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17. April 2013

GANSS, INGRID: DER SPIELMANN

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Verlag: Dryas
ISBN-13: 9783940855169
ISBN-10: 3940855162
Belletristik, historisch
Ausgabe: 1. Auflage 11/2009
Taschenbuch, 600 Seiten
Neupreis [D]: 14,00 €

Verlagsseite

 

Ingrid Ganss © Privat

Ingrid Ganss
© Privat

Habe ich schon einmal erwähnt, dass ich Märchen liebe? Die lese ich allerdings meist in Form von Märchensammlungen. Deshalb wäre ich auch beinahe an dem ursprünglich bereits im Jahr 2000 und auch unter dem Titel Die Braut des Spielmanns erschienenen und 2009 neu von DRYAS aufgelegten Debütroman von Ingrid Ganß vorbeigelaufen. Zu unscheinbar und trist erschien mir ehrlich gesagt dessen Aufmachung. Weder die Covergestaltung noch die Dicke des Buches deutete auf das hin, was ich letztlich darin fand. Die 1959 geborene Autorin, Fremdsprachen-korrespondentin und Industriekauffrau schreibt seit frühester Kindheit Geschichten und Märchen. Ihr Debütroman erzählt das Märchen von König Drosselbart der Brüder Grimm auf tiefgründige und nicht durchgehend märchenhafte Weise nach.

Während bei den bekannten Märchenerzählern die Prinzessin anfangs nur wankelmütig, stolz und hämisch-übermütig dargestellt wird, erfährt man durch Ganß, was hinter deren Verhalten steckt. Ihre weibliche Hauptfigur Elisabeth von Messelstein, die behütet und verwöhnt aufgewachsen ist, offenbart sich als gebildete und moderne Fürstentochter. Das geht so weit, dass sie sich weigert, den Heiratsplänen zuzustimmen, die ihr Vater für sie schmiedet. Sie schüttet genau wie ihre Grimm-Vorgängerin Spott und Häme über mögliche Kandidaten aus, um diese abzuschrecken. Und genau wie diese muss sie mit den Folgen leben. Denn ihr Vater schwört angesichts ihrer Aufmüpfigkeit, sie mit dem erstbesten Mann zu verbinden, der um ihre Hand anhält. Bei einer Verfilmung von König Drosselbart mit Ken Duken trug der einen unansehnlichen Zottelbart im Gesicht und lebte augenscheinlich mehr schlecht als recht von seinen Tonwaren. Ganß lässt ihren Spielmann Jakob, besagter Erstbester, gleich von Anfang an gut aussehen. Ein Bruch zu Elisabeths bisherigen Leben ist das an der Seite ihres Mannes auf staubigen Landstraßen, in einer schäbigen Hütte und einer Welt voller Gaukler, Zigeuner und einfachem Volk jedoch allemal. Bald schon droht sie am Kampf ums Überleben zu verzweifeln. Doch als sie erkennt, dass sie die wahren Schönheiten des Lebens in ihrem goldenen Käfig bislang nicht erkannt hat, versucht sie, an Jakobs Seite eine Existenz aufzubauen.

Während die Brüder Grimm sich auf einige Aspekte beschränkten (immerhin haben ihre Märchen selten allzu viele Seiten), kann Ganß wesentlich tiefer gehen und tut dies auch. Sie siedelt ihre Geschichte im von Armut und Not gebeutelten Deutschland Mitte des 17. Jahrhunderts kurz nach dem 30jährigen Krieg an. Die von ihr heraufbeschworenen Orte sind erdacht, wirken jedoch real. Bauern versuchen sich gegen die nach wie vor im Luxus lebenden Adligen bzw. deren stete Forderungen in Form von Steuern und Abgaben aufzulehnen, was tödliche Folgen für sie haben kann. Elisabeth zeigt sich bezüglich ihrer Rolle als Frau emanzipiert. Die gleichermaßen nachdenkliche wie zunehmend sympathische weibliche Hauptfigur steht einem männlichen Part gegenüber, der an der Welt zu verzweifeln droht. Seine Gedanken werden selten explizit ausgesprochen. Doch obwohl die Geschichte größtenteils aus Elisabeths Sicht erzählt wird, kann man als LeserIn Jakobs Überlegungen, seine Zweifel und Hoffnungen allzeit klar nachvollziehen. Er scheint ein recht bewegtes, aufrührerisches Leben geführt zu haben. Während er Elisabeth mehrfach auflaufen und sie ihre Vorurteile und ihr Unwissen auf die harte Tour erkennen lässt, muss er feststellen, dass er selbst nicht von Voreingenommenheit, Intoleranz und Engstirnigkeit frei ist. Wer oder was er wirklich ist, beschäftigt LeserInnen den ganzen Roman hindurch, das Geheimnis wird erst gegen Ende etwas gelüftet.

Empathisch und sorgfältig beschreibt die Autorin die Wandlung, die Elisabeth durchmacht. Das Gefühl der inneren Zerrissenheit, dass das neue Leben (welches durchaus Platz für eigene Wünsche und Träume bietet), im Zusammenhang mit dem damaligen Sinn für Sitte und Anstand und ihrer Erziehung auslöst. Und so modern die junge Frau in gewisser Weise denken mag, so unsicher ist sie bei allem, was die körperliche Seite ihrer Ehe mit Jakob angeht. Wobei man hier eindeutig sagen kann: Ein Glück, dass es Jakob ist und niemand, der sie einfach derb an ihre ehelichen Pflichten erinnert und sich über ihre Bedürfnisse hinwegsetzt. Doch einfach ist das Leben an seiner Seite wie gesagt nicht.

Schlüssig und stringent verwebt Ganß einen bildhaft-detaillierten Erzählfaden mit dem anderen. So entsteht sukzessive eine dichte und stimmige Hintergrundatmosphäre, vor der die komplex herausgearbeiteten Figuren agieren. Doch birgt das Schaffen einer dichten Hintergrundatmosphäre die Gefahr von Längen; Ganß konnte sich ihr denn auch prompt nicht völlig entziehen.

Ein weiterer Schwachpunkt ist, dass die Autorin in dem Versuch, ihre Figuren so authentisch wie möglich darzustellen, eingangs Dialoge durch Verwendung einzelner Begriffe so hochtrabend-gekünstelt und salbungsvoll-gespreizt gestaltet, dass manche vielleicht das Buch verfrüht aus der Hand legen. Doch ist das wirklich ein Schwachpunkt? Die Dialoge mögen aus heutiger Sicht betrachtet zu gestellt wirken. Gleichzeitig zeigt sich durch diese gekünstelte Hofsprache jedoch sehr gut die vermeintliche Überlegenheit des Adels über das einfache Volk. Zumal diejenigen, die sich daran stören, bald feststellen werden, dass die Dialoge lebendiger werden, sobald Elisabeth an Jakobs Seite Messelstein verlässt. Spätestens ab da liest sich der Roman sehr flüssig.

Doch während die Brüder Grimm ihre Figuren glücklich bis an ihr Ende leben ließen, steuert die Geschichte von Jakob und Elisabeth auf ein offenes Ende zu. Es vereint Hoffnung und die harte, reale Existenz auf subtile Weise miteinander. Es passt auch auf die beiden Hauptfiguren und überhaupt sehr gut, weil es aus der Geschichte heraus und in sich die einzig konsequente Lösung ist. Doch spätestens hier unterscheidet sich der Roman von der Märchenvorlage.

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Ein trotz kleinerer Längen lebendig erzählter, mitreißender Mix aus Märchen, Liebesgeschichte und historischem Roman, der sich irgendwie allen Genrezuordnungen zu entziehen scheint. Ein Roman von Schuld und Sühne, Stolz und Vorurteil, Liebe und Vergebung; der zeigt, wie sehr ein erster Eindruck täuschen kann. Und einer, der glücklicherweise eine Fortsetzung gefunden hat. 2010 erschien Der König, den ich nach Der Spielmann mit Sicherheit ebenfalls lesen werde. Für das Debüt von Ingrid Ganß möchte ich vier von fünf Punkten vergeben.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

16. April 2013

FITZPATRICK, BECCA: RETTE MICH

354_fitzpatrick_rettemich_engeldernacht03.jpgOriginaltitel: Crescendo
übersetzt von Sigrun Zühlke
Verlag: Page & Turner
ISBN-13: 9783442204076
ISBN-10: 3442204070
Fantasy, Jugendbuch
Ausgabe 03/2013
Serie: The Hush Hush Saga/ Engel der Nacht (Band 03)
Taschenbuch mit Klappenbroschur, 448 Seiten
Neupreis [D] 16,99 €

Verlagsseite
Autorenseite englisch

Becca Fitzpatrick © Ali Eisenach

Becca Fitzpatrick
© Ali Eisenach

Es ist 10 Jahre her, dass ihr Mann sie anlässlich ihres 24. Geburtstages zu einem Kurs für Literarisches Schreiben anmeldete. Doch die 1979 geborene und in Colorado lebende, amerikanische Autorin Becca Fitzpatrick konnte damit ihren seit Langem bestehenden Traum vom Schreiben näherkommen und nutze ihre Chance. Bereits damals begann sie mit der Arbeit an Hush Hush. Zusammen mit anderen AutorInnen war sie auch an einer Sammlung von Kurzgeschichten beteiligt, die unter dem Titel Kiss me deadly – 13 tales of paranormal love veröffentlicht wurde.

Ihr Debütroman landete auf der Bestsellerliste der New York Times und erregte auch außerhalb der Staaten Aufmerksamkeit. Page & Turner veröffentlichte die deutschen Übersetzungen der Hush Hush Saga unter dem Reihentitel Engel der Nacht. Die Cover der amerikanischen und deutschen Ausgaben von Band 1 (Hush Hush/Engel der Nacht) und Band 3 (Silence/Rette mich) sind vom Motiv her gleich geblieben. Ob das Motiv von Band 4 (Finale)  ebenso vom amerikanischen Original abweicht wie Band 2 (Crescendo/Bis das Feuer die Nacht erhellt) ist mir nicht bekannt. Sicher ist jedoch, dass LD Entertainment sich mittlerweile die Filmrechte an der Buchreihe sicherte. Noch ist allerdings nicht gewiss, ob tatsächlich ein Film daraus wird.

Es empfiehlt sich, die Bücher in der Reihenfolge ihrer Erscheinung zu lesen, denn obwohl im dritten Band einiges wiederholt wird, würde sonst einfach zu viel fehlen. Wie zuvor gelingt es der Autorin auch im dritten Band, eine atmosphärische dichte Hintergrundatmosphäre zu schaffen. Reales wird mit Fantasy gemixt.

Obwohl ich zugegebenermaßen mit Büchern, die (gefallene) Engel thematisieren, das eine oder andere Problem habe, versuche ich mich immer wieder daran. Und so habe ich mir vor etlichen Wochen in die beiden Vorgängerbücher vertieft.

Im ersten Band begegnete Nora Patch zum ersten Mal. Der wirkt unheimlich und geheimnisvoll auf sie und ist ihr nicht ganz geheuer. Erschwerend kommt hinzu, dass sich Nora immer häufiger verfolgt fühlt. Obwohl sie nicht ausschließen kann, dass Patch dahinter steckt, fühlt sie sich zu ihm hingezogen. Außerdem würde sie zu gerne wissen, was die seltsame Narbe auf seinem Rücken zu bedeuten hat. Den Reihenauftakt fand ich durchwachsen, doch machte er mich neugierig auf die Fortsetzung.

Dass Nora wahrhaftig Kontakt mit einem Engel hat, wird bald klar. Noch dazu mit ihrem Schutzengel, der sein Leben für sie opfert. Doch statt im zweiten Band ihre Gefühle für Patch, die übrigens auf Gegenseitigkeit beruhen, ausleben zu können, muss sie feststellen, dass Patch sich zunehmend zurückzieht. Und auch noch Interesse für ihre Erzfeindin Marcie Millar entwickelt. Nur gut, dass Patch dennoch seine schützende Hand über sie zu halten scheint. Denn im Zusammenhang mit der Suche nach der Wahrheit bezüglich ihres vor Jahren verschwundenen Vaters gerät sie auf gefährliches Terrain. Allerdings, je näher sie dieser Wahrheit kommt, desto mehr muss sie Patchs Verhalten hinterfragen. Obwohl dieser Band mir etwas weniger gefiel als der Vorgänger, blieb meine Neugier auf die Fortsetzung erhalten.

Der dritte Band Rette mich setzt mit dem Erwachen Noras auf einem Friedhof an. Nein, sie ist nicht gestorben und beerdigt worden. Allerdings fehlen ihr fünf Monate in ihrem Gedächtnis. Sie wurde offenbar entführt, kann sich jedoch an nichts erinnern. Nicht einmal an Patch. Ihre Mutter und ihre beste Freundin scheinen mehr zu wissen, geben dieses Wissen jedoch nicht wirklich preis. Der Vater ihrer Erzfeindin Marcie Millar hat sich zwischenzeitlich an Noras Mutter herangemacht, was in Nora alle Alarmglocken schrillen lässt. Und ein alter Bekannter meldet sich zurück, gerade als sie eine seltsame Warnung in ihrem Zimmer findet. Als sie und Patch sich ebenfalls wiedersehen, dringen immer mehr Erinnerungen an die Oberfläche und verwirren Nora zusehends. Wem kann sie trauen, wem nicht?

Soweit so gut. Durch diesen Gedächtnisverlust wird die Geduld von Fitzpatricks LeserInnen auf die Probe gestellt. Wer die Vorgängerbücher gelesen hat, weiß, was Nora darin so alles widerfahren ist. Genau dadurch entwickeln sich bei ihrem Versuch sich zu erinnern Längen, die dem Spannungsbogen nicht gut tun. Man braucht also Durchhaltevermögen. Denn obwohl Nora dickschädelig geblieben ist und neuerdings sogar etwas biestig wirkt, muss man sich erst einmal durch langatmige Überlegungen, Streitgespräche mit Vee und ihrer Mutter und Ähnliches kämpfen. Etwas unglaubwürdig fand ich in diesem Zusammenhang ihren Versuch, ihr altes Leben wieder aufzunehmen. Der Spagat zwischen dem fantastischen Engelelement und dem normalen Dasein eines amerikanischen Teenagers erscheint spätestens in Rette mich zu gewagt, um wirklich authentisch zu wirken.

Da Nora sich nicht an Patch erinnert und der anfangs nur spärlich in Erscheinung tritt, hat sie keine Beziehungsprobleme (die in Band 2 fast zu viel waren). Da Patch allerdings eine, wenn nicht für viele LeserInnen gar die tragende Figur im Geschehen ist, fehlt hier eindeutig etwas. Vee, die mir in den Vorgängerbüchern nicht sehr sympathisch und eher nervig-aufdringlich vorkam, ist glücklicherweise im dritten Buch auch deutlich in den Hintergrund getreten. Oder doch nicht glücklicherweise? Denn bei den Längen hätten ein paar ihrer Kommentare hier womöglich durchaus gut getan.

Patch hat sich zurückgezogen, um Nora zu schützen. Allzu gesprächig ist er ja sowieso grundsätzlich nicht. Allerdings strebt er seinem Ziel so eigenmächtig entgegen, dass man auch als LeserIn nicht so wirklich versteht, was hier gerade Sache ist. Das liegt auch daran, dass genau wie in den Vorgängerbüchern der eine oder andere Handlungsfaden (nicht nur Patch betreffend) rot aufleuchtet und sich dann stillschweigend im Nichts verliert. Wie zuvor scheint nicht alles schlüssig verwoben und logisch, und da dies mittlerweile der dritte Band ist, sollte die Autorin für mein Dafürhalten langsam in die Gänge kommen, was Antworten betrifft. Andererseits liefert sie diese zumindest teilweise. Doch so wie sich Noras Erinnerungen wieder einstellen, ergeben sich einige Verwicklungen bezüglich ihres leiblichen Vaters, die etwas absonderlich und recht konstruiert wirken.

Fazit: 02aperlenpunkte.jpg

Vielleicht bin ich einfach zu alt, doch nachdem mir Bis das Feuer die Nacht erhellt schon nicht mehr so gut wie der Auftaktroman gefallen hat, fand ich Rette mich weniger unterhaltsam als den zweiten Band der Reihe. Manches wird zu konstruiert, anderes zu oberflächlich, das eine oder andere zu langatmig und mehrere Dinge zu unglaubwürdig, als das mich das Buch wirklich fesseln konnte. Und wieder war es Patch, der mir bei aller Kürze seiner Auftritte am ehesten zugesagt hat. Rette mich bekommt trotzdem allenfalls starke zwei von fünf Punkten. Spätestens jetzt bin ich wirklich am Überlegen, ob ich den vierten Band der Reihe nach seinem Erscheinen denn überhaupt noch lesen soll.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

HOCKING, AMANDA: STERNENLIED – WATERSONG 01

366_hocking_watersongsternenlied.jpgOriginaltitel: Wake – A Watersong Novel
übersetzt von Violeta Topalova und Anja Hansen-Schmidt
Verlag: cbt
ISBN-13: 9783570161593
ISBN-10: 3570161595
Fantasy, Jugendbuch (ab 13 Jahren)
Serie: Watersong (Band 01)
1. Auflage 03/2013
Gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag,
320 Seiten
Neupreis [D]: 16,99 €

Verlagsseite
Autorenblog englisch

AmandaHocking  ©-Mariah-Paaverud-Chimera-Studios

AmandaHocking
© Mariah-Paaverud-Chimera-Studios

1984 in Austin, Minnesota, geboren wurde die Erfolgsautorin Amanda Hocking. Alle Achtung kann man da nur sagen, respektive schreiben. Denn die Verfasserin von Fantasyromanen gilt derzeit als erfolgreichste Selbstverlegerin der Welt. Ihre E-Books wurden weit über 1 Million mal verkauft, was die ehemalige Altenpflegerin zur Dollar-Millionärin machte. Ebenfalls zu diesem Reichtum beigetragen hat der Verkauf der Filmrechte der Trilogie Die Tochter der Tryll. Aus Hockings Feder stammt auch die Buchreihe Unter dem Vampirmond, die dystopische Grafiknovelle The Hollows, der märchenhafte Roman Virtue und die Watersong-Quadrologie. Während in den Staaten nach Wake, Lullaby und Tidal bereits der vierte, abschließende Roman Elegy für August 2013 angekündigt ist, erschien im März die deutsche Übersetzung des Auftaktromans der Reihe unter dem Titel Sternenlied.

Das englische Cover wurde motivmäßig für den Schutzumschlag der deutschen Ausgabe übernommen. Das im Wasser befindliche Mädchen stellt, laut Autorenblog, die Hauptfigur Gemma dar. Was ich übrigens an diesem Umschlag besonders schön finde, ist der irisierende bzw. holografische Streifeneffekt, der an Lichtstrahlen unter Wasser erinnert. Außerdem ist besagter Schutzumschlag relativ stabil gearbeitet und wer ihn entfernt und umdreht, hält quasi ein Poster in der Hand.

Doch zurück zum Inhalt des Auftaktromans der Watersong-Quadrologie. Darin werden (nicht zum ersten Mal) Sirenen thematisiert. Die Faszination, aber auch die Gefahr, die von diesen mystischen Meerwesen ausgeht. Letzteres offenbart sich im Grunde bereits im Prolog. Gleichzeitig wird dabei aber auch deutlich, dass die Sirenen nicht unbedingt glücklich mit ihrem Schicksal sind.

Eine zwar nicht ganz unbekannte, aber nach wie vor spannende Grundidee, die Hocking da modifiziert hat. Dabei setzt die Autorin zwar auf differente aber nicht allzu komplexe Figuren. Sie bedient sich diverser Klischees und auch die Handlung ist nicht sonderlich tiefgründig oder durch eine rasche Entwicklung geprägt. Unterhaltsam ist ihr Roman aber allemal. Und trotz einer gewissen Eindimensionalität gelingt es Hocking, eine dichte Hintergrundatmosphäre zu schaffen.

Der Fokus in Sternenlied liegt auf Gemma und ihrer Schwester Harper. Nach dem einleitenden Prolog, der auf ein blutiges Ereignis verweist, ohne zunächst die Hintergründe zu offenbaren, lernt man die beiden näher kennen. Hocking lässt ihre LeserInnen an deren Gefühls- und Gedankenwelt teilnehmen und bietet einen Einblick in das ‚noch‘ normale Leben, das sie führen. Während Harper ruhiger, besonnener und verantwortungsbewusster wirkt, offenbart sich Gemma relativ aufgeweckt und sportlich ehrgeizig. Das Wasser ist eindeutig ihr Element. Sie liebt das Meer und kann sich ein Leben ohne nicht vorstellen. Dass ausgerechnet dort Gefahr lauert, ist deshalb natürlich umso fataler. Außerdem ist sie zum ersten Mal verliebt, in Alex. Da Harper sich um sie und ihren Vater kümmert, kann Gemma sich eigentlich ganz auf diese Dinge konzentrieren. Dann jedoch tauchen drei Mädchen auf, die genauso geheimnisvoll wie faszinierend wirken. Obwohl Harper sie vor Thea, Lexi und Penn warnt und Gemma auch spürt, dass etwas mit ihnen nicht stimmt, fühlt sie sich unaufhaltsam in deren Bann gezogen. Und bevor sie erkennen kann, was damit eigentlich auf sie zukommt, ist es bereits zu spät.

Insgesamt kommt die Autorin mit relativ wenig Figuren aus. Neben Harper und Gemma, Thea, Lexi und Penn gibt es Alex und Daniel (der ein Auge auf Harper geworfen hat). Typische Jungs von neben an, nicht sehr tiefgründig aber ganz nett. Die Liebesgeschichten, die zu einem an und für sich perfekten Sommer gehören, entwickeln sich sehr dezent und drängen zu keiner Zeit in den Vordergrund. Was in meinem Augen wiederum gut auf das anvisierte Zielpublikum passt. Es gilt dabei das eine oder andere Hindernis zu umschiffen und die Beteiligten gehen zaghaft und unsicher, aber glaubwürdig miteinander um. Insgesamt fügt sich dieser Erzählstrang sehr harmonisch und gut in die etwas spannendere Hintergrundgeschichte ein.

Obwohl diese sich zunächst nicht sehr temporeich entwickelt, fliegt man dank Hockings Schreibstil durch die kurz gehaltenen Kapitel. Leicht lesbar entwickelt sich sukzessive und gut nachvollziehbar die Bedrohungssituation. Und das, obwohl die Geschichte insgesamt wenig überraschende Wendungen und einiges an Vorhersehbarkeit bietet. Das wird allerdings etwas durch die nachvollziehbaren Handlungen der Figuren ausgeglichen. Sobald die drei fremden Mädchen auftauchen, zieht das Erzähltempo an. Dass man es hier nicht mit kleinen Meerjungfrauen im niedlich-netten Barbiestyle zu tun hat, macht ja bereits die Inhaltsangabe deutlich. Stattdessen lernt man Wesen kennen, die grausam sind und auch vor Mord nicht zurückschrecken. Prompt hält Hocking dann auch nicht mit blutigen und düsteren Passagen hinter den Berg, sodass ich persönlich (wie so oft bei Jugendbüchern) ein Problem mit der Altersfreigabe (ab 13 Jahren) habe.

Wie so oft in den Einzelbänden einer Buchreihe werden nicht alle Fragen beantwortet, die die Autorin in Sternenlied aufwirft. Doch da es eine Fortsetzung gibt, bleibt die Hoffnung, dass darin schlüssige Antworten gefunden werden.

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Ein etwas zögerlicher und durchwachsener Auftaktroman. Hocking nimmt mystische Überlieferungen, würzt sie mit Fantasy und rundet das Ganze mit etwas Realität ab. Die spielerische Leichtigkeit einer aufkeimenden Teenagerliebe stellt sie der tödlichen Gefahr gegenüber. Die Erzählstränge sind dicht und harmonisch miteinander verwoben. Dennoch punktet Sternenlied nicht zwingend mit einem gleichmäßig hohen Spannungsbogen – trotz einiger härterer (und in meinen Augen für 13jährige grenzwertiger) Szenen. Doch das ist bei vielen Auftaktromanen so und deshalb nicht grundsätzlich schlecht zu bewerten. Tatsächlich zieht die Geschichte trotz der erwähnten Schwachpunkte ihre LeserInnen ganz unaufgeregt in ihren Bann. Sie hat Potenzial, und da sie weitergeht, bin ich bereits auf den zweiten Teil gespannt. Für den Auftakt der Watersong-Quadrologie möchte ich schwache vier von fünf Punkten vergeben.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

15. April 2013

CRAMER, SOFIE & ULRICH,SVEN: HERZ AN HERZ

Filed under: Belletristik,Roman — Schlagwörter: , , — Ati @ 20:24

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ISBN-13: 9783499256653
ISBN-10: 3499256657
Belletristik
2. Auflage 02/2012
Taschenbuch,  320 Seiten
Neupreis [D]: 8,99 €

Verlagsseite
Autorenseite Sofie Cramer
Autorenseite Sven Ulrich

 

Was haben Sofie Cramer und Heidi Goch gemeinsam? Sie teilen sich denselben Körper. Denn Sofie Cramer ist ein Pseudonym, das die 1974 in Niedersachsen geborene Chick-Lit-Autorin Heidi Goch verwendet. Unter anderem mit Herz an Herz wendet sie sich tiefsinnigeren Themen wie Liebe und Tod zu, präsentiert diese jedoch auf leichte Weise. In ihren ersten Roman dieser Art flossen eigene Erlebnisse in das Geschehen ein, denn die Autorin verlor ihren Partner und konnte durch das Schreiben ihre Trauer leichter verarbeiten. Goch bietet Kurse im Kreativen Schreiben und Alphabetisierung an. Herz an Herz entstand in Zusammenarbeit mit dem 1965 in Berlin geborenen Drehbuchautor Sven Ulrich, der seit 2010 das Schreiben von Romanen für sich entdeckt hat.

Die Idee eine mehr oder weniger intime Korrespondenz mit einem Wildfremden zu führen, ist nicht ganz neu. Doch ist Herz an Herz wieder einmal eins der Bücher, das deutlich macht, dass es auf die Umsetzung ankommt. Die ist den beiden Autoren  mit kleineren Abzügen gelungen.

Auf einer Hochzeitsfeier soll Sara eine Flaschenpost ins Meer werfen. Doch in ihrer finden sich keine guten Wünsche für das Brautpaar.

Zitat aus dem Buch

>>SOS. 26.6.10 (irgendwann nachts mit 2 Promille)
Lieber Flaschenpostfinder,
gratuliere, du bist Opfer
eines dämlichen Hochzeitsspielchens geworden! Diese Post richtet sich an alle angeschlagenen Flaschen, deren Leben genauso lehr … äh, leer is, wie dieses braune kackbraune Altglas. Eigentlich sollen wir hier Wünsche für das Brautpaar aufschreiben. Aber alle guten Wünsche nur zu mir,
dem einsamsten Menschen im ganzen Universum! Ahoi!
Sara Becker, Lappenbergsallee 185, 20257 Hamburg<<

Nicht sehr nett, aber Saras momentaner Laune entsprechend. Überraschenderweise erhält sie genau darauf etwas später einen humorvollen Brief von einem Mann namens Berti aus Bayern. Und danach entspinnt sich eine rege Korrespondenz in Form von Briefen, E-Mail und SMS. Schnell wird klar, wie gut die beiden zusammenpassen. Allerdings schrecken beide vor einem Treffen zurück, weil sie nicht ganz offen zueinander waren.

Während Saras Geheimnisse recht offensichtlich sind, entziehen sich den LeserInnen die von Berti ein wenig mehr. In den Briefen offenbart sich, wie festgefahren sie sich in ihren jeweiligen Leben fühlen. Obwohl sie in ihren Nachrichten und Briefen das eine oder andere für sich behalten, gehen sie trotzdem sehr offen miteinander um, äußern sich ernsthaft oder auf amüsante Weise. Was auf der einen Seite eine herrliche Unkompliziertheit beinhaltet, schürt andererseits (unerfüllbare) Vorstellungen im jeweils Anderen, was die Situation zunehmend erschwert.

Dennoch entwickelt sich sukzessive eine Liebesgeschichte. Bald ahnt man, worauf das Ganze zusteuert. Doch sympathische Charaktere und der leicht lesbare Schreibstil sorgen dafür, dass man leicht durch das Buch gleitet, teilweise mitleidet und -hofft. Die Geschichte an sich wirkt genau wie die Figuren echt. Herz an Herz erzählt, was unzählige Menschen spätestens seit Erfindung von Chat-Rooms zumindest in ähnlicher Form erlebt haben dürften. Von Einsamkeit und Hoffnung und Angst vor der Hoffnung. Aber auch von Schmetterlingen im Bauch.

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Wie es ausgeht, will ich nicht verraten. Herz an Herz  ist jedoch ein leichter und unkomplizierter Lesegenuss für Zwischendurch. Mit etwas zu schöngefärbten und zu vorhersehbaren, aber dennoch passenden Ende. Eine Geschichte, der ich vier von fünf Punkten geben möchte.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

FROST, JEANIENE: RUBINROTER SCHATTEN

blanvalet-chall.-12_Frost_RubinroterSchattenOriginaltitel: Eternal Kiss of Darkness
übersetzt von Sandra Müller
Blanvalet
ISBN-13: 9783442269235
ISBN-10: 3442269237
Fantasy
04/2013
Serie: Night Huntress World 02
Taschenbuch, 400 Seiten
Neupreis [D]: 8,99 €
Verlagsseite
Autorenseite englisch

Jeaniene Frost © Matthew Frost

JeanieneFrost
© Matthew Frost

Sie trägt gern schwarz und geht spät zu Bett. Sie hasst es zu kochen und liebt es über Friedhöfe zu gehen. Nein, ich beschreibe gerade keinen Vampir. Vielmehr geht es um die Autorin von Vampirromanen. Jeaniene Frost lebt mit Mann und Hund in Florida und arbeitet bereits an einem neuen Roman.

2011 kam bei Penhaglion Rubinroter Schatten heraus. Wem das Buch mit € 14,99 zu teuer war, kann jetzt über Blanvalet die Neuauflage des Romans für € 8,99 erwerben. Ich bin damals wie heute auf das Buch aufmerksam geworden, weil die Geschichte sich um Figuren dreht, die ich aus der Cat & Bones-Reihe kannte. Da es mir vor allem Mencheres angetan hat, bin ich froh, dass ihm die Autorin ein separates Buch zugestanden hat.

In Rubinroter Schatten geht es nämlich um ihn. Zwar durfte ich in diesem Roman keinen wirklichen Zeitsprung in seinem Leben mitmachen – immerhin stammt er noch aus de Zeit der Pharaonen und war dazumal ein mächtiger Herrscher – doch gut unterhalten habe ich mich allemal gefühlt.

In der Gegenwart offenbart er sich als alter und lebensmüder Vampir. Seine Gabe, die ihn all die Jahre zu dem gemacht hat, was er ist, hat sich verabschiedet. Doch er ahnt, dass ihm bald die Stunde schlägt. Das findet er grundsätzlich nicht weiter schlimm, denn in Bones hat er einen würdigen Nachfolger.

Doch so einfach lässt Frost ihn natürlich (und glücklicherweise) nicht vom Haken. Als er von Ghulen angegriffen wird, will Mencheres sich eigentlich gar nicht wehren. Allerdings kommt die Privatdetektivin Kira Graceling zufällig vorbei, die Zivilcourage besitzt und ihn prompt zu retten versucht. Ihr respektloses Mundwerk, ihre Mut zur Tat und natürlich ihr Körperbau lassen Empfindungen in dem seit Jahrhunderten enthaltsam lebenden Vampir erwachen. Gegen seine Gefühle für eine toughe, aufgeweckte und ehrliche Frau könnte Mencheres ja noch ankämpfen. Doch als sein Gegenspieler Radjadef, ein Vampirhüter, ausgerechnet Kira für seine Zwecke zu missbrauchen droht, erwacht sein Beschützerinstinkt schlagartig und mit seinem lebensmüden Dasein ist es vorbei.

Zugegeben: Insgesamt keine ganz neue Grundidee, die zudem wenig Überraschungen bietet, sondern eher auf Altbewährtes setzt. Dennoch empfinde ich sie als gut und packend umgesetzt. Mir gefällt, dass Frosts Vampire nicht immer nett und handzahm sind, sobald sie sich verlieben. Sie haben ihre Ecken und Kanten, können auch mal zugeknöpft und kalt sein. Ebenso gefällt mir, dass Frost diesen Roman eng mit dem Geschehen der Cat & Bones-Reihe verknüpft. Dramatisch entwickelt sich das Geschehen rund um die sich zwischen Mencheres und Kira anbahnende Liebesgeschichte allemal. Die beiden müssen etliche Gefahren überstehen, sich Kämpfen stellen und auch sonstige Schwierigkeiten meistern. Rubinroter Schatten bietet also genug Potenzial, Eigenständigkeit und Handlung, dass die Bücher der Cat & Bones-Reihe zuvor nicht gelesen werden müssen. Doch kleiner Tipp: Wer das bis jetzt noch nicht getan hat, sollte es nachholen. Es lohnt sich.

Erotische Szenen kommen vor, überfrachten die Geschichte jedoch nicht. Viel zu spannend geht es vordergründig um Mencheres Auseinandersetzung mit seinem Gegenspieler. Und obwohl in diesem Buch, wie in der Cat & Bones-Reihe, alles etwas brutaler abläuft als in den zahlreichen ebenfalls auf den Markt befindlichen Vampir-Romanen mit Chick-Lit-Charakter, kommen bei Frost Passagen nicht zu kurz, die für hochgezogene Mundwinkel sorgen.

Fazit: 04aperlenpunkte.jpg

Unterhaltsam, spannend, lesenswert. Leider zu kurz, denn Mencheres & Kira könnten es durchaus mit Cat & Bones aufnehmen. Aber was nicht ist, kann ja vielleicht noch werden. Für das Spinn-Off Rubinroter Schatten gibt es jedenfalls vier von fünf Punkten von mir.

Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

Spinn-Offs der Cat & Bones-Reihe
Nachtjägerin
Rubinroter Schatten

Reihenfolge der Cat & Bones-Reihe
Blutrote Küsse
Kuss der Nacht
Gefährtin der Dämmerung
Der sanfte Hauch der Finsternis
Dunkle Sehnsucht

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