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25. März 2013

ADERHOLD, CARL: FISCHE KENNEN KEINEN EHEBRUCH

Filed under: Belletristik,Roman — Schlagwörter: , , , , — Ati @ 18:16

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Originaltitel: Les poissons ne connaissant pas l’adultère
übersetzt von Doris Heinemann
Blanvalet Taschenbuch Verlag
ISBN-13: 9783442380671
ISBN-10: 3442380677
Belletristik
Ausgabe 02/2013
Taschenbuch, 288 Seiten
Neupreis [D] 8,99 €

Verlagsseite

Es kommt nicht sehr häufig vor, dass Romantitel wörtlich übersetzt werden. Bei Aderholds Roman  Les poissons ne connaissant pas l’adultère, der 2011 zunächst als gebundene Ausgabe und 2013 bei Blanvalet als Taschenbuch veröffentlicht wurde, ist das jedoch der Fall. Dass der Roman von einem französischen Autor verfasst wurde, fiel mir allerdings erst auf, als ich das Buch aufblätterte und den Originaltitel entdeckte. Der 1963 geborene Autor und ursprüngliche Historiker lebt und arbeitet in Paris. Seinen 2007 erschienenen Bestseller Mort aux cons kenne ich nicht, denn Fische kennen keinen Ehebruch ist mein erster Roman von ihm.

Relativ bald kristallisierte sich heraus, dass der Roman nicht ganz so lustig-leicht ist, wie ich angesichts des etwas schräg klingenden Titels, der Covergestaltung oder der Inhaltsangabe vermutet habe. Stattdessen geht es um eine Frau, die ausbricht, um sich selbst zu finden. Die Wahrheiten ins Auge blickt, die sie bisher tunlichst übersehen hat.

Aderhold erzählt die Geschichte von Valerie, deren Leben festgefahren scheint. Die Supermarktkassiererin, die für Mann und Tochter alles macht, ohne Anerkennung dafür zu finden, bekommt von ihren Freundinnen eine Typberatung zu ihrem 40. Geburtstag geschenkt. Wohl niemand hat mit dem Effekt gerechnet, den das Ergebnis auslöst. Obwohl sie danach à la Julia Roberts ihr Umfeld verzaubert, nimmt zuhause niemand angemessen Notiz von ihrem veränderten Äußeren. Aus Frust und einer Laune heraus fährt Valerie am nächsten Morgen nicht wie gewohnt zur Arbeit. Stattdessen überrascht sie sich selbst damit, in den Zug nach Toulouse zu steigen. Eine Zugfahrt, die nicht nur ihr Leben verändern kann.

Ihre Mitreisenden bestehen aus zwei Paaren und einer älteren Frau. Der Autor wechselt immer wieder die Perspektive und lässt seine LeserInnen mal aus der Sicht der einen oder des anderen einen Blick auf das Geschehen werfen. Und das spielt quasi den gesamten Roman in dem Zug nach Toulouse. Valerie fühlt sich nicht erst dort begehrenswert, zumal sie nach einem Artikel, der anlässlich ihrer Typberatung in einer Frauenzeitschrift erscheint, von Wildfremden angesprochen und um Autogramme gebeten wird. Nicht nur die beiden Männer im Abteil flirten mit ihr. Deren Frauen sind davon natürlich weniger begeistert. Die alte Frau wiederum ist auf dem Weg zu ihrem Liebhaber, während ein Kontrolleur in seinem Beruf aufgeht und gleichzeitig ein verhinderter Revoluzzer ist. Es gibt noch weitere Figuren, die mehr oder weniger große Rollen spielen.

Während Aderhold von Liebe und Lebenskrisen schreibt, bedient er sich allerdings diverser Klischees, die er teils zu sehr aufplustert. Eins davon weist darauf hin, dass seine männlichen Charaktere eindeutig schöne und sinnliche Frauen zu bevorzugen scheinen, die nicht allzu anstrengend sind, egal was in ihrem Kopf so vorgehen mag (oder eben auch nicht).

Dabei lässt er Männer und Frauen (gedanklich und verbal) aufeinander losgehen. An und für sich normal wirkende Lebensfassaden beginnen zu bröckeln. Zarte neue (Liebes-)Hoffnungen keimen und Fragen und Zweifel machen deutlich, dass (nicht nur) Valerie am jahrelangen Ausharren bisheriger Situationen und Beziehungen zu ersticken droht. Die Reisenden lachen zusammen, weinen, betrügen und belügen sich und andere, träumen und erwachen, sammeln spontan für einen Schwarzfahrer, feiern miteinander. Die Charaktere sind leicht neurotisch, teils extravagant und bizarr. Stellenweise mehr oder weniger liebenswert wirken sie nicht konsequent real, aber auch nicht vollkommen unecht. Was ich sehr schön finde, ist die Zugreise als Symbol für Veränderungen, die im Leben aller in einem steten Fluss stattfinden. Für Begegnungen mit Neuem und Abschied von Altem.

Trotz der an sich guten Grundidee konnte mich das Buch nicht richtig fesseln. Ich habe es mehrmals begonnen und wieder weggelegt, weil ich mit dem Schreibstil des Autors nicht zurechtkam. Der in typisch französischer Manier viele, viele Details beschreibt und es dennoch schafft, recht oberflächlich zu bleiben. Der bei seinem Geschehen zwischen den Charakteren hin und her springt, und es mir dadurch erschwert, mich mit diesen anzufreunden. Was mich persönlich jedoch am meisten gestört hat, war der Umstand, dass Aderholds Figuren zwar genau beobachten und alles zu ergründen suchen, jedoch trotz einiger Aktionen nicht so richtig handeln. Dass lebendige Dialoge fehlen und die wenigen Gesprächsansätze durch indirekte Reden förmlich erschlagen werden, tut ein Übriges. Obwohl Aderhold einen typischen französischen Schreibstil pflegt, fehlt seiner Schreibe in diesem Roman die lebendige Leichtigkeit, die ich mit anderen französischen Autoren in Verbindung bringe. Der Roman plätschert unaufgeregt vor sich hin und zieht sich trotz der kurz gehaltenen Kapitel stellenweise.

Fazit: 03aperlenpunkte.jpg

Mit Fische kennen keinen Ehebruch hält man keine ganz alltägliche Geschichte in Händen. Kein Buch für LeserInnen die viel Handlung erwarten und lebendige Dialoge bevorzugen. Dafür eins, das einem etwas Durchhaltevermögen abverlangt und das weder vollkommen oberflächlich noch hochgeistig ist. Kein Buch, das man nebenbei lesen sollte, da dadurch eventuell Passagen entgehen, die daran erinnern, dass man selbst allzu häufig über bestimmte Dinge hinwegsieht. Für Aderholds Roman möchte ich drei von fünf Punkten vergeben, da zwei eindeutig zu wenig wären.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

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