Die Leselustige Ati's Rezi-Seite – Buchbesprechungen, Ankündigungen, etc.

27. Februar 2013

LEVY, MARC: SIEBEN TAGE FÜR DIE EWIGKEIT

Filed under: Belletristik,Roman — Schlagwörter: , , , , , — Ati @ 10:40

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Originaltitel: Sept jours pour une éternité
übersetzt von
: Bettina Runge & Eliane Hagedorn
Blanvalet
ISBN-13: 9783442380619
ISBN-10: 3442380618
Belletristik
Ausgabe
01/2013
Taschenbuch, 288
Seiten
[D]
8,99 €

Verlagsseite http://www.randomhouse.de/blanvalet/index.jsp

 

Der 1961 in Boulogne-Billancourt geborene Marc Levy lebt heute als freier Schriftsteller in New York. Er zählt zu den meistgelesenen französischen Autoren. Nicht nur sein im Jahr 2000 erschienenes Debüt wurde in mehrere Sprachen übersetzt und verfilmt. Aus seiner Feder stammen neben Et si c’était vrai  (Solange du da bist) Titel wie Les enfants de la liberté (Kinder der Hoffnung) oder La prochaine fois (Bis ich dich wiedersehe) und eben auch Sept jours pour une éternité (Sieben Tage für die Ewigkeit). Außer seinen Romanen verfasst Levy auch Novellen und Liedtexte und hat sich auch schon an einem Kurzfilm für Amnesty International (La lettre de Nabila, 2004 ausgestrahlt) versucht. Kritiker mögen Levy nicht unbedingt, und auch bei den Lesern herrscht trotz internationaler Bestseller geteilte Meinung.

Nach dem Debüterfolg von Solange du da bist geht es Levy trotz weiterer Erfolge genau wie anderen Autoren. Alles, was er nachlegt, wird an genau diesem Debüt gemessen.  Auch ich habe Sieben Tage für die Ewigkeit mit anderen Büchern Levys verglichen und war erst einmal enttäuscht. Zum ersten Mal fiel mir der typisch französische Schreibstil so extrem auf, dass ich das Buch drei Mal begann und genauso oft wieder weglegte, bevor ich es dann letztlich fertig las.

In Levys Roman wollen Gott und der Teufel den ewigen Streit um die Macht auf Erden beenden. Dafür schließen sie eine Wette ab und lassen ihre beiden besten Agenten gegeneinander antreten, wobei nicht eingeplant ist, dass die sich persönlich begegnen. Doch genau das geschieht und dann noch etwas, womit weder Gott noch der Teufel gerechnet haben: Die beiden Agenten verlieben sich ineinander.

Unter anderem kann man Levy durchaus in das gleiche Genre wie Sparks einordnen. Auch er schreibt berührende Geschichten, die sich bisweilen Melodramatik oder auch einer gewissen Schnulzenhaftigkeit nicht entziehen können, dafür aber mit einer gehörigen Portion Romantik aufwarten. Wer erwartet, dass Sieben Tage für die Ewigkeit Levys Debüt ansatzweise ähnelt, sollte die Finger vom frisch von Blanvalet aufgelegten Roman lassen, der nebenbei erwähnt 2005 bereits bei Knaur erschien. Die Entwicklung  von Gut und Böse, von Liebe und Hass, Leid und Tod aber auch Freude, Freundschaft und Hoffnung ist anders als in sämtlichen von mir gelesenen Levy-Romanen.

Seine Umsetzung der guten, wenn auch nicht ganz neuen Grundidee hat mir Durchhaltevermögen abverlangt. Das lag nicht nur an den verschiedenen Perspektiven, aus denen erzählt wird. Auch nicht grundsätzlich an der Sprache, die sich im Grunde recht leicht lesen lässt. Doch bestimmte Passagen wirken durch eine sehr ausgeprägte Detailverliebtheit zu oberflächlich. Fast scheint alles wichtiger als die eigentliche Handlung. Das ist das, was ich zuvor als typisch französischen Schreibstil beschrieben habe (ist es mir doch beispielsweise jüngst unter anderem auch in Fische mögen keinen Ehebruch von Carl Aderholt aufgefallen). Das bedeutet jedoch nicht, dass Levys Roman Tiefgründigkeit fehlt. Sympathisch, ironisch, teilweise schrullig wirken seine Charaktere, zu denen neben Gott und Luzifer (laut Inhaltsangabe) in der Hauptsache eben ihre beiden Abgesandten zählen. Die Liebesgeschichte zwischen den beiden ist vorhanden, allerdings drängt sie sich nicht in den Vordergrund. So kommen Nebencharaktere ebenfalls sehr gut zum Tragen. Manches Mal hinterließen sie mehr Eindruck bei mir als die eigentlichen Hauptfiguren.

Sobald ich mich jedoch an Levys Stil in diesem Roman gewöhnt hatte, konnte ich die Dialoge genießen, die teils erst auf den zweiten Blick spritzig-witzig wirken. Erst dann konnte ich mich an der fantasievollen Handlung, den Wendungen und Aktionen erfreuen. Erst dann baute sich die Spannung richtig auf und ich flog durch die Seiten zu einem Ende, das viel zu schnell abgehandelt erscheint und doch im Grunde genommen passt.

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Obwohl mir Levys Roman Durchhaltevermögen abverlangte, hat er mich letztlich doch überraschend gut unterhalten. Nicht ganz alltäglich, nicht ganz real und etwas abgedreht präsentiert Levy eine stellenweise nachdenklich machende Geschichte, der ich starke drei von fünf Punkten geben möchte. Für vier reicht es nicht ganz, weil mir die Liebe etwas zu kurz kommt und das Ende zu schnell abgehandelt erscheint.  

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

26. Februar 2013

ATKINSON, KATE: DAS VERGESSENE KIND

Filed under: Belletristik,Krimi/Thriller,Roman — Ati @ 15:19

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Originaltitel: Started early, took my dog
übersetzt von Anette Grube
Knaur Taschenbuch Verlag
ISBN-13: 9783426509524
ISBN-10: 3426509520
Krimi
Ausgabe 10/2012
Taschenbuch, 464 Seiten
[D] 10,99 €

Verlagsseite
Autorenseite (englisch)

 

Die 1951 in York geborene britische Autorin Kate Atkinson ist Trägerin des britischen Verdienstordens MBE (Order of the Britisch Empire), der sowohl zivilen wie auch militärischen Personen sowie Bürgern nicht britischer Staaten verliehen wird. Atkinson, die Englische Literatur und Amerikanistik studierte, kam Mitte der 1980er zum Schreiben. Nach Erzählungen versuchte sie sich an Romanen, in denen die Figuren häufig mit Problemen kämpfen, die sie an die Grenzen ihrer Möglichkeiten bringen. Mit dem Roman Case Histories (Die vierte Schwester), erschuf die Autorin die Figur des Privatdetektivs Jackson Brodie und wandte sich dem Krimi-Genre zu, ohne direkt Krimis zu verfassen (Quelle Wikipedia). Dem 2004 erschienen Auftaktroman um den behäbigen Privatermittler folgten bis 2010 drei weitere Bücher. Die BBC verfilmte bislang die ersten drei Romane der Reihe. Der vierte Band Started early, took my dog erschien 2010. Die deutsche Übersetzung Das vergessene Kind wurde 2011 von Droemer als Hardcover und 2012 von Knaur als Taschenbuch herausgegeben. Der Roman erreichte unter anderem jeweils den dritten Platz beim Deutschen Krimi Preis International und auf der KrimiZEIT-Bestenliste. Außerhalb der Brodie-Reihe wurden von der Autorin seit 1995 vier weitere Romane, Kurzgeschichten, Erzählungen und ein Theaterstück veröffentlicht, die teilweise ebenfalls mit Preisen bedacht wurden.

Doch zum Roman, in dem eine ehemalige Polizistin sich damit überrascht, dass sie kurzerhand ein Kind kauft. Eigentlich nur, um dieses vor der vermeintlichen Mutter zu retten, die nicht nur drogensüchtig ist, sondern der bereits mehrere Kinder weggenommen wurden. Gleichzeitig beginnt Jackson Brodie in einem dreißig Jahre alten Fall zu recherchieren, an dem Tracy während ihrer Polizistenlaufbahn beteiligt war. Dieser unglückliche Zufall jagt Tracy zusammen mit ihrem schlechten Gewissen bezüglich ihres Spontankaufs in die Flucht.

Diese kurze Inhaltsangabe klingt genau, wie die auf der Buchrückseite, sehr strukturiert. Doch obwohl ich Atkinson nicht unterstellen möchte, ihren Roman unstrukturiert abgefasst zu haben, liest er sich längst nicht so glatt, wie ich das für gewöhnlich bevorzuge. Deshalb musste ich das Buch auch zwei Mal von vorne beginnen. Das lässt sich übrigens lesen, ohne dass man die Vorgängerbände kennt. Ich persönlich habe lange Zeit gar nicht registriert, dass ich einen Roman aus einer Buchreihe in Händen halte.

Die Autorin ist bereits dafür bekannt, dass sie mehrere parallele Handlungsfäden in ihren Geschichten verarbeitet, die sich lose durch ihre Plots ziehen und spät zusammengesponnen zu teils überraschenden Lösungen führen. Das wusste ich jedoch eingangs noch nicht. Hinzu kommt, dass sie überaus detailverliebt Worte aneinanderreiht, die erst einmal nichts zum eigentlichen Handlungsgeschehen beitragen, die Atmosphäre aber auch nicht zwingend verdichten. Kurze Kapitel, die sich von Anfang an immer wieder um eine andere Figur drehen, wirken wild zusammengewürfelt und ohne eigentlichen Zusammenhang. Dass Jackson Brodie die eigentliche Hauptfigur des Romans ist, fällt nicht auf, denn im Grunde kommen alle Figuren gleichermaßen ausführlich in ihrer Gedankenwelt beschrieben doch etwas blass daher. Vieles uferte anfangs so sehr für mich aus, als dass mich die eigentlich spannende Grundidee fesseln konnte. Das lag auch daran, dass lebendige Dialoge fehlen. LeserInnen erleben die Gedanken der Figuren als Monologe in deren eigenen Kopf mit. Das wirkt manchmal hölzern, enthält jedoch durchaus eine Art unterkühlter Komik. Und dann wiederum berührt es auf überraschende Weise, wenn man schon gar nicht mehr damit rechnet.

Die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen und wird aus zahlreichen Perspektiven erzählt. Sie beginnt im England der 1970er-Jahre, als Tracy gerade ihre Polizistenlaufbahn begonnen hat. Bei der Entdeckung einer ermordeten Prostituierten wird ein kleines Kind gefunden, das danach in der Versenkung verschwindet. Die zweite Zeitebene handelt 30 Jahre später. Tracy ist längst aus dem Polizeidienst ausgeschieden, arbeitet als Warenhausdetektivin, lebt alleine – bis eben zu jenem Tag, an dem sie das kleine Mädchen kauft. Dazu gesellen sich die Handlungsstränge um eine demente Schauspielerin, um eine Sozialarbeiterin, um diverse Polizisten. Und um Jackson Brodie selbst, der herauszufinden versucht, woher seine australische Auftraggeberin kommt, die offenbar in den 1970ern in England geboren wurde, gleichzeitig offiziell aber gar nicht zu existieren scheint.

Es dauerte geraume Zeit, bis ich mich auf Atkinsons Schreibstil einstellte und plötzlich dabei ertappte, wie ich neugierig die Seiten umblätterte. Erzählfragmente begannen sich unspektakulär, aber unaufhaltsam, vor meinen Augen zusammenzufügen. Die auf den ersten Blick wild zusammengewürfelten Figuren sind alle miteinander durch mehr als ein Drama, mehr als ein Geheimnis, mehr als einen Mord, mehr als eine unglückliche Familie und trostlose Lebenswege sowie unerfüllte Träume oder Lebenslügen verbunden. Atkinsons Charaktere gehören samt und sonders nicht zu den Gewinnern. Sie lässt sie einiges durchmachen und geht nicht sonderlich zartfühlend mit ihnen um. Dafür stimmt sie sie sukzessive aufeinander ab. Unversehens ertappte ich mich dabei, wie ich mit ihnen gefühlt, gelitten und gehofft habe.

Der Roman ist zugegebenermaßen nicht ganz ohne Längen, die man vor der Kulisse menschlicher Tragödien und Abgründe nicht erwartet. Dennoch kam das Ende letztlich viel zu schnell. Obwohl dabei längst nicht alle Handlungsfäden schlüssig abgeschlossen werden (vielleicht weil der Roman eben doch Teil einer Reihe ist?), wirkt der Roman nicht unbefriedigend unvollendet.

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Eine nicht ganz einfache, gesellschaftskritische Geschichte, bei der sich Durchhalten lohnt. Wer schnelle und vor allem einfach strukturierte Handlungsentwicklungen bevorzugt, dem rate ich, die Finger vom Buch zu lassen. Wer auf reißerisch-blutige Passagen hofft, wird sie in diesem Krimi auch nicht finden. Dafür regt Atkinsons Roman leise und unaufgeregt zum Nachdenken an und wird sicherlich nicht der Letzte sein, den ich von dieser Autorin lese. Für Das vergessene Kind möchte ich vier von fünf Punkten vergeben.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

25. Februar 2013

HUNTER, MADELEINE: DIE WIDERSPENSTIGE BRAUT – The rarest blooms Band 02

Filed under: Belletristik,Buch- & Sammelreihe,Historisch,Liebe,Roman — Ati @ 14:51

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Originaltitel: Provocative in Pearls
übersetzt von Stephanie Pannen
Serie: The rarest blooms
Egmont-LYX
ISBN-13:
978-3802588044
ISBN-10: 3802588045
historischer (Liebes-)Roman
1. Auflage 01/2013
Taschenbuch mit Klappenbroschur, 400 Seiten
[D] 9,99 €

Verlagsseite

Autorenseite (englisch)  

 

Nach dem zuletzt besprochenen (und, wie ich nun gelesen habe, schlecht übersetzten) Sands-Roman Liebe auf den zweiten Blick, hat mir der zweite Band der The-rarest-blooms-Reihe von Madeleine Hunter mit dem Titel Die widerspenstige Braut die Freude am Lesen unterhaltsam-leichter Regency-Romane wiedergegeben. Romanen also, in denen man noch mit Kutschen zu rauschenden Bällen fuhr, in der zweifelhafte Verehrer sich Duelle lieferten oder für charmante Verwirrungen sorgten. Romanen, in denen es oftmals um viel Schein und wenig Sein geht, um finanzielle Probleme und Abhängigkeiten, die jedoch zumeist glücklich enden. Ab und zu schalte ich mit solchen Romanen einfach gerne ab, obwohl die Vorstellung horrend ist, wegen jeder Kleinigkeit um die Erlaubnis eines Mannes bitten zu müssen und so abhängig zu sein, wie Frauen damals waren.

Doch zurück zum Buch. Es handelt sich zwar um den zweiten Teil einer Buchreihe, jedoch muss man den ersten Teil vorab nicht zwingend lesen. Die Geschichten der jeweiligen Hauptfiguren sind in sich geschlossen. Allerdings trifft man sie in den anderen Romanen wieder. Die männlichen Hauptcharaktere sind durch Freundschaft ebenso miteinander verbunden, wie die weiblichen Hauptfiguren. Letztere haben sich samt und sonders in Daphnes Anwesen in Cumberworth, nahe London, kennengelernt. Deren Devise ein sicheres Obdach zu bieten, ohne bohrende Fragen zu stellen, kommt allen entgegen. Denn jede der Frauen birgt ein Geheimnis.

Hunters Schreibstil lässt sich leicht lesen, die Sprache ist an die damalige Zeit angepasst. Genau dadurch wirken Szenen, in denen es wie in Liebe auf den zweiten Blick von Sands durchaus um mehr als nur erotische Andeutungen geht, nicht so platt. Wirklich gebraucht hätte ich diese Szenen zwar nicht, doch haben sie mich auch nicht direkt abgestoßen. Der Autorin gelingt es insgesamt erneut eine stimmige Hintergrundatmosphäre zu schaffen, die es ihren LeserInnen leicht macht, in das Geschehen einzutauchen.

Auch hier geht es um viel Schein und wenig Sein. Obwohl die adlige Welt gerne auf reiche Bürger und alles darunter herabsah, nahm sie deren Geld im Fall der Fälle doch mindestens ebenso gerne dankend an. Das Bürgertum wiederum erhoffte sich einige Verbesserungen, indem es quasi dafür bezahlte, dass der verarmte Adel entsprechende Verbindungen mit ihnen einging.

Hunters weibliche Protagonistin Verity lebte zwei Jahre lang bei Daphne und den anderen Frauen, bevor ihre Vergangenheit sie einholt. In der willigte sie in eine arrangierte Ehe ein, um jemanden zu schützen. Dass ihr Opfer vergebens war, erfuhr sie viel zu spät und so entschloss sie sich noch an ihrem Hochzeitstag zur Flucht, in deren Verlauf sie ihren eigenen Tod vorzutäuschen versuchte.

Während Verity sich all die Monate in sicherer Obhut für die Eventualität einer Entdeckung rüsten konnte, geriet der Earl of Hawkeswell gleich zweifach in Bredouille. Zum einen kam er nicht an das durch die Eheschließung erhoffte Geld, was seine finanzielle Lage desaströs verschlechterte. Zum anderen sah und sieht er sich mit unangenehmen Mutmaßungen hinsichtlich Veritys vermeintlichem Tod konfrontiert.

Als er unverhofft seiner tot geglaubten Frau gegenübersteht, schöpft er neue Hoffnung. Doch Verity bittet ihn um die Annullierung der nie vollzogenen Ehe und versucht ihm die Angelegenheit finanziell zu versüßen. Von Rechts wegen könnte Grayson seine Frau zwingen, mit ihm zu kommen. Er könnte auch auf seine ehelichen Rechte pochen. Doch das tut er nicht. Stattdessen bittet er sich eine Bedenkzeit aus, die sie anfangs gemeinsam bei Audrianna und Sebastian verbringen. Bald schon ist ihm klar, dass er seine Ehefrau nicht gehen lassen möchte und er beginnt sie dazu zu verführen, ihren Annullierungswunsch zu vergessen.

Das ist jedoch gar nicht so leicht, denn Verity hält Adlige für Schmarotzer, die nur das eigene Vergnügen suchen. Zu unvereinbar erscheinen ihr die Unterschiede zwischen ihrer und Graysons Welt. Der wiederum vermutet, dass ein anderer Mann hinter der Flucht ebenso wie in dem Annullierungswunsch stecken könnte. Und ganz unrecht hat er damit nicht, gibt es da doch den Schatten des Mannes aus Veritys Vergangenheit.

So wie sich im ersten Roman der Reihe ein Hintergrund-Handlungsfaden mit dem der sich anbahnenden Beziehung von Audrianna und Sebastian verwob, arbeitete Hunter auch in Die widerspenstige Braut einen solchen ein. Während er sich in Ein skandalöses Rendezvous um geldgierige Aristokraten und Kriegsgewinnler drehte, handelt er im vorliegenden Buch von industriellen Veränderungen ebenso wie von Adligen, die ihre gesellschaftliche Stellung als gottgegebenes Recht betrachten und dieses nach ihren Bedürfnissen zurechtbiegen.

Keine sehr guten Ausgangsvoraussetzungen also für das Ehepaar, das sich eigentlich gar nicht kennt. Für den Roman allerdings schon, obwohl er mit dem beginnt, wo andere meist enden. Die gegensätzliche Herkunft der Hauptfiguren macht schnell klar, dass Gefühle keine Rolle bei den Hochzeitsplanungen spielten. Beidseitige Vorurteile wiederum sorgen dafür, dass nach der Wiederbegegnung Vertrauen ebenfalls nicht dazugehört. Das klingt eigentlich schrecklich unromantisch. Doch der Umstand, dass Grayson nicht stur auf Veritys Pflichten pocht, lässt den Charakteren Zeit, Gefühle füreinander zu entwickeln. Da gibt es keine verträumten und oberflächlichen jungmädchenhaften Schwärmereien, sondern eine harmonische, durchaus glaubwürdige Gesamtentwicklung einer Beziehung. Und obwohl Verity und Grayson anfangs distanziert wirken, Verity abweisend und Grayson teils unbeherrscht und berechnend, gibt es auch eine romantische Entwicklung, die zu dem führt, was LeserInnen beim Aufschlagen des Buches erhoffen: dem Happy End.

Was mir an der Reihe gut gefällt ist der Umstand, dass die Frauen trotz der gesellschaftlichen Beschränkungen mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen stehen. Ebenso, dass die Charaktere nicht einfach glatt geschliffen charmant sind, dass die Zeit nicht vollkommen verklärt dargestellt wird. Das Ganze ist nicht allzu ernsthaft, aber auch nicht zu oberflächlich beschrieben.

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Hunter hat sich im zweiten Band der Reihe für mein Dafürhalten etwas gesteigert. Mit Die widerspenstige Braut hält man eine Geschichte in Händen, die sich zurückhaltend-unaufdringlich und schnörkellos-dezent, aber für LeserInnen nachvollziehbar entwickelt und entspannenden Lesespaß bietet. Der möchte ich keine fünf, aber starke vier Punkte geben und freue mich schon auf den nächsten Band der The-rarest-blooms-Reihe.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

23. Februar 2013

SANDS, LYNSAY: LIEBE AUF DEN ZWEITEN BLICK

Filed under: Belletristik,Historisch,Roman — Ati @ 13:39

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Originaltitel: Love is blind
übersetzt von Beate Darius
Verlag: Egmont-LYX
I
SBN-13: 9783802589003
ISBN-10:
3802589009
historischer (Liebes-)Roman
1. Auflage 01/2013
Taschenbuch mit Klappenbroschur, 380 Seiten
[D] 9,99 €

Verlagsseite

Autorenseite (englisch)

 

Die Aufmachung des Buches und die Covergestaltung passen in den Romantic-History-Zweig des Verlages. Das ornamentale Motiv setzt sich, gewohnt liebevoll, im Buch fort. Die Grundidee der Geschichte klingt nicht schlecht, wenn sie natürlich auch keinen bahnbrechend neuen Plot enthält.

Clarissa soll verheiratet werden. Nach einem Skandal in ihrer Jugend wird sie jetzt erneut auf die Londoner Gesellschaft losgelassen und stolpert nahezu blind in fast jedes Fettnäpfchen, das sich ihr fatalerweise in den Weg stellt. Nur einer – Adrian – lässt sich davon nicht stören bis es (deshalb lesen wir solche Bücher ja schließlich) nach einigen Verwirrungen zum Happy End kommt. Laut Romantic Times hält man mit Liebe auf den zweiten Blick einen humorvoll prickelnden Roman in Händen, den man so schnell nicht mehr vergisst. Auch die positiven Stimmen in diversen Portalen bzw. Online-Shops lassen darauf schließen, dass das Buch unterhaltsam-leicht und erotisch angehaucht sein muss. Die perfekte Entspannungslektüre also. Gleich vorab: Das Zitat stimmt definitiv.

Die Grundidee ist gut. Unkonventionelles Denken und Handeln erwarte ich in solchen Geschichten, sorgt es doch in der ansonsten eher steifen Gesellschaft voll heute seltsam anmutender Verhaltensregeln für leichte und entspannende Unterhaltung. Beide Hauptfiguren sind nicht perfekt. Adrian ist durch eine Narbe entstellt, was ihm Komplexe beschert, die ihn trotz selbstbewusster Anwandlungen unsicher sein lassen. Clarissas Sehschwäche wiederum bietet Platz für ihre weibliche Hilflosigkeit  und darüber hinaus für romantische Aktionen seitens Adrian (Picknick, Vorlesen, etc.) Nicht zu vergessen natürlich amüsant angehauchte Szenen. Da wäre zum Beispiel eine Passage, in der Adrian in Clarissas Zimmer einsteigt und die beiden sich näher kommen. Dummerweise bricht zu der Zeit ein Feuer aus. Clarissa bekommt es mit und ist, sowohl von Adrians Aktionen durch das Feuer als auch umgekehrt vom Feuer durch Adrian abgelenkt, in einem kleinen Zwiespalt. Oder die Vergleiche, die ihre Stiefmutter bemüht, während sie Clarissa über die anstehende Hochzeitsnacht aufklärt.

Doch: Unterhaltung und Amüsement halten sich in sehr engen Grenzen und bedauerlicherweise fiel mir das Umblättern relativ schnell schwer. Obwohl ich mir immer sage, dass ich Bücher eines Autoren, die nicht in eine Buchreihe gehören, nicht miteinander vergleichen möchte und sollte, habe ich genau das bei Sands historisch angehauchtem aktuell vor mir liegenden Roman und ihrer Buchreihe über die Argeneau-Vampire gemacht. Während mich besagte Buchreihe mal mehr, mal weniger gut unterhielt, enttäuschte mich Sands Ausflug ins historische Genre von vorne bis hinten. Kleiner Tipp (auch wenn mir das nicht passiert ist): Wer gerne in der Badewanne liest, sollte das Buch nicht dorthin mitnehmen. Sands LeserInnen laufen damit durchaus Gefahr, entnervt oder frustriert die Hände sinken oder ins Wasser platschen zu lassen, was sich sowohl auf E-Book-Reader wie auch auf gedruckte Bücher negativ auswirken kann.

Das liegt zum einen an unsäglichen Wiederholungen. Spätestens nach dem dritten Mal habe ich kapiert, warum Clarissa so schlecht sieht. Sands wollte jedoch anscheinend sichergehen, dass auch wirklich alle LeserInnen es begreifen und legte noch etliche Male nach. Leider drehten sich die Wiederholungen auch nicht nur um Clarissas Sehschwäche. Dazu gesellen sich vermutlich witzig angedachte Redewendungen und Übertreibungen, die mir persönlich allerdings eher albern, dröge oder deplatziert vorkamen. Es gibt zahlreiche Klischees, die durch Übertreibungen verstärkt werden. Die Mithilfe bzw. Nachsichtigkeit von Adrians Mutter oder Clarissas Vater wirkt überzogen wohlwollend. Mag ja sein, dass dazumal nicht alle Earls und Peers und sonstiger Adel absolut verknöchert und sittenstreng waren, aber das war dann doch zu viel.

Zum anderen lag es auch an der völlig unpassenden Sprache sowie flapsigen Verhaltensweisen, die für mein Dafürhalten nicht in die damalige Zeit beziehungsweise das Genre passen. Ich kann mir nicht so recht vorstellen, dass man damals schon davon sprach oder darüber nachdachte, wie jemand auf ein schiefes Brett kommt. Oder sich als feige Socke bezeichnete. Oder sich nicht die Bohne kümmerte. Worte wie Nasenfahrrad wirken zu modern und bums, öhm oder nee passen zudem für mich eher in die Blubbersprache eines Comics.

Noch deplatziertere Formulierungen fand ich in diversen Sexszenen. Hier war unter anderem die Vielfalt an Bezeichnungen männlicher Geschlechtsteile bisweilen nervtötend albern. Obwohl ich davon ausgehe, dass in damaliger Zeit niemand seine Bedürfnisse durch die Rippen schwitzte, erwarte ich unabhängig davon in einem historischen Liebesroman aber eher Liebesszenen und Andeutungen. Letztere wirken oft wesentlich erotischer als die teils platten, stellenweise aber auch hölzern wirkenden Beschreibungen, die man in Liebe auf den zweiten Blick findet. Egal ob es sich um Schilderungen von Oralverkehr handelt oder Begriffe wie Freudenspender die in heiße Grotten geschoben werden.

Und das ist insgesamt betrachtet auch noch lange nicht alles. Oberflächlichkeiten und Denkfehler finden sich ebenfalls. Dabei war es am harmlosesten, dass Clarissa mit immerhin 24 permanent als Mädchen bezeichnet wird. In diesem Alter lief man dazumal wohl eher Gefahr, als alte Jungfer tituliert zu werden. Besagtes Mädchen ist zwar anscheinend fast blind, sieht aber bestimmte Dinge problemlos, je nachdem wie es der Autorin gerade in den Kram passt. Mal lächelt sie in die ungefähre vermutete Richtung eines Gesprächspartners, hat aber keine Mühe, dessen Gesichtsausdruck zu deuten. Das klappt allerdings nicht immer, denn in etlichen anderen Szenen, kann sie besagten Ausdruck dann doch nicht erkennen. Sie stellt heißen Tee auf einem Oberschenkel ab, weil sie einen Tisch hinter dem Umriss vermutet, hat aber keine allzugroßen Probleme visuell die amourösen Abenteuer eines Verehrer zu verfolgen. Vom Klarblick auf den gut gebauten und exemplarisch ausgestatteten Adrian ganz zu schweigen. Ihre Kurzsichtigkeit scheint zur Weitsichtigkeit zu mutieren und andersherum. Außerdem stelle ich es mir in einer Zeit ohne Fön schwer vor, eine ansprechende Frisur für einen Ball zu kreieren, nachdem die Person, die ich frisieren muss, zuvor bewusstlos in einem Brunnen lag und besagter Ball längst begonnen hat. Mit Umziehen alleine dürfte es wohl nicht gelungen sein, sowohl die dabei entstandene Verletzung als auch die nassen Haare zu vertuschen, damit nicht auffällt, wo Clarissa war. Ebenso wenig glaube ich, dass es zu dieser Zeit so einfach war, an eine Brille zu kommen, wie die Autorin es letztendlich beschreibt.

Wäre die Geschichte auf 50 Seiten komprimiert worden, hätte man vermutlich eine lustig-unterhaltsame Erzählung daraus machen können. So jedoch zieht sich eine künstlich aufgeplusterte Story zu einem rosarot angehauchten Ende. Das passt zwar durchaus im Bezug auf Adrian und Clarissa. Hinsichtlich des von der der Autorin eingeflochtenen Handlungsstrangs, der Clarissas Tollpatschigkeit teilweise in Anschläge auf sie umwandelt, wirkt es jedoch langatmig. Was von der Autorin als Verwirrspiel auf der Suche nach einem bösen Widersacher angelegt wurde, entwickelt sich sehr vorhersehbar und überaus konstruiert, bevor es weich gespült und wie erwähnt rosarot angehaucht endet. Adrians ach so scharfer Verstand übersieht dabei hanebüchen offensichtliche Dinge oder vergisst sie schlicht und ergreifend, während Clarissa einen Oskar für ihre Rolle als naives Dummchen verdient hat.

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Obwohl ich keinen hochgeistigen Roman mit geschichtlich belegten Fakten erwartet habe, hat mich Liebe auf den zweiten Blick nicht nur nicht gefesselt, sondern komplett enttäuscht. Insgesamt möchte ich nur einen von fünf Punkten dafür vergeben. Romantic Times hatte wirklich recht. Das kann man nicht einfach so und schnell vergessen. Darf man auch gar nicht, wenn man wie ich dazu neigt, Bücher nicht abzurechen, weil viel Arbeit darin steckt und man immer die Hoffnung hegt, dass es doch noch besser werden muss. Diese Hoffnung hat sich bei diesem Roman definitiv nicht erfüllt. Übertreibungen an sich bereits vorhandener Klischees und die falsch wirkende Sprache rauben das letzte bisschen Lesefreude, das angesichts der guten, aber schlecht umgesetzten Grundidee aufkommen mag.  

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

20. Februar 2013

WHITE, TESSA: DIE INSEL DER ORCHIDEEN

Filed under: Belletristik,Historisch,Roman — Ati @ 17:59

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Originaltitel: Die Insel der Orchideen
Verlag: Knaur Taschenbuch
ISBN-13:
9783426511633
ISBN-10:
3426511630
Historischer Roman
Ausgabe 11/2012
Taschenbuch, 592 Seiten
[D] 9,99 €

Verlagsseite

 

Im letzten Jahr habe ich zufällig bei den Büchereulen eine Fragerunde mit Stefanie Burow gesehen/gelesen. Sie verbirgt sich hinter dem Pseudonym Tessa White, das – wie man auf der eben genannten Seite nachlesen kann – aus einer von der Autorin verfassten Namensliste seitens des Verlages gewählt wurde, damit LeserInnen unbelastet an ein neues Projekt der Autorin herangehen konnten. Aus Burows Feder stammt etwa auch Das Jadepferd. Ihre Romanideen werden aus eigenen Reiseerfahrungen im asiatischen Raum inspiriert.

Doch zurück zum gerade vor mir liegenden Buch Die Insel der Orchideen, das im November 2012 als Taschenbuch von Knaur herausgegeben wurde. Laut Klappentext geht es darin um Folgendes:

Schiffe aus aller Herren Länder, ein Gewirr von Stimmen, faszinierende Farben und berauschende Düfte – als die Schwestern Leah und Johanna 1856 in Singapur eintreffen, ahnen sie in ihrer Begeisterung nicht, dass die schillernde Löwenstadt ihr Schicksal bestimmen wird: Johanna nimmt den Antrag des jungen Geschäftsmannes Friedrich von Trebow an und übersieht die tiefen Gefühle, die ein anderer für sie hegt – ein folgenschwerer Fehler. Ihre wilde Schwester Leah verliert ihr Herz an einen jungen Chinesen, eine Beziehung, die nicht sein darf. Als man die Liebenden trennt, flieht Leah und begibt sich auf eine gefahrvolle Reise auf der Suche nach Anerkennung, Glück und nach sich selbst.

Im Gegensatz zu dem zuvor erwähnten Roman Das Jadepferd entführt die Autorin ihre LeserInnen nicht nur in eine exotisch angehauchte Welt, sondern auch in die Vergangenheit. Das tut sie atmosphärisch dicht und sprachlich an diese Zeit angepasst. Leah ist gerade 16, Johanna etwas älter. Sie begleiten ihre Eltern, da ihr Vater als Missionar in Hongkong tätig werden soll. Das Buch beginnt, nachdem die Reise dorthin bereits angetreten wurde. Bereits dabei wird klar, dass Leah und Johanna sehr unterschiedlich sind. Johanna als die große Schwester, von der viel erwartet wird, zeigt sich verantwortungsbewusst und besonnen. Das macht sie in den Augen ihrer abenteuerlustigen und wenig auf Konventionen bedachten Schwester langweilig, sagt aber zunächst wenig über ihre Hoffnungen und Wünsche aus. Und die hat sie zweifelsohne.

Die aus verschiedenen Perspektiven erzählte Geschichte dehnt sich über einen Zeitraum von etwa 30 Jahren. Und handelt genau genommen nicht nur vom Schicksal der beiden Mädchen, die ihrer Zeit voraus wirken. Neben ihnen kommt eine ganze Fülle anderer Charaktere zum Tragen. Wirklich blass ist niemand gezeichnet, egal ob sie größere und kleinere Rollen einnehmen. Nicht alle sind sympathisch, nicht all ihre Aktionen und Handlungen kann man gutheißen. Doch obwohl das eine oder andere Klischee nicht ausbleibt, wirkt niemand absolut trivial. Es gibt starke und schwache Persönlichkeiten, keiner ist perfekt.

Was mir sehr gut gefallen hat, war die Wahl des Handlungsortes. Denn während ich schon etliche Auswanderer-Geschichten mit Schauplätzen in der Neuen Welt, Australien oder Afrika gelesen habe, haben bisher wenige davon in asiatischen Ländern gespielt. Die Exotik von Land und Leuten in Die Insel der Orchideen ist wunderbar greifbar.

Das pastellfarben gestaltete Cover mit seinem blühenden Orchideenzweig und ein paar Dschunken auf ruhigem Gewässer führte mich, auf den Inhalt bezogen, allerdings völlig in die Irre. Nachdem ich ein unterhaltsam-leichtes Buch erwartet habe, lief ich Gefahr, das Buch abzubrechen. Obwohl man als LeserIn quasi gleich anfangs in das Geschehen gestoßen wird, konnte ich nicht so recht darin eintauchen.

Das lag auch an dem hohen Erzähltempo, welches die Geschichte prägt. Die Autorin  verknüpft gleich mehrere Erzählstränge miteinander, die samt und sonders mit einer geballten Ladung an dramatischen Ereignissen gespickt sind. Dies auf fast drei Jahrzehnte verteilt auf 592 Seiten abzuhandeln geht nicht ohne Zeitsprünge. Davon gibt es auch prompt einige im Buch, was für mich den Lesefluss immer mal wieder ins Stocken gebracht hat.

Sehr zartfühlend geht die Autorin mit ihren Figuren nicht um. Von glücklichen Momenten, wie man vielleicht anhand des Covers erwarten könnte, bekommt man als Leser eigentlich nichts mit. Da der Fokus auf eine Familie gerichtet ist, fragt man sich unwillkürlich, wie groß der Magnet sein muss, der all das Unglück anzieht, das dieser widerfährt. Nach einem recht guten Start in ein neues Leben, läuft schon sehr bald alles schief, was nur schief laufen kann. Krankheit und Tod stehen erster Liebe, Liebschaften, Intrigen, Eifersucht, Streit und einer Ehe gegenüber, die nicht zu den besten zählt. Gewaltverbrechen in Form von Entführung, Vergewaltigung und Mord kommen ebenfalls vor. Abenteuer auch, das erklärt sich schon aufgrund des Neuanfangs in einer völlig anderen Welt, beschränkt sich jedoch nicht nur darauf. Geldprobleme erschweren das Leben darüber hinaus. Mit der unberechenbaren Natur kombiniert, sorgt das bei den Figuren für eine gefühlsmäßige vermutete Achterbahnfahrt, die in einem brisanten Finale gipfelt. Vermutet deshalb, weil man die Gefühle zwar permanent latent spüren, jedoch nicht so recht nachlesen kann. Durch die Zeitsprünge bedingt erschien mir vieles zu geballt-oberflächlich, ohne mich sonderlich tief zu berühren. Leider gelang es mir die meiste Zeit nicht, die Distanz zu den Romanfiguren zu überbrücken.

Das klingt jetzt schlimmer als es ist. Denn tatsächlich hielt mich neben meiner pathologischen Leselust nicht nur der atmosphärisch dichte, bildhaft gut gelungene Hintergrund inklusive kultureller Besonderheiten bei der Stange. Ganz unspektakulär fand ich mich doch irgendwann in der Geschichte wieder und bemerkte enttäuscht, dass ich auf der letzten Seite angekommen war. Die spielt letztlich übrigens nicht in Hongkong, sondern in Singapur, wo Johanna und ihre Familie hängen bleiben.

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Das hohe Erzähltempo lässt keine wirkliche Langeweile aufkommen. Es mindert jedoch den Lesegenuss, da vieles zu oberflächlich abgehandelt wird. Etwas weniger Drama und/oder deutlich mehr Seiten hätten Whites Roman Die Insel der Orchideen gut getan. Obwohl mich die Geschichte nicht konsequent gefesselt hat, habe ich mich letztlich doch überraschend gut unterhalten gefühlt. Deshalb möchte ich drei von fünf Punkten dafür vergeben.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

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