausbildet. Das alles übrigens, während zeitgleich die komplette Westküste der Vereinigten Staaten untergeht und dort Millionen von Menschen ein blutrotes und nasses Grab finden.  

Ähnlich schwer nachvollziehbare Geschehnisse häufen sich. Liegt es an Streichungen? An Textpassagen, die der Überarbeitung zum Opfer fielen, das so vieles einfach als hinzunehmende Tatsache präsentiert wird? Dinge wie der Verlust von Brians Unterschenkels gegen Ende der Geschichte deuten fast darauf hin, denn mit dieser Tatsache wird man genau wie mit vielen anderen einfach konfrontiert, während anderes ausgeschmückt wird, das wenig aussagekräftig scheint.  

Oder nehmen wir Khayra. Ihre Wandlung vom unschuldigen Teenager in eine Soldatin beziehungsweise Attentäterin bekommt man kaum mit. Die Wandlung an sich wäre nachvollziehbar. Was jedoch wenig authentisch wirkt, ist ihre Vorgehensweise bei den beiden Attentaten im Roman. Beide finden im Hoheitsgebiet der Christlichen Föderation statt. Bei dem, was Khayra vorhat, sollte man meinen, dass sie so lange wie möglich unsichtbar und angepasst an ihre Umgebung vorgeht, um ihre Mission zu erfüllen. Das tut sie aber nicht. Statt dessen hüllt sie sich in einem Land, das unerbittlich gegen Muslime vorgeht, in einen Tschador. Zieht das eine Mal zwar anscheinend feindselige Blicke auf sich, schafft es beide Male aber problemlos nicht nur den Sprengstoff, sondern auch sich selbst durch sämtliche Reihen und Sperren zu manövrieren. Diese Sache lässt sich nicht nur mit den Strukturen erklären, die zwangsläufig kollabiert sein müssen, sondern wirkt einfach nur wie ein Klischee.  

Völlig unabhängig davon ist da noch die alles verschlingende blutrote Flut. 2012-gleich schaffen die Überlebenden beider Religionen es im Geheimen Archen zu bauen, die einen kleinen Teil der Bevölkerung retten können. Klingt logisch, wie sollte man sonst überleben, wenn die Erde versinkt. Was weniger logisch ist, ist die Frage, wie das geklappt haben soll. Innerhalb weniger Monate geht Klapschus Erde sprichwörtlich unter. Abgesehen von Hunderten von Millionen Toten durch die Flut dürften auch die Zerstörungen und Toten durch die kriegerische Auseinandersetzung dazu führen, dass jegliche Infrastruktur weltweit komplett zusammenbricht. Trotzdem werden die Archen pünktlich fertig. Trotzdem kommen Briefe (von Khayra an Brian und umgekehrt, wenn auch mit einiger Zeitverzögerung) an, was wiederum dem aus Verständnisgründen angenommenen Überwachungsszenario widerspricht. Trotzdem findet sich genügend Benzin und Kerosin, dass Khayra mal eben vom Nahen Osten nach Amerika fliegen und Brian mal eben mit einem Auto zu einem Café kommen können, wo sie, tief verhüllt, alles in Schutt und Asche legt – bis auf Brian und sich selbst.  

Weil sie ihn liebt und hasst? Das in der Inhaltsangabe stehende „In diesem Chaos begegnen sich Brian und Khayra, die sich lieben und hassen lernen….“ kann nicht überzeugen, sondern ist eine weiterer Punkt, der einfach behauptet wird. Am sich lieben lernen kann man als Leser nicht teilnehmen, da ihre gemeinsame Zeit, sich auf eher nichtssagende Minimalstbegegnungen beschränkt. Sie sprechen kaum miteinander und für Liebe auf den ersten Blick ist der angebliche Hass zu krass. Der wiederum ist hauptsächlich durch ein paar wenige Sätze von Leuten begründet, die ihnen einreden, dass die jeweils andere Religion an allem schuld und deren Vernichtung der einzige Weg ist, vor der roten Flut gerettet zu werden. Selbst Jugendliche – und als solche lernen wir Khayra und Brian zumindest flüchtig kennen (sie ist zu Beginn 15, er ein Jahr älter) – lassen mehr eigenständiges Denken erwarten, als die beiden trotz und Brian auch schon vor dem Trauma in Beirut erkennen lassen. Gleichwohl ist der angebliche Hass zwischen den beiden auch gar nicht vorhanden. Sie tötet ihn nicht, trotz passender Gelegenheit, rettet ihn quasi sogar mehr als einmal. Und auch er trägt mehr oder weniger einmal dazu bei, dass sie überlebt.

Das Wie und Warum, die angebliche Motivation für bestimmte Handlungen aller wird nicht erklärt und erscheint zum Teil mühsam konstruiert. Außerdem scheinen der Libanon und der Rest der Vereinigten Staaten trotz des riesigen Meeres dazwischen plötzlich sehr nah beisammen. Immerhin starten die Kampfjets an der Ostküste problemlos in ihren Einsatz im Nahen Osten. Direkt über einen Trupp in Ausbildung befindlicher Soldaten samt Brian, der gerade einen 3-Meter-Schutzwall gegen eine Flut stapelt. Eine Flut übrigens,  die jeglichen physikalischen Grundsätzen zum Trotz die Rockys völlig überschwemmt, den gerade gestapelten Schutzwall und die dahinter stehenden Häuser jedoch nur bedingt, bevor sie sich wieder zurückzieht. Nicht nur hier zeigt sich übrigens etwas von der Feigheit Brians, die ich eingangs angesprochen habe. Er und seine Kameraden bekommen den Befehl, sich zurückzuziehen, als die Flut immer näher kommt. Sie fliehen (warum andere jedoch vor Ort bleiben oder bleiben müssen und fleißig weiter Sandsäcke wuchten, bleibt offen). Brian regt sich im Zusammenhang mit der Flucht über seine Kameraden auf, denen es scheinbar nichts ausmacht, einen weiteren Kameraden zurückzulassen und diesen dadurch zu verlieren. Macht er selbst etwas? Denkt er etwa daran, ihn zu retten? Dreht er um? Sucht er ihn? Nein. Stattdessen beobachtet er wenig später aus einem Hochhaus andere Soldaten, die immer noch fleißig stapeln und seinen verletzten Kameraden, der verzweifelt versucht, sich noch zu retten, bevor die Flut ihn einholt. Posthum ist er dafür der Einzige, der sich freiwillig um das Grab des entsprechenden Kameraden kümmert.  

Ein Beispiel für die fatalistisch stupid wirkende Haltung Brians? Fast gegen Ende der Geschichte wird er von der Gegenseite gefangen genommen. Nach einem Flugzeugabsturz landen er und ein Muslim auf einer Insel im Meer, wo er … sagen wir mal die Erkenntnis gewinnt, dass die Motivation für diesen Krieg auf beiden Seiten nicht stimmen kann. Kurz darauf wird er von der eigenen Armee gefunden und quasi gerettet, wobei ihm nochmals vor Augen geführt wird, die dumm die Menschen sich verhalten. Ändert Brian nach dem eigentlich sehr klärenden Vorfall sein Verhalten? Nein, warum auch? Kaum bekommt er den Befehl, nimmt er die ihm in die Hand gedrückte Waffe und schießt auf alles, was muslimisch sein könnte. Auch seine Rettung ist – nebenbei bemerkt – kaum zu rechtfertigen. Der Marine egal welcher Armee dürfte es äußerst schwer fallen, sich ohne Karten und Kenntnisse über neu entstandene Untiefen, bzw. auf dem eigentlich doch ziemlich bewegt sein müssenden Ozean, zielgerichtet auf eine bis dahin unbekannte Insel zuzubewegen, um einen einzigen Mann zu retten. Vom Sinn oder Unsinn dieser Rettungsmaßnahme ganz zu schweigen, denn der gleichen Militärführung macht es ja nichts aus, ihn als angeblichen Erlöser in diesem Krieg kämpfen zu lassen. 

Der Autor möchte – wie er im Nachwort anmerkt – bewusst keine Antworten liefern. Wie er auf Seite 222 schreibt, möchte er den Leser dazu bringen, nach einem Besuch in einer fantastischen Welt, die Dinge aus dem Alltag mit einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Es ist zweifellos eine schriftstellerische Kunst, die Gedankenwelt der Leser anzustoßen, mitzureißen, mitdenken zu lassen und letztlich doch dorthin zu führen, wohin der Autor sie haben möchte. Eine noch größere ist es, wenn Leser die so gewonnenen neuen Gedanken in ihren Alltag mitnehmen und gar integrieren, keine Frage. Das Fatale an Klapschus Umsetzung des wirklich guten Grundgedankens ist jedoch, dass sich mir automatisch unzählige Fragen zu fehlender Logik und Konsequenz (wobei ich das Ende selbst hiervon abgrenzen möchte) seiner Geschichte aufdrängen, jedoch kaum eine zu der problematischen Thematik selbst. 

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Zu viele Denk- und Logikfehler verderben hier leider eine sehr gute Grundidee und einen tatsächlich logisch-konsequenten Schluss. Wirklich schade, denn das passende Cover und die Inhaltsangabe haben auf etwas anderes hoffen lassen. Die von mir hier vergebenen zwei (von fünf) Punkte gibt es für die Idee und die Ausarbeitung des Covermotivs und nicht wirklich für den Inhalt. Das Buch könnte als Jugendbuch durchgehen, wobei ich anmerken möchte, dass der 14jährige Sohn einer Bekannten, der das Buch nur eine Stunde, nachdem ich es aus der Hand legte, in Angriff nahm, sich ebenfalls bereits nach wenigen Kapiteln über die fehlende Logik bestimmter Passagen ausließ.  

Copyright © 2011 by Antje Jürgens (AJ)

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