Die Leselustige Ati's Rezi-Seite – Buchbesprechungen, Ankündigungen, etc.

3. Mai 2013

BOTTLINGER, ANDREA: AETERNUM

349_Bottlinger_Aeternum Verlag: Knaur Taschenbuch
ISBN-13: 9783426511794
ISBN-10: 3426511797
Fantasy
Ausgabe 04/2013
Taschenbuch, 576 Seiten
Neupreis [D] 12,99 €

 

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Habe ich schon einmal erwähnt, dass ich mich mit Büchern schwer tue, in denen Engel vorkommen? Egal ob es sich beispielsweise um die Fallen-Angels-Reihe von J. R. Ward, Angelus von Danielle Trussoni oder auch Becca Fitzgeralds Engel-der-Nacht-Reihe handelte – irgendwann (meist recht bald) fand ich etliche Kritikpunkte, die mir den Lesespaß vermasselten. Dessen ungeachtet versuche ich mich immer wieder daran und so landete Aeternum denn auch prompt auf meinem SuB.

Andrea Bottlinger © privat

Andrea Bottlinger
© privat

Die 1985 in Karlsruhe geborene Andrea Bottlinger fühlt sich nach eigenen Angaben im Fantasybereich am wohlsten. Sie war bzw. ist freie Mitarbeiterin der Zeitschriften SpaceView, Geek und Nautilus und interviewte in der Vergangenheit Autoren für Verlage wie cbt und Piper. Bottlinger, die neben Ägyptologie auch Komparatistik und Buchwissenschaften studiert hat, lebt heute in Heilbronn. Sie gibt Schreibkurse, arbeitet als Lektorin, verfasst Buchbesprechungen und veröffentlichte mit Aeternum ihren Debütroman.

In dem öffnet sich ohne Vorwarnung mitten in Berlin ein riesiger Krater, der bis tief in den Untergrund der Hauptstadt reicht. Niemand kann sich erklären, wie er zustande kam und niemand kann abschätzen, was damit zusammenhängend noch alles passieren kann. Denn natürlichen Ursprungs ist dieses Ereignis nicht. Doch nicht nur die Menschheit versucht herauszufinden, was es damit auf sich hat. Auch miteinander verfeindete Dämonen und Engel tun ihr Möglichstes. Zu diesem Zweck wählen sie je einen Abgesandten, der der Sache sprichwörtlich auf den Grund gehen soll. Schon bald begeben sich der gefallene Engel Jul und die einem Dämon als Magierin dienende Amanda in die Tiefen, während weiter oben alles eskaliert.

Wie gesagt, meist vergeht mir die Leselust bei Büchern mit Engeln recht schnell. Ich lese zwar weiter, aber ich kam bisher nie in Versuchung die Bücher wärmstens weiterzuempfehlen oder Ähnliches. Oft kommt es mir so vor, als ob die Autoren nicht so recht wissen, in welche Richtung sie jetzt eigentlich wollen. Bei Bottlingers Debütroman ging es mir nicht so. Ich habe auch hier etwas gefunden, das mich stört. Aber: Aeternum nahm mich von Anfang an und bis zum Schluss gefangen.

Wer streng gläubig ist, wird womöglich ein Problem mit der Idee haben, die sich nach und nach (allerdings temporeich) herauskristallisiert, sie womöglich geradezu blasphemisch finden. Denn abgesehen davon, dass Bottlinger, wie andere Autoren auch, Engel nicht automatisch gut und Dämonen nicht per se schlecht beschreibt, geht sie sogar soweit, dass ihre weibliche Hauptfigur sich an jemanden heranwagen muss, der eigentlich außerhalb menschlicher Reichweite ist. Denn Gott selbst (und damit geradezu symbiotisch auch der Teufel) haben mit den ungewöhnlichen Vorfällen zu tun. Ihretwegen droht die Welt, wie wir sie kennen, unterzugehen. Ihretwegen kommt es zu einem blutigen und tödlichen Kampf zwischen den Dämonen und Engeln. Und für die wiederum sind die menschlichen Opfer lediglich verschmerzbare Kollateralschäden.

Illustrativ detailliert wurde die Hintergrundatmosphäre von Bottlinger geschaffen. Berlin – auch wenn es sich täglich zu verändern scheint – erschien klar vor meinem inneren Auge. Und das, obwohl ein großer Teil der Geschichte unterirdisch spielt.

Hinzu kommen gut herausgearbeitete und (für mich auch) überraschend echt wirkende Charaktere mit einigen Stärken aber genauso vielen Schwächen und Fehlern. Das tröstet darüber hinweg, dass Bottlinger sich bei der Beschreibung einiger Figuren an bekannten Bildern orientiert. Die großen, hell gekleideten, weißblonden Engel erfüllen ihre Aufgabe mit himmlischer Konsequenz und ihren Flammenschwertern. Die Dämonen wiederum wirken in ihrer wirklichen Gestalt abschreckend hässlich und Frucht einflößend, gierig und vordergründig berechnend und falsch und wenden Magie an.

Doch halt: Ganz so einfach ist es nicht. Bottlinger erzählt nicht einfach nur eine neue Variante von Gut gegen Böse, bei der es natürlich nur einen Gewinner geben kann. An der Stelle – das Cover finde ich mehr als passend. Die sich berührenden Umrisse der zwei geflügelten Gestalten wirken in ihrer Ausarbeitung doch als Einheit. Genau wie Gott und der Teufel, Gut und Böse, Licht und Dunkel, Engel und Dämonen, Gebot und Tabu, Glaube und Wissen, Macht und Ohnmacht. Sie könnten augenscheinlich alleine für sich bestehen, benötigen aber den anderen, um wirklich zu wirken. Eine Trennung? Unmöglich.

Und schon bald wurde mir klar, dass Amanda und Jul zwar vordergründig um die Rettung der menschlichen Welt kämpfen, die zwischen den verfeindeten Fraktionen einfach zerrieben zu werden droht. Tatsächlich aber geht es um Begreifen und Einsicht, um Erkenntnis. Um Fühlen und Mitgefühl. Über den eigenen Schatten zu springen. Freundschaft und Vertrauen zuzulassen. Toleranz und eigenständiges Denken und darum, Konsequenzen aus diesen Überlegungen zu ziehen, weil eigentlich alle in einem Boot sitzen, das in einer Katastrophe zu sinken droht.

Das alles ist in eine Geschichte gepackt, in der sich die beiden Hauptfiguren Amanda und Jul näherkommen, obwohl sie sich anfangs gar nicht ausstehen können. Einfach, weil jeder seine eigene Motivation hat, sein eigenes Ziel verfolgt. Während Amanda ihren Bruder retten möchte, will Jul seine Flügel zurück, die ihm vor langer Zeit genommen wurden. Wer allerdings auf eine richtige Liebesgeschichte hofft, kann sich diese Hoffnung gleich wieder abschminken. Dazu werden die beiden viel zu häufig in blutige Kampfszenen verwickelt, die ich in ihrer Fülle und Ausführlichkeit tatsächlich als Manko dieses Romans betrachte. Allerdings ist dieses Manko nicht so groß, dass es mir den Lesespaß an Aeternum verdorben hat. Und die Geschichte zwischen den beiden fügt sich harmonisch in das gesamte Geschehen ein.

Der Lesespaß blieb mir mit Sicherheit auch erhalten, weil mir der Schreibstil von Bottlinger gefallen hat. Sie wechselt fließend die Perspektiven, lässt ihre LeserInnen aus Amandas Sicht am Geschehen teilhaben, dann wieder aus der von Jul. Die Autorin webt die Schöpfungsgeschichte aus der Sicht eines Engels ein und (für mich) recht schlüssig eine Überlegung für gesellschaftlich-religösen Umbrüche in der jüngeren Vergangenheit. Bottlinger lässt ihren fantastischen Roman auf Mythen monotheistischer Religionen fußen, überfrachtet die Geschichte jedoch nicht damit.

Fazit:  04aPerlenpunkte

Mythen und Realität sind hier geschickt mit fantastischen Elementen verwoben und zu einem ebenso spannenden wie faszinierenden Debütroman verarbeitet worden. Das bietet gleichermaßen Unterhaltung wie Anreize zum Nachdenken und Raum für Fantasie. Für die erwähnten Kampfszenen gibt es einen kleinen Punktabzug, da sie mir persönlich zu viel waren und für kleinere Längen sorgten. Dennoch bleibt zu hoffen, dass die Autorin bald – in welcher Form auch immer – nachlegt. Ich möchte für Aeternum vier von fünf Punkten vergeben.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

19. April 2013

RIEBE, BRIGITTE: DIE SCHÖNE PHILIPPINE WELSERIN

Die_schöne_Phili_Welserin_RLYVerlag: Gmeiner
ISBN-13. 9783839213513
ISBN-10: 3839213517
Genre: Historischer Roman
Ausgabe: 1. Auflage 03/2013
Taschenbuch, 336 Seiten
Neupreis [D] 14,99 €

 

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Autorin: Brigitte Riebe ©Schelke Umbach

Autorin: Brigitte Riebe
©Schelke Umbach

Seit 1994 sind 21 Bücher der 1953 geborenen, promovierten Historikerin, einstigen Museumspädagogin und ehemaligen Verlagslektorin veröffentlicht worden. Allesamt historisch wenden sie sich teils an ein jugendliches Publikum, größtenteils jedoch an erwachsene Leser. Als freie Autorin begann Griebe allerdings bereits vier Jahre vorher. Und im Grunde sind die eben erwähnten Romane, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden, auch nur ein Teil ihrer Arbeit. Denn unter den Pseudonymen Lara Stern und Felicitas Gruber (hier in Zusammenarbeit mit Gesine Hirsch) verfasste sie zudem bislang mindestens 9 veröffentlichte Krimis.

Gerade liegt der aktuelle Roman der Autorin vor mir. Bei dem ist mir etwas passiert, was äußerst selten vorkommt. Das in Pink gehaltene Hintergrundmotiv des Covers löste seltsamerweise mehrmals den Reflex aus, das Buch auf meinem SuB nach unten zu packen, kaum dass es oben lag. Wie auch immer, es dauerte etwas, bis ich mich an die Lektüre machte. Und obwohl ich mit der Farbe besagten Covers noch immer meine Probleme habe, hat mir der Inhalt wie gewohnt (ent-)spannend-unterhaltsame Lesestunden beschert. Schön fand ich übrigens die Gestaltung der Kapitelanfänge, die verschiedene Kräuter zeigen und beschreiben. Dies geschieht nicht willkürlich. Jede der so vorgestellten Pflanzen spielt im anschließenden Kapitel eine Rolle und stellt somit einen Bezug zur Geschichte her.

In der geht es um eine ertrotzte Liebe mit einem Habsburger. Falsch liegt allerdings, wer dabei sofort an Elisabeth Amalie Eugenie, auch Sisi, Sissi oder Lisi genannt, denkt. Die mag zwar auch nicht für Franz Josef vorgesehen gewesen sein, lebte aber erstens wesentlich später und zweitens verrät ja schon der Titel, dass es um jemand anderen geht.

Der Roman beschreibt vielmehr das Leben der Patriziertochter Philippine (kurz Pippa) Welser, die von der Öffentlichkeit nur als Geliebte eines kaiserlichen Thronfolgers betrachtet wurde, obwohl sie tatsächlich, wenn auch heimlich, mit ihm verheiratet war und mehrere gemeinsame Kinder zur Welt brachte. Der sich aus dieser Ehe ergebende Status rief neben Bewunderern etliche Neider und Widersacher auf den Plan. Das Leben Philippines war geprägt von dieser unerlaubten Liebe, Glück und Trauer (nicht alle ihre Kinder erreichten das Erwachsenenalter) und beständiger Angst. Sie wusste nicht, wem sie trauen konnte, fürchtete sich vor Giftanschlägen. Herauszufinden, wer Freund oder Feind war, beeinflusste ihren Alltag. Bevor man allerdings etwas darüber erfährt, beginnt der Roman zunächst mit Philippines Ende, im Zuge dessen sie sich an ihr Leben erinnert.

Das Buch wird im Genre historischer Kriminalroman angeboten. Obwohl tatsächlich mehrere Personen sterben und Giftanschläge eine Rolle spielen, würde ich es dennoch persönlich eher von einer historischen Liebes- bzw. Lebensgeschichte sprechen, deren dominierendes Kernstück Philippine ist. Tatsächliche Aufklärung, wie ich sie in einem Krimi erwarte, findet nicht statt. Es bleibt offen, ob die Anschläge auf Pippa und ihre Kinder politisch motiviert oder eher durch Eifersucht begründet waren. Nebenbei erwähnt, Philippine Welserin ist nicht frei erfunden. Das Covermotiv zeigt ein Gemälde der echten Philippine Welserin. Auch die übrigen Charaktere sind nicht rein fiktiv. Vielleicht wirken sie deshalb alle so echt und facettiert? Obwohl das Buch keine Biografie der historischen Persönlichkeit ist, hat die Autorin zahlreiche Rechercheergebnisse in die Geschichte eingeflochten. Sie fügt in einem Nachwort ergänzende Daten und Tatsachen an und lässt sich darin auch über Fiktion und Wirklichkeit aus.

Die reale Philippine fiel bereits früh durch ihre Schönheit ebenso auf, wie durch ihr Interesse an naturwissenschaftlichen Dingen und kaufmännischen Angelegenheiten. Und auch Griebe stellt Pippa klug und gebildet, und das nicht nur auf die Pflanzenheilkunde bezogen, dar. Als eine Frau, die angesichts der heimlich gehaltenen Beziehung und dem Wunsch eine gute Frau und Mutter zu sein, zu zerbrechen drohte. Die, wie bereits erwähnt und durchaus berechtigt, Angst hatte, beiseitegeschafft zu werden und dennoch die glücklichen Momente im Kreise ihrer Familie genießen konnte. Die mit Intrigen und Schicksalschlägen kämpfen musste, ohne sich wirklich unterkriegen zu lassen. Angesichts aller Erlebnisse wirkt der Roman in weiten Teilen recht schwermütig.

Griebes Erzählstil lässt einen leicht in die Geschichte eintauchen. Einerseits hat sie Dialoge der damaligen Zeit (16. Jahrhundert) angepasst, andererseits eine einfache Sprache gewählt. Dass sich auch mit einer solchen eine dichte, aber nicht zu üppige, und authentische Hintergrundatmosphäre weben lässt, beweist die Autorin nicht zum ersten Mal. Andererseits nehmen LeserInnen aus verschiedenen Perspektiven am Geschehen teil. Es gibt Tagebuchpassagen, in denen Pippa direkt zu Wort kommt, und Kapitel, in denen alles von einem Erzähler aus Pippas Sicht vermittelt wird. Das sorgt dafür, dass der Roman lebendig wirkt. Man kann mitfiebern und -fühlen.

Bei vielen historischen Romanen, die sich über mehrere Jahrzehnte ziehen und dabei auf eine Person fokussiert sind, habe ich für gewöhnlich das Gefühl, dass etwas fehlt bzw. einfach übersprungen wird, während andere Dinge zu ausführlich dargestellt werden. Nicht so in Griebes Roman Die schöne Philippine Welserin. Ausgewogen rollte sich das Leben Pippas vor meinem Augen auf und ließ nicht zu, dass ich das Buch aus der Hand legte.

Fazit: 04aperlenpunkte.jpg

Eine geschickte Auswahl an fiktiven und historischen Begebenheiten, die harmonisch und schlüssig, auf unterhaltsame und spannende Art miteinander verknüpft wurden. Das Porträt einer klugen Frau, die allen Intrigen und Widrigkeiten zum Trotz ihre Liebe zu einem der österreichischen Thronfolger auslebte. Dafür möchte ich vier von fünf Punkten vergeben.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

17. April 2013

McGUIRE, JAMIE: BEAUTIFUL DISASTER

Filed under: Roman — Schlagwörter: , , , , , , , — Ati @ 16:56

357_McGuire_BeautifulDisasterOriginaltitel: Beautiful Disaster
übersetzt von: Henriette Zeltner
Verlag: Piper
ISBN-13: 9783492303347
ISBN-10: 349230334X
Genre: Belletristik
Ausgabe: 1. Auflage 04/2013
Taschenbuch, 464 Seiten
Neupreis [D] 9,99 €

 

Verlagsseite
Autorenseite (englisch)

Für alle Fans von Stephenie Meyer und E. L. James hieß es in einer Mail, die ich vor einigen Wochen erhalten habe. Darin wurde Beautiful Disaster von Jamie McGuire beworben. Einer der Romane, der das bisherige Verlagswesen etwas durcheinanderwirbelt. Zunächst selbstständig von der in Oklahoma aufgewachsenen Autorin Jamie McGuire als eBook veröffentlicht, schaffte er es in die Top10 der Bestsellerliste der New York Times. Die daraus resultierende Printausgabe toppte dieses Ergebnis dann noch.

Offen gestanden war ich recht gespannt auf das Buch. Denn obwohl mir Meyers Roman Seelen gut gefallen hat, konnte ich mich mit ihrer Biss-Reihe überhaupt gar nicht anfreunden. Und auch bei James erotischer Trilogie verstand ich den Hype nicht im Geringsten. Inwiefern aber (thematisch) so gegensätzliche Reihen in einem Buch vereint worden sein sollten, machte mich neugierig. Sollte da ein erotisches Buch für Jugendliche oder junge Erwachsene herauskommen? Mhm …

Wobei: Ein Buch ist es letztlich dann doch nicht. Der zweite Band heißt Walking Disaster. Da flattert dann der Schmetterling auf dem Cover nicht mehr im Glas, sondern schmiegt sich an einen muskulösen, männlichen und tätowierten Oberkörper. Zumindest beim noch nicht übersetzten Anfang April 2013 erschienen Original. Darin kommt Travis zu Wort. Und da der Brüder hat, sollen auch sie eigene Bücher bekommen. Fans können angesichts dieser Aussichten jubeln, droht der McGuire- Lesestoff doch nicht so schnell auszugehen.

Tja, und da saß ich nun mit dem Buch, schlug es auf und las. Las recht schnell, denn die Übersetzung büßte zwar, wie ich gelesen habe, einiges an Kraftausdrücken ein, ist jedoch in recht einfacher, jugendlich angepasster Sprache geschrieben, die LeserInnen grundsätzlich nicht allzu viel abverlangt. Der eigentliche Inhalt jedoch … Nun, der forderte mir dann doch Durchhaltevermögen ab.

In Beautiful Disaster geht es um die Studentin Abby. Die hat ihr altes Leben hinter sich gelassen und gilt als brav und unauffällig. Recht harmlos gestaltet sich ihr Leben an der Uni bzw. im Wohnheim. Jedenfalls bis sie von ihrer besten Freundin zu einem Freestyle-Kampf mitgenommen wird. Sobald sie Travis (unersättlicher Womanizer, der einem unerlaubten aber gewinnträchtigen Hobby frönt und regelmäßig andere Kampfwillige vermöbelt) trifft, wird alles anders. Eine verlorene Wette zwingt sie mehr oder weniger dazu, bei Travis und seinem Wohnungsgenossen einzuziehen, der praktischerweise der Freund ihrer besten Freundin ist. Natürlich ist Travis mehr als ein gut aussehender, Fäuste schwingender Frauenheld. Klug und in gewisser Weise fürsorglich, versteckt er seine eher guten Seiten hinter seinem besitzergreifenden Bad Boy-Image. Und obwohl Abby eigentlich gleich von Anfang an ihre Krallen gegen ihn ausfährt, kommen sie sich zwangsläufig näher.

Könnte spannend und unterhaltsam sein, war es aber für mich nicht sonderlich. Meine schnell keimende Hoffnung, dass da doch noch etwas kommen müsste, erfüllte sich nicht. Allzu viel Handlung bietet McGuires Roman nicht. Und das bisschen, das es gibt, entwickelt sich eher zäh, enthält Wiederholungen und ist überaus vorhersehbar.

Abby und Travis zoffen und vertragen sich und zoffen und vertragen sich. Dazwischen eine kleine Trennung und Versöhnung. Hab ich noch etwas vergessen? Ach ja, sie zoffen und vertragen sich. Und das alles dank der Wette. Ein seltsames Konstrukt übrigens. Es sorgt zwar dafür, dass die beiden Hauptfiguren Zeit miteinander verbringen (hab ich schon erwähnt, dass sie die nutzen, um sich zu zoffen und zu vertragen?), bleibt jedoch trotzdem eben nur ein seltsames Konstrukt. Und das, wo Abby doch angeblich so tough ist.

Hätte die Autorin sich darauf beschränkt, Bad Boy Travis von Abby bezähmen zu lassen, wäre das zwar nicht nervenaufreibend spannend aber vermutlich noch ganz okay gewesen. Doch dann brachte sie zunehmend Abbys Vergangenheit und kitschige Klischees ins Spiel. Spätestens damit lief McGuires Roman ernsthaft Gefahr auf dem recht niedrigen Stapel abgebrochener Bücher zu landen (die kann ich auch nach vielen Jahren Lesewut noch an einer Hand abzählen, weil ich weiß, wie viel Arbeit in einem Buch steckt).

Möglicherweise hätten komplexe Charaktere die Geschichte retten können? Wer weiß, allerdings habe ich keinen solchen gefunden. Teils sind sie zu schwach skizziert, teils zu eindimensional. Wirklich einfühlen konnte ich mich in niemanden. Sympathiepunkte gab es auch nicht.

Außerdem habe ich vergeblich versucht, die Liebesgeschichte zu sehen. Sicher, die beiden kommen sich näher. Und auch wenn es nicht allzu häufig, eher lau als heiß hergeht, weiß man, was die beiden machen. Aber das ist ja nicht unbedingt Liebe, sondern kann allenfalls als Flattern im Bauch bezeichnet werden. Was genau den einen für den anderen liebenswert macht? Irgendwie ging das für mich in unbeherrschten Aktionen seitens Travis, Partys und viel, viel, viel Alkohol unter. Vermutlich war nach der Lektüre, und allein von dieser, mein Blutalkoholgehalt nicht mehr ganz bei null. Wehe, wenn sie losgelassen. Amerikanische Teenager sollen ja diesbezüglich gerne über die Stränge schlagen, wenn sie unbeaufsichtigt sind. Doch ein paar Promille weniger hätten McGuires Figuren hier eindeutig gut getan. Dann hätte Travis vielleicht auch nicht auf alles außer Abby eingedroschen, was seinen Unmut erregt hat.

Ein gutes Ende hätte mich meine negative Meinung über den Roman vielleicht noch einmal revidieren lassen. Doch angesichts der zunehmend schnulzig-abgeschmackten Entwicklung endete der Roman für mich nicht gut. Vielmehr war ich froh, als ich endlich damit durch war.

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Beautiful? Na ja. Disaster? Schon eher. Recht schnell verlor das Umblättern an Reiz, obwohl der Schreibstil leicht lesbar ist. Da die Handlung weder überraschende Wendungen noch allzu viel Inhalt bot, vieles einfach überzogen wirkte und die Charaktere mich nicht überzeugen konnten, gibt es nur einen von fünf Punkten für McGuires Roman Beautiful Disaster. Lust auf Travis Sichtweise, sprich auf Walking Disaster, hat er nicht in mir geweckt.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

EVANS, HARRIET: DAS BUCH DER VERBORGENEN WÜNSCHE

Filed under: Belletristik,Roman — Schlagwörter: , , , , , , — Ati @ 14:57

355_evans_dasbuchderverborgenenwuensche.jpgOriginaltitel: Love always
übersetzt von Tina Thesenfitz
Verlag: Knaur Taschenbuch
ISBN-13: 9783426511909
ISBN-10: 3426511908
Belletristik
Ausgabe: 03/2013
Taschenbuch, 592 Seiten
Neupreis [D] 9,99 €

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Autorenseite (englisch)

Die 1974 in London geborene Autorin sandte 2003 die ersten Seiten eines Manuskripts unter einem Pseudonym an einen Agenten. Damals arbeitete Sie hauptberuflich, z. B. als Lektorin, in der Buchbranche, unter anderem bis 2003 bei Penguin. Doch nachdem gleich fünf ihrer Romane bei Harper Collins verlegt wurden, kann sie sich spätestens seit 2008 ganz dem Schreiben widmen. Ihre Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt und Evans zählt mittlerweile zu den ganz Großen der Frauenunterhaltung. Mit entsprechend großen Erwartungen ging ich denn an Das Haus der verborgenen Wünsche heran, die deutsche Übersetzung von Love always und mein erstes Buch der Autorin.

Darin geht es um Natasha. Deren Leben bricht gerade auseinander. Ihre Beziehung ist kaputt und die Schmuckdesignerin steht kurz vor dem Bankrott. Dann stirbt auch noch ihre Großmutter. Ausgerechnet die Frau, die so etwas wie ein Fels in der Brandung war. Ihr Vorbild. Ihr sicherer Halt, den sie bei ihrer unbeständigen, rastlosen und augenscheinlich lieblosen Mutter und ganz ohne Vater dringend benötigte.

Als Auszüge eines Tagebuchs auftauchen, ergeben sich Fragen. Summercove, das bisher nicht nur Feriendomizil, sondern auch so etwas wie Heimat für sie war, wird verkauft und ihre eigenen Erinnerungen erscheinen vor dem, was sie erfährt, falsch zu sein. Obwohl Natasha es sich angesichts ihrer momentanen persönlichen Situation gar nicht leisten kann, geht sie auf Spurensuche und findet letztlich etwas, womit sie gar nicht gerechnet hat.

Evans erzählt die Geschichte bildhaft detailliert, was für eine dichte Atmosphäre, allerdings auch für einzelne Längen sorgt. Das Haus der verborgenen Wünsche spielt auf verschiedenen Zeitebenen. Die Autorin springt zwischen den 1960er-Jahren und der Gegenwart hin und her, lässt teilweise Natasha selbst und dann wieder einen Erzähler zu Wort kommen. Teils siedelt sie das Geschehen in Cornwall, dann wieder in London an. Und offenbart Stück für Stück die brüchige Fassade einer scheinbar respektablen Familie, Lügen und Mutmaßungen, Vorwürfe und Ausgrenzungen. Ein Jahrzehnte zurückliegender Todesfall, über den selten gesprochen wird, änderte alles. Sorgte für Gefühle, die lange unterdrückt, und Schuldgefühle, die nie überwunden wurden.

Kann eine unaufgeregte Geschichte dramatisch sein? Evans Roman ist sowohl das eine wie das andere. Zusätzlich wartet sie auch noch mit einer dezent eingefügten Liebesgeschichte auf, die das Ganze abrundet. Sie passt sich genauso harmonisch dem übrigen Geschehen an, wie sie glaubwürdig wirkt. Vermutlich, weil sie von lebensecht wirkenden Charakteren erlebt wird. Insgesamt offenbaren sich Evans Figuren teils liebenswert oder unsympathisch und berechnend, teils hilflos oder wütend, aufmüpfig oder mutlos, kalt- oder warmherzig, facettenreich und immer authentisch. Ihre Handlungen wirken glaubwürdig.

Während der Teil, der die Vergangenheit betrifft, zwar wie bereits erwähnt dramatisch aber doch eher distanziert auf mich wirkte, war ich begierig zu lesen, alles zu lesen, was die Gegenwart und Natasha betraf. Sie durchläuft eine Entwicklung, die mich mit ihr fühlen ließ, gleichzeitig ließ mich das Schicksal ihrer Mutter nicht kalt.

Am Ende alles rosarot und wieder gut? Jein. Das Ende ist der Geschichte angepasst. Unaufgeregt erwachsen könnte man sagen. Nicht einfach schöngefärbt, nicht unwahrscheinlich, aus der Handlung heraus betrachtet das einzig mögliche konsequente Ende, das es für diesen Roman geben kann.

Fazit: 04aperlenpunkte.jpg

Berührender Roman mit Tiefgang. Er lässt sich leicht lesen, ohne einfach nur seicht-leichte Unterhaltungslektüre zu sein. Das Haus der verborgenen Wünsche bekommt vier von fünf Punkten von mir.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

GANSS, INGRID: DER SPIELMANN

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Verlag: Dryas
ISBN-13: 9783940855169
ISBN-10: 3940855162
Belletristik, historisch
Ausgabe: 1. Auflage 11/2009
Taschenbuch, 600 Seiten
Neupreis [D]: 14,00 €

Verlagsseite

 

Ingrid Ganss © Privat

Ingrid Ganss
© Privat

Habe ich schon einmal erwähnt, dass ich Märchen liebe? Die lese ich allerdings meist in Form von Märchensammlungen. Deshalb wäre ich auch beinahe an dem ursprünglich bereits im Jahr 2000 und auch unter dem Titel Die Braut des Spielmanns erschienenen und 2009 neu von DRYAS aufgelegten Debütroman von Ingrid Ganß vorbeigelaufen. Zu unscheinbar und trist erschien mir ehrlich gesagt dessen Aufmachung. Weder die Covergestaltung noch die Dicke des Buches deutete auf das hin, was ich letztlich darin fand. Die 1959 geborene Autorin, Fremdsprachen-korrespondentin und Industriekauffrau schreibt seit frühester Kindheit Geschichten und Märchen. Ihr Debütroman erzählt das Märchen von König Drosselbart der Brüder Grimm auf tiefgründige und nicht durchgehend märchenhafte Weise nach.

Während bei den bekannten Märchenerzählern die Prinzessin anfangs nur wankelmütig, stolz und hämisch-übermütig dargestellt wird, erfährt man durch Ganß, was hinter deren Verhalten steckt. Ihre weibliche Hauptfigur Elisabeth von Messelstein, die behütet und verwöhnt aufgewachsen ist, offenbart sich als gebildete und moderne Fürstentochter. Das geht so weit, dass sie sich weigert, den Heiratsplänen zuzustimmen, die ihr Vater für sie schmiedet. Sie schüttet genau wie ihre Grimm-Vorgängerin Spott und Häme über mögliche Kandidaten aus, um diese abzuschrecken. Und genau wie diese muss sie mit den Folgen leben. Denn ihr Vater schwört angesichts ihrer Aufmüpfigkeit, sie mit dem erstbesten Mann zu verbinden, der um ihre Hand anhält. Bei einer Verfilmung von König Drosselbart mit Ken Duken trug der einen unansehnlichen Zottelbart im Gesicht und lebte augenscheinlich mehr schlecht als recht von seinen Tonwaren. Ganß lässt ihren Spielmann Jakob, besagter Erstbester, gleich von Anfang an gut aussehen. Ein Bruch zu Elisabeths bisherigen Leben ist das an der Seite ihres Mannes auf staubigen Landstraßen, in einer schäbigen Hütte und einer Welt voller Gaukler, Zigeuner und einfachem Volk jedoch allemal. Bald schon droht sie am Kampf ums Überleben zu verzweifeln. Doch als sie erkennt, dass sie die wahren Schönheiten des Lebens in ihrem goldenen Käfig bislang nicht erkannt hat, versucht sie, an Jakobs Seite eine Existenz aufzubauen.

Während die Brüder Grimm sich auf einige Aspekte beschränkten (immerhin haben ihre Märchen selten allzu viele Seiten), kann Ganß wesentlich tiefer gehen und tut dies auch. Sie siedelt ihre Geschichte im von Armut und Not gebeutelten Deutschland Mitte des 17. Jahrhunderts kurz nach dem 30jährigen Krieg an. Die von ihr heraufbeschworenen Orte sind erdacht, wirken jedoch real. Bauern versuchen sich gegen die nach wie vor im Luxus lebenden Adligen bzw. deren stete Forderungen in Form von Steuern und Abgaben aufzulehnen, was tödliche Folgen für sie haben kann. Elisabeth zeigt sich bezüglich ihrer Rolle als Frau emanzipiert. Die gleichermaßen nachdenkliche wie zunehmend sympathische weibliche Hauptfigur steht einem männlichen Part gegenüber, der an der Welt zu verzweifeln droht. Seine Gedanken werden selten explizit ausgesprochen. Doch obwohl die Geschichte größtenteils aus Elisabeths Sicht erzählt wird, kann man als LeserIn Jakobs Überlegungen, seine Zweifel und Hoffnungen allzeit klar nachvollziehen. Er scheint ein recht bewegtes, aufrührerisches Leben geführt zu haben. Während er Elisabeth mehrfach auflaufen und sie ihre Vorurteile und ihr Unwissen auf die harte Tour erkennen lässt, muss er feststellen, dass er selbst nicht von Voreingenommenheit, Intoleranz und Engstirnigkeit frei ist. Wer oder was er wirklich ist, beschäftigt LeserInnen den ganzen Roman hindurch, das Geheimnis wird erst gegen Ende etwas gelüftet.

Empathisch und sorgfältig beschreibt die Autorin die Wandlung, die Elisabeth durchmacht. Das Gefühl der inneren Zerrissenheit, dass das neue Leben (welches durchaus Platz für eigene Wünsche und Träume bietet), im Zusammenhang mit dem damaligen Sinn für Sitte und Anstand und ihrer Erziehung auslöst. Und so modern die junge Frau in gewisser Weise denken mag, so unsicher ist sie bei allem, was die körperliche Seite ihrer Ehe mit Jakob angeht. Wobei man hier eindeutig sagen kann: Ein Glück, dass es Jakob ist und niemand, der sie einfach derb an ihre ehelichen Pflichten erinnert und sich über ihre Bedürfnisse hinwegsetzt. Doch einfach ist das Leben an seiner Seite wie gesagt nicht.

Schlüssig und stringent verwebt Ganß einen bildhaft-detaillierten Erzählfaden mit dem anderen. So entsteht sukzessive eine dichte und stimmige Hintergrundatmosphäre, vor der die komplex herausgearbeiteten Figuren agieren. Doch birgt das Schaffen einer dichten Hintergrundatmosphäre die Gefahr von Längen; Ganß konnte sich ihr denn auch prompt nicht völlig entziehen.

Ein weiterer Schwachpunkt ist, dass die Autorin in dem Versuch, ihre Figuren so authentisch wie möglich darzustellen, eingangs Dialoge durch Verwendung einzelner Begriffe so hochtrabend-gekünstelt und salbungsvoll-gespreizt gestaltet, dass manche vielleicht das Buch verfrüht aus der Hand legen. Doch ist das wirklich ein Schwachpunkt? Die Dialoge mögen aus heutiger Sicht betrachtet zu gestellt wirken. Gleichzeitig zeigt sich durch diese gekünstelte Hofsprache jedoch sehr gut die vermeintliche Überlegenheit des Adels über das einfache Volk. Zumal diejenigen, die sich daran stören, bald feststellen werden, dass die Dialoge lebendiger werden, sobald Elisabeth an Jakobs Seite Messelstein verlässt. Spätestens ab da liest sich der Roman sehr flüssig.

Doch während die Brüder Grimm ihre Figuren glücklich bis an ihr Ende leben ließen, steuert die Geschichte von Jakob und Elisabeth auf ein offenes Ende zu. Es vereint Hoffnung und die harte, reale Existenz auf subtile Weise miteinander. Es passt auch auf die beiden Hauptfiguren und überhaupt sehr gut, weil es aus der Geschichte heraus und in sich die einzig konsequente Lösung ist. Doch spätestens hier unterscheidet sich der Roman von der Märchenvorlage.

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Ein trotz kleinerer Längen lebendig erzählter, mitreißender Mix aus Märchen, Liebesgeschichte und historischem Roman, der sich irgendwie allen Genrezuordnungen zu entziehen scheint. Ein Roman von Schuld und Sühne, Stolz und Vorurteil, Liebe und Vergebung; der zeigt, wie sehr ein erster Eindruck täuschen kann. Und einer, der glücklicherweise eine Fortsetzung gefunden hat. 2010 erschien Der König, den ich nach Der Spielmann mit Sicherheit ebenfalls lesen werde. Für das Debüt von Ingrid Ganß möchte ich vier von fünf Punkten vergeben.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

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