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3. Mai 2013

BOTTLINGER, ANDREA: AETERNUM

349_Bottlinger_Aeternum Verlag: Knaur Taschenbuch
ISBN-13: 9783426511794
ISBN-10: 3426511797
Fantasy
Ausgabe 04/2013
Taschenbuch, 576 Seiten
Neupreis [D] 12,99 €

 

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Habe ich schon einmal erwähnt, dass ich mich mit Büchern schwer tue, in denen Engel vorkommen? Egal ob es sich beispielsweise um die Fallen-Angels-Reihe von J. R. Ward, Angelus von Danielle Trussoni oder auch Becca Fitzgeralds Engel-der-Nacht-Reihe handelte – irgendwann (meist recht bald) fand ich etliche Kritikpunkte, die mir den Lesespaß vermasselten. Dessen ungeachtet versuche ich mich immer wieder daran und so landete Aeternum denn auch prompt auf meinem SuB.

Andrea Bottlinger © privat

Andrea Bottlinger
© privat

Die 1985 in Karlsruhe geborene Andrea Bottlinger fühlt sich nach eigenen Angaben im Fantasybereich am wohlsten. Sie war bzw. ist freie Mitarbeiterin der Zeitschriften SpaceView, Geek und Nautilus und interviewte in der Vergangenheit Autoren für Verlage wie cbt und Piper. Bottlinger, die neben Ägyptologie auch Komparatistik und Buchwissenschaften studiert hat, lebt heute in Heilbronn. Sie gibt Schreibkurse, arbeitet als Lektorin, verfasst Buchbesprechungen und veröffentlichte mit Aeternum ihren Debütroman.

In dem öffnet sich ohne Vorwarnung mitten in Berlin ein riesiger Krater, der bis tief in den Untergrund der Hauptstadt reicht. Niemand kann sich erklären, wie er zustande kam und niemand kann abschätzen, was damit zusammenhängend noch alles passieren kann. Denn natürlichen Ursprungs ist dieses Ereignis nicht. Doch nicht nur die Menschheit versucht herauszufinden, was es damit auf sich hat. Auch miteinander verfeindete Dämonen und Engel tun ihr Möglichstes. Zu diesem Zweck wählen sie je einen Abgesandten, der der Sache sprichwörtlich auf den Grund gehen soll. Schon bald begeben sich der gefallene Engel Jul und die einem Dämon als Magierin dienende Amanda in die Tiefen, während weiter oben alles eskaliert.

Wie gesagt, meist vergeht mir die Leselust bei Büchern mit Engeln recht schnell. Ich lese zwar weiter, aber ich kam bisher nie in Versuchung die Bücher wärmstens weiterzuempfehlen oder Ähnliches. Oft kommt es mir so vor, als ob die Autoren nicht so recht wissen, in welche Richtung sie jetzt eigentlich wollen. Bei Bottlingers Debütroman ging es mir nicht so. Ich habe auch hier etwas gefunden, das mich stört. Aber: Aeternum nahm mich von Anfang an und bis zum Schluss gefangen.

Wer streng gläubig ist, wird womöglich ein Problem mit der Idee haben, die sich nach und nach (allerdings temporeich) herauskristallisiert, sie womöglich geradezu blasphemisch finden. Denn abgesehen davon, dass Bottlinger, wie andere Autoren auch, Engel nicht automatisch gut und Dämonen nicht per se schlecht beschreibt, geht sie sogar soweit, dass ihre weibliche Hauptfigur sich an jemanden heranwagen muss, der eigentlich außerhalb menschlicher Reichweite ist. Denn Gott selbst (und damit geradezu symbiotisch auch der Teufel) haben mit den ungewöhnlichen Vorfällen zu tun. Ihretwegen droht die Welt, wie wir sie kennen, unterzugehen. Ihretwegen kommt es zu einem blutigen und tödlichen Kampf zwischen den Dämonen und Engeln. Und für die wiederum sind die menschlichen Opfer lediglich verschmerzbare Kollateralschäden.

Illustrativ detailliert wurde die Hintergrundatmosphäre von Bottlinger geschaffen. Berlin – auch wenn es sich täglich zu verändern scheint – erschien klar vor meinem inneren Auge. Und das, obwohl ein großer Teil der Geschichte unterirdisch spielt.

Hinzu kommen gut herausgearbeitete und (für mich auch) überraschend echt wirkende Charaktere mit einigen Stärken aber genauso vielen Schwächen und Fehlern. Das tröstet darüber hinweg, dass Bottlinger sich bei der Beschreibung einiger Figuren an bekannten Bildern orientiert. Die großen, hell gekleideten, weißblonden Engel erfüllen ihre Aufgabe mit himmlischer Konsequenz und ihren Flammenschwertern. Die Dämonen wiederum wirken in ihrer wirklichen Gestalt abschreckend hässlich und Frucht einflößend, gierig und vordergründig berechnend und falsch und wenden Magie an.

Doch halt: Ganz so einfach ist es nicht. Bottlinger erzählt nicht einfach nur eine neue Variante von Gut gegen Böse, bei der es natürlich nur einen Gewinner geben kann. An der Stelle – das Cover finde ich mehr als passend. Die sich berührenden Umrisse der zwei geflügelten Gestalten wirken in ihrer Ausarbeitung doch als Einheit. Genau wie Gott und der Teufel, Gut und Böse, Licht und Dunkel, Engel und Dämonen, Gebot und Tabu, Glaube und Wissen, Macht und Ohnmacht. Sie könnten augenscheinlich alleine für sich bestehen, benötigen aber den anderen, um wirklich zu wirken. Eine Trennung? Unmöglich.

Und schon bald wurde mir klar, dass Amanda und Jul zwar vordergründig um die Rettung der menschlichen Welt kämpfen, die zwischen den verfeindeten Fraktionen einfach zerrieben zu werden droht. Tatsächlich aber geht es um Begreifen und Einsicht, um Erkenntnis. Um Fühlen und Mitgefühl. Über den eigenen Schatten zu springen. Freundschaft und Vertrauen zuzulassen. Toleranz und eigenständiges Denken und darum, Konsequenzen aus diesen Überlegungen zu ziehen, weil eigentlich alle in einem Boot sitzen, das in einer Katastrophe zu sinken droht.

Das alles ist in eine Geschichte gepackt, in der sich die beiden Hauptfiguren Amanda und Jul näherkommen, obwohl sie sich anfangs gar nicht ausstehen können. Einfach, weil jeder seine eigene Motivation hat, sein eigenes Ziel verfolgt. Während Amanda ihren Bruder retten möchte, will Jul seine Flügel zurück, die ihm vor langer Zeit genommen wurden. Wer allerdings auf eine richtige Liebesgeschichte hofft, kann sich diese Hoffnung gleich wieder abschminken. Dazu werden die beiden viel zu häufig in blutige Kampfszenen verwickelt, die ich in ihrer Fülle und Ausführlichkeit tatsächlich als Manko dieses Romans betrachte. Allerdings ist dieses Manko nicht so groß, dass es mir den Lesespaß an Aeternum verdorben hat. Und die Geschichte zwischen den beiden fügt sich harmonisch in das gesamte Geschehen ein.

Der Lesespaß blieb mir mit Sicherheit auch erhalten, weil mir der Schreibstil von Bottlinger gefallen hat. Sie wechselt fließend die Perspektiven, lässt ihre LeserInnen aus Amandas Sicht am Geschehen teilhaben, dann wieder aus der von Jul. Die Autorin webt die Schöpfungsgeschichte aus der Sicht eines Engels ein und (für mich) recht schlüssig eine Überlegung für gesellschaftlich-religösen Umbrüche in der jüngeren Vergangenheit. Bottlinger lässt ihren fantastischen Roman auf Mythen monotheistischer Religionen fußen, überfrachtet die Geschichte jedoch nicht damit.

Fazit:  04aPerlenpunkte

Mythen und Realität sind hier geschickt mit fantastischen Elementen verwoben und zu einem ebenso spannenden wie faszinierenden Debütroman verarbeitet worden. Das bietet gleichermaßen Unterhaltung wie Anreize zum Nachdenken und Raum für Fantasie. Für die erwähnten Kampfszenen gibt es einen kleinen Punktabzug, da sie mir persönlich zu viel waren und für kleinere Längen sorgten. Dennoch bleibt zu hoffen, dass die Autorin bald – in welcher Form auch immer – nachlegt. Ich möchte für Aeternum vier von fünf Punkten vergeben.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

16. April 2013

FITZPATRICK, BECCA: RETTE MICH

354_fitzpatrick_rettemich_engeldernacht03.jpgOriginaltitel: Crescendo
übersetzt von Sigrun Zühlke
Verlag: Page & Turner
ISBN-13: 9783442204076
ISBN-10: 3442204070
Fantasy, Jugendbuch
Ausgabe 03/2013
Serie: The Hush Hush Saga/ Engel der Nacht (Band 03)
Taschenbuch mit Klappenbroschur, 448 Seiten
Neupreis [D] 16,99 €

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Becca Fitzpatrick © Ali Eisenach

Becca Fitzpatrick
© Ali Eisenach

Es ist 10 Jahre her, dass ihr Mann sie anlässlich ihres 24. Geburtstages zu einem Kurs für Literarisches Schreiben anmeldete. Doch die 1979 geborene und in Colorado lebende, amerikanische Autorin Becca Fitzpatrick konnte damit ihren seit Langem bestehenden Traum vom Schreiben näherkommen und nutze ihre Chance. Bereits damals begann sie mit der Arbeit an Hush Hush. Zusammen mit anderen AutorInnen war sie auch an einer Sammlung von Kurzgeschichten beteiligt, die unter dem Titel Kiss me deadly – 13 tales of paranormal love veröffentlicht wurde.

Ihr Debütroman landete auf der Bestsellerliste der New York Times und erregte auch außerhalb der Staaten Aufmerksamkeit. Page & Turner veröffentlichte die deutschen Übersetzungen der Hush Hush Saga unter dem Reihentitel Engel der Nacht. Die Cover der amerikanischen und deutschen Ausgaben von Band 1 (Hush Hush/Engel der Nacht) und Band 3 (Silence/Rette mich) sind vom Motiv her gleich geblieben. Ob das Motiv von Band 4 (Finale)  ebenso vom amerikanischen Original abweicht wie Band 2 (Crescendo/Bis das Feuer die Nacht erhellt) ist mir nicht bekannt. Sicher ist jedoch, dass LD Entertainment sich mittlerweile die Filmrechte an der Buchreihe sicherte. Noch ist allerdings nicht gewiss, ob tatsächlich ein Film daraus wird.

Es empfiehlt sich, die Bücher in der Reihenfolge ihrer Erscheinung zu lesen, denn obwohl im dritten Band einiges wiederholt wird, würde sonst einfach zu viel fehlen. Wie zuvor gelingt es der Autorin auch im dritten Band, eine atmosphärische dichte Hintergrundatmosphäre zu schaffen. Reales wird mit Fantasy gemixt.

Obwohl ich zugegebenermaßen mit Büchern, die (gefallene) Engel thematisieren, das eine oder andere Problem habe, versuche ich mich immer wieder daran. Und so habe ich mir vor etlichen Wochen in die beiden Vorgängerbücher vertieft.

Im ersten Band begegnete Nora Patch zum ersten Mal. Der wirkt unheimlich und geheimnisvoll auf sie und ist ihr nicht ganz geheuer. Erschwerend kommt hinzu, dass sich Nora immer häufiger verfolgt fühlt. Obwohl sie nicht ausschließen kann, dass Patch dahinter steckt, fühlt sie sich zu ihm hingezogen. Außerdem würde sie zu gerne wissen, was die seltsame Narbe auf seinem Rücken zu bedeuten hat. Den Reihenauftakt fand ich durchwachsen, doch machte er mich neugierig auf die Fortsetzung.

Dass Nora wahrhaftig Kontakt mit einem Engel hat, wird bald klar. Noch dazu mit ihrem Schutzengel, der sein Leben für sie opfert. Doch statt im zweiten Band ihre Gefühle für Patch, die übrigens auf Gegenseitigkeit beruhen, ausleben zu können, muss sie feststellen, dass Patch sich zunehmend zurückzieht. Und auch noch Interesse für ihre Erzfeindin Marcie Millar entwickelt. Nur gut, dass Patch dennoch seine schützende Hand über sie zu halten scheint. Denn im Zusammenhang mit der Suche nach der Wahrheit bezüglich ihres vor Jahren verschwundenen Vaters gerät sie auf gefährliches Terrain. Allerdings, je näher sie dieser Wahrheit kommt, desto mehr muss sie Patchs Verhalten hinterfragen. Obwohl dieser Band mir etwas weniger gefiel als der Vorgänger, blieb meine Neugier auf die Fortsetzung erhalten.

Der dritte Band Rette mich setzt mit dem Erwachen Noras auf einem Friedhof an. Nein, sie ist nicht gestorben und beerdigt worden. Allerdings fehlen ihr fünf Monate in ihrem Gedächtnis. Sie wurde offenbar entführt, kann sich jedoch an nichts erinnern. Nicht einmal an Patch. Ihre Mutter und ihre beste Freundin scheinen mehr zu wissen, geben dieses Wissen jedoch nicht wirklich preis. Der Vater ihrer Erzfeindin Marcie Millar hat sich zwischenzeitlich an Noras Mutter herangemacht, was in Nora alle Alarmglocken schrillen lässt. Und ein alter Bekannter meldet sich zurück, gerade als sie eine seltsame Warnung in ihrem Zimmer findet. Als sie und Patch sich ebenfalls wiedersehen, dringen immer mehr Erinnerungen an die Oberfläche und verwirren Nora zusehends. Wem kann sie trauen, wem nicht?

Soweit so gut. Durch diesen Gedächtnisverlust wird die Geduld von Fitzpatricks LeserInnen auf die Probe gestellt. Wer die Vorgängerbücher gelesen hat, weiß, was Nora darin so alles widerfahren ist. Genau dadurch entwickeln sich bei ihrem Versuch sich zu erinnern Längen, die dem Spannungsbogen nicht gut tun. Man braucht also Durchhaltevermögen. Denn obwohl Nora dickschädelig geblieben ist und neuerdings sogar etwas biestig wirkt, muss man sich erst einmal durch langatmige Überlegungen, Streitgespräche mit Vee und ihrer Mutter und Ähnliches kämpfen. Etwas unglaubwürdig fand ich in diesem Zusammenhang ihren Versuch, ihr altes Leben wieder aufzunehmen. Der Spagat zwischen dem fantastischen Engelelement und dem normalen Dasein eines amerikanischen Teenagers erscheint spätestens in Rette mich zu gewagt, um wirklich authentisch zu wirken.

Da Nora sich nicht an Patch erinnert und der anfangs nur spärlich in Erscheinung tritt, hat sie keine Beziehungsprobleme (die in Band 2 fast zu viel waren). Da Patch allerdings eine, wenn nicht für viele LeserInnen gar die tragende Figur im Geschehen ist, fehlt hier eindeutig etwas. Vee, die mir in den Vorgängerbüchern nicht sehr sympathisch und eher nervig-aufdringlich vorkam, ist glücklicherweise im dritten Buch auch deutlich in den Hintergrund getreten. Oder doch nicht glücklicherweise? Denn bei den Längen hätten ein paar ihrer Kommentare hier womöglich durchaus gut getan.

Patch hat sich zurückgezogen, um Nora zu schützen. Allzu gesprächig ist er ja sowieso grundsätzlich nicht. Allerdings strebt er seinem Ziel so eigenmächtig entgegen, dass man auch als LeserIn nicht so wirklich versteht, was hier gerade Sache ist. Das liegt auch daran, dass genau wie in den Vorgängerbüchern der eine oder andere Handlungsfaden (nicht nur Patch betreffend) rot aufleuchtet und sich dann stillschweigend im Nichts verliert. Wie zuvor scheint nicht alles schlüssig verwoben und logisch, und da dies mittlerweile der dritte Band ist, sollte die Autorin für mein Dafürhalten langsam in die Gänge kommen, was Antworten betrifft. Andererseits liefert sie diese zumindest teilweise. Doch so wie sich Noras Erinnerungen wieder einstellen, ergeben sich einige Verwicklungen bezüglich ihres leiblichen Vaters, die etwas absonderlich und recht konstruiert wirken.

Fazit: 02aperlenpunkte.jpg

Vielleicht bin ich einfach zu alt, doch nachdem mir Bis das Feuer die Nacht erhellt schon nicht mehr so gut wie der Auftaktroman gefallen hat, fand ich Rette mich weniger unterhaltsam als den zweiten Band der Reihe. Manches wird zu konstruiert, anderes zu oberflächlich, das eine oder andere zu langatmig und mehrere Dinge zu unglaubwürdig, als das mich das Buch wirklich fesseln konnte. Und wieder war es Patch, der mir bei aller Kürze seiner Auftritte am ehesten zugesagt hat. Rette mich bekommt trotzdem allenfalls starke zwei von fünf Punkten. Spätestens jetzt bin ich wirklich am Überlegen, ob ich den vierten Band der Reihe nach seinem Erscheinen denn überhaupt noch lesen soll.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

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