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17. April 2013

McGUIRE, JAMIE: BEAUTIFUL DISASTER

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357_McGuire_BeautifulDisasterOriginaltitel: Beautiful Disaster
übersetzt von: Henriette Zeltner
Verlag: Piper
ISBN-13: 9783492303347
ISBN-10: 349230334X
Genre: Belletristik
Ausgabe: 1. Auflage 04/2013
Taschenbuch, 464 Seiten
Neupreis [D] 9,99 €

 

Verlagsseite
Autorenseite (englisch)

Für alle Fans von Stephenie Meyer und E. L. James hieß es in einer Mail, die ich vor einigen Wochen erhalten habe. Darin wurde Beautiful Disaster von Jamie McGuire beworben. Einer der Romane, der das bisherige Verlagswesen etwas durcheinanderwirbelt. Zunächst selbstständig von der in Oklahoma aufgewachsenen Autorin Jamie McGuire als eBook veröffentlicht, schaffte er es in die Top10 der Bestsellerliste der New York Times. Die daraus resultierende Printausgabe toppte dieses Ergebnis dann noch.

Offen gestanden war ich recht gespannt auf das Buch. Denn obwohl mir Meyers Roman Seelen gut gefallen hat, konnte ich mich mit ihrer Biss-Reihe überhaupt gar nicht anfreunden. Und auch bei James erotischer Trilogie verstand ich den Hype nicht im Geringsten. Inwiefern aber (thematisch) so gegensätzliche Reihen in einem Buch vereint worden sein sollten, machte mich neugierig. Sollte da ein erotisches Buch für Jugendliche oder junge Erwachsene herauskommen? Mhm …

Wobei: Ein Buch ist es letztlich dann doch nicht. Der zweite Band heißt Walking Disaster. Da flattert dann der Schmetterling auf dem Cover nicht mehr im Glas, sondern schmiegt sich an einen muskulösen, männlichen und tätowierten Oberkörper. Zumindest beim noch nicht übersetzten Anfang April 2013 erschienen Original. Darin kommt Travis zu Wort. Und da der Brüder hat, sollen auch sie eigene Bücher bekommen. Fans können angesichts dieser Aussichten jubeln, droht der McGuire- Lesestoff doch nicht so schnell auszugehen.

Tja, und da saß ich nun mit dem Buch, schlug es auf und las. Las recht schnell, denn die Übersetzung büßte zwar, wie ich gelesen habe, einiges an Kraftausdrücken ein, ist jedoch in recht einfacher, jugendlich angepasster Sprache geschrieben, die LeserInnen grundsätzlich nicht allzu viel abverlangt. Der eigentliche Inhalt jedoch … Nun, der forderte mir dann doch Durchhaltevermögen ab.

In Beautiful Disaster geht es um die Studentin Abby. Die hat ihr altes Leben hinter sich gelassen und gilt als brav und unauffällig. Recht harmlos gestaltet sich ihr Leben an der Uni bzw. im Wohnheim. Jedenfalls bis sie von ihrer besten Freundin zu einem Freestyle-Kampf mitgenommen wird. Sobald sie Travis (unersättlicher Womanizer, der einem unerlaubten aber gewinnträchtigen Hobby frönt und regelmäßig andere Kampfwillige vermöbelt) trifft, wird alles anders. Eine verlorene Wette zwingt sie mehr oder weniger dazu, bei Travis und seinem Wohnungsgenossen einzuziehen, der praktischerweise der Freund ihrer besten Freundin ist. Natürlich ist Travis mehr als ein gut aussehender, Fäuste schwingender Frauenheld. Klug und in gewisser Weise fürsorglich, versteckt er seine eher guten Seiten hinter seinem besitzergreifenden Bad Boy-Image. Und obwohl Abby eigentlich gleich von Anfang an ihre Krallen gegen ihn ausfährt, kommen sie sich zwangsläufig näher.

Könnte spannend und unterhaltsam sein, war es aber für mich nicht sonderlich. Meine schnell keimende Hoffnung, dass da doch noch etwas kommen müsste, erfüllte sich nicht. Allzu viel Handlung bietet McGuires Roman nicht. Und das bisschen, das es gibt, entwickelt sich eher zäh, enthält Wiederholungen und ist überaus vorhersehbar.

Abby und Travis zoffen und vertragen sich und zoffen und vertragen sich. Dazwischen eine kleine Trennung und Versöhnung. Hab ich noch etwas vergessen? Ach ja, sie zoffen und vertragen sich. Und das alles dank der Wette. Ein seltsames Konstrukt übrigens. Es sorgt zwar dafür, dass die beiden Hauptfiguren Zeit miteinander verbringen (hab ich schon erwähnt, dass sie die nutzen, um sich zu zoffen und zu vertragen?), bleibt jedoch trotzdem eben nur ein seltsames Konstrukt. Und das, wo Abby doch angeblich so tough ist.

Hätte die Autorin sich darauf beschränkt, Bad Boy Travis von Abby bezähmen zu lassen, wäre das zwar nicht nervenaufreibend spannend aber vermutlich noch ganz okay gewesen. Doch dann brachte sie zunehmend Abbys Vergangenheit und kitschige Klischees ins Spiel. Spätestens damit lief McGuires Roman ernsthaft Gefahr auf dem recht niedrigen Stapel abgebrochener Bücher zu landen (die kann ich auch nach vielen Jahren Lesewut noch an einer Hand abzählen, weil ich weiß, wie viel Arbeit in einem Buch steckt).

Möglicherweise hätten komplexe Charaktere die Geschichte retten können? Wer weiß, allerdings habe ich keinen solchen gefunden. Teils sind sie zu schwach skizziert, teils zu eindimensional. Wirklich einfühlen konnte ich mich in niemanden. Sympathiepunkte gab es auch nicht.

Außerdem habe ich vergeblich versucht, die Liebesgeschichte zu sehen. Sicher, die beiden kommen sich näher. Und auch wenn es nicht allzu häufig, eher lau als heiß hergeht, weiß man, was die beiden machen. Aber das ist ja nicht unbedingt Liebe, sondern kann allenfalls als Flattern im Bauch bezeichnet werden. Was genau den einen für den anderen liebenswert macht? Irgendwie ging das für mich in unbeherrschten Aktionen seitens Travis, Partys und viel, viel, viel Alkohol unter. Vermutlich war nach der Lektüre, und allein von dieser, mein Blutalkoholgehalt nicht mehr ganz bei null. Wehe, wenn sie losgelassen. Amerikanische Teenager sollen ja diesbezüglich gerne über die Stränge schlagen, wenn sie unbeaufsichtigt sind. Doch ein paar Promille weniger hätten McGuires Figuren hier eindeutig gut getan. Dann hätte Travis vielleicht auch nicht auf alles außer Abby eingedroschen, was seinen Unmut erregt hat.

Ein gutes Ende hätte mich meine negative Meinung über den Roman vielleicht noch einmal revidieren lassen. Doch angesichts der zunehmend schnulzig-abgeschmackten Entwicklung endete der Roman für mich nicht gut. Vielmehr war ich froh, als ich endlich damit durch war.

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Beautiful? Na ja. Disaster? Schon eher. Recht schnell verlor das Umblättern an Reiz, obwohl der Schreibstil leicht lesbar ist. Da die Handlung weder überraschende Wendungen noch allzu viel Inhalt bot, vieles einfach überzogen wirkte und die Charaktere mich nicht überzeugen konnten, gibt es nur einen von fünf Punkten für McGuires Roman Beautiful Disaster. Lust auf Travis Sichtweise, sprich auf Walking Disaster, hat er nicht in mir geweckt.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

EVANS, HARRIET: DAS BUCH DER VERBORGENEN WÜNSCHE

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355_evans_dasbuchderverborgenenwuensche.jpgOriginaltitel: Love always
übersetzt von Tina Thesenfitz
Verlag: Knaur Taschenbuch
ISBN-13: 9783426511909
ISBN-10: 3426511908
Belletristik
Ausgabe: 03/2013
Taschenbuch, 592 Seiten
Neupreis [D] 9,99 €

Verlagsseite
Autorenseite (englisch)

Die 1974 in London geborene Autorin sandte 2003 die ersten Seiten eines Manuskripts unter einem Pseudonym an einen Agenten. Damals arbeitete Sie hauptberuflich, z. B. als Lektorin, in der Buchbranche, unter anderem bis 2003 bei Penguin. Doch nachdem gleich fünf ihrer Romane bei Harper Collins verlegt wurden, kann sie sich spätestens seit 2008 ganz dem Schreiben widmen. Ihre Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt und Evans zählt mittlerweile zu den ganz Großen der Frauenunterhaltung. Mit entsprechend großen Erwartungen ging ich denn an Das Haus der verborgenen Wünsche heran, die deutsche Übersetzung von Love always und mein erstes Buch der Autorin.

Darin geht es um Natasha. Deren Leben bricht gerade auseinander. Ihre Beziehung ist kaputt und die Schmuckdesignerin steht kurz vor dem Bankrott. Dann stirbt auch noch ihre Großmutter. Ausgerechnet die Frau, die so etwas wie ein Fels in der Brandung war. Ihr Vorbild. Ihr sicherer Halt, den sie bei ihrer unbeständigen, rastlosen und augenscheinlich lieblosen Mutter und ganz ohne Vater dringend benötigte.

Als Auszüge eines Tagebuchs auftauchen, ergeben sich Fragen. Summercove, das bisher nicht nur Feriendomizil, sondern auch so etwas wie Heimat für sie war, wird verkauft und ihre eigenen Erinnerungen erscheinen vor dem, was sie erfährt, falsch zu sein. Obwohl Natasha es sich angesichts ihrer momentanen persönlichen Situation gar nicht leisten kann, geht sie auf Spurensuche und findet letztlich etwas, womit sie gar nicht gerechnet hat.

Evans erzählt die Geschichte bildhaft detailliert, was für eine dichte Atmosphäre, allerdings auch für einzelne Längen sorgt. Das Haus der verborgenen Wünsche spielt auf verschiedenen Zeitebenen. Die Autorin springt zwischen den 1960er-Jahren und der Gegenwart hin und her, lässt teilweise Natasha selbst und dann wieder einen Erzähler zu Wort kommen. Teils siedelt sie das Geschehen in Cornwall, dann wieder in London an. Und offenbart Stück für Stück die brüchige Fassade einer scheinbar respektablen Familie, Lügen und Mutmaßungen, Vorwürfe und Ausgrenzungen. Ein Jahrzehnte zurückliegender Todesfall, über den selten gesprochen wird, änderte alles. Sorgte für Gefühle, die lange unterdrückt, und Schuldgefühle, die nie überwunden wurden.

Kann eine unaufgeregte Geschichte dramatisch sein? Evans Roman ist sowohl das eine wie das andere. Zusätzlich wartet sie auch noch mit einer dezent eingefügten Liebesgeschichte auf, die das Ganze abrundet. Sie passt sich genauso harmonisch dem übrigen Geschehen an, wie sie glaubwürdig wirkt. Vermutlich, weil sie von lebensecht wirkenden Charakteren erlebt wird. Insgesamt offenbaren sich Evans Figuren teils liebenswert oder unsympathisch und berechnend, teils hilflos oder wütend, aufmüpfig oder mutlos, kalt- oder warmherzig, facettenreich und immer authentisch. Ihre Handlungen wirken glaubwürdig.

Während der Teil, der die Vergangenheit betrifft, zwar wie bereits erwähnt dramatisch aber doch eher distanziert auf mich wirkte, war ich begierig zu lesen, alles zu lesen, was die Gegenwart und Natasha betraf. Sie durchläuft eine Entwicklung, die mich mit ihr fühlen ließ, gleichzeitig ließ mich das Schicksal ihrer Mutter nicht kalt.

Am Ende alles rosarot und wieder gut? Jein. Das Ende ist der Geschichte angepasst. Unaufgeregt erwachsen könnte man sagen. Nicht einfach schöngefärbt, nicht unwahrscheinlich, aus der Handlung heraus betrachtet das einzig mögliche konsequente Ende, das es für diesen Roman geben kann.

Fazit: 04aperlenpunkte.jpg

Berührender Roman mit Tiefgang. Er lässt sich leicht lesen, ohne einfach nur seicht-leichte Unterhaltungslektüre zu sein. Das Haus der verborgenen Wünsche bekommt vier von fünf Punkten von mir.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

16. April 2013

FITZPATRICK, BECCA: RETTE MICH

354_fitzpatrick_rettemich_engeldernacht03.jpgOriginaltitel: Crescendo
übersetzt von Sigrun Zühlke
Verlag: Page & Turner
ISBN-13: 9783442204076
ISBN-10: 3442204070
Fantasy, Jugendbuch
Ausgabe 03/2013
Serie: The Hush Hush Saga/ Engel der Nacht (Band 03)
Taschenbuch mit Klappenbroschur, 448 Seiten
Neupreis [D] 16,99 €

Verlagsseite
Autorenseite englisch

Becca Fitzpatrick © Ali Eisenach

Becca Fitzpatrick
© Ali Eisenach

Es ist 10 Jahre her, dass ihr Mann sie anlässlich ihres 24. Geburtstages zu einem Kurs für Literarisches Schreiben anmeldete. Doch die 1979 geborene und in Colorado lebende, amerikanische Autorin Becca Fitzpatrick konnte damit ihren seit Langem bestehenden Traum vom Schreiben näherkommen und nutze ihre Chance. Bereits damals begann sie mit der Arbeit an Hush Hush. Zusammen mit anderen AutorInnen war sie auch an einer Sammlung von Kurzgeschichten beteiligt, die unter dem Titel Kiss me deadly – 13 tales of paranormal love veröffentlicht wurde.

Ihr Debütroman landete auf der Bestsellerliste der New York Times und erregte auch außerhalb der Staaten Aufmerksamkeit. Page & Turner veröffentlichte die deutschen Übersetzungen der Hush Hush Saga unter dem Reihentitel Engel der Nacht. Die Cover der amerikanischen und deutschen Ausgaben von Band 1 (Hush Hush/Engel der Nacht) und Band 3 (Silence/Rette mich) sind vom Motiv her gleich geblieben. Ob das Motiv von Band 4 (Finale)  ebenso vom amerikanischen Original abweicht wie Band 2 (Crescendo/Bis das Feuer die Nacht erhellt) ist mir nicht bekannt. Sicher ist jedoch, dass LD Entertainment sich mittlerweile die Filmrechte an der Buchreihe sicherte. Noch ist allerdings nicht gewiss, ob tatsächlich ein Film daraus wird.

Es empfiehlt sich, die Bücher in der Reihenfolge ihrer Erscheinung zu lesen, denn obwohl im dritten Band einiges wiederholt wird, würde sonst einfach zu viel fehlen. Wie zuvor gelingt es der Autorin auch im dritten Band, eine atmosphärische dichte Hintergrundatmosphäre zu schaffen. Reales wird mit Fantasy gemixt.

Obwohl ich zugegebenermaßen mit Büchern, die (gefallene) Engel thematisieren, das eine oder andere Problem habe, versuche ich mich immer wieder daran. Und so habe ich mir vor etlichen Wochen in die beiden Vorgängerbücher vertieft.

Im ersten Band begegnete Nora Patch zum ersten Mal. Der wirkt unheimlich und geheimnisvoll auf sie und ist ihr nicht ganz geheuer. Erschwerend kommt hinzu, dass sich Nora immer häufiger verfolgt fühlt. Obwohl sie nicht ausschließen kann, dass Patch dahinter steckt, fühlt sie sich zu ihm hingezogen. Außerdem würde sie zu gerne wissen, was die seltsame Narbe auf seinem Rücken zu bedeuten hat. Den Reihenauftakt fand ich durchwachsen, doch machte er mich neugierig auf die Fortsetzung.

Dass Nora wahrhaftig Kontakt mit einem Engel hat, wird bald klar. Noch dazu mit ihrem Schutzengel, der sein Leben für sie opfert. Doch statt im zweiten Band ihre Gefühle für Patch, die übrigens auf Gegenseitigkeit beruhen, ausleben zu können, muss sie feststellen, dass Patch sich zunehmend zurückzieht. Und auch noch Interesse für ihre Erzfeindin Marcie Millar entwickelt. Nur gut, dass Patch dennoch seine schützende Hand über sie zu halten scheint. Denn im Zusammenhang mit der Suche nach der Wahrheit bezüglich ihres vor Jahren verschwundenen Vaters gerät sie auf gefährliches Terrain. Allerdings, je näher sie dieser Wahrheit kommt, desto mehr muss sie Patchs Verhalten hinterfragen. Obwohl dieser Band mir etwas weniger gefiel als der Vorgänger, blieb meine Neugier auf die Fortsetzung erhalten.

Der dritte Band Rette mich setzt mit dem Erwachen Noras auf einem Friedhof an. Nein, sie ist nicht gestorben und beerdigt worden. Allerdings fehlen ihr fünf Monate in ihrem Gedächtnis. Sie wurde offenbar entführt, kann sich jedoch an nichts erinnern. Nicht einmal an Patch. Ihre Mutter und ihre beste Freundin scheinen mehr zu wissen, geben dieses Wissen jedoch nicht wirklich preis. Der Vater ihrer Erzfeindin Marcie Millar hat sich zwischenzeitlich an Noras Mutter herangemacht, was in Nora alle Alarmglocken schrillen lässt. Und ein alter Bekannter meldet sich zurück, gerade als sie eine seltsame Warnung in ihrem Zimmer findet. Als sie und Patch sich ebenfalls wiedersehen, dringen immer mehr Erinnerungen an die Oberfläche und verwirren Nora zusehends. Wem kann sie trauen, wem nicht?

Soweit so gut. Durch diesen Gedächtnisverlust wird die Geduld von Fitzpatricks LeserInnen auf die Probe gestellt. Wer die Vorgängerbücher gelesen hat, weiß, was Nora darin so alles widerfahren ist. Genau dadurch entwickeln sich bei ihrem Versuch sich zu erinnern Längen, die dem Spannungsbogen nicht gut tun. Man braucht also Durchhaltevermögen. Denn obwohl Nora dickschädelig geblieben ist und neuerdings sogar etwas biestig wirkt, muss man sich erst einmal durch langatmige Überlegungen, Streitgespräche mit Vee und ihrer Mutter und Ähnliches kämpfen. Etwas unglaubwürdig fand ich in diesem Zusammenhang ihren Versuch, ihr altes Leben wieder aufzunehmen. Der Spagat zwischen dem fantastischen Engelelement und dem normalen Dasein eines amerikanischen Teenagers erscheint spätestens in Rette mich zu gewagt, um wirklich authentisch zu wirken.

Da Nora sich nicht an Patch erinnert und der anfangs nur spärlich in Erscheinung tritt, hat sie keine Beziehungsprobleme (die in Band 2 fast zu viel waren). Da Patch allerdings eine, wenn nicht für viele LeserInnen gar die tragende Figur im Geschehen ist, fehlt hier eindeutig etwas. Vee, die mir in den Vorgängerbüchern nicht sehr sympathisch und eher nervig-aufdringlich vorkam, ist glücklicherweise im dritten Buch auch deutlich in den Hintergrund getreten. Oder doch nicht glücklicherweise? Denn bei den Längen hätten ein paar ihrer Kommentare hier womöglich durchaus gut getan.

Patch hat sich zurückgezogen, um Nora zu schützen. Allzu gesprächig ist er ja sowieso grundsätzlich nicht. Allerdings strebt er seinem Ziel so eigenmächtig entgegen, dass man auch als LeserIn nicht so wirklich versteht, was hier gerade Sache ist. Das liegt auch daran, dass genau wie in den Vorgängerbüchern der eine oder andere Handlungsfaden (nicht nur Patch betreffend) rot aufleuchtet und sich dann stillschweigend im Nichts verliert. Wie zuvor scheint nicht alles schlüssig verwoben und logisch, und da dies mittlerweile der dritte Band ist, sollte die Autorin für mein Dafürhalten langsam in die Gänge kommen, was Antworten betrifft. Andererseits liefert sie diese zumindest teilweise. Doch so wie sich Noras Erinnerungen wieder einstellen, ergeben sich einige Verwicklungen bezüglich ihres leiblichen Vaters, die etwas absonderlich und recht konstruiert wirken.

Fazit: 02aperlenpunkte.jpg

Vielleicht bin ich einfach zu alt, doch nachdem mir Bis das Feuer die Nacht erhellt schon nicht mehr so gut wie der Auftaktroman gefallen hat, fand ich Rette mich weniger unterhaltsam als den zweiten Band der Reihe. Manches wird zu konstruiert, anderes zu oberflächlich, das eine oder andere zu langatmig und mehrere Dinge zu unglaubwürdig, als das mich das Buch wirklich fesseln konnte. Und wieder war es Patch, der mir bei aller Kürze seiner Auftritte am ehesten zugesagt hat. Rette mich bekommt trotzdem allenfalls starke zwei von fünf Punkten. Spätestens jetzt bin ich wirklich am Überlegen, ob ich den vierten Band der Reihe nach seinem Erscheinen denn überhaupt noch lesen soll.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

15. April 2013

ROBERTS, AILEEN P.: ELVANCOR – DAS LAND JENSEITS DER ZEIT

Filed under: Roman — Schlagwörter: , , , , , , , , — Ati @ 16:28

371_Roberts_Elvancor01_DasLandJenseitsDerZeitGoldmann
ISBN-13: 978-3442478767
ISBN-10: 3442478766
Fantasy
Ausgabe 03/2013
Serie: Elvancor Band 01
Taschenbuch, 448 Seiten
Neupreis [D]: 12,99 €

Verlagsseite
Autorenseite

Aileen P. Roberts  © Isabelle Grubert

Aileen P. Roberts
© Isabelle Grubert

Hinter dem Pseudonym Aileen P. Roberts steckt die in Süddeutschland lebende Claudia Lössl. Die kam durch ihren Mann zum Schreiben. Teilweise erscheinen ihre Bücher im Selbstverlag. Goldmann veröffentlichte 2009 ihren Fantasy-Zyklus Thondras Kinder. Mit der Weltennebel-Trilogie legte die Autorin nach. Gerade liegt ihr Roman Elvancor vor mir, der ebenfalls von Goldmann auf den Buchmarkt gebracht wurde.

In Elvancor – Das Land jenseits der Zeit geht es um die 18jährige Lena, deren Start ins Erwachsenenleben etwas anders verläuft als geplant. Eigentlich wollte sie ja reisen und raus aus der öden Provinz. Dank ihrer eigenen Dummheit und der ihres Exfreundes muss sie jedoch Sozialstunden in einem Altenheim ableisten und hat mehr oder weniger Hausarrest. Bei ihren Sozialstunden lernt sie eine alte Frau kennen. Eigentlich denkt Lena, dass die alte Frau etwas wirr im Kopf sein muss und die fantastischen, zu magisch anmuteten Bildern passenden mystischen Geschichten frei erfunden sind. Doch nach deren Tod ergeben sich Umstände, die Lenas Welt ins Wanken bringen. Zusammen mit Ragnar, dem Enkel der alten Frau Winter, macht sie sich auf eine Schatzsuche mit unbekanntem Ausgang.

Abgeschlossen ist die Geschichte nach 448 Seiten nicht. Es gibt einen zweiten Teil, mit dem Titel Das Reich der Schatten. Dieser soll im August 2013 erscheinen. Wer frühere Bücher der Autorin kennt, weiß, dass mit Sicherheit einige Fragen aufgeworfen und im ersten Teil nicht erschöpfend beantwortet werden. Die Bücher sollten also in der Reihenfolge ihrer Erscheinung gelesen werden.

Die Inhaltsangabe las sich sehr interessant für mich. Und da ich Geschichten mag, in denen Drachen, magische Portale oder die Suche nach mystischen Gegenständen vorkommen, stürzte ich mich so schnell als möglich nach Erhalt auf das Buch. Es geht (wie in vielen anderen Fantasyromanen auch) darum, dass die reale und eine mystische Welt aufeinandertreffen. Dass Wesen von der einen zur anderen Welt wechseln können, was nicht immer gut ist. Und grundsätzlich um das Thema Hoffnung.

Gleich vorab: Obwohl sehr gut erklärt wird, was es mit Elvancor – Das Land jenseits der Zeit auf sich hat, führte mich dieser Titel völlig in die Irre. Ich ging davon aus, dass ich als LeserIn an der Seite von Ragnar und Lena einen Großteil des Buches in Elvancor verbringe. Doch dem war nicht so. Auch die Suche nach dem mystischen Schatz, auf die die verstorbene Frau Winter Lena und Ragnar gemeinsam ansetzt, gestaltet sich eher nebenbei und etwas langwierig. Erst gegen Ende des Buches nimmt der Roman deutlich an Fahrt auf, in dem, nebenbei erwähnt, die Pferdeliebe der Autorin deutlich zu spüren ist.

Überhaupt kamen mir die fantastischen Elemente und damit im Grunde die Spannung etwas zu kurz. Ein paar Schattenwesen, die erst relativ spät klar auszumachen sind, ein paar Geister, ein magisches Amulett. Hinzu kommt, dass ich mich mit Lena nicht anfreunden konnte. Die kam mir das ganze Buch hindurch zickig und mürrisch vor, konnte wenig Sympathiepunkte sammeln. Ihr beständiges Wanken zwischen einem Arbeitskollegen und Ragnar, und überhaupt ihr ganzes Verhalten, erscheint sehr unreif und oberflächlich. Magische Momente, die sie ja durchaus erlebt, akzeptiert sie ohne Fragen. Dann jedoch stellt sie Dinge infrage, die bei mir für hochgezogene Augenbrauen sorgten. Wenn ich wie sie bewusst erleben würde, dass sich vor meinen Augen, in meinen Händen, Teile eines Amuletts fest zusammenfügen, würde ich zumindest nicht mehr infrage stellen, dass es grundsätzlich Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, die eigentlich nicht sein können.

Doch es gab auch sympathische Figuren. Allen voran Frau Winter. Auch deren geheimnisvollen Geliebten aus Elvancor oder Lenas Oma fand ich ganz nett. Und obwohl Ragnar mir in großen Teilen zu distanziert vorkam, gehört er doch eher zu denen, die mir positiv auffielen. Alle zusammen stehen jedoch eher im Hintergrund, obwohl sie im Grunde genommen Schlüsselfiguren zu sein scheinen. Und grundsätzlich ist es ja auch so, dass man nicht Romancharaktere nicht zwingend mögen muss. Tatsächlich sind Roberts Figuren sehr realitätsnah beschrieben. Teils zu oberflächlich skizziert wirken sie dennoch echt. Genau wie die Handlungsorte, die man sich gut vorstellen kann.

Das Geschehen insgesamt spielt auf mehreren Handlungs- und Zeitebenen. Mal geht es in die Vergangenheit von Frau Winter oder die ihres Geliebten. Dann wieder erfährt man etwas über aktuell in der realen Welt agierende Schattenwesen. Dann wieder etwas über Lenas Vergangenheit und jetziges Erleben. Dabei verwebt Roberts in gewohnter Manier die Handlungsfäden zu einer dichten Atmosphäre, die mich wieder einmal dazu gebracht hat, das Buch nicht wegzulegen und später weiterzulesen.

Fazit: 03aperlenpunkte.jpg

Obwohl sich die Geschichte rein vom Tempo her bis fast zum Schluss gänzlich unaufgeregt entwickelt und die eine oder andere Länge beinhaltet, wollte ich wissen, wie es weitergeht. Trotzdem ich nicht wirklich mit den Figuren mitlitt oder -fieberte, waren sie mir nicht völlig egal. Und obschon ich nicht wirklich tief in das Geschehen eintauchen konnte, steckte ich doch definitiv darin fest. Der Auftaktroman lässt mich offen gestanden mit einem sehr zwiespältigen Gefühl zurück. Doch da ich andere Romane der Autorin kenne und die Geschichte eindeutig Entwicklungspotenzial hat, werde ich mir auf alle Fälle auch den zweiten Band des Fantasyzweiteilers holen. Für Elvancor – Das Land jenseits der Zeit möchte ich drei von fünf Punkten vergeben.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

12. April 2013

WUNDER, WENDY: FLAMINGOS IM SCHNEE

337_wunder_flamingosimschnee.jpgOriginaltitel: The Probability of Miracles
übersetzt von Karin Diemerling
Goldmann Verlag
ISBN-13: 9783442313235
ISBN-10: 3442313236
Belletristik
Ausgabe 03/2013
gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag, 352 Seiten
Neupreis [D] 17,99 €

Verlagsseite
Autorenseite (englisch)

WendyWunder © Heather Parker Photography

WendyWunder
© Heather Parker Photography

Es kommt selten vor, dass ich zwei Bücher nacheinander lese, die mich in etwa gleich berühren. Noch dazu zwei Debütromane. Doch nach Wo Milch und Honig fließen von Grace McCleen ließ mich auch Wendy Wunders Debütroman Flamingos im Schnee erst los, als ich die letzte Seite gelesen hatte. Und auch hier muss ich sagen: Die kam viel zu schnell. Und nebenbei bemerkt ist auch dieser Roman eins der Bücher, die man nicht so schnell vergisst. Kurz zur Autorin: Wendy Wunder unterrichtet Yoga in Boston, wenn sie nicht gerade schreibt oder Zeit mit ihrem Mann und ihrer zauberhaften Tochter Cadence verbringt. Flamingos im Schnee ist ihr erster Roman, und ja, Wendy Wunder ist tatsächlich ihr richtiger Name. (Quelle Verlagsseite)

Wunders Roman ist eigentlich todtraurig. Wer nah am Wasser gebaut hat, sollte sich vorsichtshalber Taschentücher bereitlegen, obwohl die Autorin gänzlich auf Melodramatik verzichtet und ihre Figuren darüber hinaus trotz der ernsten Thematik nicht in völliger Verzweiflung versinken lässt. Ein Hauch Fantasy verhindert dies ebenfalls, ohne der Geschichte die Glaubwürdigkeit zu nehmen. Eine Geschichte, die im Grunde, abgesehen von dem einen oder anderen Detail, jedem von uns geschehen könnte.

Im Fokus steht die im glitzernden Schaustellermillieu eines Vergnügungsparks aufgewachsene Campbell. Ihr Vater verstarb früh. Mit dem neuen Partner der Mutter kann sie nicht wirklich etwas anfangen. Aber das ist auch nebensächlich, denn tatsächlich deutet gleich zu Beginn des Romans alles darauf hin, dass das Mädchen den Kampf gegen den seit Jahren in ihrem Körper tobenden Krebs verloren hat. Mit dieser Diagnose will sich ihre Mutter nach wie vor nicht abfinden. Es gelingt ihr Cam zu überreden, an einen Ort zu fahren, der angeblich wahre Wunder und womöglich sogar eine Chance auf Heilung bringen kann. Obwohl Cam eigentlich längst aufgegeben hat, fahren sie und ihre jüngere Schwester gemeinsam mit der Mutter los.

Einfühlsam und nachvollziehbar, unpathetisch und bildhaft beschreibt die Autorin die Gefühle, die sowohl die Krankheit als auch dieser letzte Versuch, sich der tückischen Krankheit entgegenzustellen, mit sich bringen.

Die jahrelange Krankheit hat dafür gesorgt, dass Campbell keine wirkliche Jugend hatte. Sie wirkt gleichermaßen erwachsen wie pubertär. Das wird schnell klar, denn Wunder stößt ihre LeserInnen gleich mitten ins Geschehen. Bringt gleich anfangs eine Liste mit Dingen ins Spiel, die Cam und eine ebenfalls todkranke Freundin noch erleben wollen. Die Art und Weise, wie Wunder Cam und ihre Freundin beschreibt, gibt sehr treffend wieder, was ich bei betroffenen Patienten und auch selbst erlebt habe. Selbstironie und verzweifelter Sarkasmus, eine gewisse Kaltblütigkeit und der stete Versuch, sich selbst Hoffnung zu verbieten. Dies wird – im Buch, wie im realen Leben – von verzweifelten Angehörigen und Freunden unterlaufen, die genau diese Hoffnung immer wieder aufs Neue anregen wollen. Ebenfalls sehr stimmig ist die Stärke, die Cam ausstrahlt. Der Versuch andere vor der grausamen Wahrheit zu schützen. Oder das Bedürfnis schreien zu müssen, weil man in Watte gepackt wird. Und dann das blindwütige Um-sich-schlagen im übertragenen Sinn, weil Cam genau weiß, wie sie andere verbal oder durch bestimmte Handlungen verletzen kann. Weil niemand außer ihr das Offensichtliche sehen will. Der Versuch, keine Ängste und Schwächen zuzulassen, weil das den Schutzwall zu sprengen droht, den sie um sich aufgebaut hat und der sie aufrecht hält.

Einerseits ist Cams Darstellung dadurch etwas distanziert, doch im Bezug auf die Krankheit gesehen so in sich stimmig, dass LeserInnen einfach mit ihr fühlen müssen. Genau wie mit ihrer Mutter, die versucht, den Spagat zwischen dem drohenden Verlust ihrer Tochter und dem Alltag zu bewältigen. Oder Cams kleiner Schwester, die stets zu kurz kommt, weil Cams Krankheit im Vordergrund steht.

Doch dies sieht Cam genau genommen erst einige Zeit nach der Ankunft in Promise. Dort durchlebt nicht nur sie eine Wandlung. Plötzlich dreht sich nicht mehr alles nur um sie und ihre Krankheit. Andere Dinge rücken in den Vordergrund. Cam kann sogar den anfangs unmöglichsten Punkt auf ihrer Liste (ihre Entjungferung) abhaken und zwischen ihr und Asher, der in Promise lebt, bahnt sich eine zarte Beziehung an, obwohl Cam ihren teils verletzenden Sarkasmus nicht wirklich ablegt. Sie erlebt Dinge, die es sich zu erleben lohnt. Und während bei ihr ein Umdenken in Richtung Hoffnung einsetzt, vollzieht sich ein unmerklicher Umbruch im Fühlen ihrer Schwester und Mutter. Es werden Dinge ausgesprochen, die sie sich eingangs des Romans vermutlich nie gesagt hätten.

Unerwarteterweise musste ich an mehreren Stellen laut lachen. Etwa als Cam ihrer Schwester ein Einhorn präsentieren will. Cams Sarkasmus hatte teilweise ebenfalls diesen Effekt, andererseits hätte ich das Mädchen stellenweise am liebsten geschüttelt.

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Wunder hat Realität mit märchenhaften Fantasy-Elementen gemischt. Das könnte kitschig und melodramatisch wirken, tut es aber nicht. Vielmehr geht es um eine Heilung der besonderen Art. Um Akzeptanz und Loslassen. Um inneren Frieden. Um Zusammenhalt und Perspektivwechsel. Um Hoffnung und Ehrlichkeit. Flamingos im Schnee ist ein berührendes Debüt, welches wie Wo Milch und Honig fließen die volle Punktzahl verdient. Ein lesens- und empfehlenswerter Roman für jüngere und ältere LeserInnen.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

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