Die Leselustige Ati's Rezi-Seite – Buchbesprechungen, Ankündigungen, etc.

28. Februar 2013

VOSSELER, NICOLE C.: IN DIESER GANZ BESONDEREN NACHT

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ISBN-13: 9783570155349
ISBN-10: 357015534X
Fantasy, Jugendbuch (ab 12 Jahren)
Ausgabe 02/2013
Gebundene Ausgabe, 576 Seiten
[D] 18,99 €

Verlagsseite
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Laut Süddeutscher Zeitung verlieren wir uns dank den literarischen Talenten von Vosseler in Raum und Zeit. Vosseler, die 1972 in Villingen-Schwenningen geboren wurde, studierte Literaturwissenschaften und Psychologie, widmet sich heute jedoch ganz dem Schreiben. Aus ihrer Feder stammen erfolgreiche Romane wie Sterne über Sansibar oder Der Himmel über Darjeeling. Ich selbst habe beispielsweise ihr Buch Südwinde im Regal. Und seit Kurzem auch ihren Fantasy-Jugendroman In dieser ganz besonderen Nacht.

Der handelt von der 16jährigen Amber, deren Mutter den Kampf gegen einen unheilbaren Gehirntumor verloren hat. Durch eine zuvor getroffene Sorgerechtsvereinbarung soll sie künftig bei ihrem Vater leben, zu dem jedoch zuvor kein allzu enger Kontakt bestand. Ted lebt zudem nicht in Deutschland, sondern in San Francisco. Gefangen in ihrem Schmerz erkennt Amber anfangs nicht, wie sehr sich ihr Vater um sie bemüht. An der neuen Schule fühlt sie sich ebenfalls nicht wirklich wohl, obwohl sie durchaus freundlich aufgenommen wird. Einzig mit Nathaniel freundet sie sich an. Ein Obdachloser, wie sie vermutet, etwas älter als sie, der in einem leer stehenden Haus lebt. Schon bald fühlt sie sich zu ihm hingezogen und auch Nathaniel ist ihr nicht ganz abgeneigt. Dennoch bleibt er auf Distanz. Als Amber erfährt, warum das so ist, droht sie völlig zusammenzubrechen. Hat der Tod ihrer Mutter Amber um den Verstand gebracht, oder ist Nathaniel wirklich ein Geist? Noch dazu einer, in den sie sich so einfach verlieben kann?

Dass er tatsächlich nicht lebendig aber auch nicht wirklich tot ist, stellt sich bald heraus, doch wie sollen die beiden jetzt zusammenkommen? Vor allem, was für Konsequenzen können sich daraus ergeben? Diese Fragen treiben nicht nur Amber um, sondern auch ihre kleine Clique, in der jeder eine ungewöhnliche Fähigkeit besitzt. Ebenso stellt sich natürlich die Frage, warum Nathaniel überhaupt zum Geist geworden sein könnte. Die Situation spitzt sich zu, als Amber und Nathaniel eine gemeinsame Nacht verbringen, in der alles anders ist als sonst.

Die Grundidee (Beziehung zwischen Mensch und übernatürlichem Wesen) ist grundsätzlich nicht ganz neu. Doch Vosseler hat sie gut und interessant umgesetzt. Und das sowohl für das jugendliche Zielpublikum als auch für ältere LeserInnen wie mich.

Die Geschichte besteht aus drei gleichwertig zu betrachtenden Handlungssträngen. Zum einen ist da natürlich die sich anbahnende, problematische Beziehung zwischen Nathaniel und Amber. Der Zweite dreht sich um den Tod von Ambers Mutter und Ambers daraus resultierende Verzweiflung und Trauer. Im Dritten geht es um Ambers Clique, die quasi den relativ normalen Alltag beschreibt, auch wenn die einzelnen Mitglieder gar nicht so alltäglich sind. Ebenso kommt deren nicht immer einfache Vergangenheit zur Sprache. Größtenteils wird die Geschichte von Amber selbst erzählt, einige Kapitel jedoch auch von Nathaniel. Diese unterscheiden sich nicht nur die kursive Schrift gut vom Rest.

Eine Erzählung aus dieser Perspektive bietet immer den Fallstrick, dass Emotionalität recht einseitig daherkommt, da man eben nur die Seite des Erzählers wirklich betrachten kann. Hinzu kommt, dass die Autorin sehr detailverliebte Beschreibungen in die Geschichte eingearbeitet hat, die nicht wirklich zu ihrer Entwicklung beitragen. Dies trägt zu einer dichten und authentischen Hintergrundatmosphäre bei. Ungeduldige kann es jedoch stören, weil dadurch das Erzähltempo gedrosselt wird. Wer also eine schnelle Handlungsentwicklung liebt, sollte eventuell die Finger von dem Roman lassen.

Der letzte Absatz hört sich jetzt schlimmer an, als es in Wirklichkeit ist. Richtige Längen gab es nicht für mich. Vosseler hat einen Roman geschaffen, in den ich tatsächlich recht schnell eintauchen und – wie schon der Verfasser des Zitats der Süddeutschen Zeitung formuliert hat – mich in Raum und Zeit verlieren konnte. Jedenfalls größtenteils, obwohl ich weit über der anvisierten Altersgrenze liege. Das war zum Teil gerade der detailverliebten Wortmalerei geschuldet. Obgleich ich noch nie in San Francisco war, konnte ich mir beispielsweise die Straßenzüge gut vorstellen, egal ob sie nun nebelverhangen oder glasklar beschrieben wurden. Allerdings hätte die eine oder andere Kleinigkeit einmal beschrieben gereicht. Vosselers Schreibstil liest sich darüber hinaus leicht, was über besagte Wiederholungen gut hinweghilft. Ihren Schreibstil mag ich auch deshalb, weil er nicht (wie in manch anderem Jugendbuch) gewollt jugendlich-cool ist und die Dialoge lebendig wirken.

Was mir ebenfalls gut gefällt, ist der Umstand, dass das spukige Fantasyelement nicht Ambers traurige und traumatisierende Vorgeschichte erschlägt und umgekehrt. Und dass Ambers Clique trotz ihrer Andersartigkeit eher bodenständig skizziert wird. In der Clique wird zwar das Geisterthema bzw. die Auswirkungen einer Beziehung zwischen Amber und Nathaniel diskutiert, jedoch größtenteils normal und nicht wie in anderen Romanen auf eine Art und Weise, die mich schon diverse Male dazu gebracht hat, die Augen zu verdrehen. Das geschieht nämlich immer dann, wenn niemand eine Ahnung von irgendwas hat, aber sofort mit einer superschlauen, pseudowissenschaftlich wirkenden Antwort auf Fragen aufwarten kann, die gerade erst aufgekommen sind. Vosselers Charaktere sind ein sympathischer, kunterbunter Mix. Letzteres sprichwörtlich, denn einer wechselt schneller seine Haarfarbe als mache Leute ihre Socken. Ihre Wünsche und Bedürfnisse wirken echt und nachvollziehbar, ebenso die Handlungen und Reaktionen.

Das Buch hat eine melancholisch-ernsthafte Grundstimmung, die nicht nur auf Krankheit, Verlust und Trauer fußt, sondern auch auf der eigentlichen Aussichtslosigkeit der Beziehung zwischen Amber und Nathaniel. Doch gerade diese Beziehung gibt Amber auch wieder Lebensmut und Freude zurück. Oder den Mut etwas zu wagen. Lässt sie Wünsche entwickeln, die allerdings wiederum für Probleme und die Sehnsucht nach mehr sorgen. Deshalb wagt sie In dieser ganz besonderen Nacht einen Schritt, der unerwartete Konsequenzen nach sich zieht.

Besagte Konsequenzen wiederum sorgen für einen kleinen Zwiespalt bei mir. Zum einen wirken einige Passagen letztendlich zu rosarot weich gespült. Das fiel mir vielleicht deshalb besonders auf, weil Nathaniels Vergangenheit und die Schuld, die er auf sich geladen hat, vollkommen gegensätzlich beschrieben werden. Zum anderen wirken sie jedoch auch durchaus tröstlich, gerade im Bezug auf die Verluste, die Vosselers Figuren durchleben müssen.

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In dieser ganz besonderen Nacht hat mich nicht durch nervenzerreißende Spannung gefesselt, denn im Grunde kam die Geschichte mir trotz des traumatischen Einstiegs für Amber und des dramatischen Teils kurz vor dem Ende völlig unaufgeregt vor. Der Reiz kam für mich aus der emotionalen Grundnote und der dichten Atmosphäre. Und wurde geschürt durch den Tiefgang, den dieser Roman durchaus hat. Mit der Wendung ganz am Schluss hat mich die Autorin vollkommen überrascht, da meine eigenen Gedanken bereits in eine ganz andere Richtung gingen. Fantasievoll berührend – dafür möchte ich vier von fünf Punkten vergeben.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

27. Februar 2013

LEVY, MARC: SIEBEN TAGE FÜR DIE EWIGKEIT

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Originaltitel: Sept jours pour une éternité
übersetzt von
: Bettina Runge & Eliane Hagedorn
Blanvalet
ISBN-13: 9783442380619
ISBN-10: 3442380618
Belletristik
Ausgabe
01/2013
Taschenbuch, 288
Seiten
[D]
8,99 €

Verlagsseite http://www.randomhouse.de/blanvalet/index.jsp

 

Der 1961 in Boulogne-Billancourt geborene Marc Levy lebt heute als freier Schriftsteller in New York. Er zählt zu den meistgelesenen französischen Autoren. Nicht nur sein im Jahr 2000 erschienenes Debüt wurde in mehrere Sprachen übersetzt und verfilmt. Aus seiner Feder stammen neben Et si c’était vrai  (Solange du da bist) Titel wie Les enfants de la liberté (Kinder der Hoffnung) oder La prochaine fois (Bis ich dich wiedersehe) und eben auch Sept jours pour une éternité (Sieben Tage für die Ewigkeit). Außer seinen Romanen verfasst Levy auch Novellen und Liedtexte und hat sich auch schon an einem Kurzfilm für Amnesty International (La lettre de Nabila, 2004 ausgestrahlt) versucht. Kritiker mögen Levy nicht unbedingt, und auch bei den Lesern herrscht trotz internationaler Bestseller geteilte Meinung.

Nach dem Debüterfolg von Solange du da bist geht es Levy trotz weiterer Erfolge genau wie anderen Autoren. Alles, was er nachlegt, wird an genau diesem Debüt gemessen.  Auch ich habe Sieben Tage für die Ewigkeit mit anderen Büchern Levys verglichen und war erst einmal enttäuscht. Zum ersten Mal fiel mir der typisch französische Schreibstil so extrem auf, dass ich das Buch drei Mal begann und genauso oft wieder weglegte, bevor ich es dann letztlich fertig las.

In Levys Roman wollen Gott und der Teufel den ewigen Streit um die Macht auf Erden beenden. Dafür schließen sie eine Wette ab und lassen ihre beiden besten Agenten gegeneinander antreten, wobei nicht eingeplant ist, dass die sich persönlich begegnen. Doch genau das geschieht und dann noch etwas, womit weder Gott noch der Teufel gerechnet haben: Die beiden Agenten verlieben sich ineinander.

Unter anderem kann man Levy durchaus in das gleiche Genre wie Sparks einordnen. Auch er schreibt berührende Geschichten, die sich bisweilen Melodramatik oder auch einer gewissen Schnulzenhaftigkeit nicht entziehen können, dafür aber mit einer gehörigen Portion Romantik aufwarten. Wer erwartet, dass Sieben Tage für die Ewigkeit Levys Debüt ansatzweise ähnelt, sollte die Finger vom frisch von Blanvalet aufgelegten Roman lassen, der nebenbei erwähnt 2005 bereits bei Knaur erschien. Die Entwicklung  von Gut und Böse, von Liebe und Hass, Leid und Tod aber auch Freude, Freundschaft und Hoffnung ist anders als in sämtlichen von mir gelesenen Levy-Romanen.

Seine Umsetzung der guten, wenn auch nicht ganz neuen Grundidee hat mir Durchhaltevermögen abverlangt. Das lag nicht nur an den verschiedenen Perspektiven, aus denen erzählt wird. Auch nicht grundsätzlich an der Sprache, die sich im Grunde recht leicht lesen lässt. Doch bestimmte Passagen wirken durch eine sehr ausgeprägte Detailverliebtheit zu oberflächlich. Fast scheint alles wichtiger als die eigentliche Handlung. Das ist das, was ich zuvor als typisch französischen Schreibstil beschrieben habe (ist es mir doch beispielsweise jüngst unter anderem auch in Fische mögen keinen Ehebruch von Carl Aderholt aufgefallen). Das bedeutet jedoch nicht, dass Levys Roman Tiefgründigkeit fehlt. Sympathisch, ironisch, teilweise schrullig wirken seine Charaktere, zu denen neben Gott und Luzifer (laut Inhaltsangabe) in der Hauptsache eben ihre beiden Abgesandten zählen. Die Liebesgeschichte zwischen den beiden ist vorhanden, allerdings drängt sie sich nicht in den Vordergrund. So kommen Nebencharaktere ebenfalls sehr gut zum Tragen. Manches Mal hinterließen sie mehr Eindruck bei mir als die eigentlichen Hauptfiguren.

Sobald ich mich jedoch an Levys Stil in diesem Roman gewöhnt hatte, konnte ich die Dialoge genießen, die teils erst auf den zweiten Blick spritzig-witzig wirken. Erst dann konnte ich mich an der fantasievollen Handlung, den Wendungen und Aktionen erfreuen. Erst dann baute sich die Spannung richtig auf und ich flog durch die Seiten zu einem Ende, das viel zu schnell abgehandelt erscheint und doch im Grunde genommen passt.

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Obwohl mir Levys Roman Durchhaltevermögen abverlangte, hat er mich letztlich doch überraschend gut unterhalten. Nicht ganz alltäglich, nicht ganz real und etwas abgedreht präsentiert Levy eine stellenweise nachdenklich machende Geschichte, der ich starke drei von fünf Punkten geben möchte. Für vier reicht es nicht ganz, weil mir die Liebe etwas zu kurz kommt und das Ende zu schnell abgehandelt erscheint.  

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

14. Februar 2013

McCARTHY, ERIN: EIN BISS MIT FOLGEN – Vegas-Vampires 03

Filed under: Roman — Schlagwörter: , , , , , , , , , , — Ati @ 15:41

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Originaltitel: Bled Dry
Aus dem Amerikanischen übersetzt von Barbara Müller
blanvalet
ISBN-13: 9783442376384
ISBN-10: 3442376386
Fantasy, Chick-Lit
1. Auflage 03/2011
Taschenbuch, 352 Seiten
[D] 7,99 €

Verlagsseite
Autorenseite englisch

Ein Biss mit Folgen – wer dabei an Zecken denkt, liegt nur bedingt falsch. Schließlich saugen diese ekelhaften, kleinen Viecher auch Blut. Ansonsten haben sie aber wenig gemeinsam mit den Figuren in McCarthys Roman, der den dritten Teil der Vegas Vampires-Reihe darstellt. Die Autorin, die Jugendbücher unter dem Pseudonym Erin Lynn veröffentlicht, bevorzugt es, in ihren Romanen Humor, Sinnlichkeit und paranormale Elemente zu verbinden. Mit Erfolg, denn mit ihren Büchern schaffte sie es in die Bestsellerlisten von USA Today und New York Times.

Gestern fiel mir beim Abstauben ein Buch auf den Boden. Das pinkfarbene Cover im Comic-Stil mit seinen Fledermäusen erinnerte mich daran, dass ich schon längere Zeit keinen Vampir-Roman mehr gelesen habe. Prompt war der Staubwedel vergessen und ich saß mit Ein Biss mit Folgen in den Händen auf meinem Schaukelstuhl.

Nach kurzem Überlegen fiel mir wieder ein, dass es in der Vegas-Vampires-Reihe um eine Vampirkomödie geht. Grundsätzlich werden von der Autorin natürlich diverse Pärchen zusammengebracht. Nebenher geht es um Macht und (Vampir-)Bösewicht Donatelli versucht den guten Vampiren Carrick und Co., das Leben zu erschweren. In jedem der vier Bände, die ich habe, kommt ein anderes Pärchen dran, wobei diverse Neben- und die Hauptfiguren auch durch alle anderen Bände huschen. Das finde ich grundsätzlich gut, denn allzu oft musste ich mich bereits von Seriencharakteren verabschieden, die nicht mal mehr namentlich in Folgebänden genannt werden.

Das Ganze ist nicht allzu ernsthaft gestaltet und hat neben gemütlichen Lesestunden auch für diverse Lacher gesorgt. Die einzelnen Bände sind (auf die Paare bezogen) so in sich abgeschlossen, dass man sie nicht zwingend alle oder in Reihe lesen muss. Allerdings gibt es doch immer einzelne Handlungsfäden (auf die Vampirgemeinde bezogen), die sich über alle Bände hinwegziehen und erst sukzessive zu Ende gebracht werden.

In Ein Biss mit Folgen geht es um die Zahnärztin Brittany, die gewissermaßen nach einem One-Night-Stand von dem Vampir Corbin schwanger ist. Eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Brittany selbst ist kein richtiger Vampir, allerdings ist ihr Schwager einer, weshalb sie Corbin überhaupt erst kennengelernt hat. Als sie Corbin die Nachricht übermitteln will, muss sie ihn erst einmal suchen, denn allzu beliebt ist er in der Vampirgesellschaft nicht. Von der wiederum wittert ein Teil die Chance auf eine Instrumentalisierung des ungewöhnlichen Mischlings-Babys im Kampf um die Macht. Das alleine wäre ja schon nervenaufreibend genug, doch die Launen einer Schwangeren sind für einen 200 Jahre alten Vampir auch nicht gerade beruhigend. Fatalerweise ist Corbin quasi vorbestraft und alles andere als der Traumschwager von Brittanys Schwester.

Die Nacht der Zeugung liegt schon etwas zurück und fand, wenn ich mich richtig erinnere, bereits im ersten Band Beim nächsten Biss wird alles anders statt. In Ein Biss mit Folgen lernen Brittany und Corbin sich eigentlich erst so richtig kennen.

Auf den ersten Blick passen die künftigen Eltern eigentlich gar nicht zusammen. Ihre Vorstellungen, wie das Ganze weitergehen soll, sind nicht ganz einheitlich. Corbin stolpert bei seinem Versuch, Brittany von seiner Eignung als Vater zu überzeugen, von einem Fettnäpfchen ins andere, was die Autorin genauso luftig-leicht wie humorig beschreibt. Spätestens beim Kurs für werdende Väter musste ich lachen. Brittany wiederum sieht sich mit der Tatsache konfrontiert, dass ihr Kind schon vor der Geburt Aufsehen bei der Vampirgemeinde erregt, was ihre Beschützerinstinkte wachruft und sie kämpferisch werden lässt. Beide wirken sympathisch und insgesamt hat sich im Bezug auf die anstehende Elternschaft ein ganz leichter Hauch Ernsthaftigkeit eingeschlichen. Bedauerlicherweise bleiben die beiden trotzdem im Gegensatz zu der Beschreibung der Hauptfiguren in den Vorgängerbüchern etwas blass.

Dennoch, der Schreibstil der Autorin ist erfrischend-amüsant, die Dialoge ihrer Figuren sind schlagfertig und sorgen für vergnüglich-entspannende Lesestunden. Die Atmosphäre wirkt trotz des fantastischen Hintergrunds durch die Vampirgemeinschaft lebendig-echt, wenn auch das Geschehen zeitweise lustig-überzogen dargestellt erscheint. Der dritte Band der Reihe ist nicht ganz so temporeich wie seine Vorgänger, fängt McCarthys LeserInnen dennoch auf seine ganz eigene Art ein.

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Lesequickie für zwischendurch, der mich auch beim zweiten Lesen entspannt und amüsiert hat. Ich glaube, ich nehme mir die anderen Bände auch noch mal vor …

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

RADDA, PATRICIA: ÜBERBRÜCKEN

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Renate Götz Verlag
ISBN-13: 9783902625212
ISBN-10:
390262521X
Novelle

04/2011
Taschenbuch broschiert, 84 Seiten
[D] 16,27 €


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Lesen ist für mich ein Aufsaugen von Geschichten, die schon geschrieben wurden. Der Satz stammt nicht von mir, sondern von der 1989 geborenen Patricia Radda, man kann ihn auf lovelybooks.de in dem mit ihr geführten Interview nachlesen. Allerdings hat Radda formuliert, was ich tagtäglich mache. Das können reale Geschichten sein oder erfundene, real gehaltene oder zusammenfantasierte.

Einen Roman mit mehreren Hundert Seiten hat Radda noch nicht geschrieben, wohl aber etliche Kurzgeschichten, Gedichte und Erzählungen. 2001 wurden drei Gedichtbände von ihr in der Firma ihrer Eltern veröffentlicht. Ihre Kurzgeschichten kann man sich bei bookrix herunterladen, den Gedichtband Tod und die Erzählung Anna und Alek gibt es als Kindleversion zu kaufen und die vor mir liegende Erzählung Überbrücken liegt sowohl als Kindleversion als auch als gedrucktes Buch vom Renate Götz Verlag vor. Letzteres habe ich gerade ausgelesen. Dabei wurde mir schnell klar, dass ich künftig nach weiteren Werken der Autorin Ausschau halten werde.

Zugegebenermaßen, ganz neu ist ihre auf 84 Seiten ausgearbeitete Grundidee nicht. Doch welche Idee ist das heute schließlich schon. Radda, die bereits sehr früh (sie war gerade mal 7 oder 8 Jahre alt) mit Schreiben begann, saugt wie gesagt Geschichten in sich auf, die bereits geschrieben wurden. Das inspiriert sie zu neuen Geschichten für jugendliche und erwachsene LeserInnen.

Gleich 18 Autoren fließen inspirativ in Überbrücken ein. Von Aristoteles bis J. R. Ward. Was auf den ersten Blick zugegebenermaßen wie eine wild anmutende Zusammenstellung wirkt, wird von Radda geschickt miteinander verknüpft.

In ihrer Erzählung wird die 18jährige Sofia durch einen Unfall aus dem Leben gerissen. Raddas Hauptfigur liest genau wie ihre Schöpferin sehr gerne und sehr viel, verfasst ihre Gedanken dazu in einem grünen Buch. Viel erlebt hat sie deshalb noch nicht. Wenn man von einem Zungenkuss absieht, ist so einiges an ihr vorbeigegangen. Ihr Tod reißt die Familie auseinander. Der Bruder geht nach England und meldet sich nicht mehr. Ihre Eltern sind mit ihrem eigenen Schmerz beschäftigt, driften auf eine Trennung zu. Sofia kann dies alles miterleben, denn obwohl sie tot ist, ist sie nicht wirklich verschwunden. Verblüffenderweise kann ihre kleine Schwester Clara sie sehen und sogar mit ihr in Kontakt treten. Sogar als das Elternhaus verkauft wird, kommt Clara täglich zurück, denn obwohl Sofia nicht wirklich verschwunden ist, kann sie nicht überall hin. Der neue Besitzer des Hauses lässt Clara gewähren, obwohl ihm bald schon klar wird, dass Claras Schwester tatsächlich etwas sehen muss. Er will ihr sogar glauben, dass Sofia noch da ist.

Obwohl Radda nach eigenem Bekunden eine krankhafte Angst vor Vampiren hat, lassen speziell Andre und Sofia lassen Erinnerungen an Vishous und Jane aufkommen (J. R. Ward-LeserInnen werden sich erinnern). Das schmälert das Lesevergnügen aber nicht.

Denn tatsächlich ist die einfühlsam erzählte Geschichte von Clara und Sofia der Hauptbestandteil der gesamten Erzählung. Das Hauptaugenmerk ist auf die enge Verbindung der beiden Schwestern gerichtet. Eine Verbindung, die über den Tod hinausgeht und Clara hilft, mit dem Verlust und den familiären Folgen fertig zu werden. Alles andere, die sich zart anbahnende Liebesgeschichte, die durch die Verbindung der Schwestern mögliche Tröstung der Eltern oder auch die Klärung des Unfallgeschehens ist pures Beiwerk. Die Zitate aus den Werken anderer Autoren sind dabei schlüssig mit Raddas eigenen Gedanken in die aus der Erzählung entstehenden Situationen verknüpft.

Durch den flüssig zu lesenden, genauso einfach gehaltenen wie frischen und eloquenten Erzählstil der Autorin fliegt man durch die 84 Seiten. Radda schreibt lebendig-anschaulich und plastisch. Obwohl sie sich dabei die nähere Beschreibung der einzelnen Charaktere spart, wirken diese nahezu durchweg sympathisch. Die Tragödie von Sofias Tod enthält eine hoffnungsfrohe Note der Leichtigkeit des Seins. All das zieht einen in und durch die Geschichte. Einziger Kritikpunkt, der jedoch der Erzählung geschuldet ist, ist, dass alle Handlungsfäden um Clara und Sofia herum zu kurz abgehandelt sind.

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Die Handlung schreit förmlich nach einer ausführlicheren Ausarbeitung, sprich nach der Verarbeitung in einem Roman. Raddas Überbrücken ist dennoch eine wunderbare, märchenhafte Erzählung, die zum Nachdenken anregt. Eine Geschichte für Jung und Alt. Ich werde das Buch sicherlich nochmals zur Hand nehmen und meinen Bekannten weiterempfehlen und möchte Sofias Geschichte fünf von fünf Punkten geben.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

4. Februar 2013

BARTSCH, CARINA: KIRSCHROTER SOMMER & TÜRKISGRÜNER WINTER

Filed under: Belletristik,Buch- & Sammelreihe,Jugendbuch,Liebe — Schlagwörter: , , , , — Ati @ 19:14

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ISBN-13: 9783499227912/ISBN-13: 9783499227912
ISBN-10: 3499227916/ISBN-10: 3499227843
Belletristik, Jugendbuch
1. Auflagen 01/2013
Taschenbuch
512 Seiten/464 Seiten
[D] je 9,99 €


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Dass ich beide Bände in eine Buchbesprechung hereinnehme, liegt darin begründet, dass sie meiner Ansicht nach zusammen besprochen werden müssen (warum folgt weiter hinten). Eventuell verrate ich dadurch allerdings zu viel. Deshalb sollten diejenigen, die vollkommen unbelastet an die gesamte Geschichte herangehen wollen, NICHT WEITERLESEN.

Worte … Worte können vieles. Sie können uns beispielsweise verwirren oder zum Lachen bringen, zum Nachdenken anregen, etwas infrage stellen. Sie können auch Aufmerksamkeit erregen, uns verletzen oder verändern.

Mit ihren Worten erregte Carina Bartsch eindeutig Aufmerksamkeit. Nach zahlreichen Absagen brachte sie 2011 ihr Romandebüt Kirschroter Sommer als Kindle im Schandtaten-Verlag selbst heraus. Dass es sich gelohnt hat, zeigen die Verkaufszahlen. Kirschroter Sommer erreichte Platz 1 der Kindle-Bestsellerliste für Liebesromane, stand zeitweise in den Top20 der Kindle-Jahresbestseller 2012 und platzierte sich auch vor den Kindle-Bänden 2 und 3 der stark beworbenen Fifty-Shades-of-Grey-Reihe. Dieser Erfolg rief die Agentur Erzählperspektive auf den Plan, die Bartschs Debüt auf der Buchmesse 2012 präsentierte. Daraufhin meldeten sich mehrere Verlage und Rowohlt brachte nicht lange danach zum ersten Mal in seiner Verlagsgeschichte das Werk eines e-book-self-publishers in gedruckter Form auf den Markt. Auch der Folgeband Türkisgrüner Winter wird dort verlegt. Beide Bände in einer ersten Auflage von 30.000 Stück. Der Traum eines Autors.

Weniger traumhaft ist das, was Emely widerfährt. Worte haben sie verletzt und verändert. Das alles liegt zu Beginn von Kirschroter Sommer bereits sieben Jahre zurück. Auswirkungen auf das Leben der 22jährigen Studentin haben die Worte des nur wenig älteren Elyas, ihrer ersten und bisher einzigen Liebe, jedoch nach wie vor. Selbstbewusstsein ist das, was andere haben. Beziehungen auch. Dennoch hat sie ihn nie vergessen. Als sie sich nach dem Umzug ihrer besten Freundin/Elyas Schwester wiedersehen, flammen alle negativen Gefühle wieder in ihr auf. Elyas scheint nicht zu bemerken, dass er ihr auf die Nerven fällt, und drängt geradezu penetrant in ihr Leben. Obwohl er anscheinend jede Frau haben kann, erweckt er bei Emely den Eindruck sie unbedingt als weitere Kerbe in seinem Bettpfosten verewigen zu wollen. Während sie versucht, sich Elyas vom Leib zu halten, lernt sie zeitgleich den sanften und scheinbar schüchternen Lucca im Internet kennen. Bald darauf hat sie ein Problem. Lucca scheint ein Traummann zu sein, dem sie alles anvertrauen kann. Fatalerweise zeigt jedoch auch Elyas steter-Tropfen-höhlt-den-Stein-Methode und seine Hilfsbereitschaft (etwa nach einem schweren Unfall ihrer Eltern) bei ihr Wirkung und sie verliebt sich erneut in ihn.

Türkisgrüner Winter setzt die begonnene Geschichte unmittelbar fort. Das Wechselbad der Gefühle vertieft sich für Emely, weil sich Lucca und Elyas fast zeitgleich zurückzuziehen beginnen. Da sie Lucca noch nie persönlich getroffen hat, beschließt Emely sich während einer Hallowen-Party wenigstens an Elyas‘ Fersen zu heften und ihn zur Rede zu stellen. Die beiden verbringen sogar die Nacht miteinander. Allerdings nur, weil Emely sturzbetrunken ist und Elyas sie nicht einfach ihrem Schicksal überlassen möchte. In der Folgezeit kommen sie und Elyas sich trotzdem wieder näher. Doch gerade, als sie auf Wolke sieben schwebt, erfährt sie etwas, was sie abrupt auf den Boden der Tatsachen zurückbefördert. Ihre Befürchtung erneut von Elyas verletzt zu werden, scheint sich zu bewahrheiten. Das Gefühl abermals von ihm verraten worden zu sein, lässt sie zu ihren zwischenzeitlich wieder genesenen Eltern flüchten und damit vor der Gefahr weglaufen, Elyas versehentlich zu begegnen. Ihren Gefühlen kann sie jedoch nicht ausweichen. Als sie Elyas anlässlich der Weihnachtsfeiertage überraschend wiedersieht, kommt es erneut zum Streit und alles scheint verloren.

Gleich vorab, damit keine Missverständnisse aufkommen: Bereits das erste Buch hat mich nicht vom Hocker gerissen, aber auch nicht völlig gelangweilt. Dass ich beide Bücher gelesen habe, liegt zum einen in meiner Neugier (was kann Bartsch, was andere nicht können/womit hat sie es geschafft) begründet. Zum anderen aber auch daran, dass die Autorin (trotz diverser Schwachstellen und obwohl ich alterstechnisch eindeutig über dem Zielpublikum liege) die Frage nach dem Ausgang der Geschichte in mir wachgehalten hat. Wie und womit, weiß ich offen gestanden bis heute nicht. Doch es lag weder darin begründet, dass ich unvollendete Geschichten einfach nicht mag, noch darin eine Leseempfehlung (oder Argumente dagegen) für meine Nichten und die Töchter von Bekannten und Freunden finden zu wollen. Tatsächlich kann man mit Kirschroter Sommer und Türkisgrüner Winter einfach abschalten (es macht nichts aus, wenn man versehentlich ein Kapitel überspringt). Die Beschreibung der Figuren polarisiert, was durchaus nicht jedem Autor gelingt. Ich habe zwar nicht mitgefiebert, das eine oder andere Mal jedoch gedanklich jemanden durchgeschüttelt. Der Schreibstil sorgt diverse Male für hochgezogene Mundwinkel. Und auch wenn mich das eine oder andere daran gestört hat (siehe unten), lassen sich beide Bücher sehr leicht und in einem Rutsch durchlesen. Faktisch kann man die Bücher 13-14jährigen Mädchen beruhigt in die Hand geben.

Die Geschichte spielt größtenteils in Berlin und wird von Emely selbst erzählt. Obwohl sie, wie die anderen Figuren, über 20 ist, wirkt Emely nicht sonderlich erwachsen – weshalb ich das Buch eindeutig als Jugendbuch einstufen möchte. Die Covergestaltung beider Bücher trägt ebenso wie die einfach gehaltene Sprache zu dieser Einschätzung bei, wobei mir Emelys Wortwahl an mehreren Stellen nicht sonderlich gut gefallen hat (auch hierauf gehe ich nachher noch einmal ein). Ich war gedanklich schon kurz davor eine Strichliste für das Kribbeln, die Gänsehaut, den einseitig verzogenen Mundwinkel oder ähnliches anzulegen, so häufig wurden bestimmte Worte/Redewendungen benutzt. Positiv anmerken möchte ich allerdings, dass es zwar um eine Beziehungsgeschichte geht, Sexszenen jedoch komplett außen vor bleiben (was gut zum Jugendbuchcharakter passt). Lediglich ein paar Küsse und tiefe Blicke gibt es – Gänsehaut und Kribbeln sind diesbezüglich aber allenfalls von Bartsch benutzte Worte und kein Lesefeeling. Auch die Handlung selbst ist relativ eng begrenzt, dreht sie sich doch größtenteils um Emelys Empfinden. Überraschende Wendungen gibt es nicht. Nicht nur durch die Erzählperspektive begründete Vorhersehbarkeiten, auch stetige Wiederholungen sorgen für gewisse Längen. Und man stolpert von einem Klischee ins nächste. Eine wirkliche Entwicklung macht weder die Geschichte noch einer der Charaktere auf den immerhin fast 1.000 Seiten durch. Genau das habe ich jedoch fatalerweise erwartet, nachdem ich vor den beiden Büchern etwas über die Autorin gelesen habe, die mit Kirschroter Sommer und Türkisgrüner Winter ihren LeserInnen nahebringen will, warum Emely und Elyas füreinander bestimmt sind.

Während mir der Großteil der Figuren um Emely mehr oder weniger einnehmend vorkam, tat ich mich mit der in Ich-Form erzählenden Hauptfigur von Anfang des ersten bis fast Ende des zweiten Bandes extrem schwer. Dabei wirkt Emely zwar unreif, aber wie alle anderen durchaus echt. Sie stellt sich stellenweise verkrampft, größtenteils zornig und unbeherrscht vor. Sympathisch war sie mir überaus selten. Diese Momente beschränkten sich vorwiegend auf ihren E-Mail-Verkehr mit Lucca. Bartsch verwendet, wie etliche andere Autoren derzeit auch, sowohl Kurznachrichten als auch E-Mail als festen Bestandteil des Geschehens.

Dass Emely nach der Sache vor sieben Jahren vermutlich nicht einmal weiß, wie man Selbstbewusstsein schreibt, ist die eine Sache. Das hätte mich nicht gestört und wirkt auch in der dargestellten Form gar nicht so glaubwürdig. Tatsächlich habe ich oft genug erlebt, welch fatale Folgen wenige Worte haben können. Was mich jedoch regelrecht abgestoßen hat, war neben ihrem Verhalten ihre Ausdrucksweise. Diese wirkt keineswegs gekünstelt oder falsch, doch sie beißt sich die allermeiste Zeit schlicht und ergreifend mit meinem Verständnis der Ausdrucksweise einer Studentin der Literaturwissenschaft, für die (Seite 33) Literatur mit einem magischen Zauber belegt ist, der sie mit all seiner Kraft gefangen hält. Irgendwie gehe ich davon aus, dass jemand, der gerne und viel liest, eine andere Wortwahl hat. Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass Worte wie Miststück, Idiot, Blödmann genauso wenig zu meinem gängigen Tagesvokabular gehören, wie ich sie in dieser Fülle aus dem Mund anderer hören oder lesen möchte. Klingt weltfremd, ich weiß. Aber ich finde, dass wir eine herrliche Sprache haben, mit der wir Missfallen und negative Gefühle auch ohne derbe Wortwahl und verbale Entgleisungen zum Ausdruck bringen können. Emely benutzt die Worte außerhalb ihrer Mails jedenfalls gerne und überaus häufig, nicht nur gedanklich und nicht nur im Bezug auf Elyas. Und dafür, dass sie mit Sex nichts am Hut hat, dreht sich ihr Denken sehr viel darum. Egal ob es um die Bedürfnisse ihrer in ihren Augen zu unersättliche Mitbewohnerin Eva oder um die Baggerversuche von Elyas geht (wobei der Bagger da in meinen Augen manchmal eher einem Teelöffelchen gleicht).

Während ich neben dem verständnisvollen Lucca auch den von Emely als überheblich-arroganten, stets baggernden, ekelhaft beschriebenen Elyas fast durchgehend nett fand (allein für die Bad-Szene nach der Halloween-Party hat er etliche Sympathiepunkte bekommen), kam mir Emely selbst wie ein beleidigt-zickiger, hormongeschüttelter Teenager der schlimmsten Sorte vor. ICH scheint bei ihr von vorne bis hinten groß geschrieben zu sein. Ihre mit Füßen getretene, ach so unsterblich-unvergessene Liebe zu Elyas besteht (logischerweise größtenteils bereits durch die Erzählperspektive begründet) neben der unerschöpflichen Auflistung all seiner Fehler, seiner berechnenden Manipulationen und der stetigen Erwähnung ihrer durch ihn verursachten emotionalen Verletzungen vorwiegend daraus, ihn mies zu behandeln, damit sie sich besser fühlt. Da sie anderen nicht zuhören will, gehört Verzeihen eindeutig nicht dazu. Vergessen schon gar nicht. Kompromisse und Liebe scheinen bei ihr unvereinbar zu sein und überhaupt wirkt Emely in ihrem Egoismus eher oberflächlich verliebt (was wiederum zu dem Jugendbuchcharakter passt). Sie tut sich selbst am meisten leid. Dabei verschließt sie sich vor der Tatsache, dass ihre boshaften Erwiderungen auf eigentlich ganz harmlose Bemerkungen seinerseits ebenfalls verletzen können. Emily geht aus nichtigen Gründen in die Luft, schlägt verbal blind um sich und lediglich Elyas Ausdauer und Geduld ist es zu verdanken, dass sich die beiden näher kommen. Seinem abschätzig von ihr beurteilten großen Ego verdankt sie es im Grunde genommen, dass er ihre Sticheleien und Provokationen aushält. Er läuft ihr nach wie manch hungriger Esel seiner Möhre und ihre bissig-biestige Art und Weise (die nicht biestig-eloquent, sondern einfach eingeschnappt wirkt) sorgt dabei lediglich für schief verzogene Mundwinkel bei ihm, Grinsen und Amüsiertheit.

Ihre passiv-abweisende Angriffshaltung gibt Emely eigentlich erst auf, als Elyas seinerseits die Segel streicht. Nicht einmal als er am Ende des zweiten Bandes gleich über zwei Kapitel hinweg seine Motive und sein geplantes Handeln erläutert, kommt dieser jahrelang gehegte Abwehrmechanismus wieder hervor, dabei entspricht Elyas Geständnis genau dem, was sie ihm permanent unterstellt und er genauso vehement abgestritten hat. Ein weiteres Mal wird auf dem alles entscheidenden Missverständnis herumgeritten. Die eigentliche Motivation für die Hartnäckigkeit von Elyas wirkt dabei jedoch relativ unglaubwürdig. Neue Erkenntnisse gewinnen Bartschs LeserInnen zudem nicht. Denn im Grunde kann man das alles schon viele, viele Seiten vorher und nicht nur zwischen den Zeilen aus der Geschichte herauslesen. Immerhin kommt es bereits recht schnell zu einer, durch einen Joint (so langsam aber sicher frage ich mich, wie ich ohne so was überhaupt 45 werden konnte) initiierten, entspannten Phase und damit verbunden zu einer Aussprache bezüglich der alles verursachenden Worte. Die Versöhnung scheint bereits da so nahe, die perfekte Beziehung auch. Immerhin haben beide so viele Gemeinsamkeiten, dass es fast schon unheimlich ist.

Aber wie gesagt, sie scheint nur nahe, denn da gibt es ja Emelys ach so große Verletztheit und ihre Angst erneut dem bitterbösen, berechnend-manipulativen und selbstsüchtigen Elyas zum Opfer zu fallen. Für einen Schritt nach vorne macht Emely also munter meist gleich drei zurück, weshalb ich auch beide Bücher in einer Besprechung vorstellen möchte. Dieser Eiertanz ist nämlich die gesamte Handlung beider Bücher. Darin gehen der Selbstmordversuch einer gemeinsamen Freundin bzw. Bekannten, das Liebesglück von Alex und Sebastian, die anstehende Hochzeit von Andy und Sophie, der schwere Verkehrsunfall von Emelys Eltern und noch etliche andere Dinge (nicht in der Reihenfolge) ebenso gnadenlos unter wie die Intention der Autorin. Elyas kann tun und machen, was er will. Vermutlich könnte er die Sterne vom Himmel holen, es hätte keinen Sinn. Es wird nicht klar, warum die beiden füreinander bestimmt sind – mir jedenfalls nicht.

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Vermutlich wäre es besser gewesen, beide Bücher auf eines zusammenzukürzen und dieses auch noch auf etwa 300 Seiten zu beschränken. Denn mehr gibt die Handlung im Grunde nicht her. Wer Wert auf eine sich entwickelnde Handlung und Gefühle (außerhalb von Verletztheit und Wut) legt, sollte auf alle Fälle die Finger von beiden Büchern lassen. Wer jedoch einfach etwas zum Abschalten sucht, ist damit durchaus gut bedient. Unabhängig davon: Die 14jährige Tochter einer Bekannten war von beiden Büchern hellauf begeistert. Mich selbst hat die Geschichte von Emely und Elyas jedoch nicht entflammt, stellt sie sich doch zu einseitig und oberflächlich dar. Tödlich gelangweilt hat sie mich aber auch nicht. Dennoch überwiegen die Schwachstellen, weshalb ich beiden Büchern nur drei von fünf Punkten geben möchte.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

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