Die Leselustige Ati's Rezi-Seite – Buchbesprechungen, Ankündigungen, etc.

23. November 2012

DUVALL, DIANNE: DÜSTERE ZEICHEN – Immortal Guardians 01

241_duvallimmortalguardians01.jpg

Originaltitel: Darkness Dawns
ins Deutsche übersetzt von Petra Knese
Egmont LYX
ISBN-13: 9783802586606
ISBN-10: 3802586603
Fantasy
1. Auflage 10/2012
Taschenbuch mit Klappenbroschur, 400 Seiten
[D] 9,99 € 

Verlagsseite

Autorenseite 

Bei meinen Buchbesprechungen verzichte ich in der Regel bewusst darauf, Vergleiche zu Roman(reih)en anderer AutorInnen zu ziehen. Auch wenn ich diese Ähnlichkeiten sehe, beeinflussen meiner Meinung nach solche explizit angesprochenen Vergleiche zu sehr. Mir selbst ging es schon so, dass ich mich regelrecht betrogen fühlte, weil in meinen Augen überhaupt kein (positiver) Vergleich zu dem angesprochenen Roman vorhanden war, oder umgekehrt, weil ein eventuell negativ gezogener Vergleich in meinen Augen viel zu übertrieben war und mir vorab beinahe die Lust auf das entsprechende Buch verdorben hat. Das erwähne ich deshalb, weil ich gestern erst darauf angesprochen wurde und weil Dianne Duvall mit ihrem Auftaktroman Düstere Zeichen aus der Immortal Guardians-Reihe Ideen verarbeitet, die in diversen Varianten schon mehrfach verwendet wurde. Doch, wie bereits des Öfteren festgestellt, muss die Grundidee einer Geschichte nicht jedes Mal neu sein. Bei der Menge an Büchern weltweit dürfte es mittlerweile sowieso nahezu unmöglich sein, eine solche zu finden.  

Und so geht es auch in Duvalls Immortal Guardians um Unsterbliche. Die beschützen die Menschheit vor etwas, das ebenfalls unsterblich, blutsaugend; im Gegensatz zu ihnen jedoch böse und unberechenbar ist. Duvalls Unsterbliche sind, wie so viele vor ihnen, einsam. Sie suchen nicht wirklich jemanden, treffen aber auf den perfekt passenden Partner. Und, da es ja ein erotischer Roman ist, geht es recht schnell zur Sache. Mit ihren jahrhundertealten Erfahrungen, Sehnsüchten und Entbehrungen und ihrem mehr als guten Aussehen liefern sie besagten Partner ja quasi die Orgasmusgarantie schlechthin, zumal sie sich immer zuallererst um die Bedürfnisse derselben kümmern. Die Frage ist nur, ob sich fortan dann alles darum dreht oder ob sich noch ein weiterer interessanter Handlungsfaden findet.  

Im Fall von Düstere Zeichen wird der Unsterbliche Roland von Vampiren und ihren Helfershelfern angegriffen und schwer verletzt. Wie alle Unsterblichen ist auch er nicht wirklich unbesiegbar. Rettung naht in Form von Sarah. Sie überwältigt seine Widersacher, nimmt ihn schwer verletzt mit zu sich und sorgt so für sein Überleben. Die Unsterblichen/Vampire in Duvalls Roman zählen übrigens eher zur klassischen Sorte, das heißt: Sonne kann ihnen gefährlich werden. Dass Roland ein Unsterblicher und nicht bloß ein niederer Vampir ist, liegt zum einen an einer besonderen Begabung, die jeder Unsterbliche bereits vor seinem (menschlichen) Tod besitzt. Zum anderen daran, dass der zum Vampirismus führende Virus bei Unsterblichen nicht so zerstörerisch wirkt wie bei Vampiren. Letztere werden längst nicht so alt und fallen dem Wahnsinn anheim, während sie sich blutgierig mordend ihre Opfer suchen.  

Soweit so gut. Es finden sich, wie erwartet, erotische Sequenzen und Sexszenen im Buch, daneben aber, wenn auch deutlich in der Unterzahl, recht klar beschriebene Kampfszenen. Hier zeigt Sarah gleich eingangs eindeutig Zivilcourage, was sie sympathisch macht. Allerdings würde ich persönlich hinter einer Musikprofessorin, die ihre Ruhe haben möchte und entsprechend zurückgezogen lebt, niemand vermuten, der die alttestamentarische Sichtweise Auge um Auge, Zahn um Zahn lebt und neben einem sportlich-gestählten Körper Scharfschützenqualitäten hat. Das offenbart sich zwar erst nach der Rettung von Roland, aber Sarah schreckt nicht zimperlich vor Gewalt zurück. Andererseits hätte ich auch bei einem blutsaugenden Unsterblichen keinen Verfechter von Biokost erwartet. Im Gegensatz zu anderen Blutsaugern (aus anderen Romanen, egal ob böse oder nicht) leben die Unsterblichen sehr gesundheitsbewusst, sind sehr häuslich und, sieht man von ihrem Bedürfnis nach Blut ab, schlicht der Traum sämtlicher Schwiegermütter in spe.  

Recht schnell erfährt man, wer gut oder böse ist, wer welche Aufgabe zu erfüllen hat. Und natürlich auch, dass Roland durch Sarahs Rettung noch lange nicht aus der Gefahrenzone ist, leider jedoch Sarah in diese mit hineingezogen hat. Ein seltsamer Vampir hat es nämlich auf ihn abgesehen. Seltsam deshalb, weil er anders als andere Vampire ist und das betrifft nicht nur seine Ernährungsvorlieben. Nach etwa achtzig Seiten kommt Sarah hinter Rolands Geheimnis und zusammen mit den LeserInnen relativ weit hinten hinter das des Vampirs Bastien, bevor sich dann noch weiter hinten allen ihr eigenes künftiges Schicksal enthüllt.  

Was Bastien und Sarah betrifft, finde ich seine Motivation zwar nachvollziehbar, die Auflösung des Ganzen jedoch genau wie die davon unabhängige Weichenstellung für Sarah etwas zu schwach geraten. Und das, obwohl jedem von Anfang an klar sein dürfte, wie die Geschichte ausgeht – warum sonst sollten wir sie lesen? Nebenbei erwähnt: Bereits am Ende von Immortal Guardians – Düstere Zeichen zeichnet sich ab, dass dieser Roman wie auch die Folgebände aufeinander bezogen aber doch irgendwie in sich abgeschlossen sein dürften.

 

Auch andere Unsterbliche kommen in Immortal Guardians – Düstere Zeichen vor. Etwa der Anführer Seth, der sich grundsätzlich um alle neuen Unsterblichen kümmert und gerade nach einer sucht. Dieser Erzählstrang, so schwach er auch beleuchtet ist, macht bereits Lust auf mehr. Während Roland eher eigenbrötlerisch und genau wie Sarah bewusst zurückgezogen lebt, pflegen die anderen Unsterblichen durchaus soziale Kontakte. Insgesamt boten diese Passagen wiederholt einen willkommenen Ausgleich zu Roland und Sarah, die natürlich trotz Todesgefahr, Angriffen und zahlreichen Blessuren flirten und immer wieder übereinander herfallen.  

Tatsächlich lässt die Autorin Roland jedoch nicht nur für eine koital bedingte Erhöhung von Sarahs Blutdruck sorgen. Mehr als einmal kommt er länger zu Wort, darf so nicht nur die LeserInnen, sondern und vor allem auch Sarah in seine Welt einweihen. Er öffnet sich, erzählt von schmerzhaften Erinnerungen und Erfahrungen und davon, wie er geworden ist, was er ist. So erlebt er über seine Beziehung zu Sarah eine Wandlung vom unzugänglichen Einsiedler zum wieder aktiven Mitglied der Unsterblichen-Gemeinschaft. Nebenbei erfährt Duvalls Leserschaft auch von den Auswirkungen des Virus, von der Suche nach Heilung und noch einige andere Dinge mehr.  

Allerdings gestalten sich speziell dabei die Übergänge zum jeweiligen Davor oder Danach etwas abrupt. Das wirkt in gewisser Weise störend; wird jedoch dadurch abgemildert, dass die entsprechenden Passagen Interessantes beinhalten. Sie warfen zudem Fragen auf und die wurden nicht alle erschöpfend beantwortet. Da es sich um eine mehrteilige Reihe handelt, ist das jedoch nicht weiter schlimm, da man davon ausgehen kann, dass sie in den Folgebänden geklärt werden. 

Der Fokus ist nicht auf die Sichtweise einer einzelnen Figur gerichtet. Die Autorin wechselt die Perspektiven, lässt neben lockeren Dialogen auch die Gedanken ihrer Charaktere einfließen, was das Buch im Gesamten leicht lesbar macht.  

Fazit: Immortal Guardians – Düstere Zeichen bietet sowohl kleinere Schwächen wie auch Ausbaupotenzial. Duvalls Roman ist unterhaltsam und die sympathisch wirkenden Charaktere sowie diverse Andeutungen wecken die Neugier. Ein Buch zum Entspannen und eins, dem ich vier von fünf Punkten geben möchte. Ich freue mich auf die Fortsetzung.  

Copyright © 2012 Antje Jürgens (AJ)

22. November 2012

O’CONNELL, SEAN: DER AUSERWÄHLTE – Tir na nÓg 01

240_oconnell_tirnanog.jpg

Acabus Fantasy
ISBN-13: 9783862820399
ISBN-10: 3862820394
Fantasy, Science-Fiction
1.
Auflage 11/2011
Taschenbuch, 230 Seiten
[D] 13,90 € 

Verlagsseite

Autorenseite 

Vor etlichen Jahren, meine Schwägerin und ich sahen uns im Kino Titanic an, hörte ich (glaube ich) zum ersten Mal von Tir na nÓg. Als ich bei Stöbern im Verlagsprogramm von Acabus Fantasy diese drei Worte las, fiel mir die entsprechende Filmszene sofort wieder ein. Das Schiff dem Untergang geweiht. Eine Frau mit ihren beiden Kindern, Passagiere der dritten Klasse, keine Chance von Bord zu kommen. Statt verzweifelt zu weinen und ihr Schicksal zu verfluchen, brachte die Frau ihre Kinder zu Bett und erzählte ihnen, ihre Gesichter streichelnd, die Geschichte von Tir na nÓg, was übersetzt etwa „Land der Jugend“ bedeutet, wie ich später herausfand.  

Ich weiß, es klingt verrückt, aber ich habe das Buch jetzt gerade vor mir liegen, weil ich mich an diese Szene erinnert fühlte und – die Inhaltsangabe nicht weiter beachtend – davon ausgegangen bin, dass es um jene Geschichte geht. Mit der hat der Roman aber nicht wirklich zu tun und mit Titanic natürlich schon gar nichts. Das Cover erinnert mich übrigens bei genauerer Betrachtung an einen Western. Keine Ahnung warum. Vielleicht liegt es an den Sepiatönen, in denen es gehalten ist. Vielleicht an dem Mann mit dem großen Hut, der darauf auch abgebildet ist. Doch natürlich ist der erste Teil von Tir na nÓg – Der Auserwählte auch kein Western.  

Stattdessen entführt der in England geborene, in London und Lindau aufgewachsene und heute in Ravensburg/Weingarten lebende Autor seine LeserInnen in die Zukunft. Und wer nicht unbedingt ein gedrucktes Buch in Händen halten will, kann den Roman auch als Hörbuch oder E-Book erwerben.  

O’Connell studierte Deutsch, Philosophie, Kunst- und Medienwissenschaften, arbeitete als Radiomoderator, Zeitungsredakteur und in der Werbebranche. Mittlerweile ist der seit seiner Kindheit schreibende Autor in der Computerbranche tätig. Sein Lieblingsgenre sind Science-Fiction und Fantasy, beeinflusst werden seine Arbeiten von China Mie­ville, Jeff Noon, Kij John­son und Ian R. MacLeod. 

Ganz neu ist seine Idee nicht. Es geht wieder einmal um eine dem Untergang geweihte Welt, die durch einen Auserwählten gerettet werden soll. Dieser Auserwählte und die in Aussicht gestellte Rettung sind lange schon prophezeit, wobei der Retter erst einmal nichts von seiner Bestimmung weiß oder gar ahnt.  

Die Welt, die es zu retten gilt, scheint die unsere zu sein, wird doch etwa Bezug auf die alten Griechen genommen. Sie teilt sich in Nordlande und Südmeer, gleich eingangs des Buches findet man eine Karte, voller Ortsnamen und Gewässer, die es jedoch im Hier und Jetzt nicht gibt. Diese Welt wird im Buch sehr bildhaft beschrieben und stellt sich ein Jahrtausend nach der großen Katastrophe teils mittelalterlich, teils futuristisch, teils aus-dem-was-da-ist-das-Beste-machend dar.  

Die Hauptfigur ist Cornelis, der gerade 16 geworden, von einem Sammler, Meister Aki genannt, aus seinem bisherigen Leben geholt wird. Offiziell um ihm beim Sammeln von Informationen über die Vorgänge zu helfen, die letztlich zu der Katastrophe in der Vergangenheit geführt haben. Die Älteren, die noch davon wissen, machen mehr oder weniger ein Geheimnis daraus, Gerüchte und Halbwissen drohen in einen Krieg auszuarten.  

O’Connell verarbeitet in seiner Geschichte Mythen, Legenden, Magisches, Märchenhaftes. Figuren, die einem aus anderen Geschichten bekannt vorkommen. Dabei verzichtet er auf Vampire oder Werwölfe, die seit Längerem gerne verarbeitet werden, ebenso auf Elfen oder Ähnliches. Und obwohl seine Figuren und die Reise, die sie antreten, ideentechnisch betrachtet schon mehrfach verarbeitet worden sein mögen, gestaltet der Autor alles in einem ganz eigenen Stil. 

In O’Connells Zukunftswelt tummeln sich nicht nur Menschen, sondern Wesen aus verschiedenen Dimensionen. Es ist von den Anunnaki die Rede, jenen riesenhaften Wesen eventuell außerirdischen Ursprungs, deren Skelette den realen Medienberichten zufolge immer mal wieder anscheinend bei Ausgrabungen aufgetaucht und als Fake abgetan worden sind. Schon angesichts von O‘Connells Beschreibung ihres Kopfes/Gesichtes her kann man hier auf Außerirdische tippen, wenn sie auch abgesehen von ihrer Größe sonst den Menschen ähneln. Es gibt kleine Puppen, mit deren Hilfe sich die Anunnaki willenlose (Menschen-)Sklaven schaffen können. Es gibt Gestaltwandler, die sich in jede x-beliebige Form verwandeln können, aber nicht sehr gescheit sind. Die über Leichen gehen, um ihren Herzenswunsch erfüllt zu bekommen. Nicht zu vergessen die Insektoiden in Gestalt riesiger Gottesanbeterinnen, die Appetit auf Cornelis und Meister Aki haben. Es gibt Fanatiker und Fatalisten, scheinbar Allwissende und Unwissende, intrigante und hilfsbereite, stärkere und schwächere Charaktere. Unsterbliche gefällig? Auch die gibt es in O’Connells Geschichte in Form der gottgleichen Älteren. Sie leben auf Tir na nÓg, seit der Zeit der großen Katastrophe, geschützt durch ein energetisches Bollwerk. Jenes Bollwerk kann nur von jemandem mit dem passenden genetischen Code überwunden werden, dem Auserwählten. Spätestens jetzt wird klar, dass Cornelis nicht willkürlich von Meister Aki ausgesucht wurde.  

Der Schreibstil des Autors hat es mir erschwert, in die Geschichte einzutauchen. Das Buch beginnt in einem etwas unübersichtlichen, nicht klar abgegrenzten Mix aus Rückblenden und aktuellem Geschehen, nicht sehr mitreißenden Dialogen und zu ausführlichen Erklärungen. Hinzu kommen ein etwas naiver, eingangs eher mürrisch als sympathisch wirkender Hauptcharakter, der seine Bestimmung nicht so recht annehmen möchte, und sein teils zu belehrend wirkender Lehrmeister. Sehr schnell taucht eine große Zahl an Nebencharakteren auf, die es ebenfalls nicht erleichtern, in die Geschichte einzutauchen. Und wie in vielen Romanen ähnlicher Thematik werden viele ihrer Handlungsweisen eher präsentiert als logisch begründet aufgebaut. 

Mit dem Auftaktroman Der Auserwählte aus der Tir na nÓg-Reihe hat man also schon mal kein Buch zur Hand, das man einfach so nebenbei lesen kann. Bedauerlich fand ich auch, dass O’Connells Figuren in ihrer fantastischen und doch so bekannten Welt dann noch auf Schusswaffen angewiesen waren. 

Dennoch wollte ich, nachdem ich mich an den Schreibstil gewöhnt hatte, wissen, wie es mit Cornelis und seinen Mitstreitern, aber auch mit den Widersachern weitergeht. Was sich hinter dem Großen Tier versteckt, das anscheinend für das Ende unserer (?) Zivilisation und einen Neuanfang sorgte. O’Connell deutet vieles an, lässt aber genauso vieles offen, was darin begründet sein dürfte, dass es einen zweiten Teil gibt, der bereits auf dem Markt ist. Sieht man von den ersten zwei, drei Kapiteln ab, haben mir die sehr bildhaften Beschreibungen gefallen, ließen sie doch ein klares Bild der Welt entstehen, in der Cornelis sich auf seine beschwerliche Reise macht. Außerdem hat mir der Metamorph einen neugierig machenden Schauer über den Rücken gesandt.  

Fazit: Man muss sich an den Schreibstil von O’Connell gewöhnen und sollte grundsätzlich einen Lesegeschmack haben, der sich etwas abseits gerade marktüblicher Fantasygeschichten entfaltet. Dann jedoch wird man mit einer Geschichte belohnt, die sich wohlwollend vom Gros abhebt und fantastische mit realen Elementen, Zukunftsfiktion mit Tatsächlichem, Altes mit Neuem verknüpft. Einem durchwachsenen Auftaktroman, der bei genauerem Überlegen vielleicht doch mehr mit der eingangs erwähnten Geschichte zu tun hat, als ich anfangs dachte, wenn auch nur im übertragenen Sinn. Dem ich drei von fünf Punkten geben möchte und der mich trotz der erwähnten Schwächen neugierig auf die Fortsetzung gemacht hat.  

Copyright © 2012, Antje Jürgens (AJ)

Powered by WordPress